Protokoll der Sitzung vom 15.11.2000

Meine Damen und Herren. damit es aber in den entsprechenden Zeiträumen zu praktischen Durchbrüchen in den erforderlichen Größenordnungen kommen kann, darf man sich mit dem bisher Geleisteten bei der Ausarbeitung und Anpassung politischer Ralunensetzune nicht zufrieden geben. Zögerliches Handeln seitens der Regierungspolitik besonders in diesem Fall würde Entwicklungschancen gefährden.

Dies wurde auch während eines parlamentarischen Nachmittags in der vergangenen Woche hier im Landtag auf Anregung der BEA mit mehr als 20 Unternehmern der Branche Erneuerbare Energien aus Brandenburg massiv eingefordert und - in einem 8-Punkte-Programm formuliert - der Landesregierung übergeben. Liest man jedoch Ihren Bericht. meine Damen und Herren der Landesregierung. dann kommen eventuell Zweifel auf. ob tatsächlich der Zweck und die Zielstellung des Gesetzes fier den Vorrang erneuerbarer Energien in vollem Umfange erfasst wurden. Davon zeugen vor allem auch die von Ihnen am Ende des Berichts gezogenen Schlussfolgeningen. Ich gebe Ihnen natürlich Recht. dass das zunächst einmal vage Schlussfolgerungen sein können.

Wenn Sie aber zum Beispiel feststellen, dass die erneuerbaren Energien in der Klimaschutzpolitik des Landes eine wesentliche Stelle einnehmen. dann kollidiert das bereits mit dem Titel des neuen Gesetzes. denn dort wird ausdrücklich die Vorrangrolle für die regenerativen Energien eingefordert. was sich natürlich auch im politischen Handeln niederschlagen muss.

Oder: Dass die Landesregierung ihrer Verantwortung gerecht werden will. setze ich im Allgemeinen voraus. Vollkommenes Unverständnis. um es gelinde auszudrücken, vor allem hei den Akteuren vor Ort - um jene geht es ja - ist zu erwarten. wenn sie zur Kennmis nehmen müssen. dass die Re g ierung beabsichtigt ich sage: beabsichtigt. das kann man natürlich jetzt anders auslegen -. die bisherigen Förderprogramme zu optimieren. Ich kann mich an den Ausspruch eines Unternehmers auf dieser Beratung erinnern. der gesagt hat: Wir brauchen eine Förderung. in deren Rahmen wir entsprechend planen können.

Oder: Die Regierung wartet zunächst ab - das steht im Widerspruch zu Ihren Aussagen -. ob und gegebenenfalls welcher Handlungsbedarf sich als Ergebnis des zweiten Teils der Fortschreibung des Energiekonzepts sowie der Bewertung der anstehenden energiepolitischen Maßnahmen auf Bundesebene ergibt.

Werte Kolleginnen und Kolle gen. wenn es nicht gelingt. neben Energieeinsparung und rationeller Energieanwendung einen deutlich größeren Teil des Energiebedarfs unseres Landes durch erneuerbare Energien zu decken. dann wird es nicht nur immer schwerer. die Umwelt- und Klimaschutzverpflichtungen zu erfüllen. sondern es werden auch bedeutende ökonomische und arbeitsmarktpolitische Entwicklungschancen in Brandenburg versäumt.

Erneuerbare Energien sind außerdem heimische Energiequellen, die dazu beitragen können, die Abhängigkeit von Ener gieeinfuhren zu verringern und in entsprechenden Kombinationen die Verfügbarkeit und Versorgungssicherheit mit Strom und Wärme zu gewährleisten.

Der Ausbau erneuerbarer Energieträger. meine Damen und Herren. schafft zukunftsfähige Arbeitsplätze. besonders im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen. die für das Wirtschaftsgefüge Brandenburgs von entscheidender Bedeutung sind. Durch die mit diesem Gesetz verbundene Stimuliening der energetischen Biomassenutzung erfolgt ein wesentlicher Impuls zur wirtschaftlichen Belebung der Landwirtschaft in Brandenburg.

Die Produktion und Nutzung erneuerbarer Energieträger fördert zudem nachhaltig die regionale Entwicklung. Ich bin der festen

Überzeugung. dass zum Beispiel die Lausitz mit ihren vorhandenen Potenzialen zu einem Kompetenzzentrtim und zu einer Modellregion ftir die Nutzung erneuerbarer Energien werden kann. Man muss es nur wollen.

Meine Damen und Herren. das EEG enthält als zentrales Regelungselement eine Kaufpflicht für Strom aus erneuerbaren Energien. Eine solche Pflicht ist üblich. wenn Gefahr im Verzug ist und eine freiwillige Gefahrenvorsorge durch die Verursacher nicht oder nicht hinreichend zu erwarten ist.

Herr Abgeordneter Thiel. es ist gleich Gefahr im Verzug. Ich bitte Sie. Ihre Rede zu beenden.

Mein letztes Wort. Herr Präsident. an dieser Stelle: Ich fordere die Landesregierung auf, bei der Überarbeitung des Energiekonzepts mehr strategisches Denken und einen größeren Handlungswillen in Richtung der notwendigen Energiewende im Land Brandenburg als bei der Abfassun g_ des uns vorliegenden Berichtes an den Tag zu legen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Thiel. - Das Wort geht an die Fraktion der SPD. Herrn Abgeordneten Gemmel.

Gemme! (SPD):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Energiepolitik benötigt einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Deshalb gibt und gab es auch bisher weitestgehend parteiunabhängige Übereinstimmung. Auch dieser Bericht geht auf Anträge der PDS und der Koalition zurück.

Zum Inhalt des Berichts, der den Teil Energiemix, nämlich die regenerativen Energien. betrifft: Das Wirtschaftsministerium hat die Firma Proenos beauftragt. ein Gutachten über die Potenziale und die Handlungsfelder zu erstellen. Das Ergebnis - Herr Minister. Sie haben es gesagt - ist eine Momentaufnahme der Potenziale. Zu Konzepten und geplanten Maßnahmen gibt es leider bisher wenig Konkretes. Das bedauere ich, weil uns die Zeit davonläuft.

Im Wesentlichen wird auf die Fortschreibung des Energiekonzeptes verwiesen. Die neuen Vorstellungen zum Energiekonzept sollen laut Bericht im Frühjahr 2001 im Kontext mit der Wirtschaft diskutiert werden. Mir ist allerdings noch kein Referentenentwurf bekannt. Wir hatten damals die frühzeitige Beteiligung der Parlamentarier eingefordert. Das möchte ich heute noch einmal erneuern. weil. wie gesagt. der Konsens hierbei sehr wichtig ist. Wir sollten sehr viel Energie einsetzen. um hierbei voranzukommen.

Ein wesentlicher Punkt des geltenden Brandenburger Energiekonzepts ist die Zielstellung. den Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch auf 5 ', ih zu steigern. Wie eben

Landtau Brandenburg - 3. Wahlperiode - PI enarprorokoll 3 25 - 15. Nen, ember 21X10 1479

gesagt und wie auch dem Bericht zu entnehmen ist. wurde nunmehr die statistische Basis der Berechnun g umgestellt. Es wird nicht mehr nach den vermiedenen fossilen Energieträgern ermittelt. Somit landen wir jetzt nach der neuen Berechnungsmethode prozentual hei 2,7 ün hei gleich bleibender Anstrengung. Somit ist das Ziel scheinbar verfehlt. Wenn wir nach der alten Methode rechneten. dann kämen wir auf 5.1 11,, und könnten uns alle an die Brust klopfen und sagen: Ganz toll!

Meine Damen und Herren. es ist aber notwendig, mehr zu tun. Darüber sollten wir uns alle im Klaren sein.

Die Fraktion der SPD hat sich darauf verständigt - das soll Eingang in das neue Energiekonzept finden. wir werden entsprechende Anträge dazu vorbereiten -. das 5%-Ziel auch nach der neuen Methode zu erreichen. Das bedeutet eine Verdoppelung der Anstrengungen. Dies wird von uns, wie gesagt. noch in den parlamentarischen Raum eingebracht. Verständigt haben wir uns darauf. Über die Notwendigkeit brauchen wir hier wohl nicht weiter zu diskutieren.

Dies geschieht in Verantwortung gegenüber der zukünftigen Generation. Dafür sind ehrgeizige Ziele unerlässlich. Die Ziele senken wir auch nicht für die Opposition. um nicht Gefahr zu laufen, sie möglicherweise nicht zu erreichen. Die Ziele müssen so ehrgeizig sein. dass immer noch ein Anreiz besteht. neue Technologien zu entu ickeln und immer noch ein Stückchen mehr zu tun als andere. um an der Spitze dabei zu sein.

Insbesondere gilt das auch für die Technologieförderung. damit wir hier nicht an Boden verlieren. Dennoch muss man feststellen: Brandenburg steht bei der Entwicklung regenerativer Energiepotenziale nicht so schlecht da, wenn man berücksichtigt. dass wir 1990 hei Null an gefangen haben. anders als zum Beispiel Bayern, die hei 9 % sind, da sie auf Wasserkraftpotenziale zurück greifen können.

Nur eine Anmerkung zum REN-Programm: Hier war ja an gekündigt. dass das überarbeitet wird. Da es drei Geldquellen gibt. nämlich Landesmittel. IFG und EFRE. bedeutet das natürlich. dass die Zustimmung aller Betroffenen notwendig ist. Änderungen sind im Nachhinein dann sehr mühsam und deshalb muss eine möglichst verbindliche Abstimmung zwingend eingefordert werden. Dennoch, einzelne Fürdertatbestände können sich in den nächsten vier Jahren verändern. Auch die Schwerpunktsetzung in bestimmten Bereichen kann sich verändern. Deshalb ist dieser Abstimmungsprozess sehr schwierig, aber er muss wirklich dringlich passieren. auch um den frischen Wind. den die Bundesregierung durch ihre Gesetzgebung erreicht hat, mitzunehmen.

Wenn sich Potenziale und auch Zielsetzungen verändern wie zum Beispiel bei der Windkraft - hier hat ja der Förderausschuss entschieden. Investitionszuschüsse sind nicht mehr erforderlich -. dann muss man darauf reagieren. Brandenburg wird - und das sagt der Bericht ganz deutlich - auf Biomasse setzen müssen und auch auf Solarenergie. Da haben wir Potenziale. Sie haben zu Recht gesagt. die Ressourcen sind nicht be grenzt. Also packen wir es einfach an. Wir haben ein Jahr von der neuen Förderperiode echt verloren und ich sage deutlich: Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Herr Präsident. eine ganz wichtige Sache möchte ich einfach

noch loswerden. Mir liegt das Protokoll einer Veranstaltung der so genannten e.dis-Geschädigten vor. Dem Wirtschaftsminister sind offensichtlich die zu Recht gemachten Vorwürfe bekannt. Es geht doch hauptsächlich um die Verweigerung von Eins-pcisungen. Herr Minister, helfen Sie bitte den Investoren im Rahmen Ihrer Möglichkeiten! Unsere Gesetze machen überhaupt keinen Sinn. wenn die Energieversorgungsunternehmen mauern. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall hei SPD und PDS)

Ich danke Ihnen. Herr Abgeordneter Ciemmel. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU. an Herrn Abgeordneten Claus.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicherlich haben alle Kolleginnen und Kollegen diesen ausführlichen Bericht mit Interesse gelesen. Erfreulich ist die Tatsache. dass die Landesregierung es geschafft hat, diesen Bericht nach einem Dreivierteljahr zusammenzustellen. Dagegen haben es andere Institutionen in der Landesregierung nach über eineinhalb Jahren noch nicht geschafft, einen Bericht fertig zu stellen. nämlich die Damen und Herren vom Finanzressort für den Ausschuss der Haushaltskontrolle. Aber zurück zum Thema.

Meine Damen und Herren! Wirklich beeindnickend in diesem Bericht sind die Zahlen mit so vielen Stellen. Die liest man sonst nur in Berichten über Staatsverschuldungen oder in Bilanzen internationaler Großkonzerne. Herr Minister. ich frage Sie: Gibt es eigentlich einen zwingenden methodischen Grund. warum Sie im Text so oft zwischen Megawatt. Terajoule und Petajoule wechseln. oder dient das nur der Verwirrung !! Sicherlich muss es für Energieleistungen und Prunärenergiebeiträ ge unterschiedliche Maßeinheiten geben. aber die innere Lo gik mancher Absätze in diesem Bericht erschließt sich nicht auf den ersten Blick.

Vielleicht können wir es eines Tages erreichen. dass Berichte der Landesregierung nicht nur von Experten. sondern auch von normalen Bürgern verstanden werden. Das sollte recht und billig sein, denn immerhin müssen die Bürger als Steuerzahler solche Werke finanzieren.

Als Fraktion der DVU nehmen wir erfreut zur Kenntnis. dass Brandenburg natürlich pünktlich zur Klimakonferenz in Den Haag mitteilen kann, allein durch den Einsatz erneuerbarer Energien eine Million Tonnen an Kohlendioxidemissionen vermieden zu haben. Allerdings erscheint uns diese prognostizierte Verdreifachung der Menge in elf Jahren an gesichts der bereits heute erkennbaren Klimaveränderungen als zu genug. Gerade im Bereich des Klimaschutzes muss entschieden mehr getan. mehr investiert werden. Gerade in diesem Bereich werden die Arbeitsplätze der Zukunft entstehen. ja entstehen müssen. Auch in diesem Bereich tritt die DVU für einen brandenburgischem einen deutschen Sonderwe g ein. für eine Vorreiterrolle.

Im Bericht wird auch das Thema Biodiesel an gesprochen. angesichts der brutal gestie genen Kraftstoffpreise ein überaus aktuelles Thema. Hier fehlen uns Informationen darüber. inwie

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weit Fahrzeu ge des ÖPNV auf diesen vergleichsweise umweltverträglichen und preiswerten Treibstoff umgestellt werden können. Vielleicht hätte die Landesregierung mit geringen Investitionen die Auswirkungen des Euro damit zumindest mindern können. von den Vorteilen für die Infrastruktur ganz zu

SC hweigen.

Beim Thema Windkraft nehmen wir als Fraktion der DVU erstaunt zur Kenntnis, dass es in Brandenburg keinerlei Probleme mit der Umweltzerstörung durch Windkraftanlagen zu geben scheint. zumindest nimmt dieser Bericht dazu mit keinem Wort Stellung. In der Realität sieht es bekanntlich anders aus.

Aber vielleicht darf man bei dem Bericht unserer Landesregierung nicht so viel Wert auf Realitätsbezug legen. Hoffen wir gemeinsam. dass die im Bericht genannte Planübererfüllung bzw. das Übertreffen der für das Jahr 2000 prognostizierten Werte Wirklichkeit werden und sich nicht als zu niedrig erweisen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Hahermann. bitte?

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe gestern Abend einen Bericht im ORB gesehen. Darin ging es auch um die Windkraftnutzung. Die Moderatorin begann damit, zu fragen: _Was ist der Unterschied zwischen einem Politiker und einer Windkraftanlage?" Die Antwort ist ganz einfach: Ein Politiker macht Wind und eine Windkraftanlage braucht Wind. Ich deute das positiv. Durch das Windmachen sind wir in die Lage versetzt, einen Bericht der Landesregierung zu haben. der uns zumindest mit einem Teil. einem wichtigen Teil des Energiekonzeptes. das wir dann im Jahre 2001 zu beraten haben. schon bekannt macht.

Die Stellungnahme der CDU zu diesem Bericht möchte ich in einige Feststellungen kleiden. Die erste Feststellung: Die Landesregierung hat die Auflage des Landtages nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt.

Damit ist der zweite Punkt gleich aufgerufen: Alle Erwartungen wurden nicht erfüllt. denn der Antrag. der aus dem Wirtschaftsausschuss kam. war eigentlich umfassender. Er ging bis zum Ausweis der Schaffung von Arbeitsplätzen. zur Erschließung von Exportchancen und Ähnlichem mehr. Das muss man hier einmal sagen. Aber die Erläuterung des Wirtschaftsministers ist für mich durchaus einleuchtend, dass es in der kurzen Zeit und beim gegenwärtigen Stand im Moment nicht mö glich ist. konkretere Aussagen zu machen.

Drittens: Es ist ohnehin, wenn man über regenerative Energien spricht und sich hier nur auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz bezieht. zu kurz gesprungen worden. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz fördert ja eigentlich nur regenerative Energien im Zusammenhang mit der Elektroenergieerzeugung. Der Einsatz von regenerativen Energien auf dem Wärmemarkt oder im Verkehrsbereich wird hier überhaupt nicht angesprochen. Deshalb

ist auch die Antragsformulierung nicht umfassend genug. Man hätte sie komplexer machen müssen.

Viertens: Einbezo gen werden muss - das sagte ich gerade unbedingt die Nutzung regenerativer Energien im Wärmemarkt und im Verkehrsbereich. Ich sagte kürzlich bereits im Rahmen einer Aktuellen Stunde. dass 50 % des Primärenergieverbrauchs in Deutschland nur auf den Wärmemarkt entfallen. Wir konzentrieren uns immer so sehr auf den Elektrobereich. dabei ist der Wärmemarkt durchaus zu berücksichtigen.