Protokoll der Sitzung vom 24.01.2001

Ist es richtig, meine Damen und Herren. dass in Brandenburg Aber gerade in dessen Verantwortung - ich blicke bewusst über

den gesamten Landtag - sagen wir, dass der Marsch in den Schuldenstart mit uns nicht zu machen sein wird.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS])

Mancher wähnt sich allerdings, Herr Vietze, in dem Glauben. dafür am Abend mal eben auf eine Praline verzichten zu können oder zu müssen.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS]} - Ein Irrtum, Sie haben vergessen, was Sie uns vor zehn Jahren hinterlassen haben, Herr Vietze: eine Misswirtschaft ohneglei- chen und einen Staatsbankrott. der sich nicht wiederholen kann. (Beifall bei SPD und CDU)

Um das zu überwinden. deswegen sind die Menschen auf die Straße gegangen.

Und wer wie Sie glaubt. Herr Vietze, für einen Einsparkurs nach vielen Investitionen. die notwendi g. waren - ich sagte es vorhin -, uni die einfachsten Lebensbedingungen der Menschen in Krankenhäusern, Wohnvierteln usw. zu verbessern, am Abend nur auf eine Praline verzichten zu müssen. der ist in einem Irrtum, denn wir werden uindenken und unsere Ernährung umstellen müssen. meine Damen und Herren. - Recht vielen Dank.

(Vietze [PDS]: Das klingt gut! - Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Bischoff und gebe das Wort an die Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Osten. bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat sich ja vielleicht schon herumgesprochen, dass das Thema dieser Aktuellen Stunde bezüglich der Finanzsituation unseres Landes ein dringendes Verlangen der PDS-Fraktion war und ist. Wenn aber parlamentarische Spielregeln verhindern, dass die PDS das Vorschlagsrecht für diese Stunde hat, dann bleibt nur noch der Antrag auf Sondersitzung. Dieser Antrag war schon geschrieben, aber nun war das wohl zu viel für die Koalition. sodass die SPD diesen Antrag heute hier gestellt hat.

(Klein [SPD]: Wir haben das Ohr an der Masse gehabt!)

Ich denke, dass diese öffentliche Diskussion längst überfällig ist.

(Beifall bei der PDS)

Ich möchte jetzt keine grundsätzliche Rede halten, sondern auf aktuelle Fragen eingehen, wobei ich vorab sagen muss, Herr Bischoff: Die zur Verwaltungsoptimierung und zur Frage der Landesgesellschaften geäußerten Ansichten teile ich durchaus, sie sind aber nicht sehr aktuell, sondern diese Dinge wurden schon mehrmals so angesprochen, nur geändert hat sich nichts.

(Beifall bei der PDS - Klein [SPD]: Sie werden nachher noch hören, was sich geändert hat!)

Eine Korrektur an Ihrer Rede möchte ich noch anbringen; Wir sind leider schon im Schuldenstaat angekommen. Das ist das Problem.

Meine erste Frage an Sie, werte Ministerinnen und Minister. lautet: Gilt die Grundaussage des Ministerpräsidenten zur Begründung der Koalition mit der CDU noch, dass nämlich sozialdemokratische Ziele mit der CDU besser urnsetz- und finanzierbar seien?

(Beifall bei der PDS - Klein [SPD]: Nein, besser wäre es mit der absoluten Mehrheit!)

Ich sage: Nein, diese Politik ist gescheitert. weil es erstens keine sozialdemokratische Politik in diesem Lande mehr gibt und weil Sie zweitens mit Ihrem haushaltspolitischen Herangehen Ihre Sparziele nie und nimmer erreichen werden. Genau die Nachhaltigkeit. die Herr Bischoff zu Recht eingefordert hat, vermisse ich.

(Beifall bei der PDS - Bischoff [SPD]: Machen Sie Vor- schläge!)

Werte Ministerinnen und Minister! Werte Abgeordnete der Koalition! Man kann als Politiker über Visionen und künftige Prioritäten laut nachdenken. Man kann es aber auch so übertreiben. dass Brandenhurgerinnen und Brandenburger schon politische Konzepte erkennen oder sie zu erkennen meinen, ohne zu wissen. wie diese finanziert werden. Ein Zeichen von Solidität und Verlässlichkeit ist dies aber nicht.

Ich sage Ihnen: Was nicht im Haushaltsplan steht, wird nicht sein. Ich bin mir sicher, das wissen auch Sie. Nicht ohne Grund dauerte die Einigung des Kabinetts über den Vorschlag des Doppelhaushalts immerhin fünf Monate. Und es muss auch Gründe dafür geben, dass die Finanzministerin zwar vom Nachtragshaushalt spricht, ihn aber nicht auf den Tisch des Parlaments legt, obwohl uns alle wichtigen Fakten bereits seit einem halben Jahr bekannt sind.

(Beifall bei der PDS)

Sie sind, wertes Kabinett, in hohem Maße unentschlossen, lähmen damit die Entwicklung des Landes und beschneiden die Rechte des Parlaments. Sie verbreiten mit Ihren politischen Angeboten eine Beliebigkeit, die ich schon charakterlos nennen möchte.

(Unmut bei SPD und CDU)

Ich frage Sie: Wie soll man Vertrauen zu einer Regierung haben. von der man jeden Tag neue Themen hört. die sie als Schwerpunkte bezeichnet, und die damit unberechenbar wird? Auch Sie lesen doch Zeitung, oder?

Ich möchte als finanzpolitische Sprecherin der PDS-Fraktion und auch als Vorsitzende des Haushaltsausschusses eine solide Arbeit leisten, den Vorschlag eines Nachtragshaushaltes gründlich diskutieren und spätestens im April im Landtag darüber beschließen; denn wenn wir uns angewöhnen, mit Haushaltssperren der Finanzministerin. die sozusagen den Plan außer Kraft setzen, zu leben und Haushaltsbeschlüsse immer erst nach Ablauf eines halben Jahres fassen, verbreiten wir Unsicherheit.

Unruhe und Demotivation. Das ist das Gegenteil von Entwicklungsschub und Kreativität. wovon wir sprechen.

(Beifall bei der PDS} Auch deshalb gehört das Thema, wie die Entwicklung Branden- burgs solide finanziert wird, auf den öffentlichen Parlaments- tisch. Meine zweite Frage: Wie bewertet die Opposition das Haus- haltsdefizit nach einem Jahr großer Koalition? Die Finanzminis- terin ließ uns wissen: Im Augenblick beträgt das Defizit für das laufende Jahr 1,2 Milliarden DM, welche nicht durch Einnah- men gedeckt sind. Bei einem Haushalt von 19 Milliarden DM handelt es sich damit wirklich nicht um Peanuts. Ich sage Ihnen, dass diese Zahl wahrscheinlich nicht einmal stimmt. sondern schöngerechnet ist. Die Finanzministerin versucht. trotzdem Zuversicht zu ver- breiten. Allein mit dem Prinzip Hoffnung - Hoffnung auf die Bereitschaft der Kabinettskollegen zum sparsamen Umgang mit den Mitteln - ist das gravierende Haushaltsdefizit nicht zu besei- tigen. Es tut mir Leid, Frau Finanzministerin und vor allen Din- gen auch Herr Ministerpräsident: Ich habe das Gefühl, Sie ha- ben die Sache nicht mehr im Griff. Ich vermisse klare Analysen und Fakten auf dem Tisch und einen konkreten Entwurf eines Nachtragshaushaltes. (Beifall bei der PDS)

Denn selbst die genannte Summe von 1.2 Milliarden DM übersteigt die Summe, die das Innenressort für das ganze Jahr zur Verfügung hat, um immerhin 300 Millionen DM. Das sind 80 % aller im Bereich Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung geplanten Ausgaben. Mit diesem finanziellen Defizit wird sich - so unsere Befürchtung - das politische Defizit der Brandenburger Landespolitik erheblich potenzieren.

Seit Entstehung der großen Koalition erleben wir fast täglich, dass andere Gestaltungsansätze - auch die von PDS oder außerparlamentarischen Kräften; ich denke da an Gewerkschaften. Vereine, vor allen Dingen auch an Volksinitiativen - unter Verweis auf die Finanzlage regelrecht abgeblockt werden. Die notwendigen Debauen über die Zukunft des Landes finden nicht statt. Offizielle Regierungspolitik erschöpft sich im Gefeilsche darum, weicher Koalitionspartner eine Mark oder vielleicht auch eine Million mehr bekommt. Ausdruck dessen sind die nicht ausfinanzierten so genannten Reformen der Koalition. Wie es scheint, findet eine überparteiliche Diskussion in der Koalition nicht statt: denn jeder wurstelt so für sich herum. Wenn es im Streit ganz dick kommt. versucht man, die Parlamentarier hinter sich zu sammeln und damit politische Bewegung zu beweisen.

Lassen Sie mich einige dieser Streitfelder benennen: ich fasse mich ganz kurz, weil mir wenig Zeit zur Verfügung steht:

Ich denke darüber nach, wie Herr Minister Reiche die Situation der Lehrerinnen und Lehrer in Berlin und Brandenburg angleichen will. Das Problem besteht; es ist uns allen bekannt.

Sie müssen mehr Geld für den Besuch Brandenburger Schüler an Berliner Schulen bezahlen.

Sie wollen Modellversuche an Schulen praktizieren, nennen dies Bildungsreform und brauchen dazu 12 Millionen DM. Dazu gibt es seit gestern einen Kabinettsbeschluss. Ich weiß trotzdem nicht, woher das Geld kommen soll. Sie werden es ja wohl nicht drucken wollen.

Ich denke an Minister Sehönbohm, der den Kommunen mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz zu wenig Geld gegeben hat. Das sagt auch der Städte- und Gemeindehund. Der spricht sogar von 350 Millionen DM.

(Schippel [SPD]: Das ist falsch!)

Das sind Einschnitte in die kommunale Selbstverwaltung. Das bedeutet weniger Investitionen und weniger Kultur, Sport und Vereinsarbeit.

Eine Gebietsreform kostet Geld: zumindest die Kopfprämie ist ja versprochen. Dafür sind im Augenblick 7 Millionen DM vorgesehen. Im nächsten Jahr werden wir wesentlich mehr Geld dafür brauchen.

Die Polizeireform wird heiß diskutiert. Von Herrn Schönbohm wurde sogar angekündigt. dass bisher nur gegackert wurde und jetzt die Eier gelegt werden. Ich habe nachgelesen: Es handelt sich hier um 170 Millionen DM. Er bestreitet es zwar und nennt eine geringere Summe, trotzdem frage ich mich: Haben wir das Geld dafür?

Herr Minister Meyer braucht wahrscheinlich 18 Millionen DM, um auch die Planungssicherheit für all die Projekte. die er jetzt mit den Bundesmitteln finanzieren kann. zu haben.

Der Flughafen Schönefeld - das ist allgemein bekannt - kostet uns in diesem Jahr mehr als 61 Millionen DM.

Die Defizite von Landesgesellschaften müssen ausgeglichen werden. Ich habe nachgelesen: Es handelt sich hier um ungefähr 160 Millionen DM.

Ich könnte die Liste durchaus fortsetzen. Es geht um Zusatzversorgungssysteme. es geht um die Entfernungspauschale, die vom Land wahrscheinlich mit 35 Millionen DM finanziert werden muss. Herr Minister Schelter braucht mehr Richterstellen das ist unumstritten -; er muss auch 2.3 Millionen DM mehr bezahlen, uni die Erhöhung der Löhne der Häftlinge in Brandenburg mit auszugleichen.

Mir fallen noch viele weitere Stichpunkte ein: Schmöke]. I3SE, Castor - also all die Dinge, wo richtig Geld dahinter steht.

(Schippel [SPD]: Ja. nun nennen Sie eine Lösung])

Sie meinen, meine Damen und Herren. dass die Liste sehr lang geworden ist'? Die Hauptposition. nämlich die 570 Millionen DM aus der Steuerreform, die Sie ja mit beschlossen haben, und die globale Minderausgabe von 380 Millionen DM, die diese Koalition planmäßig in den Haushalt eingestellt hat, vollenden das Bild.

Die Fakten, die ich aufgezählt habe, bedeuten ein Defizit von mindestens 1.8 Milliarden DM in diesem Jahr im Lande. Ich denke, dass die Finanzministerin mit ihren Presseerklärungen noch ein ganzes Stück von der Realität entfernt ist.

1722 I andtag Brandenhurg - 3 V% ah Iperiocie - l'Imarprrunkoll 3 29 - 24. Januar 215)1

Wir sollten großes Interesse daran haben. dass in diese Aussagen endlich Transparenz hineinkommt: denn es geht nicht um das Geld des Landtages, der Landesregierung, es geht uni das der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land.