Protokoll der Sitzung vom 28.02.2001

Mit diesem Antrag will die PDS-Fraktion nichts anderes als die mit dem vom Landtag 1992 verabschiedeten Leitlinien für Konversion bestimmten Politikziele noch einmal bekräftigen. Wir wären bereit, dieses Stück Tradition gemeinsam mit der brandenburgischen SPD zu wahren. Ich hoffe, dass auch zwei Regierungen später noch gilt, was nach dem Ende der DDR Konsens der Landtagsparteien war:

Die deutschen Streitkräfte sollen angesichts gewandelter Bedingungen in Europa und der Welt den verbliebenen, wesentlich verringerten militärischen Flächen- und Übungsbedarf den Erfordernissen einer zivilen Umwelt anpassen und den Prozess der zivilen Umwandlung unterstützen.

Das Land Brandenburg muss darauf hinwirken, dass der Bund seine Verantwortung, Konversion zu gestalten und zu finanzieren, wahrnimmt, dass der Bund dem Land und den Kommunen die betreffenden Grundstücke zügig und unentgeltlich überlässt.

Der Bund muss für die Finanzierung der Altlastenverhinderung und der Altlastenbeseitigung aufkommen sowie Programme für die wirtschaftliche, städtebauliche und ökologische Entwicklung von Regionen mit militärischen Altlasten auflegen und dazu im Bundeshaushalt den entsprechenden Titel „Konversion” einsetzen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Verpflichtung des Bundes, in Wahrnehmung seiner ausschließlichen Verantwortung für die Landesverteidigung auch die Verantwortung für die Konversion in angemessenem Umfang zu übernehmen, ist nicht eingelöst. Das jetzt vorgelegte Ressortkonzept „Feinausplanung und Stationierung” sollte daher für Brandenburg Anlass sein, sich erneut für die betroffenen Gemeinden und Kreise einzusetzen, um den bevorstehenden Strukturwandel in deren Sinn zu beeinflussen. Die Bundesregierung muss die Reduzierung der Bundeswehr endlich mit einem ausgereiften Konversionsprogramm verbinden.

Ich bitte um Unterstützung unseres Antrages, auch um dem Ministerpräsidenten den nötigen Rückhalt für diese Aufgabe zu geben. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Domres. - Ich gebe jetzt das Wort an Frau Abgeordnete Richstein. Sie spricht für die Koalitionsfraktionen SPD und CDU. Bitte, Frau Richstein!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion überrascht mich ein bisschen, nicht deshalb, weil mit diesem Antrag wie regelmäßig von der PDS Beschäftigungsprogramme, natürlich vom Land finanziert, gefordert werden; denn insoweit deckt sich ja die Forderung der PDS mit

ihrer Ideologie. Nein, es überrascht mich, dass in diesem Antrag endlich von der gesamten PDS-Fraktion zugegeben wird - und da beziehe ich mich auf die schriftliche Form Ihres Antrages -, dass die Bundeswehr wichtig für unser Land ist.

(Beifall bei der CDU)

Der Antrag der PDS enthält unter anderem den Satz:

„Eine Bundeswehrreform ohne Konversionsprogramm wird abgelehnt.”

Das bedeutet doch im Umkehrschluss: Erhalt der Bundeswehr. Sehr geehrte Damen und Herren, ich hätte es begrüßt, wenn bei der antragstellenden Fraktion dieser Umdenkprozess schon früher stattgefunden hätte. Aber Sie werden schon ahnen, dass wir Ihre pauschalen Forderungen nach Beschäftigungsprogrammen hier nicht unterstützen werden.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Wie auch nicht anders erwar- tet!)

Selbstverständlich ist ein wirksames Konversionsprogramm notwendig, obwohl für Brandenburg positiv festgestellt werden kann, dass insbesondere in der Peripherie, namentlich in Prenzlau, Doberlug-Kirchhain und Heideeck/Holzdorf, keine Standorte geschlossen werden.

Die Reform betrifft allerdings mit Strausberg einen Bundeswehrstandort, der im Prozess der deutschen Einheit und der europäischen Integration eine besondere Rolle spielt und der ein herausragendes Symbol für die Schaffung der Armee der deutschen Einheit ist.

Durch positive Zusammenarbeit zwischen den politischen Gremien, der Stadt, der Bevölkerung und der Bundeswehr haben sich gefestigte Beziehungen herausgebildet, die auch anhand des am 11. Januar 2001 abgeschlossenen Partnerschaftsvertrages mit der Bundeswehr dokumentiert werden.

Die CDU Strausberg hat bereits bei Bekanntwerden der Reformpläne eindeutig Position bezogen und sich gegen einen Abbau gewandt. Auch heute noch steht sie eindeutig zu ihrer Forderung nach Kompensation des Standortes.

Werden die Pläne des Bundesverteidigungsministers, Strausberg betreffend, durchgesetzt, so kann dies das Aus für den 286 Jahre alten Garnisonsstandort bedeuten. Dabei ist Strausberg bestens als Standort zentralmilitärischer Dienststellen geeignet. Ein Ausbau militärwissenschaftlicher Einrichtungen wäre nicht nur für die Region, sondern auch in der Sache wünschenswert.

Wirtschaftlich werden, wenn keine abfedernden Maßnahmen getroffen werden, Strausberg wie auch die anderen betroffenen Bundeswehrstandorte mit unabsehbaren Folgen wirtschaftlicher Art konfrontiert werden. Es wird Kaufkraft verloren gehen. Die Mittelständler werden viele Aufträge und die Kommunen erhebliche Steuereinnahmen verlieren.

Die beste Möglichkeit ist unseres Erachtens der Erhalt der Bundeswehrstandorte. Die zweitbeste Lösung ist ein Konversionsprogramm. Es sollte deshalb erreicht werden: der Erhalt der

Verbilligungsmöglichkeiten auch für die nach dem 14. Juni 2000 frei werdenden Liegenschaften, die Wiedereinführung bzw. Verstärkung der Verbilligungssätze, gegebenenfalls auch Verbilligung für gewerblich-industrielle Anschlussnutzungen, die Verbesserung der Überlassungsmodalitäten, wie flexiblere Kaufpreisstundungsmöglichkeiten, sonstige Beschleunigungsmöglichkeiten, weitere Anhebung des Ermächtigungsspielraums für die Oberfinanzdirektion sowie eine weitgehende Übernahme der Altlastensanierung.

Meine Damen und Herren, all dies hat der Bundesrat mit der Stimme Brandenburgs am 16. Februar 2001 beschlossen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Der Antrag der PDS-Fraktion hat sich damit, noch bevor er hier eingereicht wurde, erledigt, auch wenn der Kollege Domres der Meinung ist, er habe sich nicht erledigt. Für mein Empfinden ist er die Begründung schuldig geblieben.

Da dieser Beschluss auch mit der Stimme Brandenburgs gefasst wurde, vertraue ich darauf, dass sich die Landesregierung für eine rasche Umsetzung dieser Initiative einsetzen wird.

Frau Abgeordnete Richstein, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Sofort. - Der Versuch, durch einen Neudruck den schon vor seiner Einreichung gestorbenen Antrag zum Leben zu erwecken, darf daher als missglückt bezeichnet werden. Wir werden ihn deshalb ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Schönen Dank. Da Sie noch Redezeit haben, kann ich die Frage zulassen. Frau Kaiser-Nicht, bitte schön!

Frau Richstein, ich habe die Frage: Wie erklärt sich dann der Widerspruch, dass die SPD gemeinsam mit der CDU im Kreistag Märkisch-Oderland am 21. Februar einen Antrag eingebracht hat, den der Kreistag auch verabschiedet hat, dessen inhaltliche Ausrichtung mit dem identisch ist, was die PDS heute hier fordert, nämlich kein Abbau des Bundeswehrstandorts Strausberg ohne Kompensation und ohne Konversionsprogramm? Wozu hat sich die CDU denn vor Ort aus dem Fenster gehängt, wenn Sie meinen, das sei völlig unnötig? Herr Homeyer hat dazu gesprochen.

Da müsste ich mit dem Kollegen Homeyer Rücksprache nehmen. Ich kann es so nicht bestätigen.

(Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Man sollte nicht ideologisch draufhauen!)

- Nein, das ist kein ideologisches Draufhauen, sondern es ist die Kenntnis, die ich hatte. Dass sich die CDU in Strausberg sehr dafür eingesetzt hat, dass der Beschluss letztlich durch den Bundesrat mit der Stimme Brandenburgs gefasst worden ist und das Thema auf Antrag der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion im Bundestag behandelt wurde, zeigt doch, dass sich die Parteien hier stark eingesetzt haben. - Danke.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Richstein. - Ich erteile das Wort der Fraktion der DVU. Herr Abgeordneter Schuldt, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Richtigerweise hat die PDS in ihrem Antrag schon festgestellt, dass für die Reform der Bundeswehr ganz allein der Bund zuständig ist.

Auch unsere Fraktion hat grundsätzliche Bedenken bezüglich des Reformvorhabens der Bundesregierung. Anders als sie gehen wir aber davon aus, dass sich die internationale Gefährdungslage nicht in dem Maße positiv verändert hat, dass hierdurch die Streichungsreform des Herrn Minister Scharping zu rechtfertigen wäre. Eine Reform mag zwar der geänderten Weltlage entsprechend notwendig sein, sie darf aber aufgrund der uns bekannten Sicherheitsanalysen zu keinem Abbau führen. Daher treten wir als DVU-Fraktion für eine Beibehaltung der Bundeswehr in ihrer bisherigen Stärke ein und fordern die Erhaltung aller bisherigen Bundeswehrstandorte.

Warum, meine Damen und Herren von der PDS, ist dieser Antrag von Ihnen erst jetzt, nach Bekanntgabe der Streichungsliste, ins Parlament eingebracht worden? Sind Ihnen nicht schon vorher die Grundstücke ins Auge gefallen, auf denen Ruinen stehen oder auf denen Gebäude im Begriff sind zusammenzufallen? Diese ungenutzten Grundstücke - da geben wir Ihnen Recht - sollten schnellstens und bereinigt von Altlasten den Gemeinden übergeben werden. Diese können dann preisgünstig oder sogar umsonst an Unternehmer oder sonstige Dritte übertragen werden, die sich in den Gemeinden niederlassen und dort investieren wollen.

Aber, damit wir uns richtig verstehen: Wir meinen damit die schon seit längerer Zeit nicht mehr genutzten Liegenschaften, nicht, wie Sie andeuten, die Liegenschaften, die jetzt der Streichungswut des Ministers Scharping zum Opfer fallen sollen. Denn anders als Sie, meine Damen und Herren von der PDSFraktion, meinen wir es ehrlich, wenn wir sagen: Keiner dieser Standorte darf aufgegeben werden. Deshalb finde ich es auch etwas sonderbar, dass ausgerechnet Sie mit einem solchen Antrag hier aufwarten, obgleich Sie ansonsten kontinuierlich dem Abbau der Streitkräfte das Wort reden. Sie sind es doch, die bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit von der Abschaffung der Wehrpflicht sprechen. Herr Domres, Sie nicken so schön. Es ist wunderbar, dass Sie mir Recht geben.

Sie waren es, die im Deutschen Bundestag sogar die ersatzlose Abschaffung der Bundeswehr forderten. Ihr hier vorliegender Antrag zielt ja auch auf alles andere, als die Bundeswehr zu

erhalten, sondern, im Gegenteil, darauf, den Abbau effizienter und reibungsloser als von Herrn Scharping geplant zu gestalten.

Meine Damen und Herren von der PDS, man kann nicht Wasser predigen und Wein trinken. Das sollten Sie sich wirklich einmal merken. Selbstverständlich lehnen wir Ihren Antrag ab. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU - Zurufe von der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Schuldt und frage die Landesregierung, ob sie das Bedürfnis zu sprechen hat.

(Minister Schönbohm: Den tiefen Wunsch!)

Bitte schön, Herr Minister Schönbohm!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem der Bundesminister der Verteidigung am 16. Februar dieses Jahres seine endgültige Entscheidung zur künftigen Stationierung der Bundeswehr bekannt gegeben hat, geht es nun darum, diese Standortentscheidung umzusetzen. Dies ist eine Aufgabe des Bundes. Laut Ressortkonzept des BMVg soll die Mehrzahl dieser Entscheidungen in den Jahren 2002 bis 2004 realisiert und dann bis 2006 abgeschlossen werden.

Diese tief greifende Reform der Bundeswehr mit zahlreichen Standortschließungen bzw. -reduzierungen im ganzen Bundesgebiet wird nicht ohne Auswirkungen auf die betroffenen Gemeinden bleiben bzw. auch Auswirkungen auf die Regionen haben, ob Handel, Gewerbe, Arbeitsplätze oder Infrastruktur davon unmittelbar betroffen sind. Es gibt Kommunen, die von den Einsparungen des Bundes überproportional belastet sein werden. Dies sind sehr tiefe Einschnitte; aber ich möchte die Kollegen von der PDS darum bitten, die Bundeswehr nicht nur als Wirtschaftsfaktor zu betrachten und nicht auf diese Funktion zu reduzieren.

Die Landesregierung ist deshalb der Auffassung, dass mit der Bundeswehrreform ein Konversionsprogramm des Bundes einhergehen muss, um die Auswirkungen auf die Kommunen zu begrenzen und geschlossene Standorte besser einer Nachnutzung zuzuführen. Das Land Brandenburg hat deshalb, wie schon gesagt, am 16. Februar dieses Jahres im Bundesrat einer Entschließung zugestimmt, in der die Bundesregierung unter anderem aufgefordert wird, die in fast allen Ländern vorgenommenen Standortschließungen und -reduzierungen mit einem Konversionsprogramm zu begleiten, das geeignet ist, die negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu begrenzen und Folgenutzungen aufgegebener Standorte zu erleichtern.