Protokoll der Sitzung vom 01.03.2001

Danke schön, Herr Minister. - Das Wort geht an die Abgeordnete Frau Kaiser-Nicht, die Gelegenheit hat, die Frage 620 (Standort Polizeifachhochschule) zu formulieren.

Eine wesentliche Komponente der Polizeistrukturreform ist der künftige Standort der Fachhochschule der Polizei. Nachdem bestehende offene Vermögensansprüche bezüglich der Liegenschaft in Basdorf geklärt worden sind, steht die Frage, ob der mit dem vorgesehenen Umzug verbundene finanzielle Aufwand notwendig ist oder ob eine solche Standortverlagerung lediglich eine Kompensationsmaßnahme für den Wegfall eines Polizeipräsidiums darstellt.

Meine Frage lautet: Von welchen Faktoren machte die Landesregierung die Entscheidung zum künftigen Standort der Fachhochschule der Polizei abhängig?

Herr Minister Schönbohm, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht, die Polizeifachhochschule ist keine wesentliche Komponente der Polizeistrukturreform, sondern wir nutzen die Möglichkeiten, die sich aus einer Veränderung der

Standorte der Polizeipräsidien ergeben. Anders formuliert: Im Rahmen der Polizeistrukturreform ist es möglich, die Fachhochschule der Polizei an einen anderen Standort zu verlagern, der nach unserer Auffassung besser geeignet ist. - Wollen Sie jetzt schon eine Frage stellen? Dann warte ich gleich.

(Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Nein! - Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Nach Geschäftsordnung ist es leider so üblich, die Fragen erst am Ende zu stellen!)

- Sie hatten mich irritiert. Ich bitte um Entschuldigung. Sie hatten zwei Zeichen gegeben; ich wusste nicht, auf wen ich mich konzentrieren sollte.

Es ist alles registriert und in Ordnung.

Sie haben doch Anspruch darauf, dass ich sehr aufmerksam beobachte, was Sie mich fragen wollen.

Das Innenressort strebt im Lichte der modernen Verwaltungsführung auch eine geistige Erneuerung der zentralen Aus- und Fortbildungseinrichtungen der Landespolizei und der Fachhochschule der Polizei an. Eine durchgreifende Neuordnung und Modernisierung des gegenwärtig genutzten, damals von der Volkspolizei-Bereitschaft im Zuge der Einigung übernommenen Standortes Basdorf ist dringend erforderlich. Hierüber besteht mit allen Beteiligten Einvernehmen.

Aus Anlass der Polizeistrukturreform ergeben sich hierfür Möglichkeiten, die zuvor nicht bestanden haben. Infolge der Auflösung mehrerer Polizeipräsidien werden Polizeiliegenschaften für anderweitige Nutzungen verfügbar. Den am Standort Basdorf für die Fachhochschule bestehenden Entwicklungshemmnissen kann durch Ausweichen auf einen Alternativstandort begegnet werden. Zudem ist es möglich, ein bereits teilweise modernisiertes Polizeigelände in Oranienburg sinnvoll zu verwerten.

Die zur Standortentscheidung gestellte Frage lässt sich, bezogen allein auf die Unterbringung der Fachhochschule der Polizei, klar beantworten. Der Standort muss alle Voraussetzungen bieten, um die Hochschule nach den baulichen Standards des Landes angemessen und optimiert einrichten und wirtschaftlich betreiben zu können. Der Ausbau muss ohne weitere zeitliche Verzögerung beginnen können.

Die Gesichtspunkte für eine Standortentscheidung sind aber noch vielschichtiger. Eine angemessene und kontinuierliche Nachnutzung des Präsidialstandortes Oranienburg hat unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Nachbarschaft zur Gedenkstätte Sachsenhausen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Das Land Brandenburg steht hier in einer besonderen Verantwortung. Die Entwicklung der bislang klar abgegrenzten Liegenschaft des Polizeipräsidiums in Oranienburg zu einem Fachhochschulstandort mit offenem Campus-Charakter ermöglicht Besuchern der Gedenkstätte künftig auch, das Areal des ehemaligen SS-Truppenlagers im Zusammenhang mit der Gedenkstätte zu besichtigen, und bietet für den Hochschulbetrieb die Möglichkeit zusätzlicher Impulse.

Bedingt durch den allgemeinen Altersaufbau der Belegschaft der Landespolizei werden in den kommenden Jahren Bedienstete verstärkt pensioniert bzw. berentet. Hieraus ergibt sich in den nächsten Jahren ein erheblich höherer Ausbildungsbedarf. Einzelheiten werden zurzeit im Rahmen des gesamten Personalabbaukonzeptes berechnet.

Eine moderne, angemessen ausgestattete Ausbildungseinrichtung muss daher geschaffen werden.

In die Gebäude der Polizeiliegenschaft Oranienburg hat das Land Brandenburg bereits in Millionenhöhe zielgerichtet investiert. Die Einrichtungen sind im Vergleich zum Standort Basdorf in besserem Zustand und können durch die Fachhochschule zeitnah genutzt werden. Da sich die Liegenschaft in unbeschränktem Landeseigentum befindet, kann der weitere Ausbau für die Fachhochschule ohne Zeitverzögerung erfolgen. Das Land hat die Liegenschaft Oranienburg vom Bund mit einem erheblichen Verbilligungsabschlag unter der Bedingung erworben, diese mindestens bis zum Jahr 2009 zweckgebunden für eine Verwaltungsnutzung der Polizei zu verwenden. Hierüber haben wir ja kürzlich auch im Landtag gesprochen. Eine Stilllegung des Areals oder eine anderweitige landesseitige Verwertung zöge vertraglich vereinbarte Nachzahlungen von rund 14 Millionen DM nach sich.

Die verkehrstechnische Erreichbarkeit für die Auszubildenden und die zahlreichen Teilnehmer an polizeilichen Fortbildungsveranstaltungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln verbessert sich im Vergleich zu Basdorf in Oranienburg erheblich. Es ist daher zu erwarten, dass der Personenkreis, der eine Unterkunft im Ort benötigt, künftig kleiner sein wird.

Im Hinblick auf das Stammpersonal der Fachhochschule muss in diesem Zusammenhang betont werden, dass die Distanz - oder: Entfernung, denn wir sollen ja deutsch reden, habe ich gelernt zwischen altem und neuem Dienstort nur rund 15 Kilometer beträgt und die Veränderung der Anfahrtswege daher zumutbar erscheint.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Bitte sehr, Frau Kaiser-Nicht!

Ich habe drei Nachfragen. Herr Minister, wie kann angesichts der Notwendigkeit sparsamster Haushaltsführung und intensiver Kostenberechnungen seitens des MdI - das ist ein Zitat aus Ihrer eigenen Presseerklärung - der Widerspruch zustande kommen, dass vor einiger Zeit noch von Investitionskosten in Höhe von 40 bis 42 Millionen DM die Rede war, jedoch von 68 Millionen DM an Umzugskosten für Basdorf ausgegangen wurde, während Umzug und Ausbau der Fachhochschule der Polizei plötzlich identische 96 Millionen DM kosten sollen und beim Umzug des Landeskriminalamtes nach Eberswalde von 28 Millionen DM Umzugskosten derzeit lediglich noch 5 Millionen DM geblieben sind?

Ich komme zu meiner zweiten Frage, denn die PDS-Fraktion wurde diesbezüglich nicht fündig: An welcher konkreten Stelle sind diese Mittel in der mittelfristigen Finanzplanung zu finden? Schließlich ergibt sich durch diesen Umzug ein kurzfristiger und sehr hoher Mittelseinsatz.

Nun zu meiner dritten Frage. Sie haben von „zeitnah” gesprochen. Können Sie das noch konkretisieren? Welche zeitlichen Vorstellungen hat das Ministerium des Innern für den Umzug der Fachhochschule der Polizei?

Frau Kaiser-Nicht, wenn ich richtig gezählt habe, wurden von Ihnen vier Fragen gestellt, aber ich will sie gern beantworten.

Zunächst gehe ich auf die Umzugskosten ein. Es ist richtig, dass wir im Rahmen der Berechnungen und Untersuchungen, die vor allem unter der Verantwortung des Finanzministeriums und der Hochbauämter stattfanden, noch einmal alle Kosten überprüft haben und dabei zu dem Ergebnis gekommen sind, dass für einen den Anforderungen entsprechenden fachgerechten Ausbau der Fachhochschule Basdorf die Summe X erforderlich ist, die ich jetzt nicht im Kopf habe. Sie liegt bei etwa 95 Millionen DM; Vergleichbares ergibt sich für Oranienburg. Diese Zahlen werden wir dann natürlich im Einzelnen vortragen.

Bezogen auf das Landeskriminalamt geht es um drei Sachverhalte. Der erste Sachverhalt betrifft den Umzug von rund 330 Bediensteten in ein vorhandenes Polizeigebäude nach Eberswalde, das neu gebaute Polizeipräsidium.

Zweitens: Wenn diese 330 Mitarbeiter umziehen, so werden, je nachdem, wie man rechnet, mit Auszubildenden, Praktikanten und Durchreisenden zwischen 70 und 100 Personen, die nicht umziehen können, übrig bleiben. Diesbezüglich war in der ersten Planung vorgesehen, dass ein Gebäude für sie errichtet wird.

Die weiteren Überlegungen hinsichtlich der Nutzung von Landeseigentum haben ergeben, dass ein Betrag von rund 5 Millionen DM notwendig ist, um einen bereits bestehenden Bau zu modernisieren bzw. so instand zu setzen, dass er genutzt werden kann. Das ist die Erklärung für diese Zahlen.

Zu Ihrem dritten Punkt, Frau Kaiser-Nicht: Wir haben - Sie wissen das - in Berlin-Johannisthal die Außenstelle des Labors des Landeskriminalamtes, die auf jeden Fall von Berlin nach Brandenburg umziehen muss. Mit Berlin verhandeln wir noch, weil ein Teil des Labors nur sechs bis acht Stunden genutzt wird. Das ist eine hohe Investition, die wir gemeinsam mit Berlin machen könnten.

Die Höhe der Mittel, die endgültig in Eberswalde oder Basdorf, investiert werden müssen, kann ich Ihnen nicht nennen.

Da Sie, Frau Kaiser-Nicht, die Finanzplanung und alle anderen Einzelheiten kennen, bleibt mir nur zu sagen, dass wir einen Titel haben, in dem die Mittel für die Hochbaumaßnahmen enthalten sind. Darüber wird mit dem Finanzministerium im Rahmen der Mittel für die Ausstattung im Einzelnen verhandelt.

Des Weiteren wurde hier die Frage gestellt, welche Möglichkeit es bezüglich der Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit privaten Trägern gibt. Wir diskutieren auch darüber, ob es Möglichkeiten gibt, auf diese Art und Weise Bauten im Zusammenhang mit der Fachhochschule zu errichten.

Zum Zeitplan: Die Entscheidung ist endgültig am Dienstag getroffen worden. Mit dem Umzug des Landeskriminalamtes

werden wir in den nächsten Wochen beginnen. Dieses Gebäude wird am 1. März 2001, also heute, der Polizei endgültig übergeben. Das Landeskriminalamt wird diesen Umzug vorbereiten.

Was die Fachhochschule betrifft, müssen wir noch einige Schularbeiten machen. Erstens müssen wir eine genauere Abstimmung darüber durchführen, wie die neue Gliederung der Polizeipräsidien erfolgen soll. Hiermit werden wir sicherlich nicht vor Beginn des nächsten Jahres beginnen. Damit wird die Liegenschaft Oranienburg leergezogen. Bis dahin werden die Bauunterlagen fertig sein. Dann beginnt der notwendige Umbau. Als Letztes erfolgt der Umzug der Fachhochschule der Polizei von Basdorf nach Oranienburg.

Ich fasse zusammen: Der Umzug nach Eberswalde erfolgt sehr schnell. 70 oder 80 Mitarbeiter des Landeskriminalamtes - die genaue Zahl kennt momentan niemand - werden in Basdorf bleiben, bis das eine Haus fertig gestellt ist. Die Fachhochschule wird auf gar keinen Fall in diesem oder im nächsten Jahr umziehen.

Danke sehr. - Frau Enkelmann, bitte!

Herr Minister, Sie haben gesagt, dass die Fachhochschule und das LKA keine wesentliche Komponente für die Polizeireform darstellen. Für die Entwicklung der Gemeinde Basdorf sowie für die Region sind es wesentliche Komponenten.

Nun zu meinen Fragen. Erstens: Haben Sie in Ihre Berechnungen auch die Auswirkungen, die die Verlagerung auf die Entwicklung der Gemeinde und auf die Unternehmen der Gemeinde hat, einbezogen?

Zweitens: Gibt es Überlegungen der Landesregierung in Bezug auf die Nachnutzung der Liegenschaft?

Frau Abgeordnete Enkelmann, natürlich haben wir diese Überlegungen einbezogen. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich aber nicht der Auffassung, dass der Staat alles regeln müsse. Wir müssen auch darüber nachdenken, inwieweit dieses Gelände genutzt werden kann.

Wenn die Fachhochschule der Polizei und das Landeskriminalamt in einer Liegenschaft untergebracht wären, für die es keiner wesentlichen Investition bedürfe, hätte ein solcher Umzug nicht stattgefunden. Das war der Kern meiner Aussage.

Der Umzug findet statt, weil wir in der Fachhochschule Basdorf einen erheblichen Investitionsrückstau haben, weil es die beschriebenen Schwierigkeiten gab und weil wir eine Liegenschaft haben. Das Gebäude für das Polizeipräsidium ist fertig gestellt und nutzbar. Daher ist der Umzug zweckmäßig. Oranienburg wurde aus den Gründen, die ich genannt habe, ausgewählt.

Es gibt zurzeit keine Überlegungen hinsichtlich der Möglichkeit einer Nachnutzung durch das Land. Es gibt aber Überlegungen in Bezug auf die Frage nach der Möglichkeit einer industriellen

Nutzung. Es gibt erste Überlegungen dazu, aber noch nichts Konkretes. Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten 18 bis 24 Monaten genügend Möglichkeiten haben werden, der Gemeinde Basdorf Hinweise zu geben.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass eine Sache vollkommen klar ist. Ich stimme Ihnen, Frau Enkelmann, zu, dass die Entscheidung für Basdorf erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Gemeinde haben wird. Das ist klar. Es muss aber auch berücksichtigt werden - wir dürfen das nicht nur in Bezug auf die Wahlkreise sehen -, dass die Entscheidung, das Polizeipräsidium aufzulösen, auch für Eberswalde erhebliche Auswirkungen hat. In Eberswalde haben wir eine Arbeitslosigkeit von mehr als 20 %.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Kaiser-Nicht [PDS])

- Frau Kaiser-Nicht, es ist leider so. Es geht auf der einen Seite darum, dass wir die Möglichkeiten der vorhandenen Infrastruktur, in die das Land investiert hat, nutzen wollen. Es geht auf der anderen Seite darum, dass in der Region, die von Berlin weiter entfernt ist, nicht das Gefühl entstehen darf, sie werde von der Landesregierung abgeschrieben. Das wäre ein unbegründetes Gefühl, aber wir kennen noch die Diskussion, die in Cottbus geführt wurde. Eine ähnliche Diskussion findet nun in Eberswalde statt.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Verehrte Abgeordnete, begrüßen Sie mit mir junge Gäste aus der Gesamtschule in Storkow. Herzlich willkommen im Landtag!

(Allgemeiner Beifall)