Protokoll der Sitzung vom 04.04.2001

Ich zitiere aus dem Haushaltsplan:

„Zuwendungsempfänger gemäß dieser Richtlinie sind insbesondere gemeinnützige Vereine und Initiativen, Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, Kirchen etc., die das freimütige gesellschaftliche Engagement befördern.”

Und das im Jahr des Ehrenamtes! - Das ist ein falsches Zeichen.

Die Haushaltssperre des Wirtschaftsministers in Höhe von 20,8 Millionen DM besteht aus einer einzigen Zahl. Alle anderen hatten eine ganze Reihe von Verwaltungskosten - Telefonkosten usw. Hier gibt es nur eine Zahl, und zwar geht es um die Gemeinschaftsaufgabe „Wirtschafts- und Strukturförderung”. Sie soll um 20,8 Millionen DM reduziert werden. Parteitagsbeschlüsse der CDU zur 100%igen Kofinanzierung habe ich anders verstanden. Vielleicht, Herr Fürniß, ist diese Niederschrift auch nur ein Irrtum; denn ich kann es nicht glauben, dass es so, wie es geschrieben steht, gemeint ist.

Der Verkehrsminister hat es schwer, das 530-Millionen-DMGeschenk vom Bund für neue Straßen einzusetzen. Im Haushalt wegfallen werden aber 30 Millionen DM für Straßenunterhaltung und -instandsetzung, für den Neubau von Brücken, den Ausbau von Häfen und für Projekte des ÖPNV. Ich frage mich, ob das wirklich das richtige Zeichen für eine richtige Verkehrspolitik ist.

Diese Haushaltssperre setzt in ihrem Inhalt Besorgnis erregende Zeichen der Landespolitik und widerspricht in großen Teilen der Koalitionsvereinbarung. Außerdem werden Kommunen durch Streichung von Landeszuschüssen zusätzlich zu den eigenen Belastungen, die es aus der Steuerreform auch gibt, geschröpft und damit als letztes Glied der Verteilungskette wieder einmal im Regen stehen gelassen.

Dieser Teil des Haushaltes ist aber nicht für die parlamentarische Diskussion vorgesehen. Er wird uns sozusagen untergeschoben und ich kann mir nicht vorstellen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dass diese Haushaltsveränderungen bei Ihnen große Sympathie finden.

- Ja. - Völlig im Unklaren bleiben bei dieser ganzen Betrachtung öffentlich angekündigte politische Vorhaben. Ich meine die Polizeireform und denke auch an den Bau der Chipfabrik. Ich

weiß nicht, wie das mit diesem Haushalt zu finanzieren ist.

Frau Abgeordnete, ich vermute, mit dem Ja meinten Sie, die Frage solle gestellt werden. - Bitte sehr!

Frau Kollegin, Sie sind zwar schon über das Thema hinweg, aber ich frage: Ist Ihnen bewusst, dass die Richtlinie „55 aufwärts” in diesem Jahr durch Lotto-Mittel aufgefüllt wird und es in diesem Jahr keinen Abbruch der Förderung gibt?

Im Haushalt standen bisher 1,45 Millionen DM für diese Richtlinie bereit. Wenn Lotto-Mittel diese Richtlinie noch unterstützen, weil es im Vergleich zu 1999 eine straffe Streichung gab, dann ist das nur zu begrüßen, aber dass der Haushaltsteil wegfällt, ist nicht unbedingt positiv zu sehen. Darüber sind wir uns bestimmt einig.

(Beifall bei der PDS)

Ich möchte Sie einfach, werter Herr Ministerpräsident und werter Herr stellvertretender Ministerpräsident, an Ihre Koalitionsvereinbarung erinnern, in der zu lesen ist:

„Die von den Koalitionspartnern vereinbarten finanzwirksamen zusätzlichen Maßnahmen sind im Rahmen des Gesamthaushaltes über Umschichtungen und Nutzung aller Möglichkeiten der Einnahmeverbesserung durch klare Prioritätenentscheidung zu finanzieren.”

Ich wünschte mir sehr, Sie erfüllten Ihren eigenen Vertrag. Eine Diskussion um wirkliche Einnahmenverbesserungen spielte in der Öffentlichkeit bisher kaum eine Rolle.

Zum Schluss noch eine grundsätzliche Bemerkung: Herr Stolpe und auch Frau Finanzminister, Sie sprechen mir zu oft von äußeren, unabwendbaren Faktoren, denen sich die Finanzpolitik im Lande fügen müsse. Ich sage Ihnen, dass der größte Teil hausgemacht ist. Die Steuerreform ist nicht vom Himmel gefallen, sie wurde mit den Stimmen von SPD und CDU in diesem Lande beschlossen. Die im Haushalt aufgelaufenen Schulden in Höhe von 26 Milliarden DM sind Resultat der Beschlüsse der Haushalte seit 1990. Die Millionenfalle Großflughafen wurde durch politische Fehler der Landesregierung erst geschaffen. Sie tut wenig dazu, dort wieder herauszukommen. Das Operationelle Programm ist viel zu spät erarbeitet und eingereicht worden. Es mussten also Dinge vorfinanziert werden, die natürlich auch Verluste für das Land bedeuten.

Ich mahne bei der Landesregierung an: Schaffen Sie in Ihren Ministerien Ordnung im Personalhaushalt, bei der Verwendung der Mittel, und überziehen Sie den Plan nicht so wie im vergangenen Jahr! Denn die 326,8 Millionen DM, die mehr an Krediten gebraucht wurden...

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Schluss!

... sind nicht nur Resultat der Vorfinanzierung von Europamitteln.

Ich möchte nur noch sagen: Der Nachtragshaushalt erfüllt unsere Erwartungen an eine solide Finanzpolitik nicht. Er ist eine politische Fehlleistung der Landesregierung und wird nicht dazu beitragen, die zukünftige Entwicklung des Landes zu sichern. Die PDS-Fraktion lehnt die Koppelung von Nachtragshaushalt und Haushaltssperre ab und empfiehlt der Landesregierung, es im Jahre 2002 erst einmal mit einem Einjahreshaushalt zu versuchen. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Bischoff, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach diesen 15 Minuten wieder zurück zur Sacharbeit.

(Gelächter bei der PDS)

Als der Landtag im Sommer letzten Jahres den ersten Doppelhaushalt Brandenburgs in Höhe von rund 20 Milliarden Euro verabschiedete, zeichnete sich bereits ab, dass im Jahr 2001 eine Anpassung erforderlich werden könnte. Heute liegt der Entwurf zur 1. Lesung auf dem Tisch, eine Nachjustierung von rund 2 % des Gesamtvolumens des Doppelhaushalts.

Der Entwurf zum Nachtragshaushalt ist von harten Fakten - ich sage: auch bitterem Realismus - gekennzeichnet. Dennoch - und das ist unter dem Strich für uns, die wir Verantwortung tragen, sehr wichtig -: Wir bleiben trotz enormer Anforderungen auf der Ausgabenbremse, ohne das Pedal durchzutreten und ohne, dass die Räder blockieren.

Zur heutigen Situation: Von einem Euro im Landeshaushalt erwirtschaftet das Land - Ministerpräsident Manfred Stolpe hat heute Morgen schon darauf hingewiesen - nur rund 40 %. Das ist schlichtweg die Wahrheit.

Die Schuldenlast des Landes beträgt nach zehn notwendigen Aufbau- und Modernisierungsjahren an Schulen, Universitäten, in Stadtvierteln, bei Verkehrswegen, Kliniken und vielem mehr bereits heute das Dreifache der gesamten Jahressteuereinnahme Brandenburgs. Obwohl die Kreditaufnahme in Höhe von 2,2 Milliarden Euro auf heute deutlich unter 500 Millionen Euro gesenkt worden ist, muss noch immer jede zwanzigste Haushaltsmark - Verzeihung, jeder zwanzigste Haushaltseuro, wir sollten uns alle daran gewöhnen, und zwar rechtzeitig - aus neuen Schulden finanziert werden. Allein der Kredit aus diesem Jahr, so bitter, so notwendig und so unausweichlich er auch scheint, wird uns im kommenden Haushaltsjahr mit 20 Millionen zusätzlichen Euro-Zinsen belasten, Mittel, die uns morgen fehlen und den Spielraum des Landes weiter einengen.

Deshalb möchte ich angesichts vieler und auch verständlicher

Rufe nach Hilfen des Landes Brandenburg noch einmal klar meine Position unterstreichen, dass ein solider Landeshaushalt dauerhaft der beste Garant für eine solide Sozialpolitik ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS])

Der Grund für die Nachregulierung des Haushaltspaketes 2001 ist im Kern die große Steuerreform der Bundesregierung. Brandenburg hat dieser Steuerreform - ich füge hinzu: dieser längst überfälligen Steuerreform, verehrte Frau Kollegin - aus Überzeugung zugestimmt. Den Bürgern, den Unternehmen, den Handwerkern Brandenburgs verbleiben 500 Millionen Euro mehr im Portemonnaie - Geld, das unsere 18 Finanzämter des Landes Brandenburg nicht einziehen werden. Familien mit Kindern verbleibt mehr als kinderlosen, Handwerkern verbleibt mehr als großen Unternehmen. Das ist unser Kurs, der die soziale Gerechtigkeit stärkt, der die Arbeitsleistung anerkennt und unternehmerisches Handeln belohnt, statt es immer höher zu besteuern.

Wir wollen Kaufkraft stärken, die schwache Kapitaldecke kleiner und mittlerer Unternehmen schonen. Auch Brandenburgs Bundesratsstimme hat dieser in der deutschen Geschichte einmaligen Steuersenkung zum Durchbruch verholfen. Ich sage ganz bewusst: Dazu stehen wir.

Aber eines liegt in der Natur eines Nachtragshaushalts: Ein Nachtragshaushalt eignet sich nicht für Grundsatzentscheidungen, wohl aber dafür, sich die finanzielle Situation des Bundeslandes Brandenburg gerade angesichts der vor uns stehenden Verhandlungen zum kommenden Doppelhaushalt sehr genau anzuschauen und gut zu durchdenken.

Natürlich muss bei einer deutlichen Steuersenkung auch die Reduzierung der Landesausgaben erfolgen. Wir werden Förderprogramm für Förderprogramm endlich nach zehn Jahren evaluieren und auch so manchen Zopf abschneiden müssen. Wir werden auf die zügige Umsetzung der Verwaltungsmodernisierung drängen und die Frage nach der Sinnhaftigkeit weiterer Verbeamtungen stellen. Wir werden mehr budgetieren, um Eigenverantwortung zu stärken, und wir werden gemeinsam mit der Landesregierung Normen und Standards prüfen und, wo immer möglich, auch ändern.

Unsere Halbzeitbilanz fällt eindeutig aus. Dieser erste Doppelhaushalt ist, was das Haushaltsjahr 2000 betrifft, in der notwendigen und beschlossenen Ausgabensenkung erfolgreich und zielgenau verlaufen. 2000 war eine punktgenaue Zwischenlandung, meine Damen und Herren. Gleichwohl höre ich natürlich die Damen und Herren von der PDS; Frau Osten, Sie haben schon dazu angehoben.

Zum Thema Entmachtung des Parlaments, globale Minderausgabe zwei nüchterne Feststellungen:

Erstens: Die globale Minderausgabe beträgt nicht 15, auch nicht 10, nicht 3, sondern genau 1 % des gesamten Haushaltsvolumens.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Aber gern.

Bitte sehr.

Ich wollte nur noch einmal nachfragen, Herr Bischoff, was Sie unter einer punktgenauen Landung im Haushaltsjahr 2000 verstehen. Nach meinen Informationen haben sechs Ressorts überzogen und es mussten zusätzlich Kredite in Höhe von 326,8 Millionen DM aufgenommen werden.

Verehrte Frau Kollegin, ich habe von der Ausgabensenkung gesprochen und Sie wissen - Sie sollten es als Vorsitzende des Haushaltsausschusses jedenfalls wissen -, dass die 300 Millionen DM, von denen Sie sprechen, selbstverständlich Gelder der EU sind, die bei uns nicht zeitgemäß eingetroffen sind. Aber das hat überhaupt nichts mit dem Ergebnis des Haushaltsjahres 2000 zu tun. Das ist eine von uns nicht beeinflussbare Größe.

Noch einmal: Ich habe zu Recht von der punktgenauen Landung bei der Ausgabensenkung gesprochen. Dazu stehen wir. Das kann man übrigens auch nachlesen.

Zurück zur globalen Minderausgabe: Es ist also erstens 1 % und zweitens wurde sie übrigens leicht gesenkt. Die schwarze Null das heißt im Klartext, keine weiteren Schulden zu machen - ist und bleibt Ziel unserer Koalition. Allerdings wird die Nagelprobe auf diesem steinigen, auch dornigen Weg nicht dieser Nachtragshaushalt 2001, sondern die Beratung des kommenden Doppelhaushaltes und des Haushaltsstrukturgesetzes sein. Wir werden Kurs halten, die Gesamtausgaben senken und das Land weiter modernisieren. Denn Stillstand ist Rückschritt. Das gilt ganz besonders für die Finanzpolitik.

Eines bringt das Land mit Sicherheit aber nicht voran - wenn ich die 15 Minuten meiner Vorrednerin Revue passieren lasse, möchte ich schon noch einmal darauf hinweisen -: die Doppelmoral der Opposition in diesem Landtag. Seit zehn Jahren hat sie laut Frau Osten keinem einzigen Landeshaushalt zugestimmt, weder in den ersten fünf Jahren, als wir unter hoher Neuverschuldung das Allerwichtigste an Krankenhäusern, an Wohnvierteln, für jeden sichtbar, nicht zerredet, sondern umgesetzt haben, noch in den vergangenen fünf Jahren, seit wir konsequent die Schulden senken. Ich finde, das ist peinlich und nicht der Entwurf zum Nachtragshaushalt. Die Frage, die sich mir stellt, ist schlicht und ergreifend: Wofür stehen Sie eigentlich finanzpolitisch?

(Vietze [PDS]: Nicht für Ihre Politik!)

Ein aktuelles Beispiel, Herr Kollege Vietze: LEG-Darlehen. Nicht die Chefin des Haushalts- und Finanzausschusses, nicht die Opposition, nein, die Koalition hat einen Sperrvermerk für weitere Darlehen an die LEG eingebracht und übrigens auch beschlossen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Aus meiner Sicht folgerichtig hat die LEG keinen Blankoscheck erhalten. Die Koalition knüpft die Freigabe weiterer Mittel an betriebswirtschaftliche Vorgaben. Diesen Weg setzen wir fort.