Protokoll der Sitzung vom 04.04.2001

Die große Koalition hat dieser Steuerreform zugestimmt, auch aus brandenburgischem Interesse, weil davon ein kräftiger Wachstumsschub für die Wirtschaft in Deutschland ausgeht. Dies bedeutet mittelfristig mehr Arbeitsplätze, eine Senkung der Arbeitslosigkeit und in einigen Jahren auch Mehreinnahmen für den Staatshaushalt.

Alle Erfahrungen mit Steuersenkungen - vom Ende der 80er Jahre wie auch mit weiteren Steuersenkungen danach - zeigen, dass solche Effekte eintreten: mehr Wirtschaftswachstum und damit mehr Arbeit.

Der Deutsche Bundestag hat deshalb bereits 1997 mit der damaligen Mehrheit von Union und FDP eine solche Steuerreform auf den Weg gebracht, die dann leider keine Mehrheit im Bundesrat gefunden hat.

Meine Damen und Herren! Die Bürger haben durch die Steuerreform seit Anfang dieses Jahres mehr frei verfügbares Einkommen. Das kann jeder Einzelne anhand seines Einkommens

nachweises nachvollziehen. Wenn die Bürger mehr Geld zur Verfügung haben, heißt das auch, dass sie damit mehr eigene Verantwortung übernehmen.

Für den Staat, der dadurch weniger Einnahmen hat, bedeutet das, dass er mehr sparen muss. Das ist ganz einfache Mathematik. Wer den Menschen weismachen will: Der Staat nimmt den Bürgern weniger weg, macht ansonsten alles weiter wie bisher und kann alle Ausgaben weiterhin tätigen -, der streut den Bürgern Sand in die Augen, der verkauft sie für dumm. Das wollen wir nicht.

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD)

Meine Damen und Herren! Darüber hinaus gibt es im Landeshaushalt für 2001 einen unabweisbaren Mehrbedarf in Höhe von 330 Millionen DM. Einige Beispiele: Die Kommunen werden in diesem Jahr voraussichtlich 108 Millionen DM zusätzlich für die Erstattung von Kosten im Ausbildungsverkehr, das heißt für die Ermäßigung der Fahrscheine für Schüler, die zur Ausbildung fahren, erhalten. Es werden etwa 100 Millionen DM an Kosten auf das Land zukommen, weil Rentenbezüge aufgrund geänderten Bundesrechts erhöht werden und Nachzahlungen für Sonder- und Zusatzversorgungssysteme nach DDR-Recht erfolgen müssen. Die Flughafenholding wird 55 Millionen DM erhalten, weil wir einen Zentralflughafen für Brandenburg und Berlin wollen. Das haben meine Vorredner alles gesagt.

Wir werden 17 Millionen DM Mehrbedarf für Wohngeld haben. Wir werden durch die BAföG-Novelle, das heißt für die Zahlung von BAföG an Studenten, 11 Millionen DM Mehrausgaben tätigen müssen. Das sind natürlich Mittel, die den Studenten zugute kommen. Wir werden durch BSE-Folgekosten und weitere Dinge Sonderlasten haben.

Diese aufgezeigte Finanzierungslücke wird durch verschiedene Maßnahmen gedeckt.

Erstens haben die Ressorts eine globale Minderausgabe von 239 Millionen DM zu erwirtschaften. Das heißt, jeder Minister muss im laufenden Vollzug seinen Anteil daran einsparen. Das System ist transparent, denn der Landtag wird über die titelscharfe Umsetzung dieser Einsparungen informiert. Im Übrigen: Ursprünglich waren es 294 Millionen DM, als wir das hier verabschiedet haben; jetzt sind es noch 239 Millionen DM. Es ist also deutlich nach unten gegangen.

(Die Abgeordnete Osten [PDS] meldet eine Zwischenfrage an.)

Ich komme gleich dazu, Frau Osten. Vielleicht kann ich Ihre Frage gleich untersetzen, denn ich verstehe die Aufregung der PDS nicht. Sie ist nicht nachvollziehbar.

Zum Ersten hat der Landtag beschlossen, dass er die Entscheidung über die Summe von 294 Millionen DM in die Hand der Regierung gibt. Zum Zweiten wird der Landtag über all das, was damit passiert, informiert. Das System ist also transparent. Es bleibt nicht im Dunkeln, wo eingespart wird. Zum Dritten habe ich von Ihnen noch keinen Antrag gesehen, wie diese globale Minderausgabe konkret aufgelöst werden sollte. Der Ehrlichkeit halber sollten Sie das dann darlegen.

(Beifall bei der SPD)

Zum Vierten habe ich mir das einmal in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern angesehen. In Sachsen-Anhalt tolerieren Sie die Regierung. Das Land hat auch jedes Jahr eine globale Minderausgabe, in den letzten Jahren von 250 Millionen DM jährlich. In Mecklenburg-Vorpommern, wo Sie selbst in der Regierung sind, ist man noch kreativer. Da gibt es eine globale Minderausgabe und es gibt eine globale Mehreinnahme von 50 Millionen DM. Es ist schon ein Witz, dass Sie das dann hier kritisieren. So kreativ ist nicht einmal unsere Finanzministerin, so etwas zu erfinden.

Herr Abgeordneter, lassen Sie die Frage jetzt zu? - Frau Osten, bitte.

Herr Lunacek, erstens: Wissen Sie, dass die Bilanz der Vorschläge der PDS-Fraktion in der Haushaltsdebatte zum Doppelhaushalt positiv ausgefallen ist? Es geht nämlich darum, dass 80 % unserer Vorschläge den Mittelabfluss betreffen und vom Finanzministerium aufgegriffen wurden.

Zweite Frage: Stört es Sie nicht, dass Einsparungen von 259 Millionen DM durch eine Haushaltssperre der Finanzministerin sozusagen am Parlament vorbei festgelegt werden? Darüber diskutieren wir nicht, darüber beschließen wir nicht, das machen die Ministerien.

Das war ja die globale Minderausgabe.

Das ist dann die Umsetzung durch die Haushaltssperre. Und gleichzeitig findet die Haushaltsdiskussion, die dann zum Teil gegenstandslos geworden ist, hier statt.

Drittens: Sie sprechen von Transparenz. Kennen Sie die Antwort auf die Kleine Anfrage von Dr. Trunschke aus dem vergangenen Jahr, als er wissen wollte, wie sich die Haushaltssperre auf eine konkrete Angelegenheit im Wissenschaftshaushalt auswirkt? Die Antwort lautete: Das können wir nicht sagen, das wird noch verlagert, da müssen wir mal sehen!

Zur ersten Frage: Frau Osten, Sie können froh sein, wenn Anregungen, die Sie geben, aufgegriffen werden. Das ist grundsätzlich eine positive Sache. Es zeigt nur, dass wir die Vorschläge der Opposition sehr ernst nehmen.

Zur zweiten Frage, die die Haushaltssperre betrifft: Es liegt in der Natur der Sache. Wenn wir als Parlament sagen: Die Landesregierung hat das Recht, in dieser Höhe Einsparungen vorzunehmen, dann muss sie das auch tun; denn wir wollen es ja so.

Und wenn wir hinterher informiert werden, was der Fall sein wird - und damit ist gleich die dritte Frage beantwortet -, dann ist das eine vernünftige Sache. Man kann natürlich erst infor

miert werden, wenn die Dinge umgesetzt sind. Wenn Herr Trunschke zu einem Zeitpunkt fragt, zu dem das feststeht, wird er auch eine vernünftige Antwort bekommen. Wenn er vorher fragt, kann er diese Antwort nicht bekommen. Das liegt in der Natur der Sache.

Eine zweite Maßnahme zur Schließung der Finanzierungslücke: Die Neuverschuldung wird um 570 Millionen DM erhöht. Darüber kann natürlich kein Finanzpolitiker begeistert sein. Allerdings halten wir als Koalition am Ziel der Haushaltskonsolidierung fest. Wir beraten ja heute nicht nur den Nachtragshaushalt, sondern auch den geänderten Finanzplan. Ein Blick in diesen Finanzplan, in die mittelfristige Finanzplanung zeigt, dass 2002 die Nettokreditaufnahme noch 500 Millionen DM betragen soll, 2003 250 Millionen und 2004 gleich null sein soll. Wir sind damit eines der ersten Bundesländer in Deutschland, die das schaffen werden. Ich glaube, damit brauchen wir uns nicht zu verstecken.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Im Ergebnis, meine Damen und Herren, strecken wir den Konsolidierungskurs um zwei Jahre. Am Ziel „keine Neuverschuldung” halten wir fest.

Zum Dritten: Als Maßnahme zum Auffangen der Deckungslücke werden durch Zuweisung von EU-Geldern, die Brandenburg aus Landesmitteln vorfinanziert, 270 Millionen DM in diesem Jahr erbracht werden.

Viertens werden aus Bundesmitteln nach dem Investitionsförderungsgesetz Ost 28 Millionen DM erbracht.

Fünftens wird es nicht erforderlich sein, Zinsen in der Höhe zu zahlen, wie es ursprünglich vorgesehen war. Dadurch und durch andere Dinge werden Ausgaben in Höhe von 70 Millionen DM erspart werden.

Zusammenfassend lässt sich Folgendes feststellen: Das Land hat erhebliche Einnahmeverluste, insbesondere durch die Steuerreform. Auf das Land kommen Mehrausgaben zu, die in dieser Höhe nicht vorhersehbar waren. Die entstandene Deckungslücke wird durch erhebliche Sparanstrengungen der einzelnen Ressorts aufgefangen. Das geht zum Teil bis an die Grenze des Machbaren.

Das ist ein Gesamtkonzept, das vernünftig ist, das verantwortbar ist und das für Brandenburg eine gute Lösung darstellt.

Ich möchte noch ein paar Worte zur PDS verlieren, weil mir ihre eigentliche Linie nicht klar ist und auch aus dem Vortrag hier nicht klar geworden ist. Auf der einen Seite war es Wunsch und Wille der PDS, dass die Steuerreform zustande kommt. Sie haben deshalb durch Ihre Zustimmung als Partei Verantwortung dafür übernommen, dass Brandenburg rund 570 Millionen DM Mindereinnahmen hat. Das ist ein Fakt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Auf der anderen Seite beklagen Sie, dass das Land bestimmte Dinge nicht mehr finanzieren kann. Herr Hammer, jugendpolitischer Sprecher, fordert mehr Stellen für die Jugendarbeit. Herr Trunschke fordert, die Kommunen bei der Finanzierung sozio

kultureller und soziopädagogischer Einrichtungen nicht allein zu lassen. Frau Große fordert eine weitere Senkung der Klassenfrequenzen an den Schulen, was Mehrkosten zur Bezahlung der Lehrer zur Folge hätte. - So ließe sich das fortsetzen. Da braucht man nur die Pressemitteilungen der letzten sechs Monate anzuschauen.

Meine Damen und Herren, dieses Doppelspiel ist unglaubwürdig. Sie tragen die Steuersenkung mit und fordern auf der anderen Seite immer mehr Ausgaben. Dieses Doppelspiel werden wir nicht durchgehen lassen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU - Zurufe von der PDS)

Meine Damen und Herren! Der Weg Brandenburgs muss ein anderer sein. Brandenburg leistet sich noch immer zu hohe konsumtive Ausgaben. Wir müssen diese konsumtiven Ausgaben verringern, damit wir mit den frei werdenden Geldern in die Zukunft Brandenburgs investieren können. Diese Umschichtung ist langwierig, kostet Kraft und es sind dabei sehr viele Besitzstände zu überwinden.

Die Koalition ist auf diesem Wege allerdings große Schritte vorangekommen. Wir haben letztes Jahr ein Haushaltsstrukturgesetz vorgelegt und vor drei Tagen wurde im Kabinett die Verringerung des Landespersonals um 8 000 Stellen beschlossen. Meine Damen und Herren, wir werden uns dies nicht kleinreden lassen. Die Koalition ist damit dem Ziel, die staatliche Verwaltung des Landes Brandenburg zu modernisieren, einen großen Schritt näher gekommen. Wir sind in der Geschwindigkeit des Personalabbaus - und zwar des sozialverträglichen schneller als in Vorjahren. Darauf können wir stolz sein. Wir werden diesen Weg weitergehen, mit dem Ziel, Gelder frei zu machen, die wir in die Zukunft Brandenburgs investieren können.

Wichtig sind weitere Schritte. Deshalb brauchen wir, wie mein Kollege bereits sagte, auch für dieses Jahr ein Haushaltsstrukturgesetz, das uns von bestimmten Lasten befreit. Die Diskussion: Was kann sich das Land Brandenburg leisten, was erwarten die Bürger vom Land und was wird - nämlich eine bestimmte Bürokratie - als Gängelung empfunden?, muss geführt werden. Wenn wir auf diesem Weg weitergehen, werden wir auch künftig Geld zur Verfügung haben, um weitere vernünftige Schritte für die Zukunft Brandenburgs zu initiieren.

In diesem Sinne hoffe ich, meine Damen und Herren, auf konstruktive Beratungen in den Ausschüssen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Vielen Dank. Wir sind damit am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes, der die Drucksachennummer 3/2511 trägt, sowie des Finanzplanes mit der Drucksachennummer 3/2534 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer dieser Überweisungsempfehlung folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Da

mit ist die Überweisung so beschlossen und ich schließe Tagesordnungspunkt 3.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetz zu dem Zweiten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks

Gesetzentwurf der Landesregierung