Mit Ihrem Antrag wollen Sie offensichtlich erreichen, dass dieser Fundus möglichst rasch weiter aufgefüllt wird und die entsprechenden Daten aus dem Land Brandenburg möglichst rasch geliefert werden. Aber bereits die Formulierung Ihres Antrages weist auf den tendenziösen Umgang mit diesem Thema hin; denn Sie sprechen von „Vorgaben des DNAStraftäterdatei-Identitätsfeststellungsgesetzes”, die abzuarbeiten seien. Mir sind solche Vorgaben aus dem Gesetzestext nicht bekannt. Vielmehr wird mit dem Gesetz ein Rahmen eröffnet, den das Land ausfüllen kann, aber nicht ausfüllen muss. Das ist ein erheblicher Unterschied.
Ich kann nachvollziehen, dass es aus polizeilicher Sicht sehr verlockend sein kann, diese Gendateien nach perfektionistischen Gesichtspunkten auszuweiten. Das Mittel der DNA-Analyse ist das sicherste, das es gegenwärtig gibt, und die damit verbundenen Aufklärungserfolge lassen Kriminalisten ins Schwärmen geraten. Aber gestatten Sie mir die Frage: Wo ist die Grenze einer solchen Datei?
Mit dem Identitätsfeststellungsgesetz ist der potenzielle Kreis der zu Erfassenden bereits erheblich erweitert worden. Bis zu 800 000 im Bundeszentralregister erfasste Straftäter sind nach Aussage der Bundesregierung im Zusammenhang mit einer Verurteilung wegen einer der in der Anlage zu dem Gesetz genannten Straftaten an die Staatsanwaltschaften gemeldet wor
den. Mit der kürzlich von Bundestagsabgeordneten der CDU/ CSU ausgesprochenen Forderung nach einer genetischen Erfassung aller Männer in einer zentralen Datei wird jedoch deutlich, wohin eine solche Entwicklung gehen kann.
- Es waren Ihre Parteikollegen, nicht meine. - Je größer der Kreis der zu Erfassenden ist, desto weniger handhabbar ist die im DNA-Gesetz geforderte Einzelfallentscheidung oder Gefahrenprognose. Nicht umsonst hat das Bundesverfassungsgericht kürzlich festgestellt, dass eine Genanalyse einen tiefen Eingriff in Persönlichkeitsrechte darstellt, der in jedem Einzelfall begründet sein muss.
Dahinter steht die von uns geteilte Befürchtung, dass sich mit dem genetischen Fingerabdruck und der Gendatei sehr viel weiter gehende gentechnische Bestrebungen verbinden. Man kann mit einer Genanalyse sehr viel über einen Menschen feststellen. Erwartungen gehen sogar davon aus, dass man daraus Charaktereigenschaften und verborgene Krankheiten ableiten kann. Das weckt z. B. im Arbeitsbereich die Befürchtung, dass die Menschen künftig den Arbeitsbedingungen angepasst werden sollen und nicht umgekehrt. Mit Gentests soll in Sekundenschnelle das Profil eines beliebigen Arbeitnehmers geliefert werden.
Meine Damen und Herren, ich bin nicht zuletzt der Ansicht, dass die abschreckende Wirkung einer solchen Gendatei überschätzt wird. Mit Ihrem Antrag haben Sie zweifellos eine populäre Forderung gestellt, die sich öffentlich gut darstellen lässt, die aber nur scheinbar der sachlichen Lösung dient. Wir sehen unsere Verantwortung darin, auf die Schwächen und Risiken im Zusammenhang mit dieser Gendatei hinzuweisen, und lehnen deshalb Ihren Antrag ab. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht. - Die Fraktion der SPD, Herr Muschalla, hat dankenswerterweise Redeverzicht angezeigt. - Ich kann deswegen das Wort an die Fraktion der DVU, Herrn Abgeordneten Claus, geben.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Inzwischen müssen wir feststellen, dass mit erschreckender Häufigkeit Fälle auftreten, in denen Serientäter aus dem Maßregelvollzug entweichen oder zu entweichen versuchen und in denen von Sexualverbrechern Kinder entführt, missbraucht und auf bestialische Weise ermordet werden.
Der tragische Fall „Ulrike” ist gerade zur Aufklärung gekommen und nun haben wir in Lichtenberg womöglich den nächsten Fall dieser Art zu verzeichnen, den Fall „Peggy”.
Was den Maßregelvollzug angeht, möchte ich ergänzend auf den Redebeitrag meiner Fraktionskollegin Birgit Fechner in der Aktuellen Stunde der Plenardebatte vom 01.03.2001 verweisen. Sie forderte bereits dort eine erhebliche Verschärfung des Voll
Die DNA-Straftäterdatei soll nun insbesondere dafür sorgen, dass solche und andere Kapitalverbrechen nach Möglichkeit verhindert werden, zumindest aber dafür, dass deren Aufklärung durch die Polizei erleichtert wird, was zugleich immer zu einer Verringerung der Wiederholungsgefahr führt. Diese Ziele sind natürlich auch die Ziele der DVU-Fraktion und daher sehen wir den Aufbau der DNA-Straftäterdatei beim BKA als dringliche Aufgabe an. Vor diesem Hintergrund stimmen wir Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, natürlich zu.
Lassen Sie mich aber noch einige Anmerkungen zur Ausgestaltung und Anwendbarkeit dieser Datei machen:
Natürlich bewegen wir uns mit dieser DNA-Datei in einem datenschutzrechtlich sensiblen Bereich. Das bedeutet, dass für die Bürgerinnen und Bürger Rechtssicherheit darüber herrschen muss, wer in diese Datei aufgenommen wird, wann diese Daten abgerufen werden und wann die Datei wieder gelöscht wird. Hierzu möchte ich zunächst feststellen:
Die DNA-Analyse ist ein unverzichtbares und sicheres Instrument zur Überführung von Straftätern. Es gibt schwere Straftaten, bei denen ein überragendes Aufklärungsinteresse der Allgemeinheit besteht. Gerade anhand von Fällen wie dem des ermordeten Mädchens Ulrike zeigt sich zudem, dass in der Bevölkerung eine hohe Bereitschaft zur Mitwirkung an der Aufklärung solcher Verbrechen besteht. Vielfach unterzogen sich Bürger freiwillig dem DNA-Test. Es bedurfte insoweit also keiner zwangsweisen Durchführung und die Freiwilligkeit führte nicht nur zu einer Eingrenzung des Täterkreises, sondern zugleich zu einem sicheren Unschuldsbeweis, wie wir es in Rostock selbst feststellen konnten.
Gerade die Freiwilligkeit der Teilnahme an solchen DNA-Tests halte ich für ein unverzichtbares Element beim Aufbau der DNA-Datei beim Bundeskriminalamt. Deswegen muss für jedermann jederzeit klar und deutlich sein, wann diese Daten bei der Aufklärung von Straftaten zum Einsatz kommen.
Ich denke, wir kommen dem am nächsten, wenn wir uns die mit der DNA-Datei verfolgten Ziele klar vor Augen halten und, für unsere Bürgerinnen und Bürger klar ersichtlich und auch hinreichend bestimmt, konkrete Deliktgruppen hierfür benennen und es eben nicht bei der Umschreibung „Straftaten von erheblicher Bedeutung” belassen. Letztere Umschreibung gibt nämlich einen Auslegungsspielraum, den es hier im Sinne der Bestimmtheit zu vermeiden gilt.
Deswegen sollte die Anwendung der DNA-Straftäterdatei beim Bundeskriminalamt auf Straftaten beschränkt bleiben, die im Strafgesetzbuch als Verbrechen bezeichnet werden, auf Straftaten, die sich gegen die körperliche Integrität und gegen sexuelle Selbstbestimmung richten, und auf solche Straftaten, die der organisierten Kriminalität zugeordnet werden, ohne zugleich dem Bereich der so genannten Bagatellkriminalitätsdelikte anzugehören.
Außerdem wird man zumindest denjenigen Bürgerinnen und Bürgern, welche sich den DNA-Tests freiwillig unterziehen,
einen Mitteilungs- und Auskunftsanspruch zubilligen müssen, der beinhaltet, dass ihnen seitens des BKA von Amts wegen mitgeteilt wird, wann die Aufnahme oder Löschung der Daten erfolgt, und man wird diesen Bürgerinnen und Bürgern zubilligen müssen, jederzeit Auskunft verlangen zu können, wann, wo und in welchem Zusammenhang ihre Daten Verwendung gefunden haben. - Ich sehe schon die Lampe. Danke schön, Herr Präsident.
Die Fraktion der DVU hielte es für sachgerecht und wünschenswert, wenn sich die Landesregierung auf Bundesebene auf dieser Grundlage nachhaltig für den Aufbau einer DNA-Datei auch unter Einbeziehung freiwilliger DNA-Tests - einsetzen würde. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Claus. - Die Abgeordnete Frau Richstein von der Fraktion der CDU hat noch Redezeit. Sie hat noch einmal ums Wort gebeten; ich erteile es ihr. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß, Sie alle sitzen wie auf heißen Kohlen; aber es sind noch zwei oder drei Punkte, die ich klarstellen möchte.
Frau Kollegin Kaiser-Nicht, ich habe das Gefühl, dass Sie den Antrag nicht genau gelesen haben. Er ist recht kurz und knapp gefasst, aber vom Wortlaut her fordern wir in keiner Weise eine Erweiterung der Voraussetzungen, unter denen Daten eingestellt werden können.
In der Presse wurde heute geschrieben, dass wir eventuell die Bundesratsinitiative von Bayern unterstützen würden. Das ist nicht der Fall. Wir möchten nur, dass Brandenburg entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, die sowohl in der Strafprozessordnung als auch in dem DNA-Identitätsfeststellungsgesetz enthalten sind, sofern es will und dazu in der Lage ist, die Daten auch weiterleitet.
Zum anderen: Wir haben die gleichen Zahlen. Nur habe ich die für Brandenburg genannt, und Sie haben die Zahlen für das gesamte Bundesgebiet genannt. Wenn Sie sie hochrechnen, stellt Brandenburg derzeit nur 1 % ein, das sind knapp 1 000.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Richstein. - Ich erteile der Landesregierung das Wort. Herr Minister Schelter, bitte.
Frau Kaiser-Nicht, Sie müssen sich entscheiden, was Sie wollen. Sie können nicht durch Ihre Kollegen im Rechtsausschuss
die Strafverfolgungsbehörden hart kritisieren lassen und ihnen dann im Plenum des Landtags die rechtspolitischen und kriminalistischen Maßnahmen vorenthalten, die zur Verbrechensbekämpfung notwendig sind.
Die Gen-Datei ist eine der wirksamsten Methoden der Verbrechensbekämpfung und -verhütung. Sie wird in Brandenburg nach strengen gesetzlichen Vorschriften angewandt - in Kontrolle durch die Richter der zuständigen Gerichte. Wir erfüllen längst die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, die es jüngst in einem Beschluss niedergelegt hat.
Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Koalitionsfraktionen dafür, dass sie sich dieses wichtigen Themas angenommen haben. Ich bedanke mich für den Antrag, sehe dem Beschluss entgegen und sichere zu, dass wir den Bericht rechtzeitig abliefern. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache angekommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU, der Ihnen in der Drucksache 3/2762 vorliegt. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich angenommen.
Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Nachmittag und Abend und erwarte Sie morgen pünktlich um 10 Uhr wieder in diesem Saal.