Eine letzte Bemerkung: Brandenburg steht in diesem Jahrzehnt erstens vor der Reform des Länderfinanzausgleichs, zweitens vor der EU-Osterweiterung, drittens vor einer Länderfusion und
viertens vor der Einführung des Euro. Das ist gut und richtig. Manche glauben gar, der Euro sei schon deshalb gut, weil er unsere Schuldenstände und auch unsere Zinslasten halbiert. Das stimmt zwar auf dem Papier, aber der Euro löst wirklich keines der Probleme, vor denen wir beim kommenden Doppelhaushalt stehen. Daran müssen und werden wir weiterhin selbst arbeiten. Denn ein solider Landeshaushalt ist der beste Garant für eine gute Sozialpolitik. - Vielen Dank.
Ich danke dem Abgeordneten Bischoff und gebe das Wort an die Faktion der PDS. - Bitte sehr, Frau Abgeordnete Osten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werter Herr Bischoff, Sie haben heute tolle Forderungen gestellt.
Von fast allen können wir sagen: Wir haben sie auch schon einmal benannt. Wir können also an der Stelle durchaus eine Übereinkunft erzielen. Aber mir fehlen von Ihnen die Anträge für den Nachtragshaushalt, die genau diese Forderungen deutlich machen.
Herr Bischoff hat wahrscheinlich die Haushaltsrede für das nächste Haushaltsjahr gehalten. Ich freue mich jedenfalls auf die Diskussion.
Haushaltsdebatten haben den Charme, dass man die Karten auf den Tisch legt, dass man sozusagen Kassensturz macht und darüber befinden muss, was geht und was nicht geht. Oftmals ist die Einsicht in das, was man sich nicht leisten kann, durchaus schmerzlich und muss überprüft werden. Aber der Effekt, dass man danach Klarheit hat, ist durchaus positiv zu bewerten, werte Kolleginnen und Kollegen.
Der vorliegende Nachtragshaushalt bringt allerdings nur mehr Schulden: eine ganz entscheidende Steigerung im Vergleich zu den geplanten Zahlen, nämlich von 275 Millionen auf 845 Millionen. Das muss man ehrlicherweise sagen.
Das ist der eigentliche Kernpunkt der Angelegenheit, auch wenn die Brandenburger Haushaltsgesetze ohnehin einen großen Ermessensspielraum für außerplanmäßige und zusätzliche Ausgaben der Landesregierung einräumen. Ich erinnere daran, dass nur Einzelausgaben über 10 Millionen DM mit dem Haushaltsausschuss und damit mit dem Parlament abzustimmen sind. Aber 570 Millionen DM mehr Nettokreditaufnahme sind schon ein dicker Brocken. Da braucht die Landesregierung den Landtag, um einen solchen Beschluss zu fassen. Deshalb auch der so genannte Nachtragshaushalt.
Den versprochenen Kassensturz gibt es aber nicht, weil erstens die Regierung dazu nicht in der Lage ist - ich erinnere daran: die
globale Minderausgabe von rund 300 Millionen DM war schon Bestandteil des Doppelhaushaltsentwurfs der Regierung - und weil man zweitens die Transparenz des Haushaltes nicht unbedingt will. Es kann unangenehm sein, sich in die Karten schauen zu lassen. Das versucht man zu vermeiden. Beispiele dafür gibt es genug.
Finanzierungen der so genannten Polizeireform, besser gesagt: von Umzügen einiger Dienststellen, die Vorfinanzierung zum Beginn des Baus einer Chipfabrik, die Vorfinanzierung der Tätigkeit der Flughafenumfeld-Gesellschaft - das sind alles Positionen, die ich im Nachtrag nicht finden kann, die aber öffentlich diskutiert werden.
Nicht zu finden sind auch die Veränderungen von Hunderten einzelner Haushaltspositionen in verschiedenen Ministerien, die das noch vorhandene Haushaltsloch von immerhin 259 Millionen DM füllen sollen. Das bleibt wenigstens noch bis zum 31. Juli im Verborgenen. Das ist der Termin, den die Finanzministerin den Kabinettskolleginnen und -kollegen für die Umsetzung der Haushaltssperre gesetzt hat.
Übrigens beherrschen die geplanten Streichungen die öffentliche Diskussion und werden auch an uns herangetragen: wesentlich weniger für ABM, für Jugendprojekte, für Entwicklungszusammenarbeit, Kulturförderung und auch für regionale Wirtschaftsförderung. Hinzu kommt, dass kein Minister im Haushaltsausschuss die avisierte Haushaltssperre in Gänze untersetzen konnte, sondern man sich diesbezüglich Zeit lässt und wohl darauf wartet, wie sich das Schicksal fügt.
Nun hat sich die PDS-Fraktion trotzdem die Mühe gemacht, die wenigen der 69 Veränderungsvorschläge, die wirklich Brandenburger Probleme betreffen, genau zu analysieren, und ist zu drei Änderungsvorschlägen gekommen.
1. Wir beantragen die Streichung der zusätzlichen Mittel für den Verfassungsschutz in Höhe von einer Million DM. Ich darf Sie daran erinnern, dass der Brandenburger Verfassungsschutz unter dem sozialdemokratischen Innenminister Ziel in der Zeit bis 1999 mit einer reichlichen Million DM ausgestattet war. Offensichtlich war das auskömmlich; denn ich kann mich nicht daran erinnern, dass es Klagen gab, dass der Verfassungsschutz seine Aufgaben wegen unzureichender Ausstattung nicht hätte erfüllen können.
Nach seinem Amtsantritt hat Innenminister Schönbohm öffentlich erklärt, dass genau auf dieses Gebiet ein Akzent zu setzen ist und er den Verfassungsschutz verstärken will. Wir halten das für die falsche Schwerpunktsetzung.
Es ist schon angesichts der aktuellen Finanzlage unvertretbar, die Mittel für den Verfassungsschutz über den Nachtragshaushalt nahezu verdoppeln zu wollen.
Außerdem betonte Ministerin Ziegler in der bisherigen Diskussion des Nachtragshaushaltes, dass es nicht um neue Prioritäten, sondern nur um notwendige Nachbesserungen gehen soll. Wenn ein Budget fast verdoppelt wird, muss man über die Prioritätensetzung, denke ich, schon diskutieren. Die Notwendigkeit, dass diese Position um fast das Doppelte erhöht werden soll, konnte uns zumindest nicht - niemand begründen. Wir beantragen, diese Million nicht für Repression, sondern für Prävention einzusetzen, nämlich zusätzlich für kommunale Projekte der Jugendarbeit gegen Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit. Damit wird der Zweck, den Sie angesprochen haben, Herr Petke, durchaus erfüllt.
2. Die PDS-Fraktion geht davon aus, dass die von der Landesregierung in nicht nachzuvollziehender Art und Weise veränderten Steuereinnahmen nicht der Realität entsprechen. Die Korrekturen der Steuererwartungen für das Haushaltsjahr 2001 erscheinen der PDS-Fraktion überzogen und nicht ausbilanziert. So wird es zwar Steuermindereinnahmen bei der Lohnsteuer geben, aber wir denken nicht, dass sie 227 Millionen DM betragen werden. Im Jahre 2000 waren die Lohnsteuereinnahmen ebenfalls 35 Millionen DM höher, als der Plan vorsah. Auf andere Positionen trifft das ebenfalls zu; zum Beispiel auf die Fehleinschätzung bei der veranlagten Einkommensteuer in Höhe von 90 Millionen DM.
Es ist auch nicht einzusehen, dass die positiven Auswirkungen, die die Steuerreform zum Beispiel auf Lohn- und Einkommensteuer haben wird, bei der Umsatzsteuer nicht zum Tragen kommen. Wir haben es durchgerechnet und sind auf einen Betrag von 150 Millionen DM gekommen, die - trotz Steuerreform - an höheren Einnahmen im Vergleich zum Nachtragshaushalt in diesem Lande zur Verfügung stehen werden. Diese zusätzlichen Einnahmen sollen zur Verringerung der globalen Minderausgabe führen, damit die von der Finanzministerin verhängte Haushaltssperre wesentlich reduziert werden kann und die außerplanmäßigen Kürzungen, die jetzt ins Haus stehen - was in großer Breite auch öffentlich beklagt wird -, vermieden werden können.
Frau Kollegin Osten, ich habe den Eindruck, Sie kennen schon die Steuerschätzung, die uns erst in den nächsten Stunden beziehungsweise morgen vorliegen wird. Kennen Sie die Steuerschätzung? Ich frage Sie, weil Sie mit konkreten Zahlen operieren, die aussagen, wie viel Steuern mehr wir in Brandenburg ein
Ich kenne die Steuerschätzung, die Herr Eichel avisiert hat, seit heute - so wie Sie alle -, die konkrete für das Land jedoch nicht. Es gibt zumindest keine Rückgänge in der befürchteten Höhe. Ich gehe von den Erfahrungen mit den von der Landesregierung in der Regel vorgelegten Zahlen bei Steuereinnahmen aus. Ich denke, die entsprechenden Erfahrungen haben wir, Herr Bischoff, gemeinsam gesammelt.
Wenn wir zum Beispiel Abweichungen bei der Einfuhrumsatzsteuer - ein schwieriges Wort - von 193 Millionen DM im letzten Jahr hatten - so viel wurde mehr eingenommen, als der Plan vorsah -, kommt doch schnell der Verdacht auf, dass man versucht, an der Stelle etwas zu bunkern, was man für andere Dinge dann - vielleicht auch außerplanmäßig - ausgeben kann. Ich denke, da sind wir uns einig.
3. Es geht um die Erhöhung der Förderung des Films in Brandenburg, nämlich genau um den Betrag, um den diese Förderung im Plan 2001 gekürzt wurde. Da es sich um eine gemeinsame Förderung von Berlin und Brandenburg handelt, zieht die Absenkung der Landesmittel - das wissen Sie alle - von 2000 zu 2001 nicht die Kürzung um 5 Millionen DM nach sich, sondern um den doppelten Betrag, nämlich 10 Millionen DM. Damit würde dieser Betrag nicht mehr für eine erfolgreiche Investition zur Verfügung stehen. Den gerade bestellten Medienbeauftragten der beiden Länder könnte man konsequenterweise nach Hause schicken. Die Tendenz der Abwanderung kreativer Leute in andere Bundesländer und die Degradierung von Babelsberg zum Kulissenschieberstandort würden weiter gefördert.
Hinzu käme - das muss auch berücksichtigt werden -, dass Privatsender wie Pro 7 und Sat 1 sowie das ZDF gegenwärtig etwa 7 Millionen DM jährlich zum Filmboardetat beisteuern, aber durch eine Ausstiegsklausel berechtigt sind, sich aus der Beteiligung zurückzuziehen. Der Filmboard GmbH, meine Damen und Herren, droht so die rote Laterne bei den Länderförderungen. Für die Medienregion Berlin-Brandenburg und den Standort Babelsberg wäre dies eine Gefahr. Es müssten irreparable Rückschläge eingesteckt werden.
Ich erinnere an die Bilanz des Filmboards letzte Woche. Es war eine gute Jahresbilanz. Letztendlich stellte sich heraus, dass der Wirtschaftseffekt für die Region seit 1995 über eine halbe Milliarde DM beträgt. Ich denke, das kann sich sehen lassen. Die an der Stelle vorgenommenen Investitionen haben sich gelohnt. Wir sollten sie also nicht zurücknehmen.
Die Deckungsquelle unseres Antrages betrifft Zuschüsse für Investitionen zur Sanierung der Fernwärmeversorgung, deren Abfluss bereits 1999 und 2000 ins Stocken geraten ist. Damit könnte dieses Kulturinvestitionsprogramm - so möchte ich es einmal nennen - finanziert werden; da aber bei dieser Deckungsquelle auch Kofinanzierungsmittel verloren gehen, ist dies eine schwierige Entscheidung. Wenn die Mittel jedoch nicht abfließen, sind sie an der Stelle selbstverständlich wichtiger und besser eingesetzt. Ich weiß, dass es für diese Finanzierungsmöglichkeit auch bei Koalitionsabgeordneten durchaus Sympathie gibt.