Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Lange Rede, kurzer Sinn: Meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, wir stimmen Ihrem Antrag zu.

Es geht um Erholungsgrundstücke - um es für jedermann verständlich zu sagen: um Schrebergärten. Manche nennen sie auch Laubenpiepergrundstücke und zu DDR-Zeiten wurden sie Datschen genannt.

Ihr hierzu vorliegender Antrag, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, formuliert Zielvorgaben, was die Bemessung des Nutzungsentgelts für die Grundstücke, die Pachten und die bisher im Gesetz enthaltenen Pflichten des Nutzers oder Pächters zur Übernahme von Abrisskosten angeht. Hierbei lehnen Sie sich in Grundzügen erkennbar an die Rechtsprechung des sozialen Mietrechts an.

Im Ergebnis teilen wir Ihre Einschätzungen aus folgenden Gründen:

Die hier fraglichen Nutzungsverhältnisse wurden zu DDR-Zeiten begründet, also in einer Zeit, in der bundesdeutsches Recht noch nicht galt. Von der Neugestaltung der Rechtsverhältnisse sind vielfach sozial schutzbedürftige Personen auf der Nutzeroder Pächterebene, eben Rentner, Arbeitslose und in Rechtssachen wenig bewanderte Personen, betroffen, die sich nun den Interessen der Alteigentümer gegenübersehen. Das war für die Nutzer oder Pächter bei Begründung der Vertragsverhältnisse zu DDR-Zeiten also nicht vorhersehbar.

Zudem weisen diese Laubenpiepergrundstücke einen hohen Erholungs- und Freizeitwert auf. Sie sind gerade deswegen von besonderer Bedeutung für Menschen, die sich teure Urlaubsreisen nicht leisten können. Das sind wiederum Rentner, Arbeitslose und Familien mit mehreren Kindern, Letztere schon aufgrund der seit vielen Jahren verfehlten Familienpolitik. Das muss nach Ansicht der DVU-Fraktion schon aus Gründen der Gerechtigkeit auch Konsequenzen für die heutigen Rechtsverhältnisse haben.

Der oben angesprochene soziale Aspekt tritt noch hinzu. Hohe Nutzungsentgelte, hoher Pachtzins also, sind für viele nicht tragbar. Unter diesen Umständen ist zunächst

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

die ersatzlose Streichung der bisherigen gesetzlichen Verpflichtung zur Übernahme von Abrisskosten nur zu begrüßen.

Hinzu tritt aus Sicht der DVU-Fraktion aber auch, dass bei Be

gründung dieser Vertragsverhältnisse zu DDR-Zeiten für die Betroffenen nicht erkennbar war, dass irgendwann ein Alteigentümer kommen und Abriss verlangen würde. Es fehlt also jegliche vertragliche Warnfunktion.

Dass von den Nutzern oder Pächtern erbrachte Wertverbesserungen an Grundstücken nicht zu einer Erhöhung des Nutzungsentgelts, des Pachtzinses, führen dürfen, halten wir schon aus übergeordneten Gründen der vertraglichen Gerechtigkeit an sich für selbstverständlich. Denn niemand soll an etwas Geld ohne Gegenleistung verdienen können, was nicht er selbst, sondern ein anderer geschaffen hat. Es können also nur solche Wertverbesserungen für das Nutzungsentgelt - Pachtzins - in Ansatz gebracht werden, die der Alteigentümer selbst herbeigeführt hat oder auf eigene Kosten hat herbeiführen lassen. Alles andere, meine Damen und Herren, wäre schlichtweg Unrecht.

Schließlich können wir Ihnen auch in Ihrem Anliegen folgen, darauf hinwirken zu wollen, dass zukünftig Gutachten zur Wertermittlung nach einheitlichen Kriterien und nachvollziehbar gestaltet werden sollen. Auch das ist nach Ansicht der DVUFraktion letztlich Bestandteil allgemeiner Gerechtigkeit. Solche Gutachten sollen, wie im Übrigen auch Gesetze und Verordnungen, in der Tat so verfasst werden, dass sie jedermann zumindest ansatzweise verstehen kann. Versuche, hier etwas zu verbessern, also für mehr Verständnis zu sorgen, können wir nur begrüßen und diesen Vorschlag unterstützen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Claus. - Das Wort erhält die Landesregierung, Herr Minister Schelter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag der Fraktion der PDS soll offenkundig erneut der Eindruck erweckt werden, dass die Landesregierung für die Nutzer von Erholungsgrundstücken zu wenig tue. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall und ist auch heute nicht so.

Herr Abgeordneter Warnick, ich gestehe, ich nehme ungern eine rote Laterne in die Hand. Das ist auch überhaupt nicht notwendig; denn wir bilden nicht das Schlusslicht bei diesem Gesetzgebungsvorhaben, sondern stehen an der Spitze und führen den Suchscheinwerfer in der Frage, was gesetzgeberisch noch zu tun ist.

Ich habe in der Fragestunde heute Morgen bereits das Notwendige gesagt und wäre versucht, darauf zu verweisen. Ich fürchte aber, dies würde zu Missverständnissen bei der Lektüre des Protokolls in späteren Jahren führen. Deswegen nur so viel zur Ergänzung:

Die Landesregierung hat gemeinsam mit den anderen neuen Ländern und dem Bund in den letzten Monaten intensiv geprüft, ob es hinsichtlich des durch den Gesetzgeber geschaffenen Interessenausgleichs zwischen Nutzern und Eigentümern von Erholungsgrundstücken tatsächlich Schieflagen gibt. Legt man

die Elle des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999 zur Verfassungsmäßigkeit bestimmter Regelungen an das Schuldrechtsanpassungsgesetz an, kann man zu keinem anderen Ergebnis kommen, als dass der Gesetzgeber seine Gestaltungsbefugnis auf diesem Gebiet verantwortlich und erschöpfend wahrgenommen hat.

Der Antrag der Fraktion der PDS lässt leider eine solche Überprüfung der dort aufgestellten Forderungen an den verfassungsrechtlichen Maßstäben vermissen. Ich gehe aber davon aus, dass auch die PDS nicht bestreitet, dass auch das Eigentum an Erholungsgrundstücken grundgesetzlichen Schutz genießt.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Beschluss vom 14. Juli 1999 einschränkend festgestellt, dass Eigentümer von Erholungsgrundstücken im Zug der Wiedervereinigung noch über einen längeren Zeitraum Kündigungs- und damit Verfügungsbeschränkungen hinnehmen müssen. Die Landesregierung hat dies begrüßt. Bekanntlich hat sich Brandenburg in der Vergangenheit sehr stark für einen langfristigen Kündigungsschutz der Nutzer eingesetzt.

Wir müssen aber auch die anderen Teile des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999 zur Kenntnis nehmen, die den Ausgleich betreffen, den die Eigentümer aufgrund der von ihnen hinzunehmenden Verfügungsbeschränkungen über ihr Eigentum unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten erwarten können. So ist dem Gesetzgeber vom Bundesverfassungsgericht aufgegeben worden, Regelungen zur angemessenen Beteiligung der Nutzer an den öffentlichen Lasten des Grundstücks zu schaffen und den Eigentümern besonders großer Grundstücke ein Teilflächenkündigungsrecht einzuräumen. Brandenburg hat sich im Rahmen einer Bund-LänderArbeitsgruppe an führender Stelle daran beteiligt, hierzu Regelungsvorschläge zu erarbeiten. Für die Landesregierung kam es in diesem Zusammenhang darauf an, zu möglichst sozialverträglichen Lösungen zu kommen. Das, was aus der Sicht der Landesregierung hier denkbar und machbar erscheint, ist in den Entwurf eines ersten Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes aufgenommen worden.

Auf Antrag Brandenburgs ist in den Gesetzentwurf neben einem Teilflächenkündigungsrecht des Eigentümers auch ein solches Recht des Nutzers aufgenommen worden. Soweit sich in der Vergangenheit Anwendungsschwierigkeiten bei der Nutzungsentgeltverordnung ergeben haben, sollen diese mit dem erwähnten Gesetz zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes ebenfalls behoben werden. Einen weiter gehenden gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum sieht die Landesregierung nicht. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Minister Schelter.

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angenommen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe zuerst zur Abstimmung den Antrag der Fraktion der PDS, Drucksache 3/2759, auf Überweisung an den Rechtsausschuss - federführend - und an den Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr - mitberatend - auf. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um sein Handzei

chen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe zur direkten Abstimmung den Antrag in Drucksache 3/2759 auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 14 und die 36. Sitzung des Landtages Brandenburg.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Nachmittag und Abend.

Ende der Sitzung: 17.46 Uhr