Protokoll der Sitzung vom 11.07.2001

Vergleichen wir das Ausbildungsplatzangebot im Kammerbezirk Cottbus, welcher für die Lausitz zuständig ist, mit der Zahl der Bewerber, so stellen wir fest, dass dieser gerade einmal 4 565 Ausbildungsbildungsplätze bereitstellt. Das heißt doch nichts anderes, als dass 5 446 Ausbildungswillige auch zum 31.12.2000 wieder einmal buchstäblich auf der Strecke blieben.

Im Bereich der Wirtschaftsunternehmen sieht es nicht besser aus. Sehen wir uns die Zahl der Gewerbeanmeldungen im Vergleich zu den Gewerbeabmeldungen an, so stellen wir fest, dass es im Jahre 2000 gerade noch 390 Gewerbeanmeldungen im Vergleich zu 1 811 im Jahre 1995 gab.

Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sieht es noch schlimmer aus. So betrug die Eigenkapitalrentabilität bei landwirtschaftlichen Betrieben in der Lausitz im Wirtschaftsjahr 1999/2000 minus 6,8 %.

Herr Abgeordneter, kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrages!

Mein letzter Satz: Von der Realisierung irgendeines Konzeptes kann, wenn man die vorgelegten Zahlen liest, daher keine Rede

sein. Aber es ist dringend notwendig. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Senftleben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Thiel, Sie haben in Ihrer Rede versucht zu sagen, dass Sie nicht die Region schlechtreden wollen. Aber ich habe schon das Gefühl gehabt, dass Sie in manchen Worten die Anstrengungen und Bemühungen der Lausitzer etwas vernachlässigt haben und

(Zuruf des Abgeordneten Thiel [PDS])

dass Sie vor allem auch die Bemühungen der Landesregierung in den letzten Jahren infrage gestellt haben.

(Zurufe von der PDS)

Sie haben es nicht nur diesmal vergessen, sondern Sie vergessen regelmäßig, meine Damen und Herren, deutlich zu machen, in welcher wirtschaftlichen Situation der SED-Staat diese Region hinterlassen hat.

(Zuruf von der PDS: Reden Sie nur so weiter!)

Wenn Sie sich die von 1989 und von heute vor Augen führen, würden auch Sie zu einer besseren Einschätzung des bisher Erreichten kommen.

(Anhaltende Zurufe von der PDS)

Zudem wird deutlich, wer die Verantwortung für die heutigen Probleme in der Region trägt. Meine Damen und Herren, die Lausitz war in den Jahren 1989 und 1990 strukturell durch den Braunkohlenbergbau und durch die Energiewirtschaft gekennzeichnet. Die wirtschaftlichen Strukturen der Lausitz brachen wie in allen anderen neuen Bundesländern ein und das als Folge der nicht wettbewerbsfähigen Struktur der DDR-Wirtschaft, die der SED-Staat hinterlassen hat, und nicht, wie es die PDS in ihrem Lausitz-Papier zum Ausdruck bringen möchte, aufgrund des globalen Wettbewerbs.

Es ist richtig, wenn wir feststellen, dass in der Lausitz eine hohe Arbeitslosenzahl zu beklagen ist und damit auch, dass junge Menschen diese Region verlassen. Wenn wir die Probleme benennen, dürfen wir nicht vergessen, was bereits erreicht wurde, welche Perspektiven die Lausitz in diesem Bereich hat.

Wir können steigende Exportquoten verzeichnen. Wir können feststellen, dass der Abwärtstrend bei der Beschäftigung weitgehend gestoppt ist. Und wir können feststellen, dass die Produktivität ständig wächst und die Region für eine Investition interessant geworden ist. Ich möchte an dieser Stelle nur die BASF erwähnen. Ich möchte VESTAS erwähnen, die nach Lauchhammer kommt und vor wenigen Tagen eine große Konferenz zum Thema gemacht hat, die klar und deutlich gesagt hat,

sie komme nach Lauchhammer, weil die Region gerade auch im Hinblick auf die Osterweiterung die besten Perspektiven in diesem Bereich bietet. Auch in Vetschau und Guben werden in den nächsten Monaten wichtige Investitionen getätigt.

In der Lausitz sind 90 % des Anlagevermögens jünger als zehn Jahre und es ist eine Region, die für Innovation steht, insbesondere durch die Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft, durch die BTU Cottbus und durch die Fachhochschule Lausitz in Senftenberg.

Meine Damen und Herren! Der brandenburgischen Landespolitik ist es mit Unterstützung und Solidarität des Bundes und der Europäischen Union gelungen, den Energiestandort Lausitz zum Energiezentrum im Osten Europas und im Osten Deutschlands zu entwickeln. 13 000 Menschen sind in der Braunkohlen- und Energiewirtschaft tätig. Wir haben in der Lausitz mit der Braunkohle einen einheimischen Energieträger, der auch durch die Investitionen der letzten Jahre wettbewerbsfähig ist und somit Tausende dauerhafte Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen hat. Durch die Investition in neue Kraftwerke ist sichergestellt, dass die Belastungen für die Umwelt und die Menschen in dieser Region in den letzten Jahren weitgehend beseitigt worden sind.

Meine Damen und Herren! Entgegen der Politik von 1989 werden auch die Abraumgebiete der Braunkohle nicht wie Mondlandschaften hinterlassen. Durch eine Politik, die nach einer ständigen und sinnvollen Nachnutzung der Gebiete sucht, ist es mit großen Anstrengungen gelungen, für die Lausitz neue Wirtschaftszweige zu erschließen und damit neue Arbeitsplätze in diesen Bereichen zu schaffen. Ich denke hier nur an die neuen Energiequellen und den Tourismus. Beides wurde heute auch schon von meinen Vorrednern sehr deutlich betont. Die Seenlandschaft, die in der Lausitz entstehen wird, wird diese zu einem der attraktivsten Reise- und Erholungsgebiete machen.

Ich möchte aber an dieser Stelle klar und deutlich betonen: Die IBA kann nicht allein aus Mitteln des Landes Brandenburg finanziert werden. Es muss auch dafür gesorgt werden, dass private Investoren in diesen Bereich mit einsteigen und damit der IBA zu weiteren Erfolgen verhelfen.

Meine Damen und Herren! Mit dem Bau des Eurospeedway Lausitz wurde ein Besuchermagnet in dieser Region geschaffen. Allerdings ist an dieser Stelle kritisch anzumerken, dass uns die ausschließliche Förderung einer touristischen Infrastruktur nicht die positiven Effekte bescheren wird, die wir für diese Region benötigen. Gerade bei einem solchen Besuchermagneten ist es wichtig, dass den Gästen auf den Zufahrtsstraßen eine gute Anund Abreise ermöglicht wird. Es ist ein großer Fehler gewesen, das Projekt ohne den Bau der Zubringerstraßen zu realisieren. Ich denke, das ist ein Fehler, der in den nächsten Monaten und Jahren zu beheben ist.

Was für den Lausitzring gilt, gilt für die ganze Infrastruktur in diesem Bereich, meine Damen und Herren. Folglich muss weiterhin mit großem Engagement und vor allem mit großen finanziellen Mitteln der Ausbau unserer Verkehrswege vorangetrieben werden.

(Vogelsänger [SPD]: Machen wir doch!)

- Wir machen das, Herr Vogelsänger, das ist richtig. Aber ich möchte noch einmal betonen, dass wir es auch in diesem Bereich machen sollten. Ich werde Ihnen auch gleich sagen, wieso. Wir haben eine neue Qualität in diesem Bereich, die darin besteht, dass es nämlich Maßnahmen gibt, die zwischen Sachsen und Brandenburg abgestimmt werden. Das ist etwas, was so in den letzten Jahren nicht der Fall war. Es ist auch richtig, dass Verkehrsminister Meyer erkannt hat, dass die Region die A 16 wünscht, die A 16 braucht und dafür auch in den nächsten Jahren gekämpft wird. Herr Vogelsänger, Sie sind gern eingeladen, für die A 16 einzutreten.

(Beifall der Abgeordneten Frau Blechinger [CDU])

Meine Damen und Herren! In der Lausitz wurden in den vergangenen Jahren Strukturen geschaffen, die wettbewerbsfähig sind, die allerdings noch nicht in dem Maße Ausbildungs- und Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, wie wir sie in diesen Bereichen brauchen. Daher muss es Ziel der Regierung bleiben, in der Lausitz - aber auch in allen anderen Gebieten Brandenburgs; ich möchte die Lausitz nie aus einem Bereich der entfernten Regionen in diesem Land herausnehmen - die Etablierung einer selbsttragenden Wirtschaftsstruktur zu erreichen. Ich möchte hier an die Adresse der PDS gerichtet sagen: Das einzig Erkennbare aus Ihrem Papier der Lausitz war für mich, dass Sie einen dritten Beschäftigungssektor wollen. Das ist etwas, was für mich nicht nachvollziehbar ist, was auch nicht den Realitäten der heutigen Zeit entspricht. Ich muss deshalb noch einmal deutlich betonen: Es schafft nur die Wirtschaft dauerhafte und vor allem wettbewerbsfähige Arbeitsplätze in diesem Bereich. Daher müssen wir dies weiter vorantreiben.

Auf Bundes- und auf Landesebene wurden in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren wichtige Entscheidungen getroffen, die nicht immer zum Vorteil für die Entwicklung waren. Ich möchte darauf jetzt nicht näher eingehen. Ich denke, die Entwicklung gerade auf Bundesebene in diesem Bereich kann sich jeder sehr deutlich vor Augen führen lassen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend feststellen, dass sich die Lausitz in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt hat, ein weiteres Engagement allerdings für notwendig erachtet wird. Die gemeinsame Arbeitsgruppe der Staatssekretäre der Länder Brandenburg und Sachsen wird weiterhin für wichtige Impulse in diesem Bereich sorgen.

Herr Thiel, Sie haben angesprochen, was Sie alles in diesem Bereich fordern. Wenn Sie die Protokolle der Arbeitsgruppe lesen würden, könnten Sie sehr genau erkennen, dass viele Forderungen, die wir als Menschen der Region gemeinsam stellen, in diesem Bereich bereits abgearbeitet werden.

Meine Damen und Herren! Wir sollten dem Ziel blühender Bergbaufolgelandschaften weiterhin entgegenschreiten und weiterhin für blühende Landschaften in diesem Bereich kämpfen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort geht an die Landesregierung. Minister Dr. Fürniß, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der PDS-Fraktion wird erstmals für eine Region des Landes Brandenburg eine umfassende Bilanz über fünf Jahre gezogen. Ich kann nicht sagen, Herr Thiel, dass ich ursprünglich für die Große Anfrage dankbar war; denn 25 Hauptfragen mit 150 Unterfragen, die zu einem Buch mit 100 Seiten geführt haben, kann man auch als Beschäftigungstherapie betrachten.

(Thiel [PDS]: Oder auch als Grundlage für das künftige Konzept!)

- Wir haben es als genau das genommen, haben es genutzt, um erstens ressortübergreifend zu checken, was in der gesamten Landesregierung in diesen Jahren erreicht wurde.

Wir haben zweitens gesagt: Wenn wir schon so etwas erarbeiten, dann bauen wir es modellartig auf, damit wir uns in diesem Zusammenhang auch andere Regionen anschauen können. Insofern war es dann doch nicht ganz umsonst.

Aber eine Bilanz, meine Damen und Herren, ist eine Bilanz; das heißt, sie hält fest, was geschehen ist. Wenn Sie, Herr Thiel, sagen, sie sei ernüchternd, dann muss man festhalten: Konzepte sind Vorstellungen von Menschen für bestimmte Zeiträume. Wir müssen alle lernen, dass wir uns täglich anpassen und korrigieren müssen, um an Entwicklungen angepasst zu sein. Deswegen können auch Berichte, wie wir sie jetzt geben, nur Zwischenberichte auf einer langen Strecke sein, die wir noch vor uns haben.

Ich will, bevor ich auf Einzelheiten eingehe, zunächst das, was wir in unserer Arbeit über die Ressorts hinaus als gemeinsame Erkenntnis gewonnen haben, darlegen: Wir haben erstens festgestellt, dass die Lausitz eine Netzwerkregion ist. Es gibt keine Region in Brandenburg, die so intensiv über Gemeinden, Einrichtungen, Organisationen hinweg gemeinsam Dinge unternimmt wie die Lausitz.

Zweitens: Die Lausitz ist eine innovative Region. Das zeigen neben dem InnoRegio-Projekt sehr viele andere innovative Projekte, die dort auf regionaler und kommunaler Ebene angepackt werden.

Drittens: Die Lausitz ist eine zupackend erfolgreiche Region; denn man kann die Erfolge nur würdigen, wenn man die Ausgangslage richtig beschreibt, wenn man berücksichtigt, was 1990 war. Der Energiebereich ist mit 70 000 weggebrochenen Arbeitsplätzen das beste Beispiel dafür. Man kann natürlich sagen: Es hätte besser sein können. Aber ich glaube, es ist wichtig zu sagen: Das, was in diesen zehn Jahren unter den katastrophal schlechten Ausgangsbedingungen erreicht worden ist, ist ein Erfolg für diese Region, und zwar nicht für die Politik, sondern für die Menschen, die in dieser Region gearbeitet haben.

(Beifall bei CDU und SPD)

Die vierte Feststellung: Die Lausitz ist kein Modell von gestern, sondern eine Zukunftsregion, und zwar aus vier Gründen. Erstens ist es eine Zukunftsregion, weil Bergbau und Energiewirt

schaft eine Zukunftsperspektive bieten; nicht nur deswegen, weil bezüglich des Preis-Leistungs-Verhältnisses eine gute Ausgangslage vorhanden ist, sondern auch, weil im Rahmen der Bergbau- und Energiewirtschaft so viele innovative Projekte und Zukunftstechnologien entwickelt werden wie in kaum einer anderen Branche. Deswegen ist die Lausitz zukunftsfähig.

Zum Zweiten ist sie eine Zukunftsregion, weil sie wie keine andere die Europaperspektive verinnerlicht hat und sich auf diese auch entsprechend vorbereitet. Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, dass wir allen Grund haben zu sagen: Je schneller diese Europaperspektive Wirklichkeit wird, desto besser ist es für die Lausitz.

Zum Dritten ist es eine Zukunftsregion, weil sie es geschafft hat, außer im traditionellen Bergbau- und Energiebereich in den Bereichen Tourismus, verarbeitendes Gewerbe und anderen zukunftsfähige, wettbewerbsfähige Strukturen aufzubauen. Deswegen muss uns um die Lausitz nicht bange sein.

Das heißt noch lange nicht, dass alle Probleme aufgearbeitet seien und wir einfache Strukturen hätten. Im Gegenteil, wir haben nach wie vor schwierige Strukturen. Alle Redner haben darauf hingewiesen, dass dies so ist. Nur würde ich Ihnen, lieber Herr Schuldt, empfehlen, Ihrem Redeschreiber einmal etwas Kreativität zu verordnen, damit er einige neue Formulierungen verwendet.

(Beifall bei CDU und PDS)