Das bedeutet für mich im Klartext: Ich bevorzuge die Lebenpartnerschaft Heterosexueller, genannt Ehe, wenn nur diese auf dem Standesamt eingetragen werden kann. Ich benachteilige die Lebenspartnerschaft Homosexueller, genannt Homo-Ehe, wenn ich dieser den Zugang zum Standesamt verwehre und sie in Notarstuben verbanne.
Verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen der CDU! Ich achte Überzeugungen und mir steht es nicht an, diese zu kritisieren, aber gestatten Sie mir, dass ich mich mit gehörten Argumenten auseinander setze. Ich kann Ihre Argumentation von einem Angriff auf die Institution der Ehe - und in Verbindung damit auch auf die Institution der Familie - nicht nachvollziehen.
„Ich möchte alles befürworten, was diese Menschen in die gegenseitige Verantwortung und Verpflichtung bringt.”
Mit dem letzten Satz habe ich die evangelische Bischöfin von Hamburg, Frau Maria Jepsen, zitiert. Sie hat mit diesem Satz im „Deutschlandradio Berlin” begrüßt, dass eine solche Regelung zustande kommt.
Ich möchte auch an die Worte des damaligen Vorsitzenden Ihrer Fraktion, des Kollegen Wagner, erinnern, der 1994 - damals als Oppositionsführer - den Ministerpräsidenten darauf hingewiesen hat, dass man den in Brandenburg lebenden Homosexuellen hinreichend politische Aufmerksamkeit schenken müsse. Wörtlich sagte der Kollege Wagner damals:
„Herr Ministerpräsident, es hätte Ihnen gut zu Gesicht gestanden, wenn Sie in einer Zeit der Diskriminierung und der zunehmenden Gewaltbereitschaft auch für sie...”
Müssen wir nicht gerade jetzt durch unser Handeln dokumentieren, dass in Brandenburg Minderheiten ohne Ausgrenzung gleichberechtigt leben können?
Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz stellt anders noch als die Vorgängernorm - das war der Artikel 119 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung - zwischen Ehe, Familie und Fortpflanzung eben keine enge, kausale Verknüpfung her. Beide Begriffe haben sich inhaltlich voneinander entfernt. Es wäre schlimm, wenn noch heute jene, vor allem kirchliche Bilder existierten, wonach das Zusammenleben zweier Menschen außerhalb der Institution Ehe als ein Leben in Sünde und ihre Kinder als Frucht dieser Sünde gelten würden. Darüber reden doch heute selbst Christen nicht mehr.
Kollege Petke, ich kann auch einen Angriff auf die Familie nicht nachvollziehen, da es auch hier eine andere Lebenswirklichkeit gibt. Familie ist, wo Kinder sind.
Selbst Roman Herzog hat bei den Bitburger Gesprächen auf das Beispiel des Sängers Patrick Lindner verwiesen. Dieser zieht mit seinem Lebenspartner ein adoptiertes Kind auf. Herzog sinngemäß dazu: Das ist eine Familie, die als solche unter besonderem Schutz des Staates steht.
Ein Familienbild oder ein Familienbegriff wird also in keiner Weise durch dieses Gesetz angegriffen.
Aus all diesen Gründen ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum unser Koalitionspartner so sehr gegen eine standesamtliche Lösung ist. Für uns ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb
innerhalb der Landesregierung keine klare Kompetenzregelung gefunden wurde, wie es sie in anderen Bundesländern gibt.
Personenstandsrechtliche Angelegenheiten - darum handelt es sich hier - werden üblicherweise in den Innenministerien wahrgenommen, aber trotzdem oder gerade weil die Ansichten innerhalb der Koalition so weit auseinander gehen, haben wir uns auf den Kompromissvorschlag in Anlehnung an RheinlandPfalz verständigt. Ich sage Ihnen auch, warum wir...
... den PDS-Antrag ablehnen würden. Diese Regelung ist für uns nicht optimal, wir haben aber im Interesse der in Brandenburg betroffenen Menschen rechtzeitig zum 1. August eine Regelung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schippel, für Ihre Rede danke ich Ihnen, aber sie stimmt mit dem vorgelegten Gesetzentwurf natürlich nicht überein.
Mit diesem Gesetzentwurf haben wir wieder einmal ein Beispiel dafür, wie sozialdemokratische Politik mit dem falschen Koalitionspartner unerträglich verzerrt und damit unkenntlich wird.
Aber, Herr Kollege Schippel, ich habe Ihren Schmerz herausgehört. Ich verkenne nicht, dass die Einbringung dieses Gesetzentwurfes durch die Koalition anstelle der hier handlungsunfähigen Landesregierung naturgemäß Kompromisscharakter tragen muss. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, hier haben Sie sich ganz schön über den Tisch ziehen lassen. Der Kompromiss ist faul, das Gesetz ist schlecht, zumindest gibt es bessere.
(Beifall bei der PDS - Klein [SPD]: Es ist bei Kompro- missen immer der Fall, dass es etwas Besseres gibt.)
Wie lange wollen Sie sich noch bieten lassen, dass Ihnen Kollege Petke auf der Nase herumtanzt, Herr Klein? Auch SPD-Landeschef Platzeck bezeichnet nach Pressemeldungen Kollegen Petkes öffentliche Entgleisung als „unreife und unter die Gürtellinie gehende Signale aus der Gruft”.
Sollten Sie sich in der SPD nun damit trösten, dass der eingebrachte Gesetzentwurf gleichzeitig eine Ohrfeige für den CDUInnenminister ist, der nie und nimmer die eingetragene Lebenspartnerschaft für lesbische und schwule Paare und eine Standesamtslösung wollte, dann schauen Sie sich Ihren KompromissGesetzentwurf an. Wessen Handschrift trägt das Gesetz, wenn das brandenburgische Gesetz eher von der CDU/FDP-Regierung eines Herrn Roland Koch in Hessen abgeschrieben wurde - der Neudruck kann ja nicht darüber hinwegtäuschen? Die Handschrift der CDU natürlich, denn das Standesamt findet sich im Gesetzentwurf nicht wieder, weil dies für die CDU tabu ist. Weil sich die CDU in der Zwickmühle von Stammtisch und ideologischen Scheuklappen der eigenen Programmatik befindet, ist sie nicht in der Lage, praktische Politik für die rechtliche Gleichbehandlung von Lesben und Schwulen zu leisten, und zieht SPD und Landespolitik mit in diesen Strudel hinein.
Das lassen wir Ihnen als PDS nicht durchgehen und deshalb lassen wir uns auch nicht vorschreiben, ob wir Anträge stellen dürfen.
Denn statt Standesämter als zuständige und auch symbolisch für Lesben und Schwule wichtige Behörde zu bestimmen, delegieren wir diese Entscheidung auf die Kommunen und nehmen in Kauf, dass dann auch das Gesundheitsamt oder die Ordnungsbehörde anstelle des Standesamtes die Lebenspartnerschaft in den Kommunen begründen könnten.
Sie trösten sich damit, dass nach § 3 Abs. 2 des Entwurfes die Begründung der Lebenspartnerschaft in würdiger Form vorgenommen werden soll, aber geschaffen haben Sie dort nur Verfahrensvorschriften, die einem notariellen Grundstückskaufvertrag ähneln.
Weshalb wird für das Verfahren nicht wie in Berlin direkt auf eine entsprechende Anwendung des Personenstandsgesetzes verwiesen, wo Eheschließung und die Führung des Heiratsbzw. Familienbuches geregelt sind? Schließlich ist es doch Verabredung der Fraktionsvorsitzenden beider Länder, die Gesetzgebung zu harmonisieren. Weshalb nennen Sie die Urkunde bei Begründung der Lebenspartnerschaft nicht auch Lebenspartnerschaftsurkunde? Weshalb wird kein Lebenspartnerschaftsbuch geführt werden?
Für die 2. Lesung kündige ich für meine Fraktion bereits jetzt die Einbringung des Antrages an, die Standesämter als zuständige Behörde zu bestimmen. Dass dies rechtlich möglich und außerdem unter Geltung der Antidiskriminierungsregelung unserer Landesverfassung sogar verfassungsrechtlich geboten ist, werden wir in unserem Änderungsantrag begründen.
Indem Sie der Standesamtslösung zustimmen, helfen Sie mit, dass Brandenburg wieder aus der Abseitsposition herauskommt, in die es mit Zutun der CDU hineingekommen ist. Anders als abseits vom wirklichen Leben kann man nicht bezeichnen, was
Sachsen, Bayern und Thüringen zurzeit an rabenschwarzem „Kulturkampf” gegen die so genannte Homo-Ehe führen. Offensichtlich glauben die Unionsländer, dass nach dem In-KraftTreten der so genannten Homo-Ehe massenhaft heterosexuelle Partner eingetragene homosexuelle Partnerschaften eingehen werden, was großer Unfug ist.
Im Abseits ist Brandenburg noch, weil die Standesamtslösung nach einem Musterentwurf neben Berlin in Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt mit Unterstützung des Bundesinnenministeriums realisiert bzw. in Beratung ist.
Im Abseits ist Brandenburg noch, weil selbst in Bremen unter einer SPD/CDU-Koalition und einem ähnlich strukturierten Gesetz das Standesamt von einem CDU-Innensenator vorgeschlagen wurde.
Mit der Zustimmung zur Standesamtslösung kann ein Beitrag zur Klärung des verfassungsrechtlich bedenklichen Verhaltens Brandenburgs im Bundesrat zum Lebenspartnerschaftsgesetz und Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz geleistet werden, indem endlich Brandenburgs Landespolitikerinnen und -politiker sich für die Landesverfassung und nicht für die Koalitionsräson aussprechen. Menschliches Handeln soll parteipolitischen Ressentiments vorangestellt sein. So fordert es auch die Landeskoordinierungsstelle für LesBiSchwule-Belange in Brandenburg und meint das Standesamt. Ich schließe mich dem an. Danke.