Protokoll der Sitzung vom 23.01.2002

„Die deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibenden Ergebnisse der vom Bundesministerium für Verteidigung zur Vermarktung eingerichteten Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb - GEB - belegen, dass die Probleme der Konversion auf Bundesebene neu durchdacht werden müssen.”

Dem kann man nur beipflichten.

Auch die Forderungen der Konferenz der Arbeitsgemeinschaft der Bauminister fänden die volle Unterstützung der PDS. Einige Beispiele: Eine höhere Transparenz bei der Liegenschaftsfreigabe, Regelung der Verbilligungsrichtlinien, eine enge Einbeziehung der betroffenen Kommunen. Diesen Forderungen kann man mit der Zustimmung zu unserem Antrag Nachdruck verleihen. Legen Sie bitte Ihre parteipolitischen Fesseln heute ab und unterstützen Sie diesen Antrag!

Die Frage bezüglich der Konversion, die Frage, welche Unterstützung die Kommunen für die Kompensation der Bundeswehrreform erhalten sollen, kann von uns nur gemeinsam bewertet und beantwortet werden.

Mit der Auflösung des Sondervermögens wird der Konversionsprozess in Umfang und Tempo ohnehin schon eingeschränkt. Die Kommunen befürchten schon jetzt Einschränkungen im Bereich der Umwandlung ehemals durch die WGT militärisch genutzter Liegenschaften und Flächen.

Meine Damen und Herren, der Innenminister hat in seiner Rede vor gut einem Jahr erklärt, dass die Landesregierung alles unternehmen wird, damit der Bund diese Belastungen im Rahmen eines Hilfeprogramms ausgleicht. Den PDS-Fraktionen im Deutschen Bundestag und im Brandenburger Landtag sind keine Initiativen der Bundesregierung in dieser Richtung bekannt. Wir haben bisher nur Ablehnungen und Untätigkeit zur Kenntnis genommen. Ich meine, dass wir uns damit nicht abfinden dürfen.

Ein Vertreter der Gesellschaft für Konversion und Standortentwicklung mbH stellte in einer Anhörung klar, dass die derzeit geltenden juristischen, fiskalischen und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen nicht ausreichen, um die zivilen Folgen von Streitkräftereduzierungen allein durch Gebietskörperschaften und Landesbehörden zu beseitigen. Des Weiteren beklagt er das Fehlen spezifischer Förderprogramme, die Verknappung von Fördermitteln sowie das Fehlen eines zentralen Konversionsmanagements.

Meine Damen und Herren, die Verantwortung des Bundes für Streitkräftefragen ist geregelt, die Verantwortung für die zivilen Folgen des Streitkräfteumbaus ist es aber nicht. Dafür wird ein Bundeskonversionsgesetz gebraucht. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Müller, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht hier um verschiedene Dinge, die man vielleicht ein Stück weit auseinander halten muss. Es geht sicherlich erstens um den gesetzlichen Rahmen, zweitens um die Finanzierbarkeit und drittens um die Zielrichtung und Erreichbarkeit. Darauf möchte ich eingehen.

Zunächst zur Finanzierung: Wir haben vor circa zwei Jahren Bedenken gehabt, als KONVER, das Konversionsprogramm, als eigenständiges Programm auslief, und haben überlegt, wie es in Bezug auf EU-Mittel, die uns als Land Brandenburg zur Verfügung stehen, weitergehen wird. Wir können heute feststellen, dass es nicht den Bruch gegeben hat, den wir befürchteten, sondern die Integration in das EFRE-Programm insgesamt hat dazu geführt, dass das, was machbar war, weitergeführt werden konnte. Insofern muss man zunächst feststellen, dass wir aufgrund dieser Umstellung keine zusätzlichen Probleme bekommen haben.

Ob wir ein Konversionsgesetz brauchen, ist eine zweite Frage. Diese Thematik ist uns nicht neu. Seit vielen Jahren wird darüber diskutiert. Sie haben darauf hingewiesen. Nun ist es aber auch so, dass die Landesregierung in diesem Bereich etwas getan hat. Unter anderem hat sie am 28. August 2001 eine Bundesratsinitiative gestartet, die die Finanzierung der Sanierung von Rüstungsaltlasten zum Ziel hat. Jetzt kann man sich natürlich überlegen, was machbar, erreichbar und umsetzbar ist. Ich bin der Überzeugung, dass es in jedem Fall erst einmal notwendig ist zu versuchen, das umzusetzen.

Dass in Brandenburg noch immer schätzungsweise 400 000 ha Landesfläche mit Bomben, Granaten, Minen und anderer Munition aus dem Zweiten Weltkrieg belastet sind, ist das primäre Problem. Konversion funktioniert bei gewerblicher Ansiedlung oder Wohnansiedlung im Zweifel sowieso erst dann, wenn in diesem Bereich etwas passiert ist. Wir halten es deshalb für richtig, sich zunächst auf diesen ersten Bereich zu konzentrieren. Nachdem der Bundesrat entschieden hat und diesen Gesetzentwurf auch mitträgt, sollte man darauf warten und drängen, dass das Gesetz entsprechend umgesetzt wird. Dann würden wir viele unserer Probleme gelöst bekommen. Insofern glauben wir nicht, dass es vernünftig wäre, mit diesem zweiten Gesetz jetzt in den Bundesrat zu gehen, um dort etwas zu bewirken. Das wäre nicht durchsetzbar. Zunächst muss der erste Schritt gegangen werden.

Was das Bundesamt angeht, so müssen wir wiederum die Frage stellen, was wir eigentlich wollen. Wollen wir, dass wir unser

Geld zur Verfügung stellen und dass ein Bundesamt darüber entscheidet, wie es verwendet wird? Das können wir nicht wollen. Insofern wäre die Situation für uns natürlich eine andere, wenn die Konversion vollständig vom Bund finanziert würde. Dann würde ein Bundesamt Sinn machen. Solange es aber um Landesmittel und uns von der EU zur Verfügung gestellte Mittel geht, sollte die Entscheidung auch hier im Lande getroffen werden.

Wir haben seit zwölf Jahren gute Erfahrungen. Für das Land Brandenburg ist der Konversionsbeauftragte Roland Voigt zuständig. Ich meine, dass wir ihm an dieser Stelle auch einmal für die langjährige und verdienstvolle Tätigkeit in diesem Bereich danken müssen.

Wenn Sie das, was ich hier gesagt habe, zusammenfassen, dann werden Sie sicherlich zu dem Ergebnis kommen, dass wir Ihrem Antrag nicht folgen werden. Wir sehen die Schwerpunkte, die Zielsetzung und auch die Strategie anders als Sie. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. Allerdings werden wir - das will ich auch sagen - damit das Thema nicht beenden. Wir werden es sowohl in den Ausschüssen als auch hier im Parlament diskutieren. Es ist ein Thema, welches uns noch jahrelang begleiten wird. Was derzeit durch die Landesregierung auf den Weg zu bringen war, ist auf den Weg gebracht worden. Wir lehnen den Antrag ab. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Herr Abgeordneter Claus, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Der uns hier vorgelegte Antrag der PDS-Fraktion hinterlässt den Eindruck, mit der heißen Nadel gestrickt worden zu sein. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Autoren der PDS am 14. Januar 2002 im „Märkischen Echo” den Zeitungsartikel „Strausberg als Standort für Konversionsamt” gelesen und am Tag darauf ihren Antrag im wahrsten Sinne des Wortes zusammengezimmert haben. Dies ist kein solides politisches Handeln und deshalb lehnen wir als DVU-Fraktion diesen Antrag ab.

Was ist am Antrag der PDS-Fraktion auszusetzen? So groß die Bedenken unserer Fraktion gegen die Bundeswehrreform auch sind - das wurde heute schon des Öfteren gesagt -, bedürfen deren Folgen doch ganz unterschiedlicher Maßnahmen. Diese müssen sich zum einen auf Fragen des Personalabbaus innerhalb der Streitkräfte einschließlich der Zivilbediensteten, zum anderen aber auch auf die Kommunen beziehen, denen durch die Reform Einnahmen oder Wirtschaftskraft wegbrechen.

In vielen Fällen haben Gemeinden oder Städte im Vertrauen auf die dort stationierten Streitkräfte Investitionen getätigt. Zudem hat der dort ansässige Mittelstand vielfach sein wirtschaftliches Handeln daran ausgerichtet. Damit erhält die Bundeswehrreform zugleich eine wirtschaftliche und infrastrukturelle Dimension und mit den Folgen der Reform dürfen die betroffenen Kommunen, der dort ansässige Mittelstand und die dort leben

den Bürgerinnen und Bürger in der Tat nicht allein gelassen werden. Dass dies jedenfalls nicht ausschließlich Sache der Länder sein kann, liegt ebenso auf der Hand. Hier muss der Bund mit in der Pflicht stehen, wie auch der Abgeordnete Müller bereits ausführte.

Ein vergleichbares Problem - darauf geht die PDS-Fraktion in keiner Weise ein - gibt es in den Kommunen mit der Beseitigung der Kriegsaltlasten. Durch deren Beseitigung werden die betroffenen Kommunen finanziell auch überdimensional belastet. Hier nenne ich nur die Stadt Oranienburg, die dafür immerhin 700 000 Euro aufbringen muss.

Zudem sind hiervon im besonderen Maße die Bundesländer in Mitteldeutschland betroffen, auch unser Land Brandenburg. Insoweit wird eine Schieflage zwischen den Bundesländern ersichtlich, denn die Endkämpfe des Zweiten Weltkrieges mit all ihren Folgen fanden nun einmal in Mittel- und Ostdeutschland statt. Auch hier ist nach Auffassung der DVU-Fraktion der Bund gefragt, eine ausgleichende Regelung zu schaffen.

Aus diesen Gründen halten wir als DVU-Fraktion es nicht nur für sinnvoll, sondern für unbedingt erforderlich, die Fragen der Beseitigung der Rüstungsaltlasten aus dem Zweiten Weltkrieg zur Entlastung unserer Kommunen in eine Konversionsinitiative einzubringen.

Was nun die einzelnen Positionen im Antrag der PDS-Fraktion angeht, so sind folgende Punkte zu kritisieren: Nach den Vorstellungen der PDS-Fraktion soll die Konversion als Wirtschaftszweig weiterentwickelt und ein Bundesamt für Konversion eingerichtet werden. Wir als DVU-Fraktion haben gelinde ausgedrückt - gegen beides Bedenken. Den Gedanken, Konversion als Wirtschaftszweig zu entwickeln, halten wir geradezu für absurd.

Sowohl die Bundeswehrreform wie auch die Beseitigung der Kriegsaltlasten sind wohl nur vorübergehende Zeiterscheinungen. Die von der PDS-Fraktion angestrebte Kombination Wirtschaftszweig und Bundesamt für Konversion halten wir für ein Stück aus der sozialistischen Mottenkiste. Diese Vorstellung ist geradezu PDS-typisch. Hier soll einmal mehr eine Behörde Wirtschaft machen. Das müssen Sie sich einmal überlegen, meine Damen und Herren von der PDS!

Abgesehen davon frage ich: Hat sich die antragstellende Fraktion schon einmal Gedanken darüber gemacht, aus welchem Bundestopf die benötigten Gelder für die Konversion eigentlich kommen sollen?

Etwa allein aus dem Etat des Verteidigungsministeriums? Sie wissen selbst, wie dieses Budget aussieht.

Es geht hier um die Unterstützung der Umsteuerung kommunaler Infra- und Wirtschaftsstrukturen infolge von Standortschließungen.

Sie beantragen die Überweisung in den Innenausschuss. Dort wird vielleicht darüber beraten werden. Wir stimmen diesem Antrag der PDS-Fraktion nicht zu. - Danke schön.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind bei der CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Schrey, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ende Februar 2001 haben wir den Antrag der PDS-Fraktion „Bundeswehrreform mit Konversionsprogramm des Bundes untersetzen” debattiert. Die Abgeordnete Richstein, aber auch der Innenminister des Landes legten in der damaligen Debatte dar, dass Sie mit Ihrer Initiative in weiten Teilen etwas bereits durch den Bundesrat Beschlossenes einfordern. Der Bundesrat hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen Entschließungsantrag verabschiedet, durch den die Bundesregierung unter anderem aufgefordert wurde, die in fast allen Ländern vorgenommenen Standortschließungen und -reduzierungen mit einem Konversionsprogramm zu begleiten, das geeignet sein soll, die negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu begrenzen und Folgenutzungen auf aufgegebenen Standorten zu erleichtern. In Ihrem damaligen Antrag haben Sie zusätzlich einen Konversionsbeauftragten, der beim Ministerpräsidenten angesiedelt sein soll, eingefordert.

Meine Damen und Herren, nicht einmal ein Jahr später fordert die PDS kein Konversionsprogramm mehr, sondern ein Konversionsgesetz; die PDS fordert nun keinen Konversionsbeauftragten, sondern ein Bundesamt für Konversion. Wir alle wissen, wie schwierig gegenwärtig die Abstimmung mit der Bundesregierung auf dem Gebiet der Konversion ist. Deshalb sollten wir die Bundesregierung und den Bundesrat nicht ständig mit neuen, abgewandelten Forderungen überraschen, sondern die Ernsthaftigkeit unseres Anliegens dadurch deutlich machen, dass wir das bereits Geforderte mit Nachdruck weiterhin einfordern. Auch in diesem Bereich ist die Landesregierung sehr aktiv.

Die CDU-Fraktion lehnt den Antrag ab. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind bei der Landesregierung. Herr Minister Fürniß, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt in diesem Haus wohl keinen Dissens darüber, wie wichtig die Konversion auch in Zukunft für uns sein wird. Sie wissen auch, dass sich der Deutsche Bundestag gegenwärtig mit mehreren Initiativen zur Beseitigung der Folgen von zwei Weltkriegen und des Kalten Krieges beschäftigt. Es liegen sowohl Entwürfe der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion als auch ein Entwurf der Landesregierung Brandenburg für ein Rüstungsaltlastenfinanzierungsgesetz vor. Dieser Entwurf Brandenburgs hat im Bundesrat erfreulicherweise eine Mehrheit gefunden und ist inzwischen an den Bundestag überwiesen worden.

Die Bundesregierung hat diesen Entwurf dagegen abgelehnt. Ich

möchte dazu eine humoristische Anmerkung hinzufügen: Wir waren gar nicht so genial, als wir diesen Gesetzentwurf entwickelten. Wir haben nämlich einen entsprechenden Entwurf der niedersächsischen Landesregierung aus dem Jahr 1997 abgeschrieben. Damals hieß der dortige Ministerpräsident Schröder. Ich bin einmal gespannt, wie er sich jetzt dazu verhält.

In der Sache gibt es jedenfalls keine unterschiedlichen Einschätzungen. Ich glaube nicht, dass wir in dieser Situation, in der wir versuchen, unsere Vorstellungen sowohl im Bundesrat als auch im Bundestag durchzubringen, neue Initiativen brauchen. Wir sollten versuchen, die Initiativen, die bereits gestartet worden sind, durchzubringen.

Vor allen Dingen sollten wir das, was wir in Brandenburg gemeinsam erarbeitet haben, vorantreiben.

Es gibt ein Forum für Konversion und Stadtentwicklung, „Fokus” genannt. Das ist ein Netzwerk von Brandenburger Konversionsgemeinden, die uns schon lange darauf aufmerksam machen, dass wir einen Konversionsbeauftragten des Bundes brauchen. Die Bemühungen in diese Richtung sollten wir intensivieren, damit wir wenigstens einen Konversionsbeauftragten auf Bundesebene haben, wenn wir mit unserem Gesetz nicht durchkommen. Dieser Konversionsbeauftragte könnte dann auch unsere Initiativen weitertragen. Ich hoffe, dass Sie uns bei diesem Bemühen unterstützen werden.

Lassen Sie uns das, was wir angefangen haben, zu Ende führen, bevor wir weitere Initiativen starten, denn niemand wird uns abnehmen, dass wir ernsthaft bereits den nächsten Schritt gehen wollen, wenn wir den vorhergehenden noch nicht beendet haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 3/3784. Wer diesem Antrag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?