Die Landesregierung bewertet ihren Bericht zu den kommunalen Aktivitäten als eine Information und begründet das mit der Eigenständigkeit kommunaler Selbstverwaltung. Damit wird natürlich die Frage aufgeworfen, inwieweit das Land Motor einer aktuellen Auseinandersetzung mit Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit sein kann und sein will, ohne in kommunale Selbstverwaltung einzugreifen.
Ich halte ein Betonen von Schwellen und Grenzen hier nicht für angebracht. Aus eigener Erfahrung im Netzwerk MärkischOderland sowie in Strausberg - beide sind ja Bestandteil des
Berichts - lässt sich sagen, dass die Kommunen dankbar sind für jede Unterstützung des Landes - auch auf diesem Gebiet.
Meine Damen und Herren, Herr Präsident, “Tolerantes Brandenburg” ist ein Landesprogramm, mit dem Brandenburg wichtige Akzente im Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit setzt.
Aufgabe des Landes ist es dabei vor allem, kommunale Initiativen zu koordinieren und den Erfahrungsaustausch möglichst intensiv zu gestalten, um das Programm auf immer breitere Grundlagen zu stellen.
Der Bericht zeigt, dass sich seit 1998 hier eine beachtliche Entwicklung vollzogen hat. Was sich hier sowohl durch bürgerschaftliches Engagement als auch durch Initiative von kommunalen Verwaltungen und Vertretungen entwickelt hat, ist in der Breite und Vielfalt beeindruckend. Es handelt sich im Bericht jedoch leider nur um eine Aneinanderreihung von kommunalen Aktivitäten, vor allem unter quantitativen Gesichtspunkten. Hier fehlen meiner Fraktion die stärkere Wertung und die inhaltliche Verknüpfung. Erst dadurch würde sichtbar, ob und wie sich die Netzwerke und Aktionsbündnisse stabil entwickeln und wo es sich vielleicht doch eher um ein formales Vorgehen handelt. Ansätze für solch formales Vorgehen, mit dem man vielleicht einfach nur einer Verordnung folgt oder ein Rundschreiben abhakt, können mitunter vermutet werden.
Ich bin zum Beispiel der Auffassung, dass interne Ziele wenig bringen, sondern viel Öffentlichkeit hergestellt werden muss, Multiplikatoren zusammengeführt und regelmäßig unterstützt werden müssen. Dabei bleibt noch vieles zu tun. Das ist eine Aufgabe für die Verantwortungsträger in den Kommunen - da schließe ich die Kommunalvertreter und die Gliederungen meiner Partei ausdrücklich mit ein -, aber es ist eben auch eine Aufgabe der Landesregierung.
In diesem Zusammenhang ergibt sich die Frage, wie die Aktivitäten der Landesregierung bei der Bekämpfung von Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit koordiniert werden. Wie wird das Zusammenspiel des Aktionsbündnisses mit dem Landespräventionsrat herbeigeführt? Wie ist der Stand der Überlegungen um die Einsetzung einer Extremismusbeauftragten der Landesregierung, die genau diese Koordinierungsfunktion wahrnehmen könnte? Unser Unverständnis angesichts der unschönen Auseinandersetzung zwischen SPD und CDU um die Schaffung und Besetzung einer solchen Stelle wird Ihnen nicht entgangen sein. Sie sind doch inzwischen sicherlich auch zu der Auffassung gekommen, dass diese Diskussion, die sich mit der Person der Polizeipräsidentin von Eberswalde verband, dem Anspruch der zu bewältigenden Aufgabe nicht gerecht wurde.
Eifersüchteleien zwischen dem CDU-besetzten Innenministerium und dem Bildungsministerium waren dabei nicht zu übersehen, sind doch aber hier mehr als unangebracht.
Meine Damen und Herren, aus dem Bericht geht hervor, dass es eine unterschiedliche Verbreitung von Initiativen in den einzelnen Kreisen gibt. So sind es in Spree-Neiße vier, während es
in Potsdam-Mittelmark nur ein auf die Kreisstadt begrenztes Forum gibt. Es werden elf Kreise und drei kreisfreie Städte aufgeführt. Das bedeutet wohl, dass die anderen drei Kreise und eine kreisfreie Stadt keine entsprechenden Meldungen abgegeben haben, also wahrscheinlich auch keine solchen Initiativen vorzuweisen haben.
Ansatzweise wird im Bericht deutlich, dass die lokalen Gremien auf unterschiedlichem Niveau arbeiten. Wichtig ist der Hinweis, dass sich die Arbeitsweise der Initiativen stärker auf Kontinuität ausrichten sollte.
Ich kann die Erfahrung bestätigen, dass Enthusiasmus und hoher Kraftaufwand einzelner Aktivisten mit einem starken Verschleiß verbunden sind, der die Stabilität solcher Initiativen infrage stellt. Dieser Einsatz ist gar nicht hoch genug zu würdigen. Aber ich unterstütze ausdrücklich die Schlussfolgerung der Landesregierung, dass dauerhafte Arbeits- und Strukturformen gefunden werden müssen, wenn wir den notwendigen langen Atem auf diesem Gebiet entwickeln wollen.
Mit der Einsetzung der Koordinatoren gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt verbindet sich die Erwartung, dass die Kräfte besser konzentriert und neue Initiativen stimuliert werden. Wenn es gegenwärtig 150 solcher Koordinatorinnen und Koordinatoren im Land gibt, ist dies ein ermutigendes Zeichen. Allerdings ist das Herangehen sehr differenziert. Ich meine, dass die Wirksamkeit eines solchen Koordinators wesentlich von seinen Einflussmöglichkeiten abhängt. Es ist schon ein erheblicher Unterschied, ob eine ABM-Kraft mit einer solchen Verantwortung betraut wird oder ob der Bürgermeister diese Aufgabe wahrnimmt.
Vielleicht trage ich Eulen nach Athen, wenn ich an ein kontraproduktives Beispiel erinnere. In einer Stadt meines Heimatkreises wurde eine anerkannte junge Sozialarbeiterin als Koordinatorin gegen Rechtsextremismus einstimmig benannt und kurz danach fiel ihre SAM-Stelle aufgrund der damals ergangenen Kürzungen der Landeszuschüsse im Jugendbereich weg. Hier wird die Crux deutlich.
Die PDS-Fraktion unterstützt die Absicht der Landesregierung, die vorhandenen Strukturen mit regionalem Bezug weiter zu vernetzen. Das ist sicherlich der richtige Weg, der zu ihrer Stabilisierung und Erweiterung beiträgt.
Es wäre interessant zu erfahren, welches Ergebnis die Folgeveranstaltungen der Regionalkonferenzen hatten, die im Herbst 2001 stattfinden sollten. Der Bericht trifft dazu ja noch keine Aussage.
Ich gehe davon aus, dass alle Initiativen im Land, die dem Handlungskonzept “Tolerantes Brandenburg” vor Ort das Gesicht geben, diesen Bericht erhalten. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Gäste! Bereits der zweite Bericht zum Handlungskonzept “Tolerantes Brandenburg” verweist darauf, dass sich der nunmehr dritte Bericht speziell den Entwicklungen auf der örtlichen Ebene widmen wird, um aufzuzeigen, wie die Mittel des Landes beim Bürger ankommen und ihn herausfordern, etwas für die Toleranz im Land zu tun. Jedem, der diesen Bericht liest, wird auf jeden Fall klar, dass das Handlungskonzept “Tolerantes Brandenburg” mit dem Vorzeigen-Nachmachen-Effekt greift.
Zum Ausgangspunkt für die Gründung lokaler Netzwerke wurden in allen Landkreisen Übergriffe von Rechtsextremisten, Angriffe auf Ausländer, Pöbeleien, Ankündigungen von Aufmärschen der NPD oder ähnliche Vorfälle. Meist fanden sich spontan Bürger zusammen, die etwas gegen diese Intoleranz tun wollten. Begleitet wurde dieser Prozess bereits durch das Handlungskonzept der Landesregierung.
Die meisten Initiativen gründeten sich dann um die Jahrtausendwende. So kamen allein im Kreis Barnim spontan 60 Leute zusammen. Es gründeten sich kleine Arbeitsgruppen, einen Vereinsstatus lehnte man aber ab. Diese Gruppe möchte immer für alle offen sein und wenn von den 60 Bürgern 20 Bürger aktiv als Kerngruppe arbeiten, so ist dies ein beachtlicher Erfolg. Das Interessanteste an diesem Beispiel Barnim, was auch für die meisten anderen Gemeinden gilt, ist jedoch der Mitnahmeeffekt, wodurch Netzwerke gegründet wurden. Das ist das, was wir mit dem Handlungskonzept erreichen wollten.
So schloss sich im Landkreis Barnim die Fachschule mit den Schulen, den Parteien, den lokalen Initiativen - eine wurde bereits genannt -, dem Gewerkschaftsbund, dem Kirchenkreis und dem DRK zusammen. Es zeigt sich, dass alle an einem Strang ziehen und so die Möglichkeit haben, Menschen aus allen Lebensbereichen einzubeziehen, so unterschiedlich ihre Herkunft auch sein mag. Man macht sich immer wieder gegenseitig Mut, teilt Informationen und ist in der Lage, bei Veranstaltungen einen großen Zuhörerkreis zu erreichen.
Dieses Modell der übergreifenden Zusammenarbeit zeigt bereits der zweite Bericht. So entwarfen zum Beispiel die einzelnen Ministerien - das Bildungsministerium, das Wissenschaftsministerium, das Innenministerium und das Justizministerium übergreifende Konzepte, Handlungsstrategien und Öffentlichkeitskampagnen und setzten diese um.
Ähnlich gestaltet sich die Bildung von Netzwerken in den anderen Kreisen. Immer wieder werden vor allem Kinder und Jugendliche in die Aufklärung und Diskussion einbezogen bzw. übernehmen selbst Patenschaften oder bereiten Veranstaltungen mit vor.
Im Kreis Dahme-Spreewald konnte das Bundesprogramm XENOS, worauf unser Bildungsminister hier bereits mehrmals hinwies, Anwendung finden. Im Elbe-Elster-Kreis sind neben den Bürgern auch der RAA und mobile Beratungsteams aktiv, um flächendeckend wirken zu können. Immer wieder wird auch in den Kreisen Märkisch-Oderland, Oberhavel, Oder-Spree, Spree-Neiße, Teltow-Fläming oder in den Städten Cottbus und Frankfurt (Oder) die Vernetzung der Bürger mit der Verwaltung, den Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen, mit der
Polizei, den ansässigen Wirtschaftsunternehmen und den ausländischen Mitbürgern deutlich. Nicht nur Toleranz wird gefordert und Veranstaltungen werden organisiert, sondern es werden auch Partnerschaften über Aussiedlerheime geschlossen, um die Aussiedler in den Prozess des Sich-hier-Wohlfühlens und gegenseitigen Kennenlernens einzubeziehen. Das Gleiche trifft auch auf Asylbewerber zu. Ihnen wird die Möglichkeit einer erleichterten Sprachaneignung geboten sowie die Kontaktscheu und die Angst, sich auf der Straße zu bewegen, genommen.
Es ist natürlich traurig, dass erst durch Überfälle und Todesfälle all diese Leute, die heute diese Projekte begleiten und zum Teil als Koordinatoren gegen Ausländerfeindlichkeit auf Landesebene wirken, sich trafen und mithilfe des Landes und Bundes für Toleranz im Land einsetzten.
Doch nichtsdestotrotz: Aufgabe der Koordinatoren wird es in erster Linie sein, mit unserer Hilfe die begonnenen Aktionen am Laufen zu erhalten, sie weiter zu verbreiten und flächendeckend zu wirken.
Ich möchte Ihnen noch eine vor kurzem gegründete Initiative aus Wittstock nennen. Im Dezember des vergangenen Jahres fand gemeinsam mit Bischof Huber und dem Ministerpräsidenten Manfred Stolpe unter großer Beteiligung der Bürger Wittstocks eine Demonstration “Wittstock gegen Rechts” statt. Viele Bürger brachten zum Ausdruck, dass der öffentliche Raum in Wittstock den aufrichtigen Bürgern und seinen Gästen und nicht dem braunen Mob gehört. Viele sahen auch, dass sie mit ihrer Meinung gegen Gewalt und Intoleranz nicht allein stehen. Für mich ist besonders wichtig, Gesicht zu zeigen. Ich wünsche von hier aus den Initiatoren, besonders Herrn Pfarrer Lohmann, Kraft und Mut für die Initiative. Auch ich werde mich weiterhin aktiv dort beteiligen. Das Gleiche erwarte ich von allen anderen. - Ich danke.
Ich darf, bevor der Redner am Pult ist, Gäste aus dem EinsteinGymnasium in Angermünde herzlich begrüßen, die heute an unserer Plenarsitzung teilnehmen. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Toleranz ist notwendig und gehört zu den wichtigsten preußischen Tugenden. Aber wann soll damit endlich begonnen werden? Doch nicht etwa mit diesem Konzept? In dem Konzept ist fortwährend von Vereinen, Organisationen, Verbänden, Kommunalpolitikern, Einzelpersonen, öffentlichen Körperschaften, mobilen Beratungsdiensten, Funktions- und Verwaltungsträgern, lokalen Bündnissen, Plattformen, Arbeitskreisen, Runden Tischen und Aktionsbündnissen die Rede. Wer hinter diesen toll klingenden Namen steckt, wird in der Regel verschwiegen. Es scheint, als würden Namen nur zu dem Zweck erfunden, gegen
Warum nennt die Landesregierung nicht Ross und Reiter? Wer steckt hinter den verschiedenen Netzwerken? Wer ist Vorsitzender des jeweiligen Vereins? Wie viele Mitglieder hat die genannte Organisation? Wo haben die so genannten lokalen Bündnisse ihren Sitz? Wie werden die so genannten Arbeitskreise oder Arbeitsgruppen, Foren oder sonstigen Vereine finanziert?
Man sucht in dem Bericht der Landesregierung vergeblich nach irgendwelchen Anschriften. Man schildert Veranstaltungen vor Ort, muss aber gleichzeitig eingestehen, dass der Besuch nur mäßig ist.
Die Landesregierung hat einen Popanz aufgebaut. Frei nach Karl Marx möchte ich sagen: Ein Gespenst geht um im Land Brandenburg, das Gespenst der Intoleranz und der Ausländerfeindlichkeit. Nur fürchtet sich heute kein Bürger unseres Landes mehr vor Gespenstern.
Die Landesregierung musste zum Beispiel aufgrund von Anfragen unserer Fraktion zum einen einräumen, dass es im Land Brandenburg keine so genannten ausländerfreien oder nationalbefreiten Zonen gibt. Zum anderen hat uns die Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Asylbewerberunterkunft in Rathenow bestätigt, dass 57 Asylbewerber als Tatverdächtige ermittelt wurden. Das sind etwa 25 % der dort aufgenommenen Ausländer. Auch die polizeilichen Kriminalstatistiken des Landes weisen seit Jahren einen Ausländeranteil unter den Tatverdächtigen zwischen 20 bis 25 % aus.
Wie der Antwort der Landesregierung vom 20.06.2000 auf eine Kleine Anfrage zu entnehmen ist, wurden von den 14 registrierten Straftaten gegen Asylbewerber in Rathenow acht den Asylbewerbern selbst zugerechnet. An diesem Beispiel wird deutlich, dass die meisten Straftaten gegen Ausländer von Ausländern verübt wurden. Offenbar haben alle Netzwerke, die im Rahmen des Aktionsbündnisses “Tolerantes Brandenburg” tätig werden sollten, versagt.
Deutsche wie Ausländer werden ständig Opfer schwerer Straftaten. Hier versagen die lokalen Netzwerke vollends. Warum erwähnt der Bericht der Landesregierung nichts über Drogenhandel, Geldwäsche, Schleuserkriminalität, Subventionsbetrug, Korruption, Menschenhandel, Prostitution, Betrug und Bestechung, Schmiergelder, Produktpiraterie, Bandendiebstahl, organisierte Kriminalität, Heroinmafia oder die Gewalt in den Medien einschließlich Internet?
Herr Minister Ziel, ich möchte Sie insbesondere an die so genannte Heldin von Potsdam erinnern. Sie, Herr Minister, waren doch damals über einen so schlimmen neonazistischen Überfall zu Tränen gerührt. Während sich das Krankenzimmer der “Heldin” mit Blumenbergen füllte und Massenmedien täglich hochdramatische Neuigkeiten aus dem Leben der “tapferen Frau” enthüllten, kam man ihr auf die Schliche. Sie hatte den so genannten rechtsextremistischen Überfall nämlich frei erfunden. Alles war Lüge und Schwindel und Sie, Herr Ziel, standen als Blamierter da.
im Lande gibt, die ausländerfeindliche Straftaten verüben. Aber Sie, Herr Minister Reiche, bauen ein Schreckgespenst auf, das immer neue Nachahmungstäter heraufbeschwört. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.