Ganz anders beurteile ich die Situation heim zweiten Vorschlag. der Kappung der Direktzahlung bei 300 000 Euro je Betrieb. Das würde in erster Linie die ostdeutsche Landwirtschaft treffen. Selbst wenn der Faktor Arbeitskräfte in irgendeiner Form Berücksichtigung finden sollte, müssten unsere größeren Betriebe Federn lassen.
Das Problem wird sein, dass wir hier keine Verbündeten hei den anderen EU-Mitgliedern finden werden, denn sie alle haben kleinere Betriebe. Mit diesem Problem sind wir allein. Ich hoffe, dass wenigstens die gesamtdeutsche Solidarität funktionieren wird.
Immerhin geht es in Ostdeutschland um bis zu 450 Millionen Euro. in Brandenburg um etwa 45 Millionen. Das ist nur ein grober Überschlag, aber er zeigt die Dimension der Kappung. Meine Sorge ist auch, dass die Begehrlichkeiten anderer Politikbereiche unseres Landes bei unserem klammen Landeshaushalt groß sein werden, denn die durch Kappung gewonnenen Millionen sollen im Land verbleiben. Hier wird es sich erweisen, was uns die Landwirtschaft wert ist. Ich erwarte die fraktionsübergreifende Ablehnung der Kappung und von Minister Birthler, dass er für den Fall der Fälle intern an Alternativen arbeiten lässt.
Brüssel will angeblich auch mit der Entkoppelung der Direktzahlungen von der Produktion beginnen. Im Prinzip sind wir nicht dagegen, aber erst für den Zeitraum nach 2006 - und das nicht nur wegen der Planungssicherheit, sondern auch deshalb.
weil mit diesem Weg noch nicht abschätzbare Risiken verbunden sind. Deshalb wären Schnellschüsse absolut fehl am Platz.
Zur Anpassung in einigen Marktordnungen. zum Beispiel einer kompensationslosen Senkung des Getreidepreises um 5 %, uni Getreideberge zu vermeiden, sowie Maßnahmen, um den Getreideabsatz zu verstärken: Hier ist sicherlich einiges notwendig. auch bei Roggen. Aber es darf nicht zulasten der hiesigen Landwirte gehen,
Zusammengefasst ist unschwer zu erkennen. dass hei einer solchen Neuausrichtung der Agenda 2000 die ostdeutschen sprich: Brandenburger - Agrarbetriebe über Gebühr belastet wären.
Zur Öko- und konventionellen Landwirtschaft in Brandenburg habe ich mich hier schon öfter geäußert - deshalb nur so viel: Im Interesse der Chancengleichheit sind entweder gleiche oder zumindest vergleichbare EU-Standards in Bezug auf Umwelt und Tierhaltung notwendig. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die neue Verordnung der Bundesregierung zur Heimenhaltung, die auch geringere Marktanteile im Eiersektor für hiesige Betriebe verfügt - bei 795 Millionen in Brandenburg erzeugten Eiern kein Pappenstiel. Natürlich hängen an diesen Zahlen immer auch Wertschöpfung und Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Der Agrarbericht zeigt deutlich die differenzierte Lage und Entwicklung der ländlichen Räume in Brandenburg. Die in den Vorjahren beobachteten Entwicklungsunterschiede zwischen dem Berliner Umland und dem äußeren Entwicklungsraum Brandenburgs haben sich weiter verschärft. Während die Bevölkerungszahl in den hauptstadtnahen Regionen seit 1991 um 20 (?/4-% zugenommen hat, ist sie in den äußeren Landkreisen Brandenburgs um etwa 15 % zurückgegangen. Ich verweise diesbezüglich auf Punkt 1 unseres Antrags.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen. gestatten Sie mir. noch kurz zu dein dritten Punkt unseres Antrags Stellung zu nehmen. Wir haben diesen Punkt formuliert, weil trotz der guten Ernteergebnisse des Vorjahres und der wohl auch in diesem Jahr zu erwartenden guten Getreideernte kein Grund besteht, übermütig zu werden. Das zeigen zum einen die aktuelle Entwicklung des Getreide- und des Milchpreises, zum anderen aber auch eine Reihe von agrarpolitischen Ankündigungen und Vorhaben. die Brandenburg mit seinen ungünstigen natürlichen Standortbedingun gen schwerer treffen würden als andere Bundesländer.
Auch wenn es ein großer Verlust ist - nicht für die Menschheit, aber für den Landtag -, dass ich meine weiteren Ausführungen nicht vortragen kann, beuge ich mich der roten Lampe und bringe meine Vorstellungen in den Fachausschuss ein. - Danke.
Bevor ich Herrn Dr. Woidke das Wort erteile, möchte ich Gäste aus Falkenberg (Elbe-Elster-Kreis) herzlich begrüßen. die heute an unserer Sitzung teilnehmen. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landwirtschaft stand noch in keinem Jahr so im Blickfeld der Öffentlichkeit wie im Jahr 2001. Die Stichpunkte sind vorhin bereits genannt worden: BSE. MKS und die so genannte - und wahrscheinlich auch gescheiterte - Agrarwende.
13SE und Maul- und Klauenseuche spielen in der Öffentlichkeit inzwischen kaum noch eine Rolle. In der Landwirtschaft, so auch in Brandenburg, haben aufkommende Hysterie und Aktionismus zu vielen Turbulenzen und zu Verunsicherun g geführt.
In Brandenburg wurden im Jahr 2001 drei BSE-Fälle festgestellt. Dem stehen 50 000 Untersuchungen von verendeten und normal geschlachteten Rindern gegenüber.
Aus dem Landeshaushalt mussten für die Tierkörperbeseitigung 2,3 Millionen DM bereitgestellt werden. Der Verfall der Rindfleischpreise führte in einzelnen Unternehmen zu existenzbedrohenden Situationen. Umsatzeinbußen von 50 % und mehr mussten eini ge Unternehmen verkraften.
Die Frage nach der weiteren Entwicklung unserer Landwirtschaft und nach dem Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Verbraucher in der Gesellschaft stellte sich 2001 neu: sie ist bis heute aktuell.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu der Situation der Landwirtschaft in Brandenburg und der Entwicklung des ländlichen Raums gibt es auch in diesem Jahr den von der Landesregierung vorgelegten Bericht. Er liefert zu den grundlegenden Fragen statistische Zahlen und gibt umfassend Auskunft. Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die an der Erstellung dieses sehr aussagekräfti gen Berichts mitgewirkt haben.
Die Landwirtschaft in Brandenburg gehört laut diesem Bericht oberflächlich betrachtet - zu den wirtschaftlich stabilen Faktoren. Allerdings wurde nicht beachtet. dass viele Betriebe der Insolvenz nur dadurch entgangen sind, dass sie von anderen Betrieben übernommen wurden.
Im Wirtschaftsjahr 2000/2001 waren auch in den Sparten unterschiedliche Ergebnisse zu verzeichnen. Durch Erschließung neuer Rationalisierungspotenziale wurden weiterhin Arbeitskräfte freigesetzt. Zusätzliche Leistungsreserven konnten erschlossen werden. So ist zum Beispiel die Milchleistung in diesem Wirtschaftsjahr weiter gestiegen.
Das Investitionsgeschehen hat sich nach Rechts- und Betriebsformen - das ist im Bericht nachzulesen - differenziert entwickelt.
Im Jahr 2001 waren 38 300 Personen in der landwirtschaftlichen Primärproduktion beschäftigt. Das sind 2 700 weniger als noch im Vorjahr. Im Durchschnitt aller landwirtschaftlichen Unternehmen waren 2,8 Personen bzw. I ,7 Arbeitskrafteinheiten auf 100 Hektar beschäftigt.
1,34 Millionen Hektar der Brandenburger Landesfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Die Cloueideanbaufläche vergrößerte sich und erreichte einen Anteil von 54,8 %. Bedauerlicherweise ging auch im vergangenen Jahr, dem so genannten Preußenjahr, der Kartoffelanbau zurück. Kartoffeln werden in Brandenburg nur noch auf einer Fläche von rund 12 000 Hektar angebaut.
Die Tierbestände bewegen sich bei hoher Leistungsfähigkeit weiterhin auf recht niedrigem Niveau. Der Rinderbestand sank um 1,6 %, während der Schweinebestand gegenüber dem Vorjahr um 4.9 % stieg. Die durchschnittliche Milchleistung stieg immerhin auf 7 616 Kilogramm pro Kuh und Jahr.
Der Gesamtumsatz der brandenhurgischen Ernährungswirtschaft wurde im Vergleich zum Vorjahr um rund 9 c/r auf 4,7 Milliarden DM gesteigert. Die Zahl der Beschäftigten sank bei Steigerung der Arbeitsproduktivität uni circa 17 %.
Die berufliche Erstausbildung ist stabil geblieben. Dies bestätigt die Tendenz der vorhergehenden Jahre. Es ist bemerkenswert, dass in der Landwirtschaft Ausbildungsplätze nach wie vor nicht besetzt werden können. Dieser Hinweis gilt besonders den in diesem Saal anwesenden Vertretern der jungen Generation. Dabei werden gerade in der Landwirtschaft qualifizierte Nachwuchskräfte dringend gebraucht. Die Betriebe haben das erkannt, Die Zahl der aktiven Ausbildungsbetriebe ist gestiegen. Allerdings sollte die hohe Zahl der nicht bestandenen Abschlussprüfungen nachdenklich stimmen.
Der Strukturwandel in den ländlichen Räumen Brandenburgs ist vielschichtig und sehr schwierig zu begleiten. Die Landwirtschaft kann sicherlich nur einen Teil der Strukturprobleme im ländlichen Raum Brandenburgs lösen.
Wichti gster Ansatzpunkt der Fürder- und Strukturpolitik ist die Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze, wie es zum Beispiel mit der ELR-Richtlinie zur Entwicklung ländlicher Räume. dem Dorferneuerungsprogramm, aber auch mit dem Landurlaub geschieht. Dafiir sind insbesondere die EU-Fördermittel aus dem Agrarstrukturfonds weiterhin zielgerichtet einzusetzen, Dies wird hoffentlich auch in den nächsten Jahren ohne Abstriche möglich sein.
Abschließend noch einige Bemerkungen zu den Vorschlägen aus Brüssel; Frau Wehlan hat dazu schon ein paar Worte gesagt. Die trotz vieler Probleme gute Entwicklung der Brandenburger Landwirtschaft - im diesjährigen Agrarbericht ist das nachzulesen - hängt sehr eng mit der Chancengleichheit verschiedener Betriebsformen und Betriebsgrößen zusammen. Die erneut vorgeschlagene Einrührung von Obergrenzen in der Förderung würde vor allem für große Betriebe deutliche Wettbewerbsnachteile mit sich bringen und - das befürchte ich zumindest durch erhöhten Rationalisierungsdruck zu einem starken Ar
beitsplatzabbau in der Brandenburger Landwirtschaft führen, Des Weiteren würde eine solche Obergrenze lan gfristig auch keine Einsparungen im EU-Agrarhaushalt bedeuten, weil sich die betrieblichen Strukturen den veränderten Rahmenbedin gungen sehr schnell anpassen und wir nach spätestens drei bis fünf Jahren das alte Niveau wieder erreichen würden.
Alternativen für die EU-Kommission könnten die Festlegung von Obergrenzen pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche oder eine Zahlung nach der Anzahl der Beschäftigten pro Hektar sein. Das Land Brandenburg. der Landtag und die Landesregierung standen und stehen auch weiterhin für Wettbewerbsgleichheit zwischen den unterschiedlichen Unternehmensformen in der Brandenburger Landwirtschaft. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung auch in diesem Fall die untauglichen und für Brandenburg schädlichen Vorschläge aus Brüssel in geeigneter Art und Weise zurückweisen wird. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall hei SPD und CDU sowie der Abgeordneten Frau Wehlan [PDS]i Präsident Dr. Knohlich: Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abge- ordnete Claus. Claus (DVU):
Hen. Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Nach mehr als 30 Jahren Kolchosenwirtschaft und mehr als zehn Jahren EUDirigismus ist von der Vorstellung einer sich selbst tragenden und blühenden Landwirtschaft wenig übrig geblieben. Daher muss subventioniert werden. Doch damit hängen alle Nahrungsmittelproduzenten lückenlos am Gängelband. Ich erspare es uns. die einzelnen Fördersummen zu kommentieren.
Eines möchte ich aber noch anmerken, werte Kolleginnen und Kollegen: Es ist starker Tobak, wenn in dem Bericht allen Ernstes behauptet wird, dass 75 % der Fördermittel von der EU kämen. Herr Minister. das wissen wir alle, und das wird auch überall breitgetreten. Die DVU-Fraktion möchte darauf hinweisen, dass Deutschland Jahr für Jahr zwischen 13 und 16 Milliarden Euro mehr an die EU zahlt, als sie von dieser wieder erhält. Das Land Brandenburg ist mittlerweile so pleite, dass es nicht einmal mehr die Kofinanziertmesmittel für alle ich betone: für alle - Fördermittel aufbringen kann.
Meine Damen und Herren von der Landesregierung, Sie haben es richtig erkannt: Das Jahr 2001 markierte den Höhepunkt der bislang schwersten Krise der deutschen Agrarwirtschaft. Die BSE-Krise hat uns alle überrollt und geradezu fassungslos sahen wir uns mit einer Entwicklung konfrontiert, die wir in dieser Form in der Landwirtschaft noch nicht erlebt haben. Nahezu täglich veränderte sich die Situation. Es war nicht überschaubar, welche Folgen die Krise in der Landwirtschaft auslösen wird.
Die aufgetretenen ISSE-Fälle haben zu einer tiefen Verunsicherung hei den Verbraucherinnen und Verbrauchern geführt. Der dramatische Rückgang des Rindfleischverbrauchs zeigte dies
eindrücklich. Dies hat zu erheblichen Problemen in der Landwirtschaft, aber auch im vor- und nach gelagerten Bereich geführt. Besonders belastet sind die landwirtschaftlichen Betriebe mit Rinderhaltung, welche erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen mussten.
Einer psychisch außerordentlich belastenden Situation waren auch diejenigen ausgesetzt. auf deren Höfen 135E-Fälle aufgetreten sind. Sie alle wissen: Sie konnten nicht weiter produzieren, sie mussten die Ställe so lassen, wie sie waren.
Auch Brandenburg hatte einen erheblichen Aufwand zu tragen. Allein für den Anteil an den Kosten der Tierkörperbeseitigung mussten aus dem Landeshaushalt 2,3 Millionen DM mehr als im Vorjahr bereitgestellt werden. Der Herr Minister berichtete darüber auch im Ausschuss. Dafür sind wir sehr dankbar. dass uns der Minister darüber berichtete und alles schnellstmöglich darlegte.
nachhaltigen Entwicklung muss von der Landesregierung aktiv begleitet werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Abgeordneten Claus. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU. den Abgeordneten Nieschke.