Protokoll der Sitzung vom 27.06.2002

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Dr. Woidke und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, Frau Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stauprobleme, Abfertigungsprobleme. Verkehrschaos - immer die gleiche Leier, aber nichts passiert. Seit der Eröffnung des neuen Grenzübergangs Guben-Süd/Gubinek an der deutsch-polnischen Grenze gibt es aufgrund fehlender Stauflächen massive Behinderungen des Verkehrsflusses der B 112 und erhebliche Belastungen der Anwohner.

Seit Monaten bzw. seit Jahren haben Politiker aller Parteien und die Gemeinden - jeder für sich - alles Mögliche versucht, leider bis zum heutigen Tag ohne durchschlagenden Erfolg. Die Menschen, die in der Region Guben/Forst leben. haben mein ganzes Mitgefühl und erwarten, dass sich dort so schnull wie möglich etwas ändert.

Der Bau der Ortsumgehung von Guben wird nur der Entlastung der Ortslage Guben vom Durchgangsverkehr dienen können. Auf die Stauproblematik hat dieser Bau keinen direkten Einfluss. Vorn Raumordnungsverfahren oder einer Planfeststellung bis zur Funktionalisierung des Teilstücks der B 112 als Stauflä

1.andiie2 Brandenburg - Wahlperiode - Plenarprotokoll 27. Juni 2002 3983

che bis zu deren Fertigstellung würden Jahre vergehen - zu spät im Hinblick auf die EU-Osterweiterung 2004.

Auch die bloße Ausstattung der B 112 im Bereich Guben mit Bedarfsverkehrsschildern. um den LKW-Verkehr hei drohenden Staus auf die Grenzübergänge Frankfurt (Oder) oder Forst umzuleiten. hat bisher nichts gebracht. Offensichtlich fehlt es hier an einer verstärkten polizeilichen Präsenz zur Überwachung und Durchsetzung einer situationsgerechten Verkehrsführung.

Der Magnetwirkung heim Grenzübergang Guhen bei geringeren Wartezeiten kann man nur durch ordnungsrechtliche Konsequenzen Herr werden. Durch verbesserte Überwachung und situationsgerechte Anordnung muss eine möglichst gleichmäßige Verteilung des LKW-Verkehrs an den Grenzübergängen erreicht werden. Doch das reicht in Guhen allein längst nicht aus.

Welche Antwort hat die Landesregierun g auf all diese Fragen? Die so genannten Abfertigungsschwierigkeiten sind noch nicht einmal vollständig evaluiert und Herr Dr. Stolpe hat offensichtlich beim Besuch des polnischen Ministerpräsidenten am 29. Mai nicht das Geringste erreicht.

Appelle nutzen nichts, meine Damen und Herren. Komplexe Probleme erfordern differenzierte Lösungen: Beschleunigung durch Optimierung der Warenabfertigung in konzentrierter Durchführung mit der polnischen Zollbehörde, Implementierung eines flexiblen Verkehrslenkungskonzeptes unter besonderer Akzentuierungder Verkehrsüberwachung sowie ressortübergreifende und unbürokratische Zusammenarbeit eines gemeinsamen Stabes aus den Bereichen Verkehrsüberwachung, Verkehrsplanung, Zoll und BGS als kurzfristige Lösung.

Mit den polnischen Behörden muss dabei forciert ein Konsens herbeigeführt werden; die Zeit drängt.

Zur nachhaltigen Problemlösung werden Sie aber nicht um den Eintritt in die überörtlichen und örtlichen Planungen zum Umbau der Verkehrsinfrastruktur an den Grenzübergängen mit Blick auf die EU-Osterweiterung herumkommen. Aber Gesamtkonzepte ohne Auswirkungen, wie die PDS sie beantragt, bringen überhaupt nichts. Die Probleme an der polnischen Grenze sind längst evident.

Liebe Landesregierung, Ihre strategische Hilflosigkeit wirkt bisher rührend angesichts der massiven Behinderungen des Verkehrsflusses auf der B 112 und der unsäglichen Belastung für die Anwohner. Die über 40 Verkehrsunfälle bei Guben sind daher für unsere Fraktion Anlass genug. dem Antra g der Abgeordneten Dr. Woidke. Frau Müller und Frau Schulz sowie dem Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und SPD zuzustimmen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall hei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. und gebe das Wort an die Landesregierung.

- Die Landesregierung wünscht nicht zu sprechen.

Dann schließe ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Wir kommen zur Abstimmung.

Zuerst rufe ich den Antrag der Abgeordneten Frau Müller, FrauSchulz und Dr. Woidke auf. Er liegt Ihnen in der Drucksache 3/446 - Neudruck - vor. Wer diesem Antrag seine Zusti mmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Zum Zweiten rufe ich den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und CDU auf. der Ihnen in der Drucksache 3/4557 vorliegt. Wer diesem Entschließungantrag seine Zustimmung gibt. den bitte ich uni das Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Entschließungsantrag einstimmig angenommen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und wir kommen zu Tagesordnungspunkt 14:

Gesamtkonzeption zum grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/4501

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Abstimmung mit meiner Kollegin Tack, die an dieser Sitzung leider nicht teilnehmen kann. leiste ich den Beitrag. Nach den gemeinsamen Diskussionen im Innenausschuss zu dem Problem, das Gegenstand des vorheri gen Tagesordnungspunktes war, ist das sicherlich auch möglich.

Verbesserungen für den grenzüberschreitenden Verkehr sind eine Grundvoraussetzung für die Intensivierung der Be gegnungen von Menschen, für die Entwicklung des Fremdenverkehrs sowie für die Förderung der regionalen Wirtschaftsbeziehungen. insbesondere auch für den Aufbau eines regionalen Wirtschaftsund Verkehrsnetzes.

lm Hinblick auf die EU-Osterweitenmg, die wir doch alle wollen. sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. ist mit einem weiteren Anstieg des Verkehrsautkommens, vor allem heim Güterverkehr im deutsch-polnischen Grenzraum, und mit einer entsprechend höheren Frequentierung der Grenzübergänge zu rechnen. Das Verkehrsautkommen soll bis 2005 uni 180 % steigen. Der überwiegende Teil davon ist Transitverkehr. Während sich an den Straßengrenzübergängen regelmäßig Behinderungen und Staus einstellen. sind die Schienengrenzübergänge nicht ausgelastet. Reserven gibt es auch im Bereich der Wasserstraßen.

Die bisher vollzogenen Einzelmaßnahmen zur Verbesserung der (Minister Schönbohrn: Kein Bedarf!) Problemsituation erweisen sich als unzureichend und als zu

wenig koordiniert. Das zeigt sich auch am Problem der Grenzübergangsstelle Guben/Gubinek. Die Problembeschreibung erfolgte exakt. Der Staatssekretär im Innenministerium erklärte uns in der gemeinsamen Sitzung des Innenausschusses mit dem Verkehrsausschuss. dass die Landesregierung ihrerseits alles getan habe. Das Problem mit den Staus und den Unfallgefahren ist jedoch nicht gelöst. Dauerstan ist möglicherweise doch nicht die richtige Form für den grenzüberschreitenden Verkehr. Das Innenministerium selbst lieferte ja den Nachweis für die Notwendi gkeit einer Gesamtkonzeption, In dem entsprechenden Bericht heißt es. dass Einzelmaßnahmen nicht zum gewünschten Erfolg führen und die Probleme nur gelöst werden können, wenn sie von mehreren Seiten angepackt werden.

Meine Damen und Herren, den einseitigen Verweis auf die Fehler und Mängel der polnischen Seite tragen wir nicht mit; denn wir sind Partnerinnen und Partner beim grenzüberschreitenden Verkehr. Es geht um gemeinsame Entwicklungsvorstellungen und Problemlösungen, aber auch um Diplomatie und viel Geduld; das ist wahr.

Die Gesamtkonzeption zum grenzüberschreitenden Personenund Güterverkehr soll sicherstellen. dass eine ausgleichende Verteilung des Verkehrs im Sinne der Chancengleichheit der Verkehrsmittel gewährleistet wird. Die Einbeziehung von Interessengruppen und der polnischen Seite soll einer einseitigen Lösung vorbeugen und der Benachteiligung von Umlandregionen entgegenwirken. Damit werden die Voraussetzungen für eine langfristige und ganzheitliche Lösung der Vcrkchrsproblematik in der deutsch-polnischen Grenzregion geschaffen.

Deshalb beantragen wir, dass die Landesregierung beauftragt wird. im Januar 2003 eine Gesamtkonzeption zum grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr vorzulegen. Ziel dieser Konzeption soll eine zukunftsfähige und nachhaltige Gestaltung aller grenzüberschreitenden Verkehrsbeziehungen auf Straßen und Autobahnen, auf der Schiene. auf den Wasserwegen und im Luftverkehr sein. Der Chancengleichheit der Verkehrsmittel muss ebenfalls Rechnung getragen werden.

Die Landesregierung unterstützt die Kreise und kreisfreien Städte hei der Durchführung von Projekten zum grenzüberschreitenden öffentlichen Personennahverkehr. Der Konzeption soll eine integrierte Betrachtung der Landes- und Regionalplanung sowie der Stadt- und Verkehrsentwicklung zugrunde liegen. Die Darstellung der erforderlichen Maßnahmen für die Verkehrsinfrastruktur ist nach geplanten Realisierungszeiträumen einschließlich bereits im Bau befindlicher Projekte einerseits und nach kurz- und langfristigen Planungen andererseits zu untergliedern. Vom Gesamtkonzept betroffene Interessengruppen sowie die polnische Seite sind in die Erstellung der Konzeption einzubeziehen. Außerdem erwarten wir von der Landesregierung, dass sie sich im Bundesrat für einheitliche verkehrspolitische Ratunenbedingungen als Voraussetzung für Verkehr in der Grenzregion engagiert.

Meine Damen und Herren. in der Landesverwaltung wurden schon mehrere Vorleistungen erbracht. So erinnere ich mich an Entwi cklungs- und Handlungskonzepte für die Euroregion vom Institut für Stadtentwicklung und Wohnen des Landes sowie an das von der Landesregierung aufgelegte Oderprogramm „Zukunft der Oderregion nach dem Oderhochwasser 1997/98".

Auch die regelmäßigen Internationalen Ostbrandenburger Verkehrsgespräche in Frankfurt (Oder) bieten dafür eine gute Basis.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen. Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht. - Ich gebe jetzt das Wort an die Fraktion der SPD. Herr Abgeordneter Schippet, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich die Frage von Frau Schulz beantworten. Die Änderung kam aus folgendem Grund zustande: Es geht um internationale Prohlenie. Dafür ist auf Bundesebene das Innenministerium zuständig. Diese Zuständigkeit setzt sich auf der Länderebene fort. Deshalb spreche ich an dieser Stelle.

Herr Thiel. Sie waren bei der Sitzung nicht anwesend. Man muss zur Ehre der polnischen Seite festhalten. dass die Behauptung, es sei gar nichts passiert, unzutreffend ist: dennoch ist reichlich wenig passiert. An einer Stelle wird gebaut, so wie es vereinbart ist.

Frau Hessetbarth. man kann nicht sagen, der Ministerpräsident habe nichts erreicht. Wir fordern geduldig immer wieder die Einhaltung dieser Vereinbarungen.

Man muss allerdin gs feststellen - das ist in dem Bericht des Innenministeriums eindeutig klargestellt worden -, dass die Ursachen für fliese Misere tatsächlich auf polnischer und nicht auf deutscher Seile liegen. An einer Stelle heißt es im Bericht, dass die polnische Seite aus Angst, sie könnte den Abtertigungsärger bekommen. bestimmte Vorhaben nicht umsetzt. Das können wir nicht gutheißen; denn wenn wir die polnische Seite als gleichberechtigten Partner behandeln wollen - das ist sie in unseren Augen dann bedeutet das nicht nur Förderung oder ein freundliches Umgehen mit dem Partner: ein gleichberechtigter Partner muss auch akzeptieren. dass man Forderungen an ihn richtet, Frau KaiserNicht. Nach meinen Erfahrungen mit polnischen Menschen - ich habe lange mit ihnen zusammengearbeitet - ist es der beste Weg. wenn man sie als gleichberechtigte Partner behandelt. Wenn man sie auch fordert, kommt man gar nicht auf den Gedanken, ihnen eine andere Mentalität zu unterstellen. Insofern gilt es hier weiterzuarbeiten.

Nun zu Ihrem Antrag. Die Frage eines Gesamtkonzeptes halte ich an der Stelle nicht für zielführend. Eindeutig ist, dass die Grenzübergänge an den Autobahnen prioritär bleiben müssen. Alles andere ist kleiner Grenzverkehr. Der ist sicherlich für die Leute schön, aber für den Warenverkehr müssen die Autohahnühergänge entsprechend ausgebaut werden. Vor allen Dingen muss die Abfertigung auf polnischer Seite dem entsprechen.

Forderungen, die zum Teil laut geworden sind, in Guhen eine weitere Standspur zu errichten oder Ähnliches. helfen uns über

haupt nicht, weil wir damit das Verkehrsaufkommen an der Stelle erhöhen. Das ist nachweistsan insofern müssen diese Übergänge gleichmäßig ausgelastet werden. Die Abfertigung muss verbessert werden. Ich denke. dann haben wir das Ziel eiTeicht. Das ist eben das Bohren dicker Bretter.

Man sollte aber auch beachten - das hat die Kollegin Schulz richtig gesagt -. dass solche nicht gelösten Probleme zur Fremdenfeindlichkeit oder zur Skepsis hei der EU-Erweiterung führen können, gerade in der Grenzregion. gerade in Brandenburg. Da gehe ich Ihnen völlig Recht. Aber ich habe eine Bitte: Sagen Sie das Ihrem Bundeskanzlerkandidaten, der zurzeit mit der brennenden Fackel ans Benzinfass geht und guckt, oh dort Sprit drin ist.

(Beifall des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

Diesen Quatsch mit den Vertreibungsdekreten, diese jetzt. in dieser Phase herauszuholen. dies öffentlich zu machen, halte ich nicht für gut, und zwar gerade deshalb, weil wir in Brandenburg als Grenzre gion das dann auszuhalten haben.

(Beifall hei SPD und PDS - Zuruf des Abgeordneten Dr. Hackel [CDU])

Ich danke dem Abgeordneten Schippe]. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Hesselbarth.