Erstens hat die Rechtsetzung auf Bundesebene erst jüngst aus nachvollziehbaren Gründen zu dem aktuellen Wortlaut des BGB geführt und ist zunächst abgeschlossen. Zweitens folgt die Rechtsanwendung. Sollte diese nicht ohne weiteres möglich sein, kommt es drittens zur Rechtsfortbildung durch die Gerichte.
Sollte dies alles zu aus individueller Sicht verfassungswidrigen Zuständen in der Sache führen, steht es jedermann offen, sich mit einer Verfassungsbeschwerde dagegen zu wenden und die Verfassungswidrigkeit der zitierten BGB-Vorschriften feststellen zu lassen. - Danke schön.
Ich danke dem Abgeordneten Sarrach. - Das Wort geht an die Landesregierung. - Sie wünscht es aber nicht, wie ich sehe. Dann gebe ich das Wort noch einmal an die Fraktion der DVU. Bitte, Frau Abgeordnete Hesselbarth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Homeyer, Hochmut kam schon immer vor dem Fall. Ihre Kritik an unserem Antrag zeigt, dass Sie sich mit der Materie der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und insbesondere mit denen im Baubereich nicht im Geringsten auskennen.
Die VOB bedarf keiner Privilegierung durch das Gesetz. Privilegierungen von Geschäftsbedingungen eines Wirtschaftszweiges sind genauso unangebracht wie Interventionen von Politikern zugunsten eines einzelnen Unternehmens, wie es der Fall Holzmann gezeigt hat. Sie wecken Argwohn und Neid der Nichtprivilegierten und sind in der Regel nicht zu rechtfertigen. Die insofern bevorzugten Einzelregelungen, besonders Gewährleistungsfrist und fiktive Abnahme, können ohne unzumutbare Nachteile für die Auftragnehmer dem Gesetz angepasst bzw. in die neue Ausgabe 2002 aufgenommen werden. So wie die AGB-Problematik derzeit geregelt ist, bleiben Rechtsunsicherheit und Streit über die Privilegierung der VOB/B weiter bestehen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Herr Homeyer.
Der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes hätte eine solche Extrawurst für die VOB als Ganzes mit einem Satz regeln können. Aber das hat er nicht. Damit Sie auch verstehen, welche unsinnigen Auswirkungen die Vorschriften der §§ 308 Nr. 5 und 309 Nr. 8 b ff. BGB hervorbringen, gebe ich Ihnen jetzt einmal ein paar praktische Beispiele dazu, Herr Homeyer.
Vorteil für den Auftragnehmer war bisher die zweijährige Verjährungsfrist des § 13 VOB bei Mängeln. Die Frist ist jetzt auf vier Jahre verdoppelt worden. Der Auftraggeber kann aber nach wie vor durch erste schriftliche Mängelrüge die Verjährung
unterbrechen und damit einen neuen Fristlauf von zwei Jahren auslösen. Das gibt es selbst im BGB nicht! Aber laut BGH ist § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B bei als Ganzes vereinbarter VOB/B wirksam. Dann schließt die vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung Nachforderungen des Auftragnehmers aus, wenn er über die Schlusszahlung schriftlich unterrichtet und auf die Ausschlusswirkung hingewiesen worden ist - eine wahrhaft drakonische Rechtsposition!
Nach § 16 Nr. 3 Abs. 1 soll der Auftraggeber die Schlussrechnung innerhalb von zwei Monaten nach Zugang prüfen und feststellen. Die Versäumung dieser Frist hat für den Auftraggeber demgegenüber aber keine Folgen - also von Ausgewogenheit überhaupt keine Spur.
Oder: Die Forderung aus der Schlussrechnung wird gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 zwei Monate nach Zugang fällig. Dann ist ein nur dem Gesetz unterworfener Auftraggeber schon einen Monat in Verzug. Gesetzgeberische Begründung und der DVA haben also ungeprüft eine Ausgewogenheit unterstellt, die es jedenfalls jetzt nicht mehr gibt. Die alte BGH-Rechtsprechung ist nicht mehr zu halten und deshalb kann und darf die Neufassung 2002 nicht mehr privilegiert werden.
Erlauben Sie mir noch eine abschließende Frage: Warum sollen sich die VOB-Geschäftsbedingungen nicht danach zu richten haben, wonach sich alle anderen AGB-Anwender auch richten müssen? Allgemeine Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen? Warum sollen ausgerechnet Bau-AGB und gerade auch solche, die die öffentliche Hand verwenden muss, wirksam sein, obwohl sie einen Geschäftspartner unangemessen benachteiligen? Bisher diente die Privilegierung vor allem kriminellen Großbaukonzernen und der öffentlichen Hand, nicht aber der mittelständischen Wirtschaft und schon gar nicht den kleinen Bauherren.
Daher bitte ich Sie nochmals, unserem Antrag zuzustimmen. Auch heute beantragt meine Fraktion namentliche Abstimmung. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und kommen zur angekündigten namentlichen Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 3/4773 der Fraktion der DVU.
Ehe ich die Abstimmung eröffne, bitte ich Sie wieder um Ihr deutliches und lautes Abstimmungsvotum, wenn Ihr Name aufgerufen wird.
Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag in der Drucksache 3/4773 der Fraktion der DVU bekannt: Für diesen Antrag stimmten 5 Abgeordnete, gegen diesen Antrag 57 Abgeordnete. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Freiwilligkeitsprinzip bei Gemeindestrukturreform im Land Brandenburg achten - keine flächendeckenden Zwangszusammenschlüsse von Gemeinden vornehmen!
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der Fraktion der PDS. Herr Abgeordneter Sarrach, Sie haben das Wort.
„Wir wenden uns gegen jede Form der Rasterung, die den Entscheidungsspielraum der örtlichen Akteure einengt. Freiwilligkeit bedeutet für uns Gestaltungsfreiheit vor Ort unter der Prämisse flächendeckender leistungsfähiger Einheiten. Dieser stehen staatliche Vorgaben von Mindestgrößen kommunaler Einheiten, terminliche Vorgaben für freiwillige Zusammenschlüsse und die Androhung staatlichen Zwanges entgegen. Derartige Druckmittel lassen sich auch nicht begründen.“
Liebe Kolleginnen und Kollgen der CDU, warten Sie mit dem Vorwurf der Militanz; denn das ist ein Zitat des CDU-Innenministers des Landes Sachsen-Anhalt aus seiner Rede am 18. Juli 2002 zur Einbringung des Gesetzentwurfs zur Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung in den sachsen-anhaltinischen Landtag. Ich habe mit diesem Zitat begonnen, weil ich es begrüße, dass andernorts die Kraft aufgewendet wird, eventuelle Fehlentwicklungen zu korrigieren, solange das Prinzip der Freiwilligkeit noch ohne nachhaltigen Schaden gewahrt werden kann.
Herr Minister Schönbohm, wenn Sie sich nicht von den Argumenten der örtlichen Akteure und der Bevölkerung der von Zwangseingemeindungen betroffenen Kommunen überzeugen lassen, wenn Sie nicht das Ergebnis der von der Landtagsfraktion der PDS gemeinsam mit dem Kommunalpolitischen Forum initiierten Anhörung von Bürgermeistern, Amtsdirektoren und Bürgerinitiativen aus allen Landesteilen am 17. August 2002 zur Kenntnis nehmen wollen, obwohl diese in der Anhörung eindrücklich schilderten, dass es die jeweiligen örtlichen Bedingungen nicht zulassen, die Gemeindestrukturreform anhand
einer starren Schablone durchzuführen, so halten Sie wenigstens die Politik Ihres CDU-Innenministerkollegen aus Sachsen-Anhalt für nachdenkenswert.
Doch nein. In der Juli-Ausgabe von „Brandenburg Kommunal“ bilanzieren Sie, dass Sie seit Beginn des kommunalen Reformvorhabens großen Wert darauf legten, alle betroffenen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kommunalpolitiker, alle Bürgerinnen und Bürger in die verschiedenen Stadien des Reformprozesses mit einzubeziehen und ihnen sämtliche Verfahrensabläufe offen darzulegen. Das bedeute vor allem, mit ihnen zu diskutieren und sie offen über die inhaltlichen Dimensionen und Folgen dieser Reform aufzuklären. Dabei hätten sie von der Notwendigkeit überzeugt werden müssen, dass die Leistungskraft der Gemeinden in den jetzigen Strukturen spürbar an ihre Grenzen gestoßen sei.
Das klingt richtig kollegial, das klingt richtig freundlich. Wer jedoch die Vertreter des Innenministeriums vor Ort erlebt hat, der hat diese Aufklärungsarbeit zumeist als negativ und einseitig empfunden. Ich erinnere an die Rahmensetzung, ich erinnere an die Presseerklärung von Minister Schönbohm vom 12. Juli 2000. Herr Minister, Sie erklärten, dass es mit Ihnen definitiv keinen Zwang hin zu einer Einheitsgemeinde gebe, da Sie von Anfang an gefordert hätten, die bestehenden Strukturen weiterzuentwickeln. Ich erinnere an die rechtlichen Hinweise zu Ausführungen des Gemeindetages vom 19. Juli 2001 des Ministeriums des Innern, in denen Sie den Eindruck erwecken, dass ein Beharren von Gemeinden in nicht leitbildgerechtem Bestand zu Rechtsnachteilen führen werde. Ich erinnere an den Entschließungsantrag in der Drucksache 3/3457-B, nach dem Sie den Verantwortlichen vor Ort die Entscheidungs- und Gestaltungsräume, die in der Freiwilligkeitsphase noch gegeben sind, und auch deren Grenzen verdeutlichen wollen.
Wir können also die Augen nicht davor verschließen, dass viele freiwillige Gemeindezusammenschlüsse bis zum 31. März 2002 häufig im Bewusstsein andernfalls erwarteten angedrohten gesetzlichen Zwanges erfolgten, mithin nicht Ausdruck selbstbestimmten Handelns, sondern Ausdruck fremdbestimmter Ohnmacht waren. Sie können mir das Gegenteil beweisen, wenn Sie heute klarstellen, dass es keine Vorgaben Ihres Hauses für die Landräte und Kreistage gibt, dass entgegen dem Wortlaut von § 26 GFG 2002/03 die so genannte Kopfprämie nur gezahlt wird, wenn vor dem 31. März 2002 unterzeichnete Gebietsänderungsverträge bis zum 31. August dieses Jahres - so im Landkreis Barnim - oder bis zum 30. September 2002 - so im Landkreis Oberhavel - von den Gemeinden durch Nachbesserungen genehmigungsfähig gemacht werden, weil sie andernfalls in das Gesetzgebungsverfahren eingehen.
Diese zeitliche Begrenzung für die Genehmigung freiwilliger Zusammenschlüsse findet weder im GFG noch in dem entsprechenden Rundschreiben Ihres Hauses eine Stütze. Also handelt es sich um eine Drohkulisse, um das beabsichtigte Gemeindestrukturreformgesetz zu entschlacken.
Aber bleiben wir bei den jetzt schon vorliegenden Ergebnissen der Freiwilligkeitsphase. Von ehemals 1 479 Gemeinden sind jetzt noch etwa 800 Gemeinden vorhanden. Sie wollen selbst diese Zahl noch halbieren und bemühen einseitig quantitative Gesichtspunkte wie die Regelmindesteinwohnergröße von 500 Einwohnern je amtsangehöriger Gemeinde, die Anzahl von
drei bis sechs Gemeinden je Amt oder die Berlinnähe. Wir als PDS-Fraktion sind hingegen der Ansicht, dass auf der Grundlage des erreichten Standes von der beabsichtigten flächendeckenden zwangsweisen Neugliederung abgesehen werden kann. Es bedarf keines Gesetzgebungsverfahrens für eine Gemeindestrukturreform mehr, das das Prinzip der Gemeindefreiwilligkeit nur mit Füßen treten kann.
Wasser auf die Mühlen der Reformkritiker brachten auch die Urteile des Landesverfassungsgerichts zu den kommunalen Verfassungsbeschwerden der Gemeinden Kreuzbruch und Quappendorf vom 29. August 2002. Das Verfassungsgericht hat eine Maßgabe für den Gesetzgeber aufgestellt, die nicht unwichtig ist.
- Das wurde vorher nicht berücksichtigt. Ich komme dazu, Herr Schippel. - Danach gilt, dass die Unterschreitung der Regelmindesteinwohnerzahl nicht rechtlich oder faktisch zwingend das Aus für die Selbstständigkeit der betreffenden Gemeinde bedeutet. Die kommunale Selbstverwaltung habe nicht nur die Daseinsvorsorge der Bürger im Blick, sondern diene auch dazu, die Bürger zu integrieren und den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl, Heimat zu vermitteln. Eine Gemeinde dürfe nicht in bloß quantifizierender Betrachtungsweise und ohne Berücksichtigung von Besonderheiten allein wegen des Unterschreitens einer bestimmten Einwohnergrenze aufgelöst werden. Diese Maßgabe konsequent weitergedacht, Herr Schippel, bedeutet für eine Vielzahl der uns als Referentenentwurf bekannten 83 Paragraphen mit ca. 450 Gemeinden, dass sie in den Papierkorb geworfen werden können, weil sie allein quantitativ begründet wurden.
Ich frage Sie: Was spricht gegen den Fortbestand des Amtes Gransee, das als Granseer Modell so effektiv wie eine amtsfreie Gemeinde arbeitet?
Wieso sollen Hönow und Dahlwitz-Hoppegarten nicht zwei selbstständige amtsfreie Gemeinden werden können, da sie nicht einmal eine gemeinsame Grenze haben, sondern durch das Land Berlin voneinander getrennt werden?
Weshalb soll in den Regionen Cottbus und Spree-Neiße statt der Eingemeindung von Gemeinden des Amtes Neuhausen nicht ein anderes Modell der Zusammenarbeit von Stadt und Umland, ähnlich dem Modell der Region Hannover, versucht werden? Der Brief der Oberbürgermeisterin der Stadt Cottbus und des Landrats des Spree-Neiße-Kreises liegt Ihnen ja vor.
Weshalb soll aus dem Amt Templin-Land nicht eine amtsfreie Gemeinde gebildet werden können, die sich ähnlich um Templin herumschmiegt wie die amtsfreie Gemeinde Nuthe-Urstromtal um Luckenwalde?