Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Als dieses Hohe Haus unmittelbar vor der Sommerpause eine Schulgesetzänderung beschloss, sollte ein Ende des langjährigen Streits um den Religionsunterricht und das Fach LER herbeigeführt werden. Die PDS hatte diese Änderung abgelehnt, da die Rechtssicherheit für alle Beteiligten nicht erhöht und der Rechtsfrieden im Land nicht gesichert wurde, sondern vielmehr eine Reihe von Grauzonen erhalten geblieben ist.
Die Hauptkritik der PDS war seinerzeit darauf gerichtet, dass die Gesetzesänderung nicht zu einer rechtlich abgesicherten Entwicklungsperspektive für das ordentliche Lehrfach Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde führte, nachdem die flächendeckende Einführung des Faches LER wie auch die Ausbildung von LER-Lehrern in den letzten Jahren mit dem Verweis auf die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes mehr als halbherzig erfolgt war. Die Landesregierung entzog sich vielmehr auch mit dieser Gesetzänderung jeder Pflicht zur weiteren zügigen Einführung von LER, indem sie den dafür vorgesehenen Paragraphen ersatzlos strich. Sie zog sich lediglich auf nicht verpflichtende verbale Bekenntnisse zur weiteren Einführung von LER zurück.
Da diesen wohlklingenden Worten bisher keine sichtbaren Taten folgten, sieht sich die PDS veranlasst, eine Konzeption der
In einer Antwort auf die offenen Briefe des LER-Fachverbandes vom Mai dieses Jahres versicherten Sie, verehrter Herr Minister, dass
„... das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, aber auch ich persönlich größtes Interesse an einer zügigen Einführung des Unterrichtsfaches Lebensgestaltung Ethik - Religionskunde haben. Wie Sie wissen, ist das Erreichen dieses Ziels unter anderem von personellen, personalrechtlichen wie auch regionalen Bedingungen beeinflusst, die es gilt in der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen und zu bewerten.“
Wir wollen eben diese Gesamtbetrachtung der personellen, personalrechtlichen und regionalen Bedingungen und die Konsequenzen daraus durch das MBJS erstellt haben. Wir erwarten in dieser Konzeption eine genaue Erfassung des Einführungsgrades von LER in den verschiedenen Schulformen der Sekundarstufe I auch im Vergleich mit anderen Bundesländern - einschließlich deren Wochenstundenzahlen für den Ethik-Unterricht.
Es bedarf einer Analyse des Einsatzgrades der ausgebildeten LER-Lehrkräfte in den einzelnen Schulamtsbezirken. Wir fordern vor allem Maßnahmen zur Sicherung des vollen Einsatzes ausgebildeter Lehrkräfte im LER-Unterricht durch administrative Vorgaben des MBJS bzw. der Schulämter sowie arbeitsvertragliche Anreize, zum Beispiel die Anhebung des Beschäftigungsumfangs von Lehrkräften mit einer LER-Qualifizierung. Wir erwarten eine gründliche Analyse der Ursachen für die nicht ausreichenden Bewerberzahlen, für eine Weiterqualifizierung zum LER-Lehrer, vor allem aber Maßnahmen zur Sicherung des künftigen LER-Lehrerbestandes. Nach unserer Kenntnis sind die bisherigen Angebote zur Lehrerfortbildung unzureichend. Die Arbeit der Fachmoderatoren für LER bedarf einer qualifizierten Unterstützung.
Dringend nötig ist die inhaltliche und didaktische Weiterentwicklung des Faches LER insbesondere hinsichtlich der inhaltlichen und didaktischen Konzeptionen des Unterrichts. Ein detaillierter Zeitplan sowie Schwerpunkte der Erarbeitung der Rahmenlehrpläne und der zu entwickelnden Lehr- und Lernmittel sind längst überfällig.
Auch die Konzipierung des grundständigen Studiums für das Fach LER unter Berücksichtigung der LER-Bezugswissenschaften Sozialwissenschaften, Philosophie/Ethik und Religionswissenschaften droht in Zeitverzug zu geraten. Da die Landesregierung es nicht für nötig hielt, die Entwicklungsperspektive für das ordentliche Lehrfach LER rechtlich abzusichern, sieht die PDS die dringende Notwendigkeit für einen detaillierten Bericht über den bisherigen Stand und Probleme bei der Einführung des Faches LER und für eine Konzeption mit den Vorstellungen der Landesregierung zur weiteren schrittweisen flächendeckenden Einführung dieses Faches.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag, damit eine drohende Austrocknung des Faches LER verhindert und dieses für Brandenburg wichtige zukunftsfähige Projekt auch wirklich qualifiziert weiterentwickelt werden kann. - Ich bedanke mich.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind uns mit der PDS-Fraktion darüber einig, dass LER ein wichtiger Bestandteil unserer Schule ist.
Nicht zuletzt war es ja auch die SPD-Fraktion, die sich vehement für die Einführung dieses Faches als Regelfach in den Brandenburger Schulen eingesetzt hat. Wir sind auch sehr froh darüber, dass der Ausgang der Verfassungsklage so war, wie er gewesen ist. Wir werten natürlich das Ergebnis etwas anders, als Frau Große das hier eben vorgetragen hat. Wir denken schon, dass mit diesem Vergleich Rechtssicherheit für das Fach LER geschaffen worden ist, was eine sichere Grundlage dafür bietet, den Unterricht an den Brandenburger Schulen entsprechend ausweiten zu können.
Mit der Einführung des Faches im Jahre 1996 ist auf der Grundlage des verabschiedeten Schulgesetzes aus unserer Sicht relativ zügig begonnen worden. Sie stellen den Stand der Einführung in der Begründung Ihres Antrages in Satz 1 selbst dar. Ich will die Zahlen nicht vorlesen, mit denen Sie selbst darlegen, in welchem Umfang dieses Fach eingeführt worden ist. Natürlich darin stimme ich Ihnen zu - wäre es auch uns bedeutend lieber, wenn der derzeitige Einführungsgrad höher wäre.
Aber ich muss hinzufügen, dass es natürlich auch objektive Gründe dafür gibt; denn die Voraussetzung dafür ist, wie gesagt, dass die entsprechenden Lehrer dafür zur Verfügung stehen. Das ist das Hauptkriterium. Wir sind uns sicherlich darin einig, dass die Lehrer, die dieses Fach unterrichten, einen anspruchsvollen Unterricht geben und dementsprechend ausgebildet sein müssen.
Mit dem Weiterbildungsprogramm, das in Brandenburg über Jahre hinweg auch mit hohem finanziellem Aufwand durchgeführt worden ist, sind schon eine Menge Lehrer ausgebildet worden, die sich aus dem Schulsystem heraus bereit erklärt haben, dieses Fach zusätzlich zu studieren und zu unterrichten. Ich meine, man sollte dieses Weiterbildungsprogramm nicht unterbewerten. Es hat in den letzten Jahren eine sehr große Leistung vollbracht. Nicht umsonst haben wir uns als SPDFraktion dafür eingesetzt, dass es später ausläuft, als von der Landesregierung ursprünglich vorgesehen war.
Es zeigt sich auch immer deutlicher, dass Lehrer nicht mehr in dem Maße bereit sind, aus der Schule heraus dieses Fach zu studieren. Sie haben angegeben, dass die Unsicherheit ein Grund dafür ist, aber es muss auch gesehen werden, dass sehr viele Lehrer, die zur Weiterbildung bereit waren, diese zwischenzeitlich durchlaufen haben - auch in anderen Fächern als LER - und dass das Potenzial irgendwann zwar nicht ausgeschöpft ist, aber geringer wird. Deswegen war unser Ziel immer, aus diesem Weiterbildungsprogramm einen Studiengang an der Universität zu entwickeln. Das hat lange gedauert, aber wir sind sehr froh darüber, dass es jetzt das Aufbaustudium gibt, und
werden stark darauf drängen, dass aus diesem Aufbaustudium wie geplant im Herbstsemester 2003 ein grundständiges Studium wird. Denn wir können die Lehrerschaft nur gewinnen, wenn Abiturienten dieses Fach im Rahmen des normalen Lehrerstudiums studieren können und nicht erst eine Lehrerausbildung absolviert haben müssen.
Auch dem, was Sie zu der inhaltlichen Ausgestaltung ausgeführt haben, möchte ich widersprechen. Ich meine, wir haben gemeinsam an der Veranstaltung der Universität teilgenommen, in der es darum ging, den Studiengang an der Universität qualitätsgerecht und umfänglich auszugestalten. Darauf, dass dies geschieht und dass Qualität und Quantität in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen, lege ich sehr großen Wert.
Sie haben in den letzten Jahren einen großen Stapel von Anfragen zu dem Thema LER gestellt - ich meine nicht Sie persönlich, Frau Große, sondern die PDS-Fraktion -, wobei vieles, was Sie in Ihren Konzeptinhalten ansprechen, schon beantwortet worden ist. Sie können das einmal nachlesen.
Die Punkte, die Sie benennen, sind uns alle bekannt. Mit Konzepten alleine werden Sie die bestehenden Probleme auch nicht beseitigen können. Deswegen bin ich sehr dafür, dass wir uns ständig mit dieser Einführung befassen. Ich halte aber nichts davon, ein Konzept zu Papier zu bringen, das diesen Prozess, der von allen gewollt ist und von dem wir auch wissen, in welcher Richtung er verlaufen soll, nicht in irgendeiner Weise besser befördern kann als es durch das, was derzeit getan wird, geschieht. - Danke.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Siebke. - Ich erteile das Wort der Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Fechner, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion möchte von der Landesregierung einen Bericht über den Stand der bereits beschlossenen landesweiten Einführung des Faches LER und die dabei auftretenden Probleme. Außerdem möchte die PDS, dass das Bildungsministerium ein Konzept vorlegt, wie die landesweite Einführung dieses Faches weiter verlaufen soll. Diese war bekanntlich aufgrund des Streites vor dem Bundesverfassungsgericht ausgesetzt worden.
Unserer Fraktion wäre es am liebsten, es bliebe bei dieser Aussetzung. So, wie sich LER derzeit darstellt, brauchen die Brandenburger Schüler dieses Fach so nötig wie einen Kropf. Deswegen können wir auch die restlichen Forderungen des vorliegenden Antrags der PDS-Fraktion nicht mittragen und lehnen den ganzen Antrag ab.
Meine Damen und Herren, angesichts von PISA und der prekären Haushaltslage sollte das Bildungsministerium alle verfügbaren Mittel und die gesamte verfügbare Zeit in eine vernünftige Bildung unserer Kinder investieren. Das Schulfach LER
Solange es in Brandenburg bei der Vermittlung der Grundrechenarten und der deutschen Sprache hapert, solange Jugendliche keinen Ausbildungsplatz finden, weil sie von der Schule nicht die Mindestvoraussetzungen mitbekommen haben, solange in Brandenburg nicht die Mittel für eine solide Grundbildung unserer Kinder vorhanden sind, sollte LER mindestens auf Eis gelegt werden.
Das alles klingt zugegebenermaßen sehr materialistisch und es nimmt keine Rücksicht auf die für ein gesundes Zusammenleben nötigen Werte, die angeblich durch das Fach LER vermittelt werden.
Meine Damen und Herren, unsere Kinder haben nichts davon, wertvolle Unterrichtszeit mit der Vermittlung von Werten zu verbringen, wenn sie tagtäglich miterleben müssen, wie genau diese Werte mit Füßen getreten werden. Solange die Erwachsenen - die Eltern, Lehrer und auch die Politiker - keine positiven Beispiele bieten und keine anständigen Vorbilder darstellen, wäre selbst ein modifiziertes Fach LER sinnlos. Wir lehnen den Antrag und auch das Fach LER in seiner gegenwärtigen Form ab. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Fechner. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU. Frau Abgeordnete Hartfelder, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder einmal hat die PDS-Fraktion einen Schaufensterantrag eingebracht. Nachdem sich der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport im Frühjahr zweimal, nämlich am 21. März und am 23. Mai, in sehr langen öffentlichen Anhörungen auf Antrag der PDS-Fraktion mit dem Thema LER befasst hat, fordert die PDS-Fraktion nun von der Landesregierung eine Konzeption zur weiteren schrittweisen flächendeckenden Einführung des Faches Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde.
Mir scheint, Herr Prof. Bisky, dass Ihnen im Bereich Bildungspolitik im vergangenen Jahr nicht mehr sehr viel eingefallen ist. LER ist in Brandenburg ein ordentliches Unterrichtsfach und in den Jahrgangsstufen 5 bis 10 in die Wochenstundentafeln integriert. Demzufolge kann die Einführung des Unterrichtsfaches an allen Brandenburger Schulen nur dadurch gewährleistet werden, dass es genügend Lehrer gibt, die sich für eine Weiterbildung bzw. für ein Studium an der Universität Potsdam zur Verfügung stellen und das Fach auch wirklich unterrichten wollen.
Das Weiterbildungsangebot steht allen Lehrern des Landes Brandenburg offen. Es steht aber auch Lehrern darüber hinaus offen. Es besteht ein Konsens darüber, LER in den nächsten Jahren nicht mehr in der Sekundarstufe II anzubieten. Damit erübrigt sich Ihr erster Punkt, Herr Prof. Bisky.
Der Bedarf an Lehrkräften für das Unterrichtsfach LER ergibt sich aus den beschlossenen Stundentafeln. Das heißt, wir müssen keine Erhebung durchführen, wie viele Lehrer für das Fach benötigt werden, sondern die entsprechende Summe ist - sowohl in der Primarstufe wie auch in der Sekundarstufe I - ermittelt. Damit erledigt sich Ihr zweiter Punkt.
Einen Zeitplan für die flächendeckende Einführung von LER kann gegenwärtig sicherlich niemand mutmaßen. Diese hängt, wie ich schon ausgeführt habe, wesentlich von dem Willen der Lehrkräfte zur Weiterbildung ab. Ich benötige kein Konzept, um den Stand der Erarbeitung der Rahmenlehrpläne für LER in der Sekundarstufe I zu definieren. Bekanntlich gibt es diesbezüglich bereits seit Jahren entsprechende Bemühungen. Allerdings ist der letzte Entwurf, von dem wir gehört haben, im Frühjahr wieder in die Schublade gewandert, was mich wundert. Ich warte mit Spannung auf diesen Rahmenlehrplan. Die Befassung mit Lehrplänen kann in Brandenburg schließlich recht spektakulär sein.
Das Gleiche gilt für die Jahrgangsstufen 5 und 6. Da der Wissenschaftliche Beirat seine Arbeit erst zum Ende des vergangenen Jahres beendet hat, kann niemand umgehend einen Plan aus dem Boden stampfen. Man kann ihn nicht einmal abschreiben; denn das Fach gibt es in keinem anderen deutschen Bundesland.
Für die Ausstattung der Schulen mit Lehr- und Lernmitteln für den LER-Unterricht sind, wie Ihnen bekannt sein dürfte, die Schulträger verantwortlich, zumindest zu dem Zeitpunkt, zu dem LER in Brandenburg ein ordentliches Lehrfach und damit Pflichtfach geworden ist. Alle zusätzlichen Leistungen, die das Land bisher gewährt hat - sie sind uns allen bekannt -, sind freiwillige Leistungen des Landes Brandenburg gewesen.
Zu Ihrem letzten Punkt: Die inhaltliche und hochschuldidaktische Weiterentwicklung des Weiterbildungsstudienganges LER ist immer noch problematisch, weil natürlich über den Anteil der Bezugswissenschaften diskutiert und ein ordentliches Curriculum für diesen Studiengang erarbeitet werden muss. Nach meinem Kenntnisstand wurde dazu ein wissenschaftlicher Beirat berufen, der in den nächsten Jahren ein solches Curriculum für ein grundständiges Studium, aber zumindest erst einmal ein stabiles Curriculum für einen Weiterbildungsstudiengang erarbeiten wird. Da wir die Notwendigkeit für die Erstellung einer Konzeption aus den genannten Gründen nicht sehen, werden wir diesen Antrag der PDS ablehnen.
Ich komme auf den Ausgangspunkt meiner Rede zurück. Der PDS-Fraktion fällt bezüglich der Bildungspolitik nicht mehr sehr viel ein.
Natürlich verkennen wir das wirkliche Anliegen der PDS-Fraktion nicht, nämlich den Versuch zu unternehmen, die Koalitionspartner ob ihrer unterschiedlichen Ansichten zur Wertevermittlung in den Schulen in einen Dissens zu verwickeln. Das wird Ihnen, Herr Prof. Bisky, nicht mehr gelingen. Wir wissen alle, dass der Koalitionsausschuss sich zum Status quo verständigt hat,
dass wir in den nächsten zwei Jahren beobachten werden, was im Hinblick auf LER, aber auch bezüglich des Religionsunter
richts geschieht. Dennoch sage ich heute noch einmal deutlich, weil Sie das ja auch hören wollen: Die CDU-Fraktion wird sich mit diesem Status auf Dauer nicht zufrieden geben, sondern weiterhin Mehrheiten suchen, um den Religionsunterricht in Brandenburg als ordentliches Lehrfach einzuführen, wobei wahlweise eine Belegung von LER erfolgen kann.