- Nein, Herr Trunschke, das ist gerade falsch. Das sagt nichts über die Ausstattung der Hochschulen pro Student oder pro Professor aus, sondern es sagt etwas darüber aus, wie viele Hochschulen, wie viele Studenten sich ein Land leistet.
Zu Beginn meiner Amtszeit haben wir im Kabinett eine wichtige und sehr schwierige Entscheidung getroffen, nämlich die, aufgrund der Analyse der Entwicklung in den nächsten 10 bis 15 Jahren die Zahl der Studierenden in Brandenburg aufwachsen zu lassen. Das bedeutete: 3 500 neue Studienplätze unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung. Diese Entscheidung ist nicht leicht gefallen. Es gibt ein Konzept dafür, welche Summen dies allein im Hochschulbau bis zum Jahre 2007 bedeutet. Das sind große Anstrengungen des Landes, aber eben Anstrengungen mit Augenmaß, sodass wir uns das wirklich leisten können.
Sie fragen dann, welchen Weg es gibt, um vom letzten Platz herunterzukommen. Ich sage: Wenn wir durch eine Ad-hocAnstrengung wirklich vom letzten Platz herunterkommen wollten, dann müssten wir neue Universitäten oder Fachhochschulen in Brandenburg bauen. Das ist nicht machbar. Wir werden von diesem Platz trotzdem herunterkommen - das ist aber nicht positiv -, und zwar dadurch, dass die anderen Bundesländer, und zwar gerade die alten Bundesländer, die ihre Hochschullandschaft nicht unbedingt auf die demographische Entwicklung der nächsten Jahre ausgerichtet haben, zurzeit die Zahl der Studierenden und damit auch ihre Hochschulausgaben reduzieren. Ich denke hierbei allein schon an die Veränderungen in Berlin und an die Planungen dort für das Jahr 2006. Das ist aber nicht der Weg, den wir verfolgen.
Zu der Entscheidung, die Hochschulen auszubauen, haben wir eine ganze Reihe von finanziellen Sonderkonditionen und Sonderbehandlungen der Hochschulen im laufenden Haushaltsvollzug vorgesehen. Ich nenne als Beispiel die Herausnahme der Hochschulausgaben bei der Berechnung der globalen Minderausgabe. In diesem Jahr, in dem es eine Haushaltssperre für das ganze Land bis zum Ende des Jahres gibt, sind alle Hochschulen für den laufenden Betrieb davon ausgenommen, was ihre Flexibilität natürlich erhöht.
Bei dem zweiten globalen Vorwurf ging es um den Durchschnitt der Ausgaben pro Student. Das sagt etwas aus über die Ausstattung und über die Qualität der Ausbildung. Die Antwort der Landesregierung erschien Ihnen nebulös, weil es darin heißt, dass das Benchmarking nicht einfach nur an der Zahl orientiert sein darf. Dies ist aber richtig. Sie werden sich erinnern, dass es in früheren Jahren im „Spiegel“ Listen mit einer Bewertung von 1 bis 30 für die Qualifikation der Hochschulen gab. Das ist absoluter Unsinn. Daraus kann man gar nichts entnehmen. Das wurde zwischenzeitlich auch abgeschafft und es gibt nunmehr ein intelligentes Benchmarking für diesen Bereich vom Zentrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh und dem „Focus“.
Gleichwohl sind die Kosten pro Student ein wichtiger Indikator. Aber man muss dies eben wichten. - Wie gesagt: Das alles ist bekannt.
Wir haben Anfang der 90er Jahre hier in Brandenburg entschieden, beim Aufbau der Hochschullandschaft zum Beispiel keine medizinischen Fakultäten einzurichten, weil in Berlin in diesem Bereich bereits ein sehr großes Angebot, fast ein Überangebot, besteht. Auch andere teure Studiengänge wie Landwirtschaft, Veterinärmedizin und Pharmazie gibt es bei uns in Brandenburg nicht. Wenn man die Kosten pro Student ausrechnet und die Ausgaben in den einzelnen Bundesländern vergleicht, dann ist klar, dass unsere Ausgaben pro Student im Durchschnitt niedriger sein müssen als die entsprechenden Ausgaben in den Ländern, in denen es etwa medizinische Fakultäten gibt, ohne dass damit irgendetwas hinsichtlich eines Mangels an Qualität der Hochschullandschaft hier bei uns in Brandenburg ausgesagt wäre. Das ist von der Logik her einfach so.
Wenn man die Medizin herausrechnet, dann gibt das Land Brandenburg pro Student - ich beziehe mich bei diesen Angaben auf den Bildungsbericht der Bund-Länder-Kommission vom März dieses Jahres - 6 630 Euro aus, während es in Berlin 6 700 Euro sind. Bremen, was Sie als Beispiel für einen großen Anteil an Hochschulausgaben am Landeshaushalt nannten, hat hier 1 000 Euro weniger als wir. Im Übrigen ist es so, dass der betreffende Anteil am Landeshaushalt in Stadtstaaten immer höher ist.
Sachsen-Anhalt ist der Spitzenreiter, was die Ausgaben pro Student anbetrifft. Das sagt nicht unbedingt etwas Positives aus; denn dieser Anteil besagt nichts darüber, was etwa für einen Maschinenbaustudenten in Merseburg ausgegeben wird, sondern diese hohen Ausgaben resultieren daraus, dass es zum Beispiel in Sachsen-Anhalt zwei medizinische Fakultäten und eine riesige landwirtschaftliche Fakultät gibt. Das ist übrigens die größte in der Bundesrepublik. Dort gibt es wenig Studenten, aber das Personal muss ja bezahlt werden.
Das bedeutet, dass die von uns gewählte Formulierung, nach der das Benchmarking qualifiziert vorgenommen werden muss, zutreffend ist; ansonsten ist es Unfug. Wenn man das Benchmarking in diesem Sinne durchführt, dann stellt man fest, dass wir gut liegen.
Erstens: Was Sie von der PDS die Hochschulen betreffend machen, halte ich mittlerweile für gefährlich. Im Hochschulbereich ist ja vieles subjektiv. Wenn es um die Frage geht, ob eine Hochschule gut ist, dann stellt man fest, dass Psychologie eine große Rolle spielt. Das sieht man auch am Beispiel USA, wo immer wieder dieselben Universitäten genannt werden. Wenn man da einmal genau hinschaut, stellt man fest, dass das zum Teil ganz anders aussieht. Jedenfalls ist die psychologische Komponente von entscheidender Bedeutung. Bei uns im Lande Brandenburg gab es in Bezug auf unsere Hochschulen eine schlechte Stimmung, es wurde mit dem letzten Platz beim Anteil der Hochschulausgaben am Landeshaushalt argumentiert. In den letzten zwei Jahren haben wir an unseren Hochschulen einen Umschwung in der Stimmung erreicht; das gilt entsprechend für die Werbung nach außen. Wir präsentieren uns mit Ergebnissen, die besonders gut sind, und das ist eine ganze Menge.
Ich halte es also wirklich für gefährlich, die Dinge immer nur schlechtzureden, weil dadurch in dem Bereich nur Schaden angerichtet wird. Aber vielleicht ist Ihnen das nicht wichtig.
Zweitens: Diese Diskussion, die wir ja pausenlos führen, zeigt auch ein gewisses Maß an Fantasielosigkeit. Es ist ja einfach zu sagen, dass mehr Geld her muss. Ich hätte übrigens nichts dagegen. Wir diskutieren hier im Parlament aber auch pausenlos über die Frage, wie viel bzw. wie wenig Geld da ist. Gerade in der Politik ist es wichtig, nicht nur mehr Geld zu akquirieren bzw. zu fordern, sondern auch Strukturen zu verändern. Von Ihnen habe ich hier darüber kein Wort gehört, was wir in den letzten Jahren gemacht haben, obwohl Sie das wissen oder zumindest registriert haben, dass wir grundlegende Dinge gemacht haben.
Die Art und Weise, wie Hochschulen früher gesteuert wurden, funktioniert in Deutschland seit 10 bzw. 15 Jahren nicht mehr. Wir machen einen Ansatz, einen Versuch, den es in der übrigen Bundesrepublik so nicht gibt, der wirklich grundlegend ist, der die Hochschulen flexibler macht, der ihnen einen besseren Umgang mit den finanziellen Mitteln ermöglicht; es ist ein methodischer Ansatz.
Derartige Dinge sind wichtig, um nicht nur zu sagen, es müsse mehr Geld her. Wenn das der alleinige Maßstab ist, dann können wir uns hier hochschulpolitische Diskussionen sparen, sie bringen dann nichts.
Ich könnte zwar jetzt die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt beenden, muss aber fairerweise die Fraktionen fragen, ob sie sich, da die Landesregierung ihre Redezeit wesentlich überzogen hat, noch einmal zu Wort melden wollen. Ich frage die Fraktion der PDS. Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Trunschke.
Frau Hartfelder, Sie sprachen Berlin an. Ich gebe zu: Nicht alles, was in Berlin passiert, gefällt mir. Das wird auch nicht besser, wenn die PDS dabei ist. Aber wenn Sie fragen, wer in diesem Chaos jetzt regiert, dann fragen Sie auch bitte, wer regiert hat, als dieses Chaos angerichtet wurde.
Sehr merkwürdig finde ich, dass die SPD zu dem Thema überhaupt nicht redet, wenn man jetzt einmal von der Landesregierung absieht. Das ist ein Armutszeugnis.
Herr Reiche, wenn Sie meine Mathe-Prüfung ansprechen, möchte ich sagen: Wir können uns beide gemeinsam in die Prüfung setzen. Ich hatte bisher in allen Prüfungen eine Eins.
Frau Prof. Wanka, natürlich können wir die Medizin bei den Hochschulausgaben herausrechnen. Aber wir hatten doch einen anderen Anspruch. Wir wollten damals kleine, aber feine Hochschulen. Feine Hochschulen hängen natürlich von Strukturen ab - dazu sage ich gleich noch etwas -, aber auch vom Geld. Man kann das Geld nicht wegreden. Es geht überhaupt nicht darum, nur über Strukturen oder nur über Geld zu reden. Beides muss zusammenkommen. Uns fehlt in Größenordnungen etwas. Wir haben keine Ersatzinvestitionen. Die Bewirtschaftung der Gebäude ist nicht ausfinanziert. Da ist das Anliegen, das wir immer hatten, wirklich gefährdet.
Sie sprechen immer von Ihrem neuen Finanzierungsmodell. Dieses finde ich in großen Teilen gut. Das habe ich auch mehrfach gesagt. Aber eine Aussage in der Antwort auf unsere Große Anfrage teile ich nicht, nämlich dass den Hochschulen damit neben der Transparenz und neben dem Wettbewerb auch eine Erfolgsgarantie gegeben wird, dass sie, wenn sie gut werden, auch mehr Geld bekommen. So ungefähr steht es in der Antwort. Ich habe jetzt das wörtliche Zitat nicht parat.
Genau das passiert nicht, wenn wir gedeckelte Haushalte haben. Es könnte sogar eine Situation entstehen, dass alle Hochschulen besser werden, und dann wird es immer noch Verlierer geben, nämlich in dem Moment, in dem einer besser geworden ist als der andere. Dann wird das konterkariert und das ist demotivierend. Das hat nichts damit zu tun, dass wir das Modell trotzdem für überlegenswert halten, dass man es trotzdem ausprobieren sollte. Aber man muss auch die Grenzen deutlich sehen. - Danke.
Ich danke dem Abgeordneten Dr. Trunschke und frage die Fraktion der SPD, ob sie zu reden wünscht. - Das ist nicht der Fall. Die CDU hatte schon gesprochen. Ich frage die DVU, ob sie noch sprechen möchte. - Dann schließe ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und stelle fest, dass Sie die Antwort der Landesregierung - Drucksache 3/5610 - auf die Große Anfrage 55 zur Kenntnis genommen haben.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS. Herr Abgeordneter Trunschke, Sie haben das Wort.
Kollegen! Mitte letzten Jahres legte die Landesregierung ihre Kulturentwicklungskonzeption vor. Das war damals eine Situation, in der ich mich das erste Mal veranlasst sah, die Politik der Ministerin Prof. Wanka heftig zu kritisieren, und zwar nicht nur in einzelnen Punkten, sondern grundsätzlich. Unter anderem hatte ich für die PDS kritisiert, dass Sie für die von Ihnen dankenswerterweise und mutig zum ersten Mal für die Landesregierung deutlich benannten Probleme, die bis dahin nicht so benannt worden waren, keine Lösung anboten.
Die Große Anfrage haben wir in der Hoffnung gestellt, eine Antwort auf diese Probleme zu erhalten. Das erste Problem betrifft die kreisfreien Städte und die anderen Oberzentren. Deren Situation lässt sich ungefähr wie folgt beschreiben: Die Bedeutung ihres Kulturangebotes für das Umland wird steigen. Sie tragen heute schon ein überproportionales Maß der Kulturlast, aber ihre Finanzlage hält dem kaum noch stand. Deshalb sinken sogar die freiwilligen Leistungen, die diese Städte erbringen. Eine angemessene Finanzausstattung der Oberzentren ist daher von existenzieller Bedeutung für das Kulturangebot im Land Brandenburg.
So weit, glaube ich, wenn ich Ihre Kulturkonzeption und auch die Antwort richtig verstehe, besteht Einigkeit.
Die Frage ist: Was will die Landesregierung in dieser Situation tun? Als Erstes prüft sie, ob im Rahmen des künftigen kommunalen Finanzausgleichs durch Umschichtung der Spielraum der Oberzentren vergrößert werden kann. Damit sie in der Antwort auf die PDS-Anfrage allerdings nichts Genaues sagen muss, schiebt sie den Landtag vor das Loch nach dem Motto, man könne einer Entscheidung nicht vorgreifen.
Das ist natürlich immer richtig, gerade bei solchen Fragen. Es war aber auch nicht unsere Frage, was tatsächlich gemacht wird, sondern die Frage war: Was will die Landesregierung tun? - Nach Ihrer Devise könnten Sie nicht einen einzigen Haushalt einbringen, weil immer der Landtag davor steht.
Als Zweites verweist die Landesregierung auf das kommunale Entlastungsgesetz. Das soll die Kommunen von pflichtigen Aufgaben entlasten, damit sie Spielraum für freiwillige Aufgaben bekommen. Sollte das Entlastungsgesetz nicht aber ursprünglich die von Ihnen vorgenommenen Kürzungen bei der Zuweisung an die Kommunen ausgleichen? Oder glauben Sie wirklich daran, dass dieses Gesetz es schafft, die den Kommunen fehlenden 140 Millionen aufzubringen und dann noch Spielraum für die Kultur zu eröffnen? Dabei lasse ich einmal unberücksichtigt, dass wir Ihnen vorgerechnet haben, dass Ihr Entlastungsgesetz ein Belastungsgesetz ist und dass auch die einzelnen Bürger belastet werden.
Aber nehmen wir einmal an, das Gesetz würde tatsächlich das bringen, was Sie behaupten. Selbst dann halte ich Ihr Herangehen für falsch. An welcher Stelle wollen Sie denn die Kommunen mit dem Gesetz entlasten? Im sozialen Bereich und in der Bildung. Die Kommunen sollen im Kern zwischen Kita, Volkshochschule oder Bibliothek wählen. Sie können dabei nur eine falsche Wahl treffen. Ihr „größerer Spielraum“ läuft darauf hinaus, das Soziale gegen die Kultur auszuspielen.
Dann fällt kaum noch ins Gewicht, dass Sie in Ihrer eigenen Aussage nicht wissen, wie groß der finanzielle Aufwand zur Erfüllung der kulturpolitischen Aufgaben durch die Oberzen
tren wäre. Sie streben also eine Umschichtung zugunsten der Oberzentren an, wissen aber überhaupt nicht, in welcher Größenordnung das sinnvoll oder notwendig wäre. So steht es jedenfalls in der Antwort, die wir bekommen haben. Also Finanzausgleichsgesetz ins Blaue hinein!
Drittens verweisen Sie darauf, dass die Kommunen stärker zusammenarbeiten und gemeinsame Angebote entwickeln sollen. Diesen Strukturansatz halten wir uneingeschränkt für richtig.
Kommen wir zum zweiten in der Kulturentwicklungsplanung damals offen gebliebenen Problem. Sie stellten dort richtigerweise fest, dass die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik ungeeignet für die Sicherung eines laufenden Betriebes kultureller Einrichtungen sind. Die Frage war wieder ungefähr dieselbe: Was wollen Sie, was will die Landesregierung dagegen tun?
Die Situation ist tatsächlich vertrackt. Die Arbeitsmarktförderung ist ungeeignet. Selbst als Ersatzangebot trägt sie nicht mehr, weil es zum Teil gar keine entsprechenden Angebote mehr gibt oder weil die betroffenen Personen schon so lange gefördert worden sind, dass sie nicht mehr gefördert werden können. Die Kommunen können das auch nicht ausgleichen, weil sie wenig Geld haben, weil sie durch den Nachtragshaushalt noch weniger Geld bekommen, weil sie durch das kommunale Entlastungsgesetz belastet werden. Schließlich ist da noch die Kommunalaufsicht, die angesichts der Haushaltslage fordert, auf freiwillige Aufgaben zu verzichten. Das Land kann auch nur begrenzt in die Bresche springen, da der Haushalt ausgequetscht ist wie eine Zitrone. Dass die SPD, die lange regiert, und die CDU daran inzwischen eine Mitschuld tragen, ändert an der Tatsache überhaupt nichts, wobei ich nicht sage, dass Sie ausschließlich schuld sind. Es gibt auch noch andere Gründe.