Protokoll der Sitzung vom 31.03.2004

Das hat etwas mit der sozialen Gerechtigkeit zu tun, die, wie Sie schon erkannt haben, in unserem Programm steht.

(Petke [CDU]: Dann passiert ja in Berlin großes Unrecht, Frau Osten!)

Auch die Landkreise stehen vor neuen Problemen. Der Verwaltungsaufwand für das Eintreiben der Elterngebühren ist erheblich. Dazu bedarf es entsprechenden Personals, woraus sich wiederum ergibt, dass der Einspareffekt für die Landkreise und kreisfreien Städte wesentlich geringer ist, als von der Landesregierung in Aussicht gestellt. Es ist eine unsägliche Spirale in Gang gesetzt worden, deren Leidtragende wieder einmal unsere Kinder sind. Kein Wunder, dass es harte Auseinandersetzungen - das wissen Sie genauso gut wie ich - in den Kreistagen gibt, dass Eltern und Schüler frustriert reagieren. Vor allem Eltern machen mobil und setzen sich gegen diese Maßnahme zur Wehr - zu Recht.

Wir sind der Meinung, dass das Land die Verantwortung dafür

zu tragen hat, dass Kinder die verfassungsmäßig verankerte Schulpflicht wahrnehmen können. Das schließt unserer Meinung nach auch den Weg zur Schule ein. Deshalb beantragen wir, im Nachtragshaushalt den Landkreisen und kreisfreien Städten die entsprechenden Mittel zur Absicherung der Schülerbeförderung zur Verfügung zu stellen. Das betrifft den Antrag zur Finanzierung von 35 Millionen Euro und Sie können sich schon auf eine namentliche Abstimmung vorbereiten.

Meine Damen und Herren der Koalition, vielleicht hatten Sie schon die Zeit, in den Kommunalbericht des Landesrechnungshofes zu sehen. Sie können dort zum Beispiel eine Zahl finden, die mitten in einer Haushaltsdebatte auch Sie zum Nachdenken bewegen sollte. Den kreisfreien Städten im Land fehlten von 1999 bis 2002 545,9 Millionen Euro, die Differenz also von Einnahmen zu Ausgaben, und das, obwohl Verkäufe von kommunalem Eigentum in Größenordnungen stattgefunden haben. Vielleicht gibt es noch Einsparreserven bei der Schulreinigung, aber nicht über eine halbe Milliarde Euro. Es bleibt also - auch angesichts fehlender ausgeglichener Kreishaushalte - die Frage zu stellen: Wie soll es weitergehen? Dieser Nachtragshaushalt wird jedenfalls diese Probleme nicht lösen und ist damit mehr als halbherzig.

Um von der Realität abzulenken, bemühen Sie auch das Prinzip Hoffnung bei der Ankündigung Ihres Finanzausgleichsgesetzes. Sie verbreiten öffentlich nur die eine Seite der Nachricht: 250 Millionen Euro mehr in einem kommunalen Gesetz,

(Zuruf des Abgeordneten Schippel [SPD])

übrigens von uns schon seit dem Jahr 2000 gefordert.

(Schippel [SPD]: Fordern tut ihr immer!)

Sie lassen aber einfach die andere Seite weg, nämlich: Woher kommt das Geld? Was wird gebündelt? Welche Zuweisungen an die Kommunen aus den Einzelplänen fallen weg? - Ich empfinde es als unehrlich und charakterlos, wenn sich der Innenminister in dieser schwierigen Situation von sehr vielen Städten und Gemeinden jetzt als Retter der Kommunen aufspielt. Ehe Sie sich weiter loben lassen, sollten Sie sich die Haushaltsbilanz von 1999 bis 2003 ansehen, die diese Koalition zu verantworten hat.

(Beifall der Abgeordneten Stobrawa [PDS])

Werten Sie diese kritisch aus und benutzen Sie das Wort „Konsolidierung“ in diesem Zusammenhang bitte nicht mehr.

(Beifall bei der PDS)

Herr Lunacek, es nützt auch nichts, wenn Sie versuchen, die Oppositionsrolle zu übernehmen; Sie sitzen mit im Boot der Verantwortlichen.

(Beifall bei der PDS)

Meine letzte Bemerkung: Ehe Herr Schönbohm weiter Lügen verbreitet, und zwar sogar durch das Radio: „Die PDS will nur Geld ausgeben und hat dafür keine Deckungsvorschläge“ - was übrigens in den bisherigen Haushaltsdebatten, zumindest in denen, die ich zu verantworten hatte, nicht stattgefunden hat -,

(Beifall bei der PDS)

will ich Sie beruhigen: Auch wenn es für manche von Ihnen schwierig erscheint, das zu erkennen - die Deckungsquellen sind realistisch. Sie ergeben sich aus den Erfahrungen der letzten Jahre. Auch wenn sich Frau Ziegler zieren wird das einzuräumen, sind diese Reserven in ihrem Haushalt realistisch. Um vielleicht nur ein Beispiel zu bringen: Wenn man genau diese Deckungsquelle in ihrem Volumen im Plan 2003 mit dem Ist 2003 vergleicht, bleiben schon allein für das letzte Jahr 122 193 914 Euro übrig. Diese Planzahlen wurden in vielen Positionen weiter erhöht. Hier sind also Reserven vorhanden. Wir haben die Möglichkeit, unsere Vorschläge durchzusetzen.

Die einzige Konsequenz des Gesagten ist: Stimmen Sie unseren Anträgen zu. Womöglich kann damit sogar Herr Schönbohm seinen Beliebtheitsgrad noch etwas steigern. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS - Minister Schönbohm: Machen Sie sich keine Sorgen!)

Das Wort erhält die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Schippel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Osten, natürlich geht es nicht um einen Nachtragshaushalt, der auf einer Seite Platz hat; es geht - das haben Sie richtig erkannt - um 55 Millionen Euro mehr für die Kommunen. Natürlich wollen wir zu Wahlkampfzeiten keine Beruhigungspillen verpassen. Aber wir warnen genauso vor dem, was Sie machen, nämlich, falsche Hoffnungen hinsichtlich dessen, was möglich wäre, zu wecken. Auch das ist dann zumindest unredlich.

(Frau Osten [PDS]: Sie behaupten etwas Falsches!)

Dieser Nachtragshaushalt ist einzig und allein wegen der Höhe von 55 Millionen Euro vom Haushaltsgesetz her zu behandeln. Er dient Ihnen natürlich dazu, alte und falsche Behauptungen zu wiederholen. Darüber hinaus möchten Sie die Diskussion nutzen, um ein Thema, das verständlicherweise auf Ablehnung der Eltern im Lande stößt, zu besetzen: die finanzielle Beteiligung an der Schülerbeförderung.

Über den ersten Punkt, also die Frage, inwieweit die 80 Millionen bzw. 55 Millionen Euro gerechtfertigt sind, haben wir an dieser Stelle schon mehrmals gesprochen. Ich weiß, in welcher Zwickmühle Sie stecken, meine Damen und Herren von der PDS: Eine Ablehnung oder eine Verzögerung des Nachtragshaushalts würde Ihnen die geharnischte Kritik der Kommunen einbringen; ein Stillschweigen würde Ihrer so verstandenen Rolle als Opposition nicht gerecht werden. Was sollen Sie also anderes tun? Ihre Antwort auf diese Frage: falsche Behauptungen, Gedächtnisverlust und die Verbindung zu anderen Gesetzen,

(Prof. Dr. Bisky [PDS]: Das ist eine Lüge!)

bei denen Sie - wie so oft - auf einer Protestwelle schwimmen.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Bitte sehr, Frau Osten.

Erstens: Verstehen Sie mich richtig, Herr Schippel, wenn ich Ihnen hier sage, dass das Thema Schülerbeförderung von uns nicht besetzt wird, sondern wir anstreben, es zu lösen?

Frau Osten, es geht um eine Frage.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Das war eindeutig eine Frage!)

Sie hat gefragt, ob ich es richtig verstehe.

Ich sah ein Ausrufezeichen dahinter, kein Fragezeichen.

Dann stelle ich die Frage jetzt mit Fragezeichen: Welche falsche Behauptung meinen Sie denn?

(Zuruf von der CDU: Ihre Behauptungen sind immer falsch!)

Die falschen Behauptungen beziehen sich, wie gesagt, auf die 80 bzw. 55 Millionen Euro. Das hat Ihnen am letzten Dienstag der Städte- und Gemeindebund ausdrücklich ins Stammbuch geschrieben,

(Domres [PDS]: Aber nicht der Staatssekretär!)

dass wir an dieser Stelle richtig handeln.

(Frau Osten [PDS]: Sie schätzen genauso wie wir! Wir schätzen vielleicht besser!)

Was den Schülerverkehr betrifft, war Ihre Frage, ob ich Sie richtig verstehe, dass Sie das Problem lösen wollen. Sie wollen es lösen - auf Kredit.

(Frau Osten [PDS]: Ach! - Frau Stobrawa [PDS]: Jetzt schreiben Sie uns etwas ins Stammbuch, was nicht hi- neingehört!)

Eine falsche Behauptung - das hatte ich Ihnen bereits gesagt sind die 80 Millionen Euro, die unbedingt an die Kommunen gehen müssen.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

In Ihrer Begründung - Herr Bisky, bleiben Sie doch ruhig heißt es, die Gemeindefinanzreform des Bundes greife nicht. Es stimmt, diese Reform greift leider nur teilweise, und Sie wissen, dass die CDU-geführten Länder eine Reform der Gewerbesteuer gegen den Willen und den Sachverstand ihrer eigenen Kommunalpolitiker im Vermittlungsausschuss blockiert haben.

(Domres [PDS]: Sie haben doch zugestimmt!)

Sie können das beim Deutschen Städtetag oder beim Deutschen Städte- und Gemeindebund nachlesen. Diese leider nur teilweise Entlastung bedeutet für die Brandenburger Kommunen dennoch 25 Millionen Euro jährlich Entlastung zum jetzigen Zeitpunkt.

Also zum wiederholten Mal und weil Wiederholen einen Beitrag zum Lernen leistet: 25 Millionen plus 55 Millionen sind gleich 80 Millionen gemäß GFG 2004.

Zum Gedächtnisschwund in der Begründung zu Ihren Anträgen, hier: bei Zinsen für Kreditmarktmittel, eine weitere Reduzierung um 25 Millionen biete immer noch genügend Sicherheit für den Haushalt. Sie müssen sich endlich entscheiden: Ist der Haushalt, wie von Ihnen immer wieder behauptet, höchst unsicher bzw. verfassungswidrig; dann helfen selbst diese nicht ausgegebenen 25 Millionen nicht mehr. Oder ist der Haushalt ohne 25 Millionen Euro immer noch genügend sicher; dann ist er ja wohl kaum verfassungswidrig. Sie müssen Ihre Begründung einmal lesen. Was stimmt denn nun, die aus Ihrem Gedächtnis entschwundene Behauptung der Unsicherheit bzw. Verfassungswidrigkeit oder die Tatsache, dass der Haushalt trotz Ihrer Minusforderung in Höhe von 25 Millionen immer noch sicher - sprich: verfassungskonform - ist?