Protokoll der Sitzung vom 16.06.2004

(Beifall bei der DVU)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Wir kommen zur Abstimmung.

Ich teile Ihnen mit, dass die Fraktion der DVU rechtzeitig und formgemäß eine namentliche Abstimmung beantragt hat. Die namentliche Abstimmung werden wir jetzt zum Antrag der DVU, Drucksache 3/7630, durchführen. Ich eröffne die Abstimmung, und bitte um das Verlesen der Namen durch die Schriftführer und Sie um ein lautes und deutliches Votum.

(Namentliche Abstimmung)

Gibt es Abgeordnete im Plenarsaal, die keine Gelegenheit hatten, ihre Stimme abzugeben?

(Der Abgeordnete Birthler [SPD] gibt sein Votum ab.)

Dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung.

Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Fraktion der DVU in Drucksache 3/7630 bekannt: Für diesen Antrag stimmten fünf Abgeordnete, gegen diesen Antrag stimmten 37 Abgeordnete. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

(Abstimmungslisten siehe Anlage S. 6818)

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 21 und rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Sicherstellung eines regional ausgewogenen Angebots schulischer Bildungsgänge

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/7632

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Fechner, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Schulsystem in Brandenburg ist dringend reformbedürftig. Das sagen nicht nur wir von der Deutschen Volksunion, das sagen auch andere, das pfeifen sprichwörtlich die Spatzen von den Dächern. Ja, meine Damen und Herren, da hilft es Ihnen und unserem Land überhaupt nicht, wenn Sie einmal mehr Pfeifen im Walde üben, unseren Antrag ablehnen und sich an Ihrem eigenen schlichten Nichtstun ergötzen. Die Probleme werden so nicht kleiner, sie werden größer, und zwar mit jedem Jahrgang, den Sie hier in Brandenburg zur Schule schicken und der hier in den Genuss des von Ihnen selbst in Szene gesetzten Bildungschaos kommt. Die Ergebnisse der PISA-Studie zeigen es: Das Land Brandenburg befindet sich in der Bildungsbundesliga absolut auf einem Abstiegsplatz. Daher ist nicht nur Trainerwechsel nötig, sondern zudem auch höchste Eile geboten; denn - wie jeder weiß - das neue Schuljahr steht unmittelbar vor der Tür.

Damit sind wir bei Sinn und Zweck unseres Antrages. Dieser hat sozusagen die Qualität eines Eilantrages. Die Gründe dafür: höchste Eilbedürftigkeit und drohende schwere, ja möglicherweise nicht reparierbare Schäden. In diesem Sinne ergänzt dieser Antrag im Grunde unseren Hauptantrag, unseren Antrag zur Änderung der §§ 102 bis 105 des Brandenburgischen Schulgesetzes, welcher allerdings erst morgen zur Debatte steht.

Gemeinsam haben beide Anträge Folgendes: Beide sollen dafür sorgen, dass in allen Teilen Brandenburgs ein möglichst wohnungsnahes, ausgewogenes und alle Bildungsgänge umfassendes Schulangebot erhalten bleibt. Wegen der nicht naturbedingten, sondern durch die verfehlte Familien-, Bildungs-, Wirtschafts- und Sozialpolitik rückläufigen Kinderzahlen in unserem Land ist das mit den geltenden Vorschriften des Schulgesetzes und seinen Nebenbestimmungen nicht möglich.

Die Folgen hieraus sind insbesondere in ländlichen Regionen offensichtlich weitere Schulschließungen mit den bildungswie familienpolitisch nicht hinnehmbaren Ergebnissen, dass sich die Schulwege immer weiter verlängern und die Familien zusätzlich mit noch mehr Kosten wegen der längeren Schulwege belastet werden.

Die Gründe dafür: die zwingend vorgeschriebene Mindestzügigkeit - also Zweizügigkeit, das heißt eine Parallelklasse als Minimum -, die zwingenden Klassenfrequenzen, Mindestschülerzahlen pro Klasse. Zum Erhalt von Schulen und zur Eröffnung von Klassenstufen - aktuell betrifft das vor allem neue 7. Klassen - sind hier generell Ausnahmen zu ermöglichen. Wir brauchen Regelungen - Herr Klein, hören Sie zu, damit Sie nachher nicht wieder etwas Verkehrtes sagen -, nach denen dann tatsächlich in der Praxis Schulklassen auch abweichend von den gegenwärtigen Frequenzrichtwerten und Bandbreiten gebildet werden, ohne dass Schüler, Eltern und Lehrer zusammen mit mehr oder weniger prominenten Politikern wochenlang dafür demonstrieren müssen.

Wir brauchen konkrete und nicht zu eng gefasste Voraussetzungen, unter denen solche Ausnahmen genehmigt werden müssen. Herr Klein, die bisherigen Kann-Regelungen, wie sie in der jetzigen Fassung der Verwaltungsvorschrift über die Unterrichtsorganisation im Schuljahr 2004/05 enthalten sind, haben sich als ungeeignet erwiesen. Mit dem hier vorliegenden Antrag wollen wir eine Regelung im Interesse der Schulkinder in unserem Land schaffen. Wir wollen damit die Zeit bis zur endgültigen Reform überbrücken und erreichen, dass unser Land in der Zwischenzeit nicht vollständig im hausgemachten Bildungschaos versinkt. Wir wollen die Wege zu einer sach- und zukunftsgerechten Schulpolitik nicht verbaut sehen.

Hätten Sie bereits vor geraumer Zeit unserem Antrag auf Flexibilisierung des Schulgesetzes zugestimmt, hätten Sie heute ein Problem weniger. Dieser Antrag nimmt Ihnen zwar keines dieser Probleme ab, er verhindert aber vorläufig die schwerwiegenden Folgen. Deshalb appelliere ich an die Vernunft der hier anwesenden Abgeordneten: Stimmen Sie - auch in Ihrem eigenen Interesse - wenigstens der von unserer DVU-Fraktion hier beantragten vorläufigen Regelung zu! - Zunächst einmal bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Das Wort erhalten die Koalitionsfraktionen. Für sie spricht der Abgeordnete Klein.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich versuche immer, die Motivation der DVU-Fraktion für ihre Anträge zu ergründen. Wenn jetzt Frau Hesselbarth an dieses Pult getreten wäre und dazu gesprochen hätte, gäbe es eine Erklärung, nämlich die: Sie hat die Zeitung gelesen, hat festgestellt, dass sie 214 Mal im Landtag geredet hat und dass Herr Nooke vor einiger Zeit das 220. Mal erreicht hat, sie will ihn übertreffen. Heute hat sie schon einmal geredet, die 215. Rede. Die Chance des Übertreffens wäre also gegeben. - Das wäre eine Motivation, die nachzuvollziehen wäre.

Die andere Überlegung wäre die, dass Sie mich hier langsam, aber sicher zum bildungspolitischen Sprecher der Fraktion machen. Das will ich aber nicht, weil ich der Kollegin Siebke das nicht abnehmen möchte.

(Frau Siebke [SPD]: Nicht abnehmen kann! - Heiterkeit und Beifall bei SPD und CDU)

- Natürlich nicht in dieser hohen Qualität. Das ist logisch.

Die letzte Möglichkeit wäre noch die, Sie wollen dafür Sorge tragen, dass ich - jetzt nehme ich wieder auf den Zeitungsartikel Bezug - die kürzeste Rede im Landtag halte. Bisher hält der Kollege Schippel diesen Rekord. Auch das will ich nicht versuchen, sondern möchte ein Wort zu diesem Antrag sagen.

Es gibt zwei Forderungen: 7. Klassen, auch wenn sie einzügig sind, sollen unterhalb einer bestimmten Zahl möglich sein, und zwar nicht nur in Zukunft, sondern auch noch rückwirkend. Damit wird die ganze Schwierigkeit Ihres Antrages deutlich. Sie wollen durch Ihren Antrag - so schreiben Sie es jedenfalls im ersten Absatz -, eine Qualifizierung des Unterrichts, eine bessere Bildung für alle Schüler erreichen. Mit dem, was Sie vorhaben, würden Sie das nicht bekommen. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

Ich hoffe, meine Ausführungen waren etwas länger als die des Kollegen Schippel, damit ich ihm seinen Rekord nicht streitig mache. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Klein. - Die Fraktion der PDS hat mir Redeverzicht angezeigt, die Landesregierung ebenfalls. Ich kann das Wort noch einmal der Fraktion der DVU geben. Frau Abgeordnete Fechner, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Klein, Sie fragen nach der Motivation für unseren Antrag. Ich habe vorhin extra gesagt: Hören Sie aufmerksam zu, dann wissen Sie auch, was die Motivation für diesen Antrag ist. - Ich hatte auch beim

letzten Mal schon gesagt: Sicherlich gibt es schulorganisatorisch einige Schwierigkeiten.

(Zuruf des Abgeordneten Klein [SPD])

- Wir wollen hier keinen Dialog führen. Hören Sie erst einmal aufmerksam zu.

(Klein [SPD]: Dann lande ich in der Fäkaliensprache! Das will ich nicht!)

- Herr Klein!

Ich möchte bitte, dass hier keine Zwiegespräche geführt werden.

Es ist richtig: Schulorganisatorisch werden mit Sicherheit etliche Anforderungen an einige Schulleiter gestellt werden. Aber ich bin davon überzeugt, dass es Schulleiter gibt, die gern eine solche Herausforderung annehmen, um ihre Schule zu erhalten.

Noch etwas zur Motivation, Herr Klein. Ich wäre gar nicht darauf eingegangen, aber ich sage es noch einmal explizit, weil Sie darauf hingewiesen haben. Hören Sie zu! Wenn hier eine Schule nach der anderen schließt, wie wollen Sie dann junge Menschen dazu bewegen, erstens hierzubleiben, zweitens sich hier anzusiedeln, geschweige denn drittens auch noch Kinder in die Welt zu setzen?

Ich sage es noch einmal: Mit Ihrer Politik, meine Damen und Herren der SPD und der CDU und auch der Landesregierung,

(Zurufe von SPD und CDU)

sind Sie dabei, die Zukunft unseres Landes zu verspielen. Die Zukunft unseres Landes entscheidet sich in folgenden nach wie vor gleichermaßen reformbedürftigen Politikfeldern: erstens Familienpolitik, zweitens Bildungs- und Schulpolitik, drittens soziale Sicherungssysteme, viertens fundierte Wirtschafts- und Strukturpolitik für den Mittelstand, fünftens signifikante Senkung von Abgaben, Steuern sowie sechstens Abbau von Bürokratie.

(Zuruf des Abgeordneten Klein [SPD])

Alternativen zu einer 180-Grad-Kehrtwendung in der Bildungs- und Familienpolitik haben wir nun einmal nicht. Anders

können wir weder die unnatürliche demographische Entwicklung in unserem Land noch unsere Probleme in den sozialen Sicherungssystemen stoppen.

Betreiben Sie also endlich Aufbau Ost und nicht ständig weiter Abbau Ost! Stimmen Sie daher unserem Antrag auch im Interesse vieler Eltern und Schüler zu! - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und kommen zur Abstimmung.

Auch zu diesem Tagesordnungspunkt hat die Fraktion der DVU fristgemäß und formgerecht namentliche Abstimmung beantragt. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der DVU in Drucksache 3/7632. Ich bitte Sie, laut und deutlich Ihr Abstimmungsvotum bekannt zu geben.

(Namentliche Abstimmung)