Protokoll der Sitzung vom 16.06.2004

Frau Schiffer-Werneburg vom Landkreistag begrüßte das Gesetz. Allerdings wurden die §§ 8 und 9 kritisiert. Ihrer Meinung nach sind diese nicht geeignet, das Belegungsrecht effektiv auszulegen. Auch der § 11 wird bemängelt. Herr Mauel vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. kritisierte ebenfalls § 9. Allerdings kritisierte er, dass überhaupt ein Belegungsrecht eingeführt wird. Herr Haftenberger von der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege begrüßte das verankerte Belegungsrecht im § 9, allerdings hielt er wichtige Ergänzungen für notwendig. Dringenden Nachbesserungsbedarf sah er auch in den §§ 10 und 11. Auch Herr Berger vom Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V. kritisierte das im § 9 verankerte Belegungsrecht. Herr Trantow von der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Pflegekassen ist ebenfalls mit der Fassung des § 9 nicht einverstanden usw. usf. Keiner der Befragten hatte nichts zu bemängeln.

Nun liegen uns heute dieser Gesetzentwurf bzw. die Beschlussempfehlung des dafür zuständigen Ausschusses vor. Der Ausschuss hat mehrheitlich beschlossen, diesen Gesetzentwurf anzunehmen. Auch einige Änderungen wurden beschlossen. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um inhaltliche Änderungen, sondern es wurden nur kleinere stilistische Änderungen vorgenommen. Zum Beispiel ist nicht der Medizinische Dienst der Krankenkassen, sondern der Medizinische Dienst der Krankenversicherung verpflichtet, dem zuständigen Ministerium Auskunft zu erteilen.

Eine weitere wichtige Änderung: Aus dem Ordnungswidrigkeitengesetz wurde ein Gesetz für Ordnungswidrigkeiten.

(Klein [SPD]: Das sind eben Sprachästheten!)

Von den vielen Hinweisen und Änderungswünschen der Anzuhörenden ist in der vorliegenden Fassung nichts zu finden.

Wir lehnen den Gesetzentwurf und damit die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab.

(Beifall bei der DVU)

Ich bedanke mich, Frau Abgeordnete Fechner, und gebe das Wort der Fraktion der CDU. Frau Abgeordnete Marquardt, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits bei der Einbringung des Gesetzes wurde nochmals darauf verwiesen, dass wir mit dem Investitionsprogramm Pflege für das Land Brandenburg gute Voraussetzungen für eine menschenwürdige Unterbringung alter, behinderter, chronisch kranker und suchtmittelabhängiger Menschen schaffen konnten. Das war eine großartige Leistung; denn nach der Wende entsprachen lediglich drei Einrichtungen in ihrem baulichen Standard der Heimmindestbauverordnung der Bundesrepublik Deutschland.

Wie die Unterbringung in den Einrichtungen zum Teil erfolgte, muss man, glaube ich, an dieser Stelle nicht noch einmal ausführen. Aber in der Diskussion kamen mir doch Zweifel dahin gehend, dass einige die Einrichtungen vor der Wende nicht gesehen haben können, wie sie ausschauten und wie die Zusammensetzung in den Heimen funktionieren sollte.

(Beifall der Abgeordneten Blechinger [CDU])

Aus dieser Not heraus möglichst schnell zum bundesdeutschen Standard aufzuschließen, dazu ist auch das IVP-Programm notwendig gewesen, wenn es auch - im Nachhinein betrachtet dazu beigetragen hat, einige Verwerfungen im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit zuzulassen. Dennoch bildete sich nach der Wende eine Vielfalt von Trägern, die an der Umsetzung des Programms beteiligt waren, wodurch Bedingungen geschaffen wurden, die wir heute für gut befinden müssen. Es lässt sich nicht verhehlen - das muss auch noch einmal gesagt werden -, dass wir das Investitionsprogramm Pflege nicht in jedem Falle ungeteilt hätten mittragen können, weil Ungleichbehandlungen vorprogrammiert waren.

Wir alle wissen, dass wir im Land Brandenburg nicht nur auf das Allgemeinwohl bedachte Unternehmen binden konnten, sondern dass bei einigen Trägern auch eine gewisse „BedienerMentalität“ festgestellt werden konnte. Beispiele sind wohl jedem bekannt.

Die betreffende Entscheidung lässt sich heute nicht mehr korrigieren. Es wurde bereits mehrfach aus Anhörungen zitiert. Daher ist klar, dass natürlich auch Bedenken geäußert wurden. Dennoch steht das Land davor, vordergründig die öffentlich geförderten Plätze entsprechend zu besetzen, weil die Fördergelderausreichung - auch im Nachhinein - letztlich immer wieder nachgewiesen werden muss. Insofern ist dies wohl verständlich. Dass die privaten Träger eine Ungleichbehandlung darin sehen, muss man ehrlicherweise zur Kenntnis nehmen. Man kann diese Bedenken sicherlich nachvollziehen und verstehen, zumal wir im Land in keiner Weise auf diese Träger

verzichten können, erfüllen sie doch im Wesentlichen den staatlichen Versorgungsauftrag mit.

Andererseits muss man ehrlicherweise sagen, dass nach Fortsetzung des Investitionsprogrammes Pflege eine weitere Förderung nicht mehr möglich ist. Bei unserem Landeshaushalt braucht man darüber, glaube ich, nicht mehr zu diskutieren. Ich teile auch nicht ganz die Sorge, die Frau Bednarsky hat, dass es eine Zweiteilung gibt. In meinem Wahlkreis kann ich das nicht feststellen. Es gibt eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen dem Sozialamt und den Trägern - egal, ob es sich um Träger der freien Wohlfahrt oder um private Träger handelt.

Ich möchte an dieser Stelle dennoch etwas zu den privaten Trägern anmerken, was man noch einmal formulieren kann: Es gibt seit dem vergangenen Jahr ein bundesdeutsches Altenpflegeausbildungsgesetz. Ich muss feststellen, dass sich auch in diesem Jahr wie bereits im vergangenen Jahr abzeichnet, dass es nur die freien Träger sind, die sich um die Ausbildung des Nachwuchses bemühen. Nur diese Träger sind bereit, die Kosten - wenn auch über Refinanzierung - mit zu übernehmen, während sich die übrigen Träger im Moment in einer stillen Verweigerungshaltung befinden. Ich sehe das mit sehr viel Bedenken vor dem demographischen Hintergrund des Landes und vor dem Hintergrund, dass wir in wenigen Jahren einerseits eine noch wesentlich höhere Decke absichern müssen und andererseits die Jugendlichen nicht mehr zur Verfügung haben, die dann in eine Ausbildung streben müssten. Wenn das von dieser Stelle aus nicht gesehen und unterstützt wird, kommen wir in wirklich schwieriges Fahrwasser. So sehe ich es zumindest in den potsdamfernen Regionen.

Zusammenfassend bin ich der Meinung, dass man diesem Gesetz erst einmal ungeteilt zustimmen kann. Ich denke - auch das hat Frau Konzack gesagt -, wir werden es weiterhin parlamentarisch begleiten und es wird sicherlich aufgrund der demographischen Veränderungen auch immer wieder einer Korrektur bedürfen, damit der Versorgungsauftrag jederzeit erfüllt werden kann. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Marquardt. - Das Wort erhält die Landesregierung. Herr Minister Baaske, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch einmal ein herzliches Dankeschön an den Ausschuss für die Arbeit in diesem Verfahren.

(Beifall des Abgeordneten Klein [SPD])

Mit dem IVP ist es eine zweigeteilte Sache. Ich habe dazu keine eindeutig positive Meinung, weil ich schon sehe, dass in gewissen Einrichtungen jemand in einem geförderten Bett liegt und zehn Meter weiter jemand in einem ungeförderten Bett und die Kosten für die Betroffenen entsprechend unterschiedlich sind. Das ist nicht ganz glücklich. Aber was hätten wir denn machen sollen? Wir wollten in unseren Einrichtungen schnellstmöglich einen Zustand erreichen, der dem Weststandard wenigstens annähernd ähnlich ist.

Heute können wir sagen: Wir haben den Standard. Wir haben von ehemals zwei Häusern, die einen Pflegestandard hatten, der der Heimmindestbauordnung des Landes Brandenburg entsprach, auf 178 Häuser aufgestockt. Wir haben 13 500 Plätze geschaffen, die richtig schick und modern sind. Wir haben dafür insgesamt 957 Millionen Euro ausgegeben. Das ist schon ein Batzen Geld, aber den sieht man auch im Land. Man sieht ihn erst recht, wenn man sich die betroffenen älteren Menschen anguckt, die froh und glücklich sind, wenn sie in die neuen Häuser und Einrichtungen kommen.

Ich glaube, an dieser Stelle können wir auch Regine Hildebrandt noch einmal ganz herzlich danken, die das damals mit Norbert Blüm ausgefochten und diesen Kompromiss gefunden hat.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, das ist ganz vernünftig so.

In Zukunft wird es die Planung, die wir einmal gebraucht haben, nicht mehr geben. Wir mussten mit öffentlichen Mitteln bauen und dabei natürlich gucken, wo wir wie viele Plätze gebrauchen können, wofür sie notwendig sind. Das hat sich inzwischen erledigt. Ich glaube, dass das in Zukunft unter dem demographischen Wandel, unter dem wir stehen, im Wesentlichen zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Pflegemarkt geregelt wird. Es wird nicht mehr zu Überkapazitäten kommen, sondern es wird ganz vernünftig angepasst werden.

Wir erleben momentan bei der Diskussion über das SGB XI, über das Pflegegesetz, dass, wenn es Änderungen gibt, ambulant genauso finanziert wird wie stationär und dass auch hier Träger schon wieder überlegen: Bauen wir noch oder bauen wir nicht mehr? - Hier werden also Angebot und Nachfrage einiges regeln, was uns nicht davon entbindet, immer gut hinzuschauen, den Markt zu beobachten und gegebenenfalls auch zu handeln. Dabei kann das Urteil eines Pflegeausschusses, den wir im Land haben, helfen.

Ich möchte noch einmal Folgendes kurz ansprechen. - Ist Frau Bednarsky noch da?

(Zuruf von der [PDS]: Hinter Ihnen!)

- Aha, hinter mir. - Frau Bednarsky, mit der Konnexität und dem Belegungsrecht ist das so eine Sache. Wir können das den Kommunen leider nicht so ohne weiteres aufdrücken, wie Sie wissen. Wir haben die Konnexität in der Landesverfassung stehen. Wenn wir es täten, müssten wir es bezahlen. Wir müssten es auch bezahlen, wenn wir ihnen auftragen würden, die ambulanten Strukturen so auszubauen, wie wir uns das vorstellen. Auch das wissen Sie.

Wir kommen also nicht darum herum. Ich denke, jeder Abgeordnete des Landtags muss noch einmal schauen, wie er in seinem Kreis oder sonst wo dafür werben kann, dass die Kommunen ihre Hausaufgaben im ambulanten Bereich erledigen.

Die Organisation im Belegungsrecht ist so, dass wir Sozialhilfe vermeiden wollen, weil wir sie dann auch nicht zahlen müssen. Der Grundgedanke - darum auch die große Freiheit, die wir den Kommunen bei der Ausnutzung des Belegungsrechts zubilligen - ist ja, dass die Ärmsten auf die geförderten Plätze

sollen. Ob das nun immer Sozialhilfeempfänger sind, wie Sie es vorschlagen, wage ich zu bezweifeln, weil wir unter unseren älteren Menschen gar nicht so viele Sozialhilfeempfänger haben. Es gibt im ganzen Land unter den 76 000 Sozialhilfeempfängern um die 3 000 Senioren. Wir würden niemals mit den Senioren, die an der Sozialhilfegrenze liegen, die Häuser belegen können. Wir sagen ganz klar: Entscheidet das vor Ort. Achtet darauf, dass die geförderten Plätze mit den Ärmsten des Landes besetzt werden und möglichst mit Brandenburgern. Aber auch diesbezüglich haben wir ganz kulante Regelungen.

Im Übrigen ist es schon so, dass sich Berlinerinnen und Berliner die Brandenburger Einrichtungen aussuchen, weil sie preiswerter sind. Das muss und sollte nun nicht unbedingt dazu führen, dass wir in Brandenburg Belegungsprobleme bekommen und zu wenig Plätze für die brandenburgische Bevölkerung haben. Daher die betreffende Regelung im Gesetz. - Danke.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Minister Baaske. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angekommen. Wir kommen zur Abstimmung.

Ich rufe zur Abstimmung die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen, Drucksache 3/7318, auf. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung mehrheitlich zugestimmt worden und das Gesetz zur Umsetzung des Elften Buches Sozialgesetzbuch in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

2. Lesung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Juristenausbildungsgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/7421

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses

Drucksache 3/7569 einschließlich Korrekturblatt

Wie mir mitgeteilt wurde, wurde zwischen den Fraktionen vereinbart, dass zu diesem Tagesordnungspunkt keine Debatte geführt werden soll. Ich komme daher sofort zur Abstimmung.

Ich rufe zur Abstimmung die Beschlussempfehlung, Drucksache 3/7569 einschließlich Korrekturblatt, auf. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung mehrheitlich zugestimmt worden und das Erste Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Juristenausbildungsgesetzes in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

2. Lesung des Gesetzes über die Brandenburgische Ingenieurkammer und zum Schutz der Berufsbezeichnung „Beratende Ingenieurin“ und „Beratender Ingenieur“ (Brandenburgisches Ingenieurkammergesetz - BbgIngKamG)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/6676