Protokoll der Sitzung vom 24.02.2010

(Zuruf von der CDU)

Beides gehört in diese Debatte, meine Damen und Herren.

Wir werden mit aller Kraft die Misere der öffentliche Haushalte und die Lohnspirale nach unten entkoppeln. Öffentliche Aufträge für Firmen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für weniger als 7,50 Euro die Stunde entlohnen, wird es in Brandenburg nun nicht mehr geben. Das wird nicht einfach, und es kostet Geld. Das gilt für das Land, und das gilt für die Kommunen. In den Kreisen, Städten und Gemeinden aber tragen auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, Verantwortung. Jetzt gilt es, Farbe zu bekennen. Ziehen wir alle an einem Strang, damit eine Trendwende eingeleitet wird, damit Brandenburg nicht vom Billiglohn- zum Niedrigstlohnland wird?

(Beifall DIE LINKE)

Wir kämpfen dafür, weil es keinem Menschen zumutbar ist, den ganzen Tag hart zu arbeiten und davon die eigene Existenz nicht sichern zu können. Es ist mir egal, wie Sie diese Motivation bewerten, wenn Sie nur Ihre eigene Argumentation ernst

nehmen und bedenken, dass auf dem Weg zu Mindestlöhnen nicht nur die Menschenwürde beachtet, sondern auch die Kostenstruktur des Sozialstaats verändert wird. Natürlich übersehen wir dabei nicht, wie schwierig sich die Finanzlage der Kommunen darstellt. Wir wissen, wie tief die Einschnitte in die kommunalen Haushalte und wie gravierend die Folgen sind. Die Landeszuweisungen gehen in dem Moment zurück, in dem auch die eigenen Steuereinnahmen der Kommunen einbrechen. Beides hängt mit der Krise zusammen. Nicht alles lässt sich mit der aktuellen Krise erklären. Wir haben immer für eine ordentliche Finanzausstattung der Kommunen gekämpft. Damit hören wir jetzt in Regierungsverantwortung nicht auf, sondern fangen erst recht damit an.

(Zuruf der Abgeordneten Prof. Dr. Wanka [CDU])

Noch allerdings wirkt jenes System, liebe Frau Wanka, der Finanzverteilung, das ohne unser Zutun beschlossen wurde. Dieser Verteilungsschlüssel führt dazu, dass im Moment weniger an die Kommunen verteilt wird.

(Frau Prof. Dr. Wanka [CDU]: Nein!)

Daran müssen und daran werden wir arbeiten, meine Damen und Herren. Wir brauchen einen Finanzausgleich, der eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen gewährleistet. Dabei kommt es gleichermaßen darauf an, dass die Erfolge der wirtschaftlichen Entwicklung überall im Land spürbar sind und dass den unterschiedlichen Entwicklungen im Land Rechnung getragen wird. Dazu steht die Koalition.

Meine Damen und Herren, so groß die finanziellen Herausforderungen auch sind, von der sozialen Modernisierung unseres Landes können und werden Sie uns nicht abbringen.

Ich kehre zum Gedanken der guten Arbeit für alle zurück. Wir werden nicht zuschauen, wenn einerseits Zehntausende in unserem Land aus dem Erwerbsleben herausgedrängt werden und andererseits wichtige Dinge unerledigt bleiben. Es wartet viel gute Arbeit mit Zukunft im Umweltschutz, beim Sport und auch auf dem sozialen Gebiet, von Mensch zu Mensch. Jetzt nützt Rot-Rot die Chance und startet mit dem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Der ÖBS finanziert endlich gute Arbeit statt Arbeitslosigkeit

(Frau Prof. Dr. Wanka [CDU]: Wo denn?)

und zeigt einen Weg aus der Armutsverwaltung.

Meine Damen und Herren, das Gütesiegel ÖBS ist kein neues Etikett für ABM, für 1-Euro-Jobs, es ist nicht einfach ein anderer Name für Billigbürgerarbeit. Wir sorgen für existenzsichernde Beschäftigung auf Mindestlohnniveau statt Almosenzahlung, für Freiwilligkeit statt Arbeitszwang und für Sozialversicherung statt Schutzlosigkeit. Für uns ist das ein Gebot der Menschenwürde. Wir wollen auch hier aus der Spirale nach unten heraus. Wir wollen den Trend umkehren, den Hartz IV und die 1-Euro-Jobs eingeleitet haben.

Nun hat die schwarz-gelbe Opposition diesen Charme unseres Engagements offensichtlich erkannt und polemisiert deswegen gegen den ÖBS mit dem Argument, wir bedienten uns des Geldes anderer, also vor allem dessen der schwarz-gelben Bundesregierung. Das ist schon deswegen unseriös, weil der Bund das

Förderprogramm Kommunal-Kombi nicht wie bisher fortsetzt. Nun gut, wir werden eine andere Lösung finden.

(Ah! bei der CDU)

Klar ist doch aber eines: Natürlich muss der ÖBS die bestehenden Förderinstrumente nutzen, um sich zu finanzieren. Natürlich müssen die gesetzlichen Bedingungen eingehalten werden. Brandenburg tritt doch unter Rot-Rot nicht aus der Bundesrepublik aus.

Wir erwarten von der Bundesregierung keine Zusatzausgaben. Sie soll nur das geben, was sie als sogenannte „passive Leistungen“ im Regelsatz bei Hartz IV, bei den Kosten der Unterkunft usw. einspart. Das war schon beim Kommunal-Kombi so. Auch die Kommunen sollen nur das geben, was sie anderswo einsparen: ihren Anteil der Unterkunftskosten. Schließlich haben Städte und Gemeinden vom öffentlich geförderten Beschäftigungssektor einen spürbaren Nutzen.

Brandenburg leistet für den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor einen eigenen finanziellen Beitrag: 40 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt in den kommenden fünf Jahren. Die Förderung ist überjährig, geht also über das Kalenderjahr hinaus. Reguläre Arbeitsplätze dürfen nicht verdrängt werden. Bis 2014 sollen auf diese Art 8 000 Beschäftigungsverhältnisse entstehen.

(Zuruf der Abgeordneten Prof. Dr. Wanka [CDU])

Meine Damen und Herren! Der zweite große Schwerpunkt unserer Politik - natürlich, Frau Wanka - zielt auf gute Bildung für alle - von Anfang an. Hier werden wir gerade in diesem Jahr viele Anstrengungen bündeln, vor allem im Personalbereich. Wir werden dafür Sorge tragen, dass sich der Betreuungsschlüssel in den Kitas deutlich verbessert. Wir werden von der Idee des Schüler-BAföG nicht lassen und darauf achten, dass bei der jetzt notwendigen Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze Kinder und Jugendliche endlich angemessen auf ihre Kosten kommen und dass die Bildung dabei ihren - notwendigerweise hohen - Stellenwert einnimmt. Auf das Anliegen der Volksinitiative zur Verbesserung der musischen Bildung im Land gehen wir in den durch die Haushaltslage gesetzten Grenzen ein.

Vor allem aber, sehr geehrte Damen und Herren: Brandenburg wird zum kommenden Schuljahr 450 neue Lehrer einstellen doppelt so viele, wie noch im rot-schwarzen Schulressourcenkonzept geplant. Damit wird es uns gelingen, die schulische Bildung deutlich zu verbessern und bisherige Defizite zu beseitigen, sei es bei Chemie oder Informatik, bei Sport oder Kunst. Über die gesamte Legislaturperiode hinweg werden wir insgesamt 1 250 Lehrerinnen und Lehrer neu einstellen - so viele wie noch nie seit 1990.

Zugleich korrigieren wir einen wesentlichen Fehler: Vor zehn Jahren, mit Beginn der schwarz-roten Koalition, hatte Brandenburg die Ausbildung von Sonderpädagogen eingestellt; jetzt fehlen sie. Ich freue mich daher, dass mein Kollege Rupprecht dieser Tage den Wiedereinstieg in die Ausbildung von Sonderpädagogen ankündigen konnte.

Brandenburg wird zudem in diesem Zusammenhang auch bundesweit einen ganz anderen Eindruck erwecken.

(Ein Mitglied der CDU-Fraktion gibt ein Schnarchge- räusch von sich.)

- Wenn Sie zum Einschläfern beitragen wollen, können Sie das gern tun.

Aber wenn wir bundesweit um junge Lehrerinnen und Lehrer für Brandenburg werben, wird man daran sehr wohl merken, dass hier nicht nur die Zukunft entschlossen angepackt wird; man wird zugleich sehen, dass Zukunft in Brandenburg nicht nur eine abstrakte Kategorie darstellt, sondern mit ganz praktischen individuellen Lebensperspektiven verbunden ist. Genau das wollen wir erreichen: Es ist nicht nur möglich und sinnvoll, in Brandenburg zu bleiben, sondern es ist auch attraktiv, hierher zu kommen, und zwar nicht nur als Lehrerin oder Lehrer, sondern auch, weil die Kinder hier von Geburt an gute Chancen haben und ihre Eltern interessante Herausforderungen finden.

Deswegen lautet der dritte große Schwerpunkt für uns: Innovation. Wissenschaft und Forschung gehören die volle Aufmerksamkeit der Landesregierung. Wir erhalten eine vielfältige Hochschullandschaft - ohne Studiengebühren. Wir streben nachhaltige, zukunftsträchtige Wirtschaftsstrukturen an. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen inklusive Handwerksunternehmen sollen bei der Kooperation mit Hochschulen oder Forschungsinstituten unterstützt werden. Mit einem weiteren Programm wird geholfen, neue Wirtschaftsfelder und -modelle durch die Nutzung innovativer Technologien zu erschließen. In Kürze soll zudem ein Fonds eingerichtet werden, der die Eigenkapitalausstattung junger technolgieorientierter Unternehmen verbessert.

Wir wollen die Stärken des Landes durchaus stärken, zugleich aber auch die Schwächen reduzieren. Dazu gehört, die Innovationsstrategien von Brandenburg und Berlin weiter zusammenzuführen. Es ist sinnvoll, sich zum gegenseitigen Vorteil auf die erfolgversprechendsten Wachstumsbranchen zu konzentrieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! All diese Vorhaben, die für die Zukunft unseres Landes von zentraler Bedeutung sind, werden durch den vorliegenden Haushalt finanziert. Sie werden dabei gleichzeitig finanziell besser gestellt als zuvor. Das ist das gemeinsame Verdienst der Koalition und Ergebnis der gemeinsamen Anstrengungen aller Ressorts. Die Landesregierung legt uns einen Haushalt vor, der - trotz krisenbedingt sinkender Steuereinnahmen und trotz der Belastungen durch die Politik der Bundesregierung - die Finanzierung aller zentralen Vorhaben des Koalitionsvertrags gewährleistet und dennoch den verfassungsmäßig erlaubten Rahmen für die Aufnahme neuer Schulden nicht ausschöpft. Er ist seriös. Er lässt Spielräume, und er eröffnet Spielräume. Er finanziert, was die Koalition versprochen hat, das, was sie für die zentralen Ansatzpunkte für eine gute Zukunft des Landes hält.

Das gilt im Übrigen auch für die Personalplanung. 45 500 Stellen wird es 2014 im Landesdienst geben, 2019 noch 40 000 Stellen. Das ist so vereinbart, und das wird so bleiben - ohne betriebsbedingte Kündigungen und mit Einstellungskorridoren, nicht nur für Lehrerinnen und Lehrer.

Natürlich wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Wie könnte das auch sein mit einem schwierigen Transformationsprozess seit den Umbrüchen vor 20 Jahren im Rücken und noch immer mit einer der schwersten Finanzkrisen der Geschichte konfrontiert; mit einer Bundesregierung, die die finanzielle Ent

lastung der Reichen und die finanzielle Strangulierung der Ärmsten der Armen mit gleicher Intensität diskutiert?

(Lachen bei der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren der Opposition, was haben Sie dazu zu sagen? Erschütternd Abwegiges, erschütternd viele Klischees und erschütternd wenig Substanz. Da hat uns die Union mit der Frage beschäftigt, ob man mit Rot-Rot schnell genug zum neuen Haushalt komme. Nachdem alle Abläufe mit der Vorsitzenden des Finanzausschusses, Frau Dr. Ludwig, die der CDU-Fraktion angehört - nur zur Erinnerung -, geklärt waren, verfiel ihre Partei auf die Idee einer Sondersitzung.

Blicken wir also zurück auf die Zeit, in der noch die CDU in Regierungsverantwortung den Haushalt mitverantwortete. Die 1. Lesung zum Haushaltsplan des Doppelhaushalts 2005/2006 fand am 2. März 2005 statt, also vergleichsweise noch eine Woche später als heute. Nun mögen Sie antworten, 2005 habe die 3. Lesung dann schon Mitte Mai stattgefunden. Das wäre aber auch noch deutlich nach der von Ihnen avisierten Sondersitzung. Im Jahr 2000 allerdings - damals waren die Christdemokraten gerade in das Kabinett aufgerückt - kam es erst am 23. Juni zur 3. Lesung, also vergleichsweise später als jetzt geplant.

Wozu aber die ganzen Rechnereien? Man könnte meinen, Sie suchten einfach nur Strohhalme in Ihrem Bemühen, gegen unseren Haushalt anzugehen. Vielleicht haben Sie es aber auch schon selbst eingesehen. Vielleicht haben Sie schon gemerkt, dass Sie unserem Haushalt wenig entgegenzusetzen haben, und wollen deswegen ein schnelles Ende der Debatte.

(Lachen bei CDU und FDP)

Das schmeichelt uns natürlich. Allerdings legen wir schon Wert auf eine ausführliche Debatte.

(Beifall DIE LINKE)

Deswegen halten wir die Verkürzung der Debatte für nicht sinnvoll. Über diese Debatte werden Sie allerdings mit Ihren kurzatmigen Vorwürfen, wir überführten Brandenburg in einen Schuldenstaat, nicht hinwegkommen.

Den Fraktionsvorsitzenden der Grünen haben wir auf einer anderen Seite. Er fordert von der Landesregierung vehement, die Kredite zu tilgen. Herr Fraktionsvorsitzender, es ist ja schön, dass Sie in Zeiten der Krise der Landesregierung zubilligen, überhaupt Kredite aufzunehmen. Die Tilgung ist natürlich erst recht eine Riesenidee. Wenn wir damit anfangen würden, wäre es das erste Mal in der neuen Geschichte des Landes, dass Kredite getilgt würden.

Zur Erinnerung: Schon in der 1. Legislatur - damals war hier das der Fusion mit den Grünen abholde BÜNDNIS 90 an einer Ampelkoalition beteiligt - wurde der Landeshaushalt im Durchschnitt mit 1,931 Milliarden Euro pro Jahr über Schulden finanziert. Der größte Teil der Schulden, mit denen wir uns heute herumschlagen, wurde also bereits in den frühen 90er Jahren aufgenommen.

An das Tilgen hat bisher keine Landesregierung auch nur den

ken können. Keine noch so große Konsolidierungsanstrengung der letzten Jahre ist an den Berg aus der Anfangszeit des neuen Brandenburg herangekommen. Unter den jetzigen Rahmenbedingungen ist es einfach illusorisch, die Forderung nach Tilgung so weit vorn auf die Agenda zu setzen. Jemand wie Sie sollte das wissen.

Der zweite Konsolidierungsweltmeister in diesem Hause, die Union, polterte auch drauflos: Rot-Rot plündert das Sparbuch und treibt Brandenburg in rote Zahlen! - So jedenfalls die Fraktionsvorsitzende. Weiterhin unterstellte sie der Landesregierung unglaubwürdige Einsparbemühungen. Alles Parolen, Frau Wanka, nur Parolen! Während Sie hier die wachsame schwäbische Hausfrau spielen, profiliert man sich hinter Ihrem Rücken mit wohlfeilen Forderungen nach Mehrausgaben. Ihr Sprecher für Verkehrs- und Infrastruktur, Herr Genilke, will mehr Geld für das Infrastrukturministerium. Recht haben Sie, Herr Genilke! Unsere Straßen sehen nach dem langen und harten Winter tatsächlich aus wie ein Schweizer Käse.

(Zuruf von der CDU: Eben!)

Aber der Landeshaushalt und die kommunalen Haushalte durch die schwarz-gelbe Steuerpolitik auch. Wenn auf Bundesebene nicht bald ein Umdenken erfolgt, dann ist dort bald gar nichts mehr von dem Käse zu sehen.

(Beifall DIE LINKE)