Alle Abgeordneten des Landtags Brandenburg haben einen Wahlkreis. Alle Abgeordneten des Landtags Brandenburg soll
ten großes Interesse daran haben, dass die Mittel für den kommunalen Straßenbau, den ÖPNV, die Wohnraumförderung, aber auch für den Hochschulbau weiterhin zweckgebunden zur Verfügung stehen.
Ich nehme diesen Auftrag des Parlaments gern an. Er stärkt meine Verhandlungsposition in der Verkehrsministerkonferenz. Wir verhandeln da auch mit dem Bundesfinanzminister, und das ist eine Ebene, die da zumindest etwas mitzureden hat. Ich bin mir sicher, dass es im Herbst dieses Jahres eine sehr engagierte Diskussion zu diesem Gesetzesvorhaben geben wird, und bedanke mich für die weitgehende Unterstützung durch das Parlament. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Vogelsänger. - Die SPD hat Verzicht angekündigt. Wir sind demzufolge am Ende der Aussprache angelangt.
Ich eröffne die Abstimmung. Es geht - erstens - um den Änderungsantrag, Drucksache 5/3427, eingebracht durch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Änderungen in Ziffer 2.2 und Anführung eines dritten Punktes in Ziffer 2. Wer diesem Änderungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen ist diesem Antrag nicht entsprochen worden.
Wir kommen zum Antrag in der Sache, Drucksache 5/3384, eingebracht durch die Fraktionen SPD und DIE LINKE: Zweckgebundene Finanzierung des Hochschulbaus, der Gemeindefinanzierung und der Wohnraumförderung fortführen. Wer dem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dieser Antrag angenommen.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Abgeordnete Niels hat das Wort.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heute vorliegenden Antrag „Resozialisierung von Straftätern verbessern“ wollen wir erreichen, dass die Resozialisierung während der Haft und nach der Haft auf festere Beine gestellt wird. Resozialisierung für Menschen in Justizvollzugsanstalten - in Gefängnissen - ist ein Prozess, der am ersten Tag der Haft beginnt und endet, wenn die Straftäterin, der Straftäter ein selbstständiges Leben in unserer Gesellschaft
führt, ohne gegen Gesetze zu verstoßen. Das Ziel ist klar: Frauen und Männer in der Haft so zu fördern, dass sie ein selbstständiges Leben in Freiheit führen können, ohne Gesetzesbrüche zu begehen, und sie auch nach der Haft intensiv fachlich zu begleiten.
Seit 2006 obliegt den Ländern die Möglichkeit, den Justizvollzug selbst zu regeln. Diese Möglichkeit sollten wir unbedingt nutzen, um qualitative Standards rechtssicher festzulegen. Nur dann lässt sich der Erfolg des Zieles Resozialisierung, wie es seit 1977 als Bestandteil des Strafvollzugsgesetzes verankert ist, messen. Eines ist klar: Die Gefangenen von heute sind unsere Nachbarn von morgen. Wenn sich also Resozialisierung nachhaltig auswirkt, in der Zukunft also keine erneuten Straftaten verübt werden, trägt das auch zur Sicherheit in der Gesellschaft bei.
Also muss während der Haft alles investiert werden, was nötig ist, um jemanden sozusagen wieder auf die gerade Bahn zu bringen.
In Unfreiheit ein selbstständiges, rechtskonformes Leben für die Freiheit einzuüben, stellt eine ganz besondere Herausforderung dar. Daher bedarf es unbedingt der Fortbildung und regelmäßigen Supervision der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im allgemeinen Vollzugsdienst. Die gute methodische Ausbildung ist eine wichtige Voraussetzung für die Arbeit in den Justizvollzugsanstalten.
Eine andere erforderliche Grundlage bilden die Therapieangebote im regulären Strafvollzug, die unbedingt erweitert werden müssen, worauf der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands auch immer wieder hinweist. Besonders für Personen mit Suchtproblemen müssen Drogentherapien angeboten werden.
Wir hören allerdings schon heute von Einschränkungen im Freizeitbereich in Brandenburger Justizvollzugsanstalten. Angebote wie Sport können heute teilweise nicht mehr begleitet werden, weil das Personal fehlt. Das ist auch deswegen bedauerlich, weil Sport wichtig für die Gesundheit ist und zudem eine Möglichkeit bietet, aktiv Gruppenprozesse zu erleben und zu gestalten.
Warum wollen wir, dass sich die innervollzuglichen Bildungsund Qualifizierungsmaßnahmen an wissenschaftlichen Kriterien orientieren? Die Wissenschaft hat in Langzeitstudien Zusammenhänge zwischen den Maßnahmen im Vollzug und der Wahrscheinlichkeit der Verübung wiederholter Straftaten herstellen können. So ist zum Beispiel die Rückfallquote bei Personen, die in der Haftanstalt einer Arbeit nachgingen, geringer als bei denen ohne Arbeit. Die Rückfallquote war allerdings bei denjenigen, die an einer Qualifizierungsmaßnahme teilnahmen, noch einmal deutlich geringer.
Resozialisierung ist ein Prozess, der ganz besonders auch in den ersten Monaten nach der Haft, der sogenannten kritischen Übergangszeit, intensiv begleitet werden muss. In diesem Zeitraum ist das Risiko für eine erneute Straftat besonders hoch. Daher wollen wir, dass eine Abteilung im Justizministerium die fachliche Aufsicht über den Strafvollzug, die forensischen Ambulanzen und die Sozialen Dienste der Justiz bündelt.
Ich möchte mit einem Zitat von Michael Diehl schließen, der sich auf der Seite www.knast.net mit dem Thema Resozialisierung beschäftigt hat.
„Resozialisierung bedeutet in erster Linie einmal Arbeit. Die wenigsten Gefangenen sind in der Lage, sich selbst zu resozialisieren. Hierzu brauchen sie Hilfe, die nicht darin bestehen kann, dass man sie bis zu 23 Stunden täglich sich selbst überlässt.“
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Niels. - Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Der Abgeordnete Kuhnert hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Opposition! Mein Vorgänger im Amt des rechtspolitischen Sprechers, Ralf Holzschuher, hat schon in der letzten Legislaturperiode eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich mit dem Thema Resozialisierung beschäftigt hat. Zu dieser Arbeitsgruppe sind alle Menschen eingeladen worden und haben beratend teilgenommen, die in Brandenburg etwas von dem Thema verstehen und wichtig in der Arbeit der Resozialisierung sind, also vom Generalstaatsanwalt bis zu den Sozialen Diensten der Justiz. Teilgenommen hat auch der Potsdamer Rechtsanwalt Dr. Volkmar Schöneburg. Das Ganze hat sich in einem Thesenpapier niedergeschlagen - das Sie sicher kennen, weil Sie sauber recherchieren, bevor Sie einen solchen Antrag einbringen -, das auf der Homepage der Fraktion der SPD nachzulesen ist. Mit anderen Worten: Sie müssen uns bei diesem Thema weder zum Jagen tragen, noch hat Ihr Antrag - das, was Sie hier vorgetragen haben, Frau Kollegin Niels - einen größeren Neuigkeitswert. Es war nicht falsch, aber es war nicht neu.
Zweitens: Die in Ihrem Antrag geforderte länderübergreifende Arbeitsgruppe gibt es längst. Zwölf Bundesländer arbeiten da zusammen - auch Brandenburg, und auch das wissen Sie - weil Sie ja sauber recherchieren, bevor Sie einen solchen Antrag einbringen -: dass es diese Arbeitsgruppe schon gibt. Dann frage ich mich natürlich, warum Sie diese Arbeitsgruppe fordern.
- Seien Sie etwas geduldiger. - Beide genannten Arbeitsgruppen sind kurz vor dem Zieleinlauf, werden also demnächst ihre Arbeitsergebnisse vorstellen. Die länderübergreifende Arbeitsgruppe wird einen Musterentwurf für ein Strafvollzugsgesetz erstellen. Da sind Sie also mit Ihrem Antrag etwas spät dran, liebe Opposition.
Die Ergebnisse der beiden Arbeitsgruppen müssen dann in Landesrecht umgesetzt werden - das ist richtig -, und dafür ist nun wieder Ihre Zeitschiene, die Sie hier mit 2011 aufbauen,
- Alles, was in Ihrem Antrag steht, ist nicht falsch. Auch, was Sie in Ihrer Rede gesagt haben, ist nicht falsch. Es ist aber nicht neu, und dieser Antrag kommt zum völlig falschen Zeitpunkt. Deshalb lehnen wir ihn ab. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kuhnert. - Wir setzen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Der Abgeordnete Eichelbaum erhält das Wort.
Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns allen sind Fälle bekannt, in denen polizei- und gerichtsbekannte Straftäter immer wieder erneut schwere Straftaten verüben, und das, obwohl ca. 80 % der einschlägigen Personal- und Sachkosten der Behörden für Mehrfach- und Intensivtäter aufgewendet werden.
Daran wird klar, dass das derzeitige Hilfe-, Kontroll- und Bestrafungssystem nur unzureichend funktioniert. Wir benötigen auf der einen Seite Strafverschärfungsmaßnahmen wie den Warnschussarrest und auf der anderen Seite mehr Resozialisierungsmaßnahmen. Ein gut funktionierendes Straf- und Sanktionssystem und eine erfolgreiche Resozialisierung sind für uns zwei Seiten derselben Medaille.
Eines ist dabei aber auch klar: Bei diesen Straftätern, Herr Minister, kommen wir nicht nur mit dem offenen Vollzug weiter. Das ist viel zu einfach. Sie müssten erst einmal mit einer verantwortlichen Personalpolitik dafür sorgen, dass die Gefangenen im geschlossenen Vollzug nicht an den Wochenenden und an den Feiertagen weggeschlossen werden, sondern hier müssen mehr Personalreserven erschlossen werden, um die Beaufsichtigung der Gefangenen zu gewährleisten. Das ist Ihre Verantwortung.
Fakt ist: Es gibt weder gesetzlich noch konzeptionell noch organisatorisch noch personell noch finanziell derzeit ein abgestimmtes Gesamtkonzept für die Resozialisierung von Straftätern und das, obwohl die Resozialisierung von Straftätern in Brandenburg Verfassungsrang hat. Selbst Juraprofessoren haben spätestens seit der Föderalismusreform den Überblick verloren und sprechen von einem „Verwirrsystem“ der einschlägigen Gesetze. Leider warten wir seit eineinhalb Jahren vergeblich auf das von den Regierungsfraktionen angekündigte Resozialisierungsgesetz.
Im Übrigen, Herr Kuhnert, werden die Gesetze nicht in irgendwelchen SPD-Arbeitskreisen gemacht, sondern die Gesetze
Die Ursachen für die Rückfälle von Straftätern sind bekannt. Heute wissen wir, dass die ersten Monate nach der Haftentlassung darüber entscheiden, ob der Ausstieg aus der Straffälligkeit gelingt oder sich eine kriminelle Karriere entwickelt. 40 % aller Rückfälle bei jugendlichen Straftätern finden im ersten Halbjahr nach der Entlassung statt. Die Kollegin Niels ist schon darauf eingegangen: Die Rückfallgefahr ist immer dann hoch, wenn die Gefangenen beispielsweise keine Wohnung, keinen Ausbildungsplatz oder keinen Arbeitsplatz gefunden haben.
Hier genau fangen die Probleme an. Unser Rechtssystem teilt die Hilfs- und Resozialisierungsmaßnahmen in viele Teilbereiche auf. Es ergeben sich Zuständigkeiten der Polizei, der Jugendämter, der Bewährungshilfe, der Haftentlassungshilfe, der Straffälligenhilfe, der Führungsaufsicht, der Drogenhilfe, der Schuldnerberatung und der ARGEn. Das heißt: Es fehlt hier an einem guten, rechtzeitigen und systematischen Zusammenspiel dieser Verantwortungsträger.
Genau hier müssen wir ansetzen. Wir benötigen in Brandenburg eine standardisierte Arbeit mit Straffälligen und eine Vernetzung von Vollzugs- und Nachsorgeeinrichtungen, um die Rückfallquote von Straftätern effektiv zu senken. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in einer wegweisenden Entscheidung zum Jugendstrafvollzug eine verzahnte Entlassungsvorbereitung angemahnt. Es darf nicht sein, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut.