Brandenburg ist wirklich nicht auf dem Weg in nordkoreanische Verhältnisse, nur weil Rot-Rot hier regiert. Im Übrigen könnten Sie Ihre Kleine Anfrage noch um die Frage ergänzen, in welchen Haushalten in Brandenburg FDJ-Hemden oder Pioniertücher gesammelt werden.
Das wäre ja auch noch ein Stück Nostalgie. Aber ich bitte Sie, einen Unterschied zu machen zwischen blauen und roten Pioniertüchern.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, im Ernst, die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen ist kein Schritt in die kommu
nistische Misswirtschaft und auch keine Staatswirtschaft. Das hat Herr Ludwig - ich mache hier einen deutlichen Unterschied -
gestern hier erklärt. Es ist nicht die Abschaffung des Privateigentums und nicht mal eine linke Erfindung. Das Vergabegesetz mit seinen Lohnuntergrenzen bei öffentlichen Aufträgen ist auch keine teure rot-rote Selbstbefriedigung, auch wenn wir dafür im Haushalt knapp 10 Millionen Euro einplanen. Selbst Ihre CDU-Parteivorsitzende hat sich inzwischen der Idee von Mindestlöhnen geöffnet. Ihre Berliner Parteifreunde wollen sogar einen Mindestlohn von 8,50 Euro.
Sie wissen auch: CDU-Wählerinnen und -Wähler sind für die Einführung von Mindestlöhnen, weil: Wer arbeiten geht, der soll auch mindestens davon leben können, bevor er überhaupt Steuern zahlen kann.
Er muss davon leben können. Das habe ich von Ihnen hier überhaupt nicht gehört. Bundesweiter Mindestlohn würde zum Beispiel die Kommunen, also die öffentliche Hand, von den Aufstockerkosten befreien und die Sozialkassen stärken. Auch das wäre ein Stück Teilkasko in der Situation einer Weltwirtschaftskrise.
Für uns als rot-rote Koalition in Brandenburg gehen die Lebensbedürfnisse der Menschen im Land vor Gewinninteressen der Finanzmarktakteure. Es gilt deshalb in dieser Situation für Land und Kommunen, handlungsfähig zu bleiben. Wir haben es von Brandenburg aus nicht in der Hand, die Machtverhältnisse in der europäischen Politik und die Machtverhältnisse zwischen Finanzmärkten und Politik weltweit schnell und nachhaltig zu ändern. Auch wenn wir darauf drängen, die Prämissen für unsere Finanzpolitik sind dafür keine anderen.
Dann kommen wir zu der Frage: Wer soll in diesem Land Steuern zahlen? Solange die Bundesregierung - ich glaube, die ist Schwarz-Gelb - darauf verzichtet, Steuern einzunehmen, und wirklich in einer gnadenlosen Schuldenkontinuität weiter Politik macht, uns in den Ländern aber die absolute Schuldenbremse verordnet, frage ich Sie: Wo ist hier verantwortliche Finanzpolitik?
Solange wir in Deutschland 924 000 Einkommensmillionäre haben, Sie aber keine Millionärssteuer, keine entsprechende Erbschaftssteuer, keine entsprechende Vermögenssteuer, keine entsprechende Finanzmarkttransaktionssteuer einführen, frage ich mich: Wieso verzichten Sie auf Einnahmen? Die öffentlichen Kassen in Deutschland haben ein Einnahmeproblem und kein Ausgabeproblem.
Dann sage ich Ihnen: Diesen 924 000 Einkommensmillionären, und die haben ja alle nicht nur eine Million, wie wir wissen, stehen 12,6 Millionen Menschen in Deutschland gegenüber,
die in Armut leben und von Armut bedroht sind. Es würde mich freuen, wenn Sie in Ihren Erwägungen auch nur ein einziges Mal, weil Sie von sozial geredet haben, die Belange dieser Menschen erwähnen würden.
Ich möchte Ihnen die Freude machen, auch eine Weihnachtsgeschichte zu erzählen. Es ist ja Weihnachten. Sie haben hier viele Geschichten erzählt. Sie kritisieren regelmäßig den Finanzminister und die Kollegen der Koalition dafür, dass Brandenburg zu Deutschland und der Welt ins Verhältnis gesetzt wird. Dem folgt dann immer sofort der Totalabsturz vom Höhenflug in die CDU-ideologische Mottenkiste. Bei mir zu Hause in Nordvorpommern gibt es eine Geschichte, die vom Dorfschullehrer im vorvorigen Jahrhundert handelt, der in die Kreisstadt fährt und für seine Schüler einen Globus kaufen will. Man zeigt ihm im Laden schöne bunte Globusse - heißen die eigentlich so?
- Ich bin sehr dafür, und vor allen Dingen: Ich lerne zwischendurch, wie Sie sehen, im Unterschied zu Ihnen.
(Heiterkeit und Beifall bei der Fraktion DIE LINKE und der SPD - Zuruf des Abgeordneten Genilke [CDU])
Er geht also in den Laden in der Kreisstadt, bekommt die Globen vorgeführt und ist völlig verwirrt, als man ihm zeigt, wo darauf Europa und Amerika, Asien und Afrika liegen. Er sagt, er käme aus Groß-Klamohn und müsse für seine Knaben den Mecklenburger Globus haben.
Wenn Sie hier so einfliegen, dann sage ich Ihnen: Der Brandenburger Globus wird Ihnen nicht weiterhelfen. Wir haben ihn eben nicht, und Sie haben auch Ihre CDU-Ideologie-Mottenkiste nicht abgeschottet von der Welt. Wenn Sie die Zusammenhänge zu einer globalen und einer bundesweiten und europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht herstellen, dann sind Sie auf verlorenem Posten und helfen uns kein Stück weiter.
Über die Frage der Haushaltskonsolidierung und deren Notwendigkeit haben wir hier mehrfach etwas gehört. Die linke Fraktion steht natürlich, selbstverständlich, angesichts von 20 Milliarden Euro Schulden und 700 Millionen Euro Zinsen jährlich für die Notwendigkeit. Wir stehen auch zu einer sehr stringenten Haushaltspolitik mit Augenmaß; denn wir wissen, dass wir da nicht umhinkommen, sonst finanzieren wir auf Kosten kommender Generationen.
Aber wir wissen auch: Der Staat hat nicht nur Aufgaben zurückzuführen und zu sparen, sondern er hat auch Aufgaben zu lösen. Von dem Transformationsprozess, der in Brandenburg andauert, von ökonomischem und ökologischem Strukturwandel haben wir heute sogar hier gehört. Der demografische Wandel und regionale Disparitäten fordern uns gleichermaßen her
aus und entfalten nach wie vor ihre Wirkung. Auch der soziale Zusammenhalt der Gesellschaft bleibt eine Herausforderung.
Zu Recht sehen die Bürgerinnen und Bürger uns in der Aufgabe, hier nicht nur den Haushalt zu sanieren, sondern eben gleichzeitig zu gewährleisten, dass zukunftssichere Arbeitsplätze im Land entstehen. Sie möchten für alle Kinder im Land - für alle! - eine gute Bildung, und sie möchten selbstverständlich eine funktionierende, gut erreichbare gesundheitliche Versorgung, noch dazu in einer älter werdenden Gesellschaft. Zugleich verlangen die Brandenburgerinnen und Brandenburger von uns steigende Anstrengungen zur Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge und zur Gewährleistung einer entsprechenden Infrastruktur.
Wir haben versucht, Ausgabenreduzierungen und auch - wir haben davon gehört - Einnahmesteigerungen ins Lot zu bringen und maßvoll Schulden aufzunehmen. Im Ergebnis liegt mit dem Haushalt 2012 auch viel Gutes auf dem Tisch. Es sind gute Nachrichten. Dieser vorliegende Haushalt trägt erkennbar dazu bei.
Wir haben im Einzelplan 05 bei der Bildung mehr Geld eingestellt. Natürlich geht ein großer Teil in die Tarifanpassung. Aber dann sage ich Ihnen: Auch die wirklich absolut sofortige Übernahme der Tarifverhandlungsergebnisse für die Brandenburger Beamten, die zum Beispiel für zwei Drittel der Lehrer mehr Gehalt bewirken, sind eine soziale Maßnahme der Landesregierung, die das nicht,
wie es jetzt Baden-Württemberg tut, auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschiebt, sondern hier die Arbeit der Leute in den letzten Jahren anerkennt. Wir haben - das wissen auch Sie nicht nur 1 250 Lehrerinnen und Lehrer eingestellt, sondern können in dieser Legislaturperiode 2 000 einstellen. Die Schritte dafür sind im Haushalt untersetzt.
Wir haben die Sprachförderung im Kita-Alltag gestärkt, Mittel für die Anleitung und Ausbildung in den Ausbildungs-Kitas erhöht. Wir haben Bedingungen für den gemeinsamen Unterricht verbessert und noch einmal Geld in das Fortbildungssystem gegeben.
Es ist uns auch gelungen, gegenüber den letzten Jahren die Zahl der Polizeianwärter von 150 auf 185 pro Jahr zu erhöhen und im Geschäftsbereich des MdF weitere 60 Anwärter in der Steuerverwaltung auszubilden sowie über 65 Ausbildungsplätze in den Kammerberufen der Finanzämter und des BLB zu schaffen.
Das sind gute Nachrichten; das ist auch verantwortungsvolle nachhaltige Politik. Auch die Umschulung von 20 Bediensteten der Landesverwaltung im Rahmen des TV Umbau für den mittleren und gehobenen Dienst in der Steuerverwaltung gehören dazu und erst recht, dass die allgemeinen Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden und kreisfreien Städte auf über 1 Milliarde Euro gestiegen sind. Damit wird das Rekordjahr 2008 fast erreicht. Bei den Landkreisen wird die Höhe der damaligen Schlüsselzuweisungen von insgesamt fast 390 Millionen Euro sogar übertroffen. Positiv ist auch, dass wir mithilfe der Steuermehreinnahmen - da haben Sie's - im Haushalt 2012 auf die geplante Entnahme aus den Rücklagen, die, wie gesagt, kein
Cash, sondern Papiergeld sind, wie mein Kollege immer sagt, das werden Sie auch noch verstehen, Frau Ludwig -, verzichten.
Ganz klar ist, dass wir uns gewünscht hätten, die 17,2 Millionen Euro aus der Rücklage Personalbudget des MBJS im System zu belassen und für eine noch bessere Ausstattung der Schulen einzusetzen. Eine bessere Ausstattung ist und bleibt unsere Aufgabe. Hier haben wir uns in der Richtung der Politik festgelegt: Es geht uns um die Stärkung des öffentlichen Schulsystems. Ich bitte die Vertreter der Presse genauso wie die Oppositionspolitiker, mit der Behauptung, es gebe Kürzungen im gesamten Bildungsbereich, aufzuhören. Das ist nicht so. Fakten, Fakten, Fakten sagt ein Nachrichtenmagazin, und man sollte die Fakten nennen, bevor man bewertet. Die politische Bewertung bleibt nach Benennung der Fakten jedem vorbehalten. Die freien Schulen bekommen weniger Geld, als sie langfristig geplant haben, aber mehr als im Jahr 2011. Sie haben wie die öffentlichen Schulen sinkende Schülerzahlen und erhalten durch den Eintritt von freien Schulen in die öffentliche Finanzierung trotzdem einen Aufwuchs an Zuweisungen. Angesichts der Bilanz der Kürzungen auch im öffentlichen Schulsystem in den letzten 20 Jahren sage ich Ihnen: Unser Hauptaugenmerk gilt der Verbesserung der Qualität und der Bildungschancen aller Schülerinnen und Schüler, auch der neun Zehntel in den öffentlichen Schulen, wo wir inzwischen bei einem Lehrer-Schüler-Verhältnis von 1:15,2 angekommen sind. Sie wissen, wir hatten uns in dieser Legislaturperiode ein Verhältnis von 1:15,4 vorgenommen; dieses Ziel wird übererfüllt. Ich sage Ihnen ganz klar: Hier ist die Richtung vorgegeben. Bildung bleibt Priorität, und ich bin davon überzeugt, dass wir, auch wenn es kurzfristig noch nicht in jeder Schule wirksam ist, am Ende der fünf Jahre auf dem Weg in eine besser ausgestattete Schule für alle Kinder sind.
Offene Worte sind gefordert, und zwar zu Recht. Die Koalition, meine Fraktion, wir haben genau wie Sie von der Opposition großen Respekt gegenüber Demonstrantinnen und Demonstranten für eine bessere Finanzierung von Schulen und Hochschulen. Ja, wir unterstützen auch einen Großteil der Forderungen, sofern sie die Rahmenbedingungen für Schulen und Hochschulen, Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche sowie eine bessere Qualität betreffen. Aber wir müssen und wollen alle Kinder und die Schulen im ganzen Land im Auge behalten. Angesichts der Ergebnisse neuester Sozialstudien, wonach Arbeiterkinder bzw. Kinder aus sogenannten bildungsfernen Schichten klar benachteiligt sind und zwischen sozialer Herkunft und dem Bildungserfolg in Deutschland ein wichtiger Zusammenhang besteht, haben wir, denke ich, die richtige Ausrichtung gewählt.
Es ist jetzt vielleicht der Moment in der Haushaltsdebatte, an dem auch der Dank Platz hat. Wenn wir den Haushalt heute beschließen, dann lautet die gute Nachricht: Der Haushalt für 2012 steht; er hat das Parlament passiert. Die nicht so gute Nachricht für die Finanzpolitiker ist: Die nächste Haushaltsdebatte kommt bestimmt. Nach der Haushaltsdebatte ist vor der Haushaltsdebatte. Herzlichen Dank an die Mitstreiterinnen und
Mitstreiter aus allen Fraktionen im Haushalts- und Finanzausschuss. Herzlichen Dank an die Mitarbeiter des Finanzministeriums und an die Landesregierung. Ich freue mich schon auf die nächste Haushaltsdebatte.
Wir arbeiten weiter an den genannten offenen, auch strukturellen Fragen. Wenn es auch ganz normal ist, dass jede Fraktion im Übrigen auch jede regierende Fraktion - in einer Debatte und bei Haushaltsentscheidungen Kompromisse eingeht, und wenn auch ganz klar ist, dass die Fraktion DIE LINKE bei bestimmten Interessen und Aushandlungsprozessen ihrer Koalitionspartnerin selbstverständlich unterlegen ist, so müssen wir damit umgehen. Dann sage ich: Wir waren nicht überzeugend genug, nicht stark genug. Wir hätten uns auch an verschiedenen Stellen, bei der Kofinanzierung von Bundesmitteln, bei der Wirtschaftsförderung, beim Umfang und vor allem bei der Art und Weise der sogenannten Formellösung in Bezug auf die Kürzungen bei den freien Schulen, vielleicht eine andere Variante gewünscht.