Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine der auffälligsten Dinge, die wir in den letzten beiden Tagen während der Beratungen zur 2. Lesung des Haushaltes erleben konnten, war die Tatsache, dass der Ministerpräsident, wie so oft in wichtigen Debatten, zum Haushalt 2012 geschwiegen hat
Der Finanzminister sah offensichtlich auch keine Notwendigkeit, seinen eigenen Etatentwurf hier im Hause in der 2. Lesung ausführlich zu begründen. Er brauchte lediglich etwas mehr als drei Minuten in der 2. Lesung. Für einen Haushalt, der die aus Sicht der Landesregierung notwendigen Projekte für ein ganzes Haushaltsjahr finanzieren soll, für einen Haushalt, den die Mitglieder dieses Landtages verabschieden sollen und der der Regierung die Mittel für ihre Projekte zur Verfügung stellen soll, ist das eindeutig zu wenig. Da hätte ich mir mehr Engagement und mehr Diskussionsbereitschaft seitens des Ministerpräsidenten und des Finanzministers gewünscht.
Meine Damen und Herren! Ein Haushalt spiegelt den politischen Willen der Mehrheit eines Parlaments wider. Ein Haushalt soll darauf ausgerichtet sein, dass die politischen Inhalte, die sich eine Regierungskoalition gesetzt hat, finanziell umgesetzt werden können. Gemessen daran muss ich nach den Haushaltsberatungen feststellen, dass Ihr Haushalt dieses Land finanziell und politisch nicht nach vorn bringen wird. Bestenfalls wird der Status quo gesichert. Auf die Herausforderungen der Zukunft sind Sie nicht eingestellt. Man erkennt bei Ihnen auch keinerlei Bereitschaft, dieses Land zukunftsfest zu gestalten. Sie verwalten dieses Land, aber Sie gestalten es nicht, meine Damen und Herren.
Dass die Mehrheit dieses Hauses nicht bereit war, auch nur einen einzigen Änderungsantrag der Opposition dieses Hauses anzunehmen oder auch nur substanziell darüber zu reden, spiegelt im Übrigen Ihr Verständnis von einer parlamentarischen
Demokratie wider. Nach der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise und trotz der gegenwärtigen EU-Staatsschuldenkrise steht die Bundesrepublik Deutschland hervorragend da. Die Wirtschaft boomt und infolgedessen verzeichnet Deutschland einen historisch zu nennenden Tiefststand bei den Arbeitslosen.
Auch die Steuermehreinnahmen sprudeln. Nach Abzug des kommunalen Finanzausgleichs wird Brandenburg im Jahre 2012 ca. 110 Millionen Euro mehr Steuereinnahmen haben, und das wird sich nach den Prognosen auch fortsetzen. Doch anstatt diese Steuermehreinnahmen in Gänze zur Reduzierung der Nettokreditaufnahme und zum Schuldenabbau zu nutzen, finanzieren Sie damit Ihre Prestigeprojekte, die diesem Land mehr schaden, als sie ihm nutzen. Dieses Geld, diese Steuermehreinnahmen haben Sie einer klugen Wirtschaftspolitik der von Ihnen gescholtenen und abgelehnten schwarz-gelben Bundesregierung zu verdanken.
Dieses Geld wird dringend benötigt, um ab 2014 keine neuen Schulden mehr aufzunehmen und langfristig - ab 2020 - die Schuldenbremse einzuhalten.
Frau Kollegin Kaiser, wenn Sie hier gerade in einem Zwischenruf sagen, das seien die Steuerzahler in diesem Land - wissen Sie, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem Land wissen genau, was sie an Ihnen haben. Das haben Sie hier gerade sehr eindrücklich bewiesen, indem Sie mindestens sechs neue Steuererhöhungen gefordert haben. Das ist linke Politik! Sie müssen einmal lernen, mit dem Geld, das Sie haben, umzugehen und den Menschen nicht immer mehr wegzunehmen!
Vor dem Hintergrund der Gesamtverschuldung des Landes Brandenburg, die bei fast 20 Milliarden Euro liegt, wäre dies sinnvoll. Vor allem wäre es gegenüber den Menschen in diesem Land und ihren Kindern gerecht. Die Höhe der Staatsschulden, auf alle Brandenburger gerechnet, bedeutet, dass wir eine ProKopf-Verschuldung in Höhe von 8 000 Euro haben. Jedes Kind, das in Brandenburg geboren wird, hat demzufolge in der Sekunde der Geburt eine Schuldenlast von 8 000 Euro. Das ist keine generationengerechte Politik, das ist das Abwälzen von Verantwortung auf die nachfolgenden Generationen.
Dabei wissen wir, dass Brandenburg vor enorm großen Herausforderungen steht. Die Zuweisungen seitens des Bundes, zum Beispiel die Solidarpaktmittel, und auch der Europäischen Union, zum Beispiel die weniger zur Verfügung stehenden EUMittel zur Unterstützung der regionalen Entwicklung, führen zwangsläufig dazu, dass Sie den Brandenburgerinnen und Brandenburgern erläutern müssen, wie Ihre Politik für unser Land in den nächsten Jahren aussehen soll.
Diese zu erläutern verweigern Sie konsequent! Sie erklären den Menschen nicht, welche in die Zukunft gerichteten Projekte, welche Politikbereiche dringend notwendig zu gestalten, anstatt zu verwalten sind. Wir haben auch heute nichts Neues gehört. Der Kollege Holzschuher scheint so viel Interesse an der
weiteren Debatte zu haben, dass er den Saal gleich verlassen hat. Er hat auch überhaupt nichts Neues dazu gesagt, sondern hier Nebelkerzen geworfen. Mehr über Zukunftsprojekte in diesem Land hat er nicht erklärt, meine Damen und Herren!
Aus Sicht der FDP-Fraktion gehören dazu insbesondere die Bildungs- und Hochschulpolitik sowie die Wirtschaftspolitik.
- Frau Lehmann, bleiben Sie ruhig, ich sage es ja gerade. Frau Muhß, es wird nicht klappen, dass ich leiser rede, wenn Frau Lehmann hier vorn immer so laut redet.
Wir werden auch demografiebedingte Mindereinnahmen aus dem Länderfinanzausgleich haben. Bis 2020 summieren sich die einwohnerbedingten Mindereinnahmen aus dem Finanzausgleichssystem auf bis zu 1,8 Milliarden Euro.
Das alles hat natürlich erhebliche Auswirkungen auf den Landeshaushalt. Der Einnahmebereich des Landes ist von äußeren Faktoren vorgegeben, das heißt, er ist nicht bzw. kaum beeinflussbar. Zwangsläufig muss also die Ausgabenseite im Vordergrund stehen. Das Land Brandenburg muss besondere Anstrengungen unternehmen, um seinen Haushalt zukunftsfest aufzustellen. Weil der Abbau des strukturellen Defizits mit großen Sparanstrengungen verbunden ist und weil die aktuelle Einnahmesituation unerwartet gut ist, sollte der Abbau unverzüglich eingeleitet werden. Wir als FDP-Fraktion hatten Ihnen deshalb einen Antrag vorgelegt, der ein Entschuldungskonzept vorsah. Dies haben Sie in einer mehr als unverschämten Art und Weise, Herr Kollege Bischoff, und vor allem ohne inhaltliche Argumentation abgelehnt. Dies zeigt aber nur, dass Ihre Koalition unfähig und unwillig ist, die finanziellen Herausforderungen dieses Landes zu bewältigen.
- Es zeugt auch von Ihrer Einstellung, dass Sie der Meinung sind, eine Haushaltsdebatte in einer 3. Lesung in diesem Parlament sei eine Karnevalsveranstaltung, Herr Bischoff. Das zeigt auch etwas von Ihrem Verständnis von parlamentarischer Demokratie.
Wenn wir den Abbau des strukturellen Defizits hinausschieben, werden wir sicher mit der Schuldenbremse ab 2020 scheitern. Von einer Konsolidierung des Haushalts kann keine Rede sein. Aus einer aktuellen Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung geht hervor, dass Brandenburg sein strukturelles Defizit sogar noch vergrößert hat. Es gibt keine Anzeichen eines Konsolidierungsfortschritts.
In einer Präsentation in der Enquetekommission zur Verwaltungsreform haben Sie, Herr Finanzminister, vorgelegt, dass das Finanzierungsdefizit in den kommenden Jahren wieder anwächst, und zwar auf bis zu 253,8 Millionen Euro im Jahr
2015. Das wollen Sie mit globalen Minderausgaben, mit ungedeckten Schecks auf die Zukunft abdecken. Das ist doch kein Konsolidierungspfad! Das ist der Pfad in die Verschuldungsfalle! Sie rasen auf eine Wand zu, ohne den Versuch zu unternehmen, zu bremsen, meine Damen und Herren. Das ist Ihre Politik!
Es gibt eine finanzpolitische Binsenweisheit: Die Aussichten für eine erfolgreiche Haushaltskonsolidierung sind dann am größten, wenn bei den Einsparungen, insbesondere bei den konsumtiven Ausgaben, angesetzt wird. Investive Ausgaben, die das Wachstum fördern, sollten hingegen von Kürzungen ausgenommen werden. Und was machen Sie? Sie kürzen die investiven Ausgaben im Wirtschaftsbereich wie bei der Investitionsquote, in der Bildung wie bei den freien Schulen und in der Infrastruktur und erhöhen mit Leistungsgesetzen oder dem unsinnigen Vergabegesetz die konsumtiven Staatsausgaben. Das ist unsolide, das ist sträflich, das ist eine gescheiterte Haushaltspolitik von Rot-Rot.
Besonders deutlich wird das in der Bildungspolitik. Sie gehen mit der Abrissbirne gegen die Schulen in freier Trägerschaft und damit gegen Bildungsvielfalt in unserem Land vor.
- Herr Kollege Bischoff, die Aussage mir gegenüber, ich hätte eine Klatsche, ist eine ziemliche Unverschämtheit und Frechheit. Fangen Sie endlich an, sich zu mäßigen!
Sie haben keine Ideen oder Konzepte, wie Sie von den letzten Plätzen in den nationalen und internationalen Vergleichsstudien wegkommen wollen.
Das alles mögen Statistiken sein, aber dahinter stecken Schülerinnen und Schüler in diesem Land, die durch die sozialdemokratische Bildungspolitik ihrer Zukunftsperspektiven beraubt werden.
Nur durch eine bessere frühkindliche Bildung, die auf die Bedürfnisse der Kinder in diesem frühen Alter eingeht, nur mit einer Schulpolitik, die die Qualität der öffentlichen Schulen verbessert, nur mit einer Qualitätsoffensive „Bildung in Brandenburg“ werden Sie es schaffen, die Grundlagen für eine positive Entwicklung dieses Landes zu legen. Das alles haben Sie bisher verschlafen! Sie sind untätig und Sie tragen damit dazu bei, dass Brandenburg auch weiterhin auf den letzten Plätzen in den Bildungsvergleichen bleibt.
Steuern Sie in der Bildungspolitik endlich um! Geben Sie den Schulen die Freiheit, die sie benötigen, um ihre pädagogischen Konzepte mit dem Personal umzusetzen, dass sie für geeignet halten. All die dringenden Themen wie Unterrichtsausfall oder kleinere Klassen oder eine individuelle und begabungsgerechte Förderung der Kinder in diesem Land blenden Sie aus und tun so, als sei alles gut, und alle paar Monate laufen Sie in den Vergleichsstudien mit dem Kopf gegen die gleiche Wand und stellen erneut fest, dass Ihre Bildungspolitik diesem Land in keiner
Weise gerecht wird. Auch die Bildung lebt davon, dass man handelt und nicht aussitzt, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen.
Meine Damen und Herren, das von Ihnen vorgelegte Haushaltsbegleitgesetz insbesondere zu den Kürzungen bei den Schulen in freier Trägerschaft ist auf völlig unerklärlichem Weg entstanden. Wie sind Sie auf diese Formel gekommen? Sie konnten in den Sitzungen des Fachausschusses nicht nachweisen, dass der Gesetzentwurf nach nachvollziehbaren Kriterien entstanden ist. Stattdessen haben Sie mehrfach nachgewiesen, dass es lediglich Ihrer ideologischen Grundhaltung entspringt, weil Sie der Meinung sind, dass nur der Staat für Bildung zuständig sein darf. Wir wollen das nicht! Wir wollen eine gerechte Finanzierung von Schulen für alle Kinder in diesem Land. Sie verweigern diese gerechte und vor allem gleichmäßige Finanzierung und gefährden damit eine Säule des Bildungswesens in diesem Land.
Aus diesem Grund, weil das hervorragende bürgerschaftliche Engagement der Schülerinnen und Schüler, der Eltern, der Lehrer in den freien Schulen leider nicht geholfen hat, Sie von einer besseren Politik zu überzeugen, und weil auch die parlamentarischen Möglichkeiten der Opposition dieses Hauses nicht zum Erfolg geführt haben, werden wir nun in die juristische Auseinandersetzung gehen. Wir bereiten das Normenkontrollverfahren gegen dieses Haushaltsbegleitgesetz vor.