Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushaltskontrolle in der Drucksache 5/8951, Rechnung des Präsidenten des Verfassungsgerichtes des Landes Brandenburg für das Rechnungsjahr 2011. Wer dieser Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer

ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch dieser Beschlussempfehlung einstimmig Folge geleistet worden.

Es geht drittens um die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushaltskontrolle in der Drucksache 5/8952, Rechnung des Landesrechnungshofes Brandenburg für das Rechnungsjahr 2011. Wer dieser Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? Stimmenthaltungen? - Beides sehe ich nicht. Auch dieser Beschlussempfehlung ist einstimmig Folge geleistet worden.

Viertens geht es um die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushaltskontrolle in der Drucksache 5/8953, Haushaltsrechnung und Vermögensnachweis und Jahresbericht des Landesrechnungshofes. Wer dieser Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Stimmenthaltungen sehe ich nicht. Bei einigen Gegenstimmen ist dieser Beschlussempfehlung mehrheitlich Folge geleistet worden.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 5.

Ich entlasse Sie in die Mittagspause. Wir setzen um 13.15 fort.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.44 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.17 Uhr)

Meine Damen und Herren, es sieht nicht gut aus mit der Besetzung des Parlaments,

(Zurufe von der SPD)

noch nicht. An die, die da sind: Seien Sie herzlich willkommen, verehrte Abgeordnete. Ich freue mich, dass doch diverse Abgeordnete nach der Mittagspause, die zugegebenermaßen etwas kurz war, den Weg hierher gefunden haben.

Ich eröffne Tagesordnungspunkt 6:

Bericht des Landesrechnungshofes gemäß § 88 Absatz 2 LHO über die rechtliche Betreuung in Brandenburg

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushaltskontrolle

Drucksache 5/8954

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion. Frau Abgeordnete Stark, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kollegen! Wir beraten jetzt einen sehr wichtigen Punkt, der vom Haushaltskontrollausschuss und vom Landesrechnungshof thematisiert worden ist. Und zwar befassen wir uns im weitesten Sinne mit dem Thema, die rechtliche Betreuung, die ehrenamtliche Betreuung und die selbstbestimmte Vorsorge zu fördern. Damit haben sich, wie gesagt, der Haushaltskontrollausschuss, der Rechtsausschuss und der federführende Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie schon sehr umfassend beschäftigt, unter anderem auch in Fachgesprächen.

Wie ich im vorherigen Redebeitrag schon sagte, ist insgesamt eine Kostensteigerung von 33 Millionen Euro zu verzeichnen. Diese Situation muss sich bessern. Es muss sich inhaltlich etwas verbessern und es muss, wie gesagt, auch dazu führen, dass der Landeshaushalt nicht derartig geschröpft wird. Es muss also Ziel sein, die Zahl der Betreuungsanordnungen zu senken, und die Qualität der rechtlichen Betreuung muss umfassend verbessert werden. Diese dramatische Kostenentwicklung müssen wir in den Griff bekommen. Wir müssen dieser rechtlichen Betreuung, wenn man so will, entgegenwirken.

Es handelt sich also um ein sehr komplexes Feld, das da zu beackern ist, und die Umsteuerung erfordert eine rechtlich und finanziell abgewogene Gesamtstrategie. Dazu hat sich die Landesregierung auch schon geäußert. Sie arbeitet daran, das dauert allerdings einen Moment. Es wird im Juni noch ein weiteres Fachgespräch in der Sache dazu geben, wie man da Abhilfe schaffen kann.

Der Landesrechnungshof hatte das thematisiert. Wir haben es ausführlich besprochen, und wir, die Ausschussmitglieder, haben auch begrüßt, dass die zuständigen federführenden Ressorts der Landesregierung, das MASF und das MdJ, sehr schnell reagiert haben und bei der Entwicklung des Handlungskonzepts zur Verbesserung der Gesamtsituation der rechtlichen Betreuung im Land Brandenburg sind.

Ziel ist also - noch einmal zusammengefasst - die Vermeidung rechtlicher Betreuung, die Betreuung zu optimieren, die Bündelung von Organisations- und Finanzhoheit/Kostenzuständigkeit zu erreichen, die ehrenamtliche Betreuung zu stärken und die Zusammenarbeit und Vernetzung aller Akteure zu fördern.

Erst am 18. Juni 2014 wird es dieses zweite Fachgespräch geben. Eher war das nicht solide vorzubereiten. Wir werden dann weitere Ableitungen zu treffen haben.

In Bezug auf die Beschlussempfehlung und den heute vorliegenden Bericht des Haushaltskontrollausschusses in sechs Punkten empfehle ich der SPD-Fraktion, zuzustimmen, weil es große Einigkeit darüber gibt, dass wir in diesem Fall Handlungsbedarf haben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stark. - Wir setzen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Frau Abgeordnete SchulzHöpfner hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns bereits in der letzten Sitzung im April hier herzhaft mit dem Thema auseinandergesetzt - Sie werden sich ganz sicher erinnern -, zu einem Antrag der CDU in dieser Sache. Heute haben wir nun den Bericht des Ausschusses für Haushaltskontrolle zum Bericht des Landesrechnungshofs, der in sechs Punkten den Handlungsbedarf zusammenfasst, der ganz eindeutig gegeben ist und der - erlauben Sie mir die Bemerkung - in diesen Punkten auch durchaus den Rahmen hätte bieten können für ein Gesamtkonzept, das wir gefordert hatten

Frau Kollegin schaut mich schon ganz herausfordernd an -, welches es aber aus für uns nach wie vor nicht nachvollziehbaren Gründen nun bekanntermaßen nicht geben wird.

Aber dass es Handlungsbedarf gibt, und zwar akuten Handlungsbedarf, zeigen auch die neuesten Zahlen, die jetzt auf dem Tisch liegen. Für 2013 wurde ein Finanzbedarf von 36 Millionen Euro ausgewiesen. Im Jahr 2011 waren es noch 32,7 Millionen Euro, die in diesem Bereich verausgabt wurden. Ich denke, das ist schon eine enorme Zahl. Das heißt nämlich, dass an jedem einzelnen Tag des Jahres 2011 89 600 Euro ausgegeben wurden. An jedem einzelnen Tag des Jahres 2013 wurden bereits 99 000 Euro aus dem Haushaltstitel „Aufwandsentschädigung und Vergütungen an Vormünder, Pfleger und Betreuer“ verausgabt.

Unklar ist dabei, ob mit dieser Kostensteigerung tatsächlich nur die Quantität abgedeckt wird oder ob mit diesem Geld in der Tat auch schon irgendwelche qualitätsverbessernden Maßnahmen bewirkt werden konnten.

Da sich sowohl Landesregierung als auch die Koalitionsfraktionen nicht auf den konkreten Handlungsrahmen einlassen wollten, bleibt also abzuwarten, wie der zukünftige Landtag mit den Forderungen umgehen wird und ob und wie und wann diese dann auch tatsächlich umgesetzt werden.

Ich glaube, dass dieser Umgang mit dem Thema Betreuung und da wiederhole ich ganz sicher - aus rechtlicher, finanzieller, aber auch aus sozialpolitischer Sicht und vor allem vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung äußerst unbefriedigend ist. Und nach all den Diskussionen und Anhörungen liegen die Erkenntnisse auf dem Tisch und praktisches Handeln ist gefragt. Deshalb sind uns auch die ersten beiden Punkte dieser Vorlage des Haushaltskontrollausschusses in der Tat etwas zu wenig. Es reicht einfach nicht, wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass die Kosten so enorm gestiegen sind, und es reicht auch nicht, als Haushalts- und Kontrollausschuss festzustellen, dass es hier tatsächlich Problembewältigung geben muss. Ich denke, das müsste man doch in praktisches Handeln umsetzen.

Wir erkennen natürlich an, dass sich nun der gesamte Haushaltskontrollausschuss für unsere wohlbekannte Forderung nach Wiedereinführung der Förderung der Betreuungsvereine ausspricht. Das nehmen wir sehr erfreut zur Kenntnis. Wir halten dies weiterhin für eine ganz zentrale Maßnahme im Rahmen eines wohlgeschnürten Gesamtpaketes. Daher stimmen wir der Beschlussempfehlung als Schritt in die richtige Richtung zu und heben sie uns als Merkposten für die nächste Legislatur sorgfältig auf.

Gestatten Sie mir noch eine grundsätzliche Anmerkung: Es wäre sehr zu überlegen, ob man nicht einem gegenseitigen Vertretungsrecht von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften in Betreuungsfällen den Vorzug gibt und erst dann die staatliche Betreuung in Betracht zieht. Das wäre ein generelles Umsteuern, das können wir hier im Land nicht, wir müssten dann eine Bundesratsinitiative initiieren. Aber ich denke, es wäre grundsätzlich noch einmal zu überlegen, ob es nicht der richtigere Weg wäre, so vorzugehen. Wir verstaatlichen hier auch immer wieder ein Stück Familienangelegenheiten. Ich halte diesen Weg für grundsätzlich falsch. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schulz-Höpfner. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Frau Abgeordnete Mächtig hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die Ausschüsse des Landtages haben sich gut sechs Monate lang mit dem Problem der rechtlichen Betreuung beschäftigt. Hintergrund war der Bericht des Landesrechnungshofes, der feststellte, dass es zu einem deutlichen Anstieg der Kosten für die rechtliche Betreuung gekommen war. Die Kosten hatten sich - meine Kollegin hat es deutlich gemacht - seit 2000 auf gegenwärtig etwa 36 Millionen Euro verfünffacht. Das Ganze ist zwar kein brandenburgspezifisches Problem, da alle Bundesländer einen ähnlichen Kostenanstieg zu verzeichnen haben. Aber es bedarf einer genauen Betrachtung, wo hierfür die Ursachen liegen könnten. Dazu ist erforderlich, sich die einzelnen Kostenstellen genauer anzuschauen.

Da wären als Erstes die Kosten für die Gutachter zur Feststellung der Notwendigkeit der Betreuung und der Graduierung des Umfangs der Betreuung. Dies ist im Übrigen alle zwei Jahre erforderlich, wobei der Umfang der Betreuung stets erneut festgestellt werden muss. Zweitens sind es die Kosten des Gerichts für die Erstellung des Beschlusses oder der Ablehnung mit Begründung, drittens die Kosten der Anwälte und viertens die Kosten der hauptamtlichen Betreuer oder eben der ehrenamtlichen Betreuungsvereine.

Nun ist schon auffällig, dass die Betreuungskosten nicht in erster Linie aufgrund der wachsenden Anzahl hochbetagter Menschen hier in Brandenburg gestiegen sind, was man ja annehmen könnte. Wir haben ein demografisches Problem, es müssen immer mehr ältere Menschen betreut werden. Nein, das ist nicht die Ursache, sondern die Zahl der zu Betreuenden mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen und chronischen Erkrankungen, und zwar auch im jüngeren Alter, wächst. Die Betreuung ergibt sich aus dem Recht, welches in der UN-Konvention beschrieben ist.

Aber wir Linken sehen auch, dass ein großer Teil der Menschen, die unter Betreuung stehen, in der Lage wären, ihre Angelegenheiten selbstständig wahrzunehmen, wenn die präventiven Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe eher und besser greifen würden. Laut Gesetz stehen für die Betreuung im Durchschnitt 3,2 Stunden pro Monat zur Verfügung. Betreuerinnen und Betreuer werden auch nur für diese Zeit bezahlt. Bekanntermaßen liegt die derzeitige Vergütung bei 44 Euro pro Stunde. Abgesehen davon, dass Untersuchungen ergeben haben, dass durchschnittlich mindestens 5 Stunden pro Monat pro zu Betreuendem erforderlich sind, stellt der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen fest, dass die Vergütung, die seit 20 Jahren gleich geblieben ist, würde sie an der Steigerung der Lebenshaltungskosten bemessen werden, heute mindestens 50 Euro pro Stunde betragen müsste und mittelfristig weitere Steigerungsstufen erfahren sollte.

Die Fraktion DIE LINKE hat sich mehrfach mit diesem Thema beschäftigt und stimmt zu, wenn wir heute sagen: Wir brauchen eine Stärkung der ehrenamtlichen Betreuungsvereine. Die weitere Verbreitung der Vorsorgevollmacht erscheint uns dabei sinnvoll.

Wir meinen auch, dass die Wiederaufnahme der Förderung der Betreuungsvereine und die Aufnahme in den Haushalt 2015 vorzusehen ist.

Ja, wir stimmen auch zu, wenn hier vorgeschlagen wurde, die Durchführung von Informationsveranstaltungen und die Gewinnung von Ehrenamtlichen hier noch einmal zu befördern. Wichtig ist uns aber auch eine Initiative des Justizministeriums des Landes Brandenburg zur Herstellung von Transparenz durch die Schaffung eines gerichtsübergreifenden Betreuerverzeichnisses, das die Zahl der von einem hauptamtlichen Betreuer übernommenen Fälle erfasst. Und nicht zuletzt - und das halte ich für eine wirkliche Möglichkeit einer Kostenoptimierung - sollte geprüft werden, ob die Zusammenführung von Organisations- und Kostenverantwortung in der Landesregierung nicht sinnvoll wäre.

Denn wir sind der festen Überzeugung, dass das Ministerium, welches für die inhaltliche Durchführung der Betreuung verantwortlich zeichnet, auch die finanzielle Verantwortung dafür übernehmen sollte und damit zum Beispiel einen völlig anderen Blick auf die zu unterstützenden ehrenamtlichen Betreuungen hat.

Ein wichtiger Schritt ist es auch deshalb, weil wir darüber nachdenken müssen, ob die Differenzierung von einzelnen Betreuungsleistungen möglicherweise dazu führen kann, dass die ehrenamtliche Betreuung - da unterstütze ich den Vorschlag meiner Vorrednerin -, die vor allen Dingen in der Familie erfolgen sollte, eine Unterstützung erfährt, wenn Familienangehörige bei diesen Betreuungsleistungen überfordert sind.

Klassisches Beispiel: Die normale Betreuung findet regelmäßig statt. Ich werde jedoch völlig überfordert sein, wenn ich einen bürokratieüberbordenden Antrag für ein medizinisches Hilfsmittel stellen muss. Das kann und will ich als ehrenamtlicher Betreuer nicht und wende mich dann also entweder an ein Gericht oder einen Verein, der mir hilft, mir genau dieses einzelne Problem abnimmt, oder an einen hauptamtlichen Betreuer, der mir dieses einzelne Problem abnimmt und dafür entlohnt werden könnte. Das wäre ein Schritt hin zur Verringerung der Kosten.

Ganz klar ist aber auch: Es geht nicht darum, die Betreuung im Land Brandenburg abzubauen, sondern darum, den Betreuten die beste Qualität und Quantität der Betreuung zukommen zu lassen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Mächtig. - Wir setzen mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Büttner hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns hier im Plenum bereits mehrfach über das Thema rechtliche Betreuung unterhalten; deshalb glaube ich auch, dass wir an dieser Stelle die Diskussion nicht mehr besonders vertieft führen müssen. Am 29. April ist dem Landtag die Beschlussempfehlung des Haushaltskontrollausschusses zum Be

richt des Landesrechnungshofs zur rechtlichen Betreuung zugegangen. Dieser Bericht liegt uns vor und war auch Beratungsgegenstand im Sozialausschuss, im Rechtsausschuss, im Finanzausschuss und im Haushaltskontrollausschuss.

Am 15. Januar 2014 gab es hierzu auch ein gemeinsames, von den befassten Ausschüssen anberaumtes Fachgespräch, bei dem die Experten die Dimension der Kostenproblematik in den Bundesländern skizziert haben. Brandenburg steht mit den vom Rechnungshof dargestellten Herausforderungen demnach auch keineswegs allein da. Umso wichtiger war es, dass im Rahmen des Fachgesprächs auch Lösungsvorschläge unterbreitet wurden, um das Problem abzumildern. Das Wort „lösen“ möchte ich dabei bewusst nicht benutzen.