Protokoll der Sitzung vom 18.11.2015

„Zweck dieses Gesetzes ist es, allen Einwohnern im Land Brandenburg eine Möglichkeit zu schaffen, sich aufgrund ihrer Neigungen und Fähigkeiten sportlich zu betätigen, an Sportveranstaltungen teilzunehmen und Sport als kul turelles Ereignis zu erleben.“

Hier gibt es noch Nachholbedarf. Noch immer gibt es zahlreiche unbrauchbare Sportstätten in Brandenburg. Vielleicht liegt es da ran, dass die Ausgaben für den Sport in Brandenburg trotz des Goldenen Plans unterdurchschnittlich sind. In Brandenburg be tragen die Pro-Kopf-Ausgaben für die Sportförderung zurzeit 6,53 Euro bei Gesamtausgaben von 16 Millionen Euro. Bundes durchschnittlich liegen die Pro-Kopf-Ausgaben bei 7,62 Euro. Wenn Sie wirklich, wie angekündigt, 2016/17 die Mittel auf 17 Millionen Euro erhöhen, dann hinken Sie mit einem ProKopf-Betrag von 6,92 Euro immer noch dem Rest des Landes hinterher. Spitzensportliche Förderung sieht anders aus.

Im aktuellen Haushalt kann man auch nichts von der Erhöhung der Mittel erkennen, die Sie zuletzt vollmundig angekündigt haben. Ihr Antrag „Brandenburg - Land des Sports“ aus der letzten Legislaturperiode war somit wirklich nur Wahlkampf getöse.

Sie haben zwar ganz richtig erkannt, dass der Förderung des Kinder- und Jugendsports Priorität eingeräumt werden sollte. Aber wieso sinken dann die Fördermittel für den Schulsport?

Jugendlichen fehlen gerade im ländlichen Raum vielfach An gebote für eine aktive Freizeitgestaltung und zur Fortentwick lung der eigenen Fähigkeiten. Um sie auf dem Land zu halten und den Drang in die Ballungszentren zu stoppen, gilt es, den ländlichen Raum zu einem für Jugendliche attraktiven Erleb nis- und Kreativraum zu machen. Hier können auch der Sport und somit die Sportförderung einiges bewirken; denn Sportver eine schaffen genau diese Erlebnis- und Kreativräume. Ich be fürchte jedoch, dass auch hier die sogenannte Stärkung des Verflechtungsraumes greift, wie man am Rückgang der Zahl der Sportvereine in den berlinfernen Gebieten sehen kann.

Gerade im Zusammenhang mit der Entwicklung des ländlichen Raumes sollte man die Wichtigkeit des Vereinswesens nicht unterschätzen und Entwicklungen wie in der Prignitz, wo die Zahl der Sportvereine relativ stark zurückgegangen ist, ent schieden entgegenwirken.

Auch der Organisationsgrad der Einwohner ist in den neuen Bundesländern im Vergleich mit den alten desaströs: Prozentu al nicht einmal halb so viele Menschen sind hier in Sportverei nen organisiert. Daher fordert unsere Fraktion: Nehmen Sie den Artikel 35 der Landesverfassung sowie das Sportförde rungsgesetz ernst! Sorgen Sie für eine angemessene finanzielle Förderung des Sports und einen guten baulichen Zustand der Sportstätten! Sport ist nicht nur Selbstzweck, sondern erfüllt auch eine wichtige soziale Aufgabe, indem er der zuneh menden Vereinzelung der Menschen entgegenwirkt. - In die sem Sinne: Sport frei!

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abge ordnete Dannenberg. Bitte.

Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Sport gehört zu den wichtigsten Kulturgütern. Er begeistert, hilft, gesund zu bleiben, er ist für die Selbstver wirklichung der Menschen, für Lebensqualität und Identität, für eine aktive Gesellschaft unverzichtbar. Sport vermittelt Werte wie Toleranz, Teamgeist und Fairness. Sport verbindet Menschen und Kulturen. Sport bedeutet eben nicht nur Bewe gung, sondern er ist viel mehr.

Die Linke unterstützt den Sport in all seinen Facetten. Dafür braucht es aus unserer Sicht natürlich bedarfsgerechte und bar rierefreie Sportstätten, aber auch die Würdigung und vor allem Unterstützung ehrenamtlichen Engagements. Diese Menschen brennen für den Sport. Sie sind nicht nur Übungsleiter, sondern auch Sozialarbeiter, Psychologen, Hausmeister, Vorbilder und manchmal auch Elternersatz für viele Kinder. Daher möchte auch ich an dieser Stelle allen aktiven Helferinnen und Helfern im Sport für ihre Arbeit danken.

(Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜNE)

Zur Anfrage: Zunächst herzlichen Dank an die Landesregie rung für die wirklich umfangreiche Antwort und an die CDU für das Stellen dieser Anfrage. Ich denke, die Antwort ist eine gute Grundlage für die weitere Arbeit im Bildungsausschuss.

Die Antwort zeigt: Brandenburg ist ein Sportland, für den Sport wird viel getan, und die Menschen in unserem Land trei ben sehr gern Sport.

Die Zahl der im Landesportbund organisierten Sportvereine ist in den vergangenen zehn Jahren stetig gestiegen. Das ist auch in den meisten Kreissportbünden so. Über 320 000 Menschen sind landesweit in Sportvereinen organisiert - und das ist gut so.

Zwei Dinge stimmen mich jedoch etwas nachdenklich. Zum einen liegt der Frauenanteil in den Sportvereinen deutlich unter 50 %, in einigen Sportvereinen sogar nur bei einem Drittel. Schon im Kindesalter sind die Jungs eher in Sportvereinen or ganisiert, die Mädchen sind da sehr zurückhaltend. Wir sollten die Mädchen also frühzeitig an die Sportvereine, an den Ver einssport binden.

(Beifall der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE])

Zum anderen stimmt mich die Altersstruktur nachdenklich. Er freulicherweise sind die Vereine altersübergreifend aufgestellt. Aber fast die Hälfte der Mitglieder ist über 50 Jahre alt. Ganz schwach besetzt ist der Altersbereich zwischen 18 und 30 Jah ren. Wir haben ein Nachwuchsproblem. Besonders die Vereine im ländlichen Bereich leiden extrem darunter. Es fehlt an Nachwuchs für Trainer und Schiedsrichter. Oftmals ist es so, dass Vereine für fehlende Schiedsrichter im Wettkampfbetrieb auch noch teuer bezahlen müssen.

Eine wirkliche Fortbildung war die im Bericht genannte Viel falt der Sportarten. In Brandenburg haben wir über 92 Sportar ten, unter anderem Arnis - ich habe nachgelesen, ich kannte diese Sportart nicht -, eine Form der philippinischen Kampf künste.

Das Land fördert den Sport durch zahlreiche Maßnahmen. Die Sportförderung wird von 16 Millionen auf 17 Millionen Euro erhöht. Es werden viele Projekte in unserem Land unterstützt, die Liste ist sehr lang, dazu gehören unter anderem die Spezial schulen oder überregional bedeutende Sportveranstaltungen, Olympiaprojekte usw.

Im Bildungsbereich gibt es zahlreiche Kooperationen zwischen Kitas und Sportvereinen, Bewegungsförderungsprojekte, aber auch Kooperationen zwischen Schulen und Sportvereinen; es sind 700. Problematisch aber sind das Durchschnittsalter der Sportlehrkräfte - das steigt stetig - und der immer noch zu hohe Anteil an Sportstunden, die von Lehrkräften unterrichtet wer den, die keine Fachkräfte sind. Wir brauchen aber gerade an Grundschulen gut ausgebildete Sportlehrer; denn hier werden die Grundlagen für Bewegungsabläufe, koordinative Fähigkei ten und Antizipationsfähigkeiten gelegt. Ziel sollte es sein, den Stellenwert des Sports an den Schulen zu verbessern und die Ressourcen des Faches anzuerkennen und zu fördern, zum Bei spiel durch eine rege Teilnahme an Wettkämpfen. Gerade im Zeitalter des Computers, der Playstations und der Smartphones ist das besonders wichtig.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Wir haben an den Schulen über 2 000 Sport-AGs mit einer sehr großen Bandbreite. Jungen und Mädchen profitieren gleicher maßen davon. Wir sollten die AGs noch besser an diesen Schu

len etablieren und ausbauen, besonders in den ländlichen Regi onen, um den Kindern Fahrtwege zu ersparen, und außerdem die Zusammenarbeit mit den ortsansässigen Vereinen befördern.

Im Übrigen werden 17 % der Kinder im Grundschulalter als „motorisch förderbedürftig“ eingestuft. Diese Kinder brauchen Sportförderung. Das können gut ausgebildete Sportlehrer reali sieren, wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gibt. Wir haben über 5 000 Sportstätten, 50 Sportstätten werden leider als un brauchbar eingestuft. Das Land fördert aber den Ausbau der Sportanlagen durch verschiedene Programme, durch den „Gol denen Plan Brandenburg“, im kommunalen Investitionspro gramm usw.

Es gibt viele Herausforderungen. Der Landessportbund hat das erkannt und in seinem Konzept „Sportland Brandenburg 2020“ eine Strategie für die weitere Entwicklung vorgelegt. Ich würde mich freuen, wenn wir die Vertreterinnen und Vertreter des Lan dessportbundes in den Ausschuss einladen, ihr Konzept und an dere Probleme des Sports, wie zum Beispiel die Trainerausbil dung, thematisieren. In diesem Sinne sage auch ich: Sport frei!

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt die Abgeordnete von Halem. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste!

„Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine, kürzt die öde Zeit, und er schützt uns durch Vereine vor der Einsamkeit.“

(Allgemeine Heiterkeit)

So hat es Joachim Ringelnatz formuliert.

Dank der Erfindung von Massenmedien, Internet und so amü santer Lebensgestaltungsoptionen wie der Teilnahme an Land tagssitzungen können wir uns natürlich auch andere Formen der Verkürzung der öden Zeit vorstellen. Wollten wir aber gleichzeitig Arme, Rumpf und Beine stärken, dann ist Sport natürlich weiterhin die erste Wahl.

Sport hat viele Facetten. Medaillen sind schön und gut, sie die nen als Ansporn und werfen ein gutes Licht auf unser Bundes land. Trotzdem legen wir Bündnisgrünen die Priorität auf den Breitensport - auf Sportangebote für Jung und Alt, für Men schen mit Behinderungen - und auf den Gesundheitssport. Hier passiert zu wenig in Brandenburg.

Der Breitensport wird teilweise gegen den Spitzensport ausge spielt, wobei ich auch Vorrednern Recht gebe, die sagen: Es ist schwer einzuschätzen, wie Breiten- und Spitzensport aufeinan der wirken und wie sie letztendlich verzahnt sind.

Auf die Frage, in welchen Sportarten die Landesregierung De fizite sehe, antwortet sie:

„Für den Bereich Spitzensport sieht die Landesregierung keine Defizite …“

Das ist natürlich eine vielsagende Antwort. Wir möchten uns der Forderung nach mehr Breitensport gerne anschließen, so wie sie im Beschluss der Landessportkonferenz von 2013 for muliert ist:

„Der Erfolg des organisierten Sports in Brandenburg wird künftig stärker daran gemessen, in welchem Ausmaß es gelingt, einen höheren Prozentsatz der Bevölkerung Brandenburgs zu regelmäßiger körperlicher Aktivität zu brin gen. Von hoher Relevanz sind dabei Sportangebote zum Zweck der Gesundheitsförderung …“

Ich darf daran erinnern: Traditionell liegt die Sportbeteiligung in Ostdeutschland signifikant unter dem Niveau der westdeut schen Bundesländer. Laut einem Gutachten der Enquetekom mission 5/1 liegt sie im Westen zwischen 28 und 40 %, im Osten zwischen 13 und 16 %. Brandenburg bildete gar das Schlusslicht. Wir wissen: Ja, die Zahlen sind ein bisschen ge stiegen, aber der Nachholbedarf ist immer noch immens.

Was auch nicht in der Großen Anfrage steht, aber durch eine Kleine Anfrage von uns aus der letzten Legislaturperiode deut lich geworden ist, sind die großen Defizite bei den Sportange boten für U 26 und Ü 60 oder sogar Ü 75 - auch darüber dürfen wir ja nachdenken.

Auch bei der Teilnahme von Mädchen und Frauen gibt es Auf holbedarf und erst recht im Behindertensport. So bieten nur 5 % der Brandenburger Sportvereine überhaupt Sport für Men schen mit Behinderungen an - 5 %! Lediglich 104 von den 2 925 Sportvereinen, also 3 % der Vereine, haben Angebote im Bereich des Gesundheitssports. Das ist ebenfalls viel zu wenig, auch vor dem Hintergrund des Beschlusses der Landessport konferenz, der ja schon zwei Jahre alt ist.

Wir als Fraktion haben uns das zu Herzen genommen: Wir bie ten - und ich glaube, das tun wir als einzige Fraktion hier im Haus - für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gesund heitssport an.

(Beifall der Abgeordneten Dannenberg [DIE LINKE])

Noch ein Thema, das in der Großen Anfrage überhaupt nicht zur Sprache kommt - ich muss ehrlich sagen, das wundert mich ein bisschen bei dem Antragsteller CDU -: das Thema Dopingopfer der DDR. Die Große Anfrage fragt nur nach aktuellem Doping. Aber angesichts der Empfehlungen der Enquetekom mission 5/1 und der Beteuerung im Koalitionsvertrag, diese Empfehlungen - wo immer sinnvoll und finanzierbar - auch umzusetzen, möchte ich noch einmal deutlich machen: Da fehlt ein Thema. Wir warten immer noch auf ernsthafte Bemü hungen zur Entschädigung und Beratung der Dopingopfer. Auch das in den Empfehlungen der Enquetekommission ange regte Forschungsprojekt zur Aufarbeitung des DDR-Sports in Brandenburg lässt auf sich warten. Der Landessportbund hat zwar mittlerweile eine Kontaktstelle eingerichtet; die ist aber so gut auf der Homepage versteckt, dass sie wahrscheinlich kaum jemand findet.

Nächstes Thema: die zusätzliche Million im Landeshaushalt ab 2017. Es bleibt offen, wofür diese Million verwendet werden

soll. Wir sprechen uns für einen transparenten Einsatz der Mit tel aus und könnten uns zum Beispiel eine ähnliche Methode wie bei den Zielvereinbarungen im Bereich der Hochschulen vorstellen: Zielvereinbarungen mit den Sportvereinen darüber zu schließen, wie diese Gelder verwendet werden, und damit sicherzustellen, dass sie insbesondere in den Bereichen einge setzt werden, in denen wir Defizite sehen.

Zum Schluss noch ein Thema, das nicht in der Großen Anfrage zur Sprache kommt, das ich aber für ein richtig wichtiges The ma halte: Die Angebote der Brandenburger Sportvereine für Flüchtlinge sind großartig. Ich denke, auch dafür gebührt ihnen ein ganz besonderer Dank.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD, DIE LINKE, AfD und BVB/ FREIE WÄHLER Gruppe)

Spielen, Rennen, sich bewegen, ja, das soll’s für alle geben. „Sport ist Mord“ soll uns nicht verwirr’n; wer turnt, hat deutlich mehr im Hirn.

(Allgemeine Heiterkeit - Beifall B90/GRÜNE)