Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

(Schröder [AfD]: Das machen Sie doch!)

Aber auch den Ängsten vor Überforderung unserer Strukturen wollen und werden wir begegnen. Da gibt es natürlich Dinge,

die wir tun, die speziell dafür da sind, das Ankommen zu er leichtern - es jenen leichter zu machen, die zu uns kommen, und Integration zu fördern. Das ist auch gut so und das muss so sein. Aber: Zum allergrößten Teil tun wir Dinge, die allen Menschen in unserem Land zugutekommen, von denen am Ende alle profitieren werden.

Wenn wir zum Beispiel ca. 2 000 neue soziale, bezahlbare Wohnungen schaffen - Frau Schneider hat das vergangene Wo che angekündigt - und die Anspruchsberechtigung für sozialen Wohnraum erweitern, ist das etwas, das allen Menschen im Lande zugutekommt. In meiner Heimatstadt Frankfurt (Oder) gibt es seit kurzem eine Vereinbarung zwischen der städtischen Wohnungsgesellschaft und der Stadt. Darin ist die dezentrale Unterbringung der Geflüchteten geregelt. Wir haben dafür ge sorgt, dass je nach Hausaufgangsgröße 10 bis 20 % der Woh nungen von Geflüchteten belegt werden können. Durch die Unterbringung sinkt die Leerstandsquote. Es gibt mehr Abneh mer für Strom, Wasser und Abwasser. Durch die Entlastung aufgrund eines geringeren Leerstands sind mehr Mittel für In vestitionen in die Sanierung von Wohnraum, der letztlich allen zugutekommt, vorhanden.

Auf dem Ausbildungsmarkt und bei Unternehmensnachfolgen erleben wir etwas Ähnliches. Wir kennen die Forderungen der Handwerksammern und der IHKs. Die IHK hat vor längerer Zeit ein spannendes Projekt aufgelegt: Sie werben an Schulen in Portugal, Spanien, Griechenland und Italien um Schulabgän ger. Sie werben sie für den deutschen Ausbildungsmarkt, unter anderem in Brandenburg, für Stellen, die nicht anderweitig be setzt werden konnten, ab. Mit einigen dieser Schulabgänger verbinden die IHKs die Hoffnung, dass Unternehmensnachfol gen sichergestellt werden können. Die jungen Menschen wer den in ihren Herkunftsländern irgendwann fehlen.

Wir erleben, dass viele junge, motivierte Menschen nach Bran denburg kommen und diese Chance nutzen wollen. Wir wollen ihnen Zugang zum Ausbildungsmarkt und zum Studium ver schaffen und dafür sorgen, dass sie uns helfen, genauso wie wir ihnen helfen. Perspektivisch, meine Damen und Herren, wer den sie die Renten derjenigen finanzieren, die jetzt gegen sie auf die Straße gehen.

Beim Mindestlohn sorgen wir dafür, dass es kein Aufweichen geben wird. Er gilt für alle und wird weiterhin für alle gelten. Menschen, die bereits hier leben, und Menschen, die zu uns kommen, dürfen keinesfalls auf dem Arbeitsmarkt gegeneinan der ausgespielt werden.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Darüber hinaus werden wir im Jahr 2016 entsprechend der Empfehlung der Mindestlohnkommission den Mindestlohn bei Vergaben im Land Brandenburg auf 9 Euro anheben.

Schulstandorte wie in Golzow und Geburtsstationen konnten er halten werden. Die 260 zusätzlichen Lehrkräfte, die 100 Schul sozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter, die 32 zusätzlichen Stellen in der Verwaltungs- und Zivilgerichtsbarkeit sind Maß nahmen, die letztlich allen zugutekommen. Auch der Stopp des Personalabbaus bei der Polizei wird sich auf das Sicherheitsge fühl der Menschen in Brandenburg und auf die Kriminalitäts bekämpfung positiv auswirken.

Das ist erst der Anfang; denn mit dem Nachtragshaushalt wer den wir in diesem Sinne weitere Schritte und Wege gehen.

(Zuruf: Das ist ja die Befürchtung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Menschen in Brandenburg haben die Wahl: Folgen sie jenen, die sagen: Wir wollen das nicht schaffen? Oder folgen sie uns, die einen poli tischen Anspruch haben und gemeinsam in diesem Land darum ringen, die besten Lösungen zu erarbeiten? Die rot-rote Lan desregierung hat sich mit dem Koalitionsvertrag das Ziel ge setzt, Brandenburg zum Land der sozialen Gerechtigkeit zu machen. Wir haben uns das Ziel gesetzt, das Land stark zu ma chen. Es soll gerecht zugehen. Wir werden verhindern, dass Menschen gegeneinander ausgespielt werden, indem wir Maß nahmen auf den Weg bringen, die allen zugutekommen, das so ziale Netz stärken und soziale Sicherheit geben; die heutige Ak tuelle Stunde ist ein Beitrag dazu. Ich glaube, genau das markiert den Unterschied zwischen einer rot-roten Landesregierung und allen anderen Landesregierungen. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE und der Abgeordneten Nonnema cher [B90/GRÜNE])

Wir danken Ihnen. - Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Abgeordneten Schier fortgesetzt. Sie spricht für die CDUFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man Ihren Antrag liest, glaubt man, dass auf Landes- und Bundesebene in allen Bereichen der Sozialgesetzgebung Kürzungen zu befürchten seien. Ich habe auch Ihre Rede eben nicht verstanden.

(Beifall CDU und AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf die Koalition von CDU/CSU und SPD auf Bundesebene ist Verlass. Sie stabilisiert gerade die sozialen Sicherungssysteme. Dazu komme ich noch.

(Beifall CDU und SPD - Lachen bei der Fraktion DIE LINKE)

Sie leiten Ihre Vorahnungen aus den Folgen der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen ab. Ich darf aus Ihrem Antrag zitieren:

„Unser Ziel ist es, dass weder Arbeitslose, Hartz-IVEmpfänger, Obdachlose, Familien in Armut noch Mi granten und Geflüchtete oder andere Teile der Gesell schaft gegeneinander ausgespielt werden.“

Wie kommen Sie darauf? Auf welches Niveau begeben Sie sich?

(Beifall CDU und AfD)

Überall im Land werden die großen Herausforderungen im Zu sammenhang mit der Flüchtlingspolitik beherzt und engagiert

angegangen. Auf Bundesebene wurde innerhalb kürzester Zeit ein neues Gesetzespaket beschlossen, das mehr Handlungs spielraum eröffnet und den Ländern zusätzliches Geld zur Ver fügung stellt.

(Beifall CDU)

Und Sie wollen mit vermuteten Kürzungen einen Keil in die Gesellschaft treiben? Ja, die Aufnahme und Integration wird Geld kosten - sehr viel Geld -; das wird uns aber gelingen. Uns ging es noch nie so gut wie heute: In der Bundesrepublik waren im Oktober dieses Jahres 43,4 Millionen Menschen sozialver sicherungspflichtig beschäftigt. Es wurden Menschen in Arbeit gebracht. Die Steuereinnahmen sind hoch. Die Arbeitslosen quote beträgt 6 %; wir hätten normalerweise kein Problem, sie noch weiter zu reduzieren. Bei der Bundesanstalt für Arbeit werden befristete Arbeitsverträge entfristet. Die Kreisverwal tungen stellen Personal ein. Nur bekommen sie auf dem Ar beitsmarkt weder Lehrer noch Sozialpädagogen. Man kann fast sagen: Die Flüchtlingswelle ist für einige Berufe ein Jobmotor. Von welchen Befürchtungen sprechen Sie eigentlich? Auf Bun desebene gibt es keine Bestrebungen, Änderungen in der Sozi algesetzgebung vorzunehmen oder Bürger in irgendeiner Wei se zu benachteiligen.

(Beifall CDU)

Im Gegenteil! Ich will es einmal am Beispiel der Pflege fest machen: Für viele demente oder pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige wird es ab dem nächsten Jahr wesent lich bessere strukturelle und finanzielle Unterstützung geben. Auf Landesebene, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Linken, haben Sie es doch selbst in der Hand! Sie können und müssen das Geld des Bundes 1:1 an die Kreise weitergeben.

(Zuruf: Das geschieht aber nicht!)

Sie sind auch diejenigen, die durch Bereitstellung von genü gend Erstaufnahmeplätzen verhindern könnten, dass beispiel weise Sporthallen belegt werden und Kindern aus armen Fami lien die Möglichkeit des Sporttreibens genommen wird.

(Beifall CDU und AfD - Frau Johlige [DIE LINKE]: Oh, nee!)

- Ja, das wollen Sie nicht hören, das ist mir klar.

Da verbieten sich auch Äußerungen, dass Menschen, die in Einrichtungen leben, kein Landespflegegeld ausgezahlt wer den kann, weil es zunehmend andere Verpflichtungen gibt. Da mit spielt man Menschen gegeneinander aus. Ich könnte in die sem Zusammenhang auch über Lehrer reden, aber ich möchte es einmal dabei belassen.

(Beifall CDU und AfD - Wichmann [CDU]: Brandge fährlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Ihrer Überschrift fordern Sie „Soziale Sicherheit für alle!“ Was ist das über haupt? Die drei Prinzipien und Grundelemente der sozialen Si cherheit in Deutschland sind erstens Subsidiarität und Solidari tät, zweitens Fürsorge, Versorgung und Versicherung, drittens das soziale Netz. Als die Gründungsväter im Jahr 1949 das Grundgesetz erarbeiteten, waren sie vorausschauend weise.

Diese drei Grundpfeiler funktionieren seit 66 Jahren und wer den es auch künftig tun.

(Beifall CDU)

Keinem Arbeitslosen, keiner Familie, keinem Obdachlosen und übrigens auch keinem Rentner - die haben Sie in Ihrer Auf zählung anscheinend vergessen - wird es aufgrund der Flücht lingssituation schlechter gehen. Wenn es diese Ängste in der Bevölkerung gibt, so sollte man sie nicht zusätzlich nähren. Denn dadurch trägt man dazu bei, dass sich Ansichten radikali sieren. Von der Linken hätte ich etwas anderes erwartet, näm lich dass sie sich darauf besinnt, dass sie Regierungsverant wortung trägt. Nicht jammern, was alles nicht geht, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern Verantwortung überneh men! Ich greife das Wort von Ministerpräsident Woidke auf, der am gestrigen Tage sagte: Für die sozialen Probleme in un serem Land können wir nicht die Flüchtlinge verantwortlich machen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und vereinzelt AfD sowie der Abgeordne ten Vogel [B90/GRÜNE] und Frau Schülzke [BVB/ FREIE WÄHLER Gruppe])

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Lehmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Sehr verehrte Gäste! Große Krisen, die oft mit mensch lichem Leid verbunden sind und die in besonderer Weise be rühren, haben schon immer die Sozialpolitik aktiviert. Das er leben wir derzeit in Deutschland und Brandenburg. Soziale Si cherheit für alle - ja, natürlich, das ist unser Credo. Es steht in unserem Koalitionsvertrag.

(Genilke [CDU]: Na, dann ist ja gut!)

Im Antrag zur heutigen Aktuellen Stunde hat die Linksfraktion darauf bereits Bezug genommen. Auf der Homepage des MASGF ist zu lesen:

„Alle Menschen in Brandenburg sollen trotz unterschied lichster Lebensformen, Lebenslagen und Schicksale mög lichst selbstbestimmt und sozial integriert leben können. Dies zu gewährleisten ist wichtigstes Anliegen branden burgischer Sozialpolitik.“

In Anbetracht der großen Anzahl geflüchteter Menschen argu mentiert die Landesregierung seit Monaten und Wochen, dass Teile der Gesellschaft nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Alle Fraktionen dieses Hauses - bis auf eine - tragen das mit. Wenn wir in diesem Jahr 240 und im nächsten Jahr nochmals 260 Lehrer einstellen, werden diese 500 Lehrer allen Schülern zur Verfügung stehen. Es wird keine Schülergruppe gegen eine andere ausgespielt. Das wäre fatal. Wenn wir in den kommenden Jahren mindestens 2 000 Wohnungen für Haus halte mit niedrigem Einkommen schaffen, dann doch nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle, die hier leben und entspre chenden Bedarf haben.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Die Landesregierung und alle Fraktionen dieses Hauses - bis auf eine - sind sich völlig einig darin, dass es keine sozialen Kürzungen als Folge der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen geben wird. Wie beschlossen, werden wir den Ki taschlüssel weiter verbessern. Wie im Koalitionsvertrag ver einbart, haben wir gestern die Erhöhung des Landespflege geldes auf den Weg gebracht. Unser Anspruch ist es, mit einer offenen und ehrlichen Politik Ängsten und Sorgen der Bevöl kerung entgegenzuwirken.

(Beifall SPD)

Gerade in schwierigen Zeiten braucht man verlässliche Partner. Das wiederum setzt Vertrauen voraus. Die Einforderung einer bundespolitischen Sozialgarantie ist aus unserer Sicht keine geeignete Maßnahme gegenüber der Bundesregierung.

(Beifall CDU)