Meine Damen und Herren, wir haben einen Entschließungsan trag zu dem Antrag der AfD gestellt, weil wir in der Tat mo mentan über die Rückführung von ausreisepflichtigen Men schen sprechen müssen.
Die Zahlen, die wir heute zu behandeln haben, und die Zahl der Menschen, die heute ausreisepflichtig sind, sind eben nicht mit denen von 1996 zu vergleichen. Es ist nicht so, dass wir die gleichen Kapazitäten in den Verwaltungen, in den Kreisen und in den Kommunen haben, wie es 1996 der Fall war. Es sind ganz andere Aufgaben zu bewältigen als damals. Das genau ist Subsidiarität: Wir müssen die Aufgaben dort erledigen, wo sie am effizientesten und am effektivsten erledigt werden können. Das ist angesichts der Zahlen, die wir momentan zu behandeln haben, nicht immer unbedingt die Kommune. Einige Land kreise schaffen es eben nicht, ihre ausreisepflichtigen Flücht linge zurückzuführen und auszuweisen.
An dieser Stelle möchte ich gleichfalls einen Dank an all dieje nigen loswerden, die sich bei der Aufnahme von Flüchtlingen, egal ob ehrenamtlich oder als Mitarbeiter in den Verwaltungen, Tag und Nacht aufgerieben haben, um den Menschen, als es im letzten Jahr einen so großen Andrang gab, zu helfen, alle hu man unterzubringen und mit dem Nötigsten zu versorgen.
Gleichwohl, wir müssen jetzt unterscheiden zwischen denjeni gen, die ein dauerhaftes Bleiberecht zu erwarten haben, und denjenigen, die ausreisen müssen, weil sie ausreisepflichtig sind.
Uns geht es darum, dass wir denjenigen helfen, die ein dauer haftes Bleiberecht zu erwarten haben. Der Schwerpunkt un serer nächsten Arbeit muss darin liegen, diese Menschen zu integrieren. Deswegen wollen wir die Kommunen bei der Auf gabe der Rückführung entlasten und sagen: Die Zuständigkeit dafür soll beim Land, bei der Zentralen Aufnahmestelle liegen, wobei es nicht nur um diese Zuständigkeit geht.
Herr Königer hat darauf verwiesen, dass eine Unterkunftsver lagerung stattfinden müsste. Das ist so nicht in Ihrem Antrag enthalten. Sie haben lediglich geschrieben, dass die Zuständig keit verlagert werden muss, aber nicht gesagt, wie das bewerk stelligt werden soll.
Deswegen sagen wir: Wir nutzen jetzt die freien Kapazitäten in der Erstaufnahmeeinrichtung zu einer zentralen Rückführungs einrichtung. Da geht es nicht um humanitäre Hilfe, Frau Joh lige, sondern darum, dass ausreisepflichtige Menschen, die von der Kommune nicht den Status der Duldung erhalten haben, ausreisen. Die freiwillige Ausreise geht der zwangsweisen im mer vor. Das ist festgelegt und soll auch nicht geändert werden. Aber wir müssen diejenigen entlasten, die diese Arbeit im Mo ment machen. Deswegen sagen wir: Ja, Rückführungseinrich tungen in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Eisenhütten stadt. Ich meine, dass die damit verbundene Freisetzung von
Kapazitäten der richtige Weg ist, um die Leute, die hier bei uns bleiben sollen, auch wirklich zu integrieren. - Vielen Dank.
Bevor ich den nächsten Redner oder die nächste Rednerin auf rufe, möchte ich auf der Besuchertribüne Mitglieder des Ar beitskreises Schule und Wirtschaft des Landkreises PotsdamMittelmark begrüßen. Herzlich willkommen im Landtag Bran denburg!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste auf der Tribüne! Die AfD fordert die Landesregierung dazu auf, die Zuständigkeit für den Vollzug der Abschiebung von den Kommunen auf das Land zu übertragen. Sie begründet ih ren Antrag damit, dass die Landkreise und kreisfreien Städte mit dieser Aufgabe überfordert seien.
Einmal ganz nebenbei: Morgen früh werden wir ja hier über die Verwaltungsstrukturreform sehr interessante Debattenbei träge hören. Wahrscheinlich werden sich gerade diejenigen, die über zu wenig Funktionalreform klagen, dann über zu viel Zentralismus aufregen. Heute fordern sie aber die Hochzonung von kommunalen Aufgaben auf die Landesebene.
Dieser kleine Widerspruch sei nur einmal am Rande angemerkt. Meine Fraktion lehnt diesen Antrag selbstverständlich ab.
Die AfD scheint immer noch nicht verstanden zu haben, dass einer Abschiebung oft rechtliche oder tatsächliche Vollzugshin dernisse entgegenstehen, zum Beispiel eine Bindung an minderjährige Kinder, Reiseunfähigkeit, Krankheit, fehlende Papiere oder unterbrochene Verkehrswege. Eine Übertragung der Zuständigkeit des Abschiebevollzugs auf die Landesebene würde am Bestehen dieser Vollzugshindernisse überhaupt nichts ändern. Grundsätzlich sind Abschiebungen aus unserer Sicht auch nicht als Erfolg oder erstrebenswertes Ziel anzuse hen, sondern sie sollten stets Ultima Ratio sein.
Das haben wir bereits in unserem Antrag „Spielräume nutzen - Bundesgesetze menschenrechtsorientiert umsetzen!“ gefordert.
Die Landesregierung sollte weiterhin auf die freiwillige Rück kehr von Flüchtlingen setzen. Abgesehen davon, dass der Vor rang der freiwilligen Ausreise nach §§ 58 und 59 des Aufent haltsgesetzes und in Artikel 7 der EU-Rückführungsrichtlinie gesetzlich vorgeschrieben ist, ist dieser Weg auch deutlich hu maner für geflüchtete Menschen, weniger traumatisch für Kin der und auch günstiger für die Kommunen.
Andere Länder, zum Beispiel Rheinland-Pfalz und BadenWürttemberg, setzen auf diese Praxis und sind damit erfolg reich. So gab es beispielsweise in Rheinland-Pfalz bis Ende August 2015 insgesamt fast 1 800 geförderte und 624 nicht ge förderte freiwillige Ausreisen und nur 274 Abschiebungen.
Auch in Brandenburg überwiegt die Anzahl der freiwilligen Rückkehrerinnen und Rückkehrer. So wurden im Jahre 2015 insgesamt 780 ausreisepflichtige Personen abgeschoben oder überstellt.
Fast doppelt so viele, nämlich 1 586 Menschen, haben das Land freiwillig oder gefördert verlassen. Damit Geflüchtete aber auch in die Lage versetzt werden können, ihre Rechte oder Pflichten bei drohenden Abschiebungen überhaupt zu ver stehen, fordern wir eine gut ausgestattete, unabhängige Verfah rensberatung in der Erstaufnahme. In Nordrhein-Westfalen gibt es sie bereits. Die Gesetzesänderung durch das Asylpaket II, das sogenannte beschleunigte Verfahren, ähnlich dem Flugha fenverfahren, macht sie zudem erforderlich. Denn nach der EU-Verfahrensrichtlinie ist für solche Verfahren eine unent geltliche Rechtsberatung zu gewährleisten.
Auch mir ist klar, dass eine freiwillige Rückkehr wahrschein lich in den wenigsten Fällen eine vollkommen freiwillige Ent scheidung ist. Schließlich haben sich Menschen in der Regel nicht auf den Weg nach Deutschland gemacht, um das Land dann wieder zu verlassen. Meine Fraktion fordert daher, dass die Landesregierung im Sinne einer landesweit einheitlichen und gerechten Praxis darauf hinwirkt, dass zumindest vor jeder Abschiebung oder freiwilligen Ausreise die Ausländerbehör den prüfen, ob Spielräume bestehen, die einen legalen Aufent halt ermöglichen würden.
Dieser, der seit 2010 gut integriert mit seiner Familie in Pots dam lebt, sollte abgeschoben werden, weil er aus einem soge nannten sicheren Herkunftsland stammt. Erst nach prominenter Fürsprache prüfte offenbar die Potsdamer Ausländerbehörde die Voraussetzungen für den § 25a, nach dem einem jugend lichen geduldeten Ausländer und seiner Familie eine langfristige Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, wenn er seit mehr als vier Jahren in Deutschland lebt und zur Schule geht. Der Sohn des Fußballtrainers erfüllt diese Voraussetzungen durchaus.
Es sollte selbstverständlich sein, dass Ausländerbehörden ihrer Beratungspflicht nachkommen und Flüchtlinge, auch wenn sie aus sogenannten sicheren Herkunftsländern kommen, ihr Recht auf eine mögliche Aufenthaltserlaubnis erklären. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Ab geordnete! Die AfD-Fraktion verlangt mit ihrem Antrag, dass wir den Vollzug von Abschiebungen wieder zentralisieren, das heißt von der kommunalen Ebene zurück auf die Landesebene verlagern. Sie begründet dies damit, dass die Landkreise und kreisfreien Städte mit dieser Aufgabe überfordert seien und keine Möglichkeit hätten, Kompetenzen aufzubauen.
zum einen, dass die Abschiebungsanordnung vom Land erlas sen würde. Nein, dafür sind die Ausländerbehörden selbst zu ständig, natürlich neben dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Zum anderen: 806 Abschiebungen im Jahr 2015 gegenüber 114 im Jahr 2014 sprechen dafür, dass die notwendigen Kompe tenzen in den Kommunen durchaus vorhanden sind.
Meine Damen und Herren, die Abschiebung von Ausländern, die sich nicht mehr in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes aufhalten müssen, wurde den Landkreisen und kreisfreien Städten mit der Funktionalreform 1996 übertragen. Für die Durchführung dieser Aufgabe erstattet das Land den Kommu nen jedes Jahr anteilig die Personal- und die Sachkosten. Ab schiebungen direkt aus der Erstaufnahmeeinrichtung sind und bleiben in der Zuständigkeit der Zentralen Ausländerbehörde.
Erstens: Wer die Abschiebungsanordnung erlässt, die Abschie bung einleitet und bis zur Übergabe an die Bundespolizei durch führt, muss die Person, um die es geht, vor allem aber deren Ausländerakte gut kennen. Diese Akte ist aber gerade bei dem Personenkreis, um den es hier geht, in der Regel sehr umfang reich. Wenn also die Zuständigkeit für die Vorbereitung und Durchführung einer Abschiebung von der Kommune auf das Land überginge, müsste sich in diese umfangreiche Akte wie derum - neu - ein Mitarbeiter einarbeiten. Bis zur Durchfüh rung der Abschiebung muss nämlich immer wieder geprüft werden, ob Abschiebungshindernisse - neu - eine Rolle spielen. Da wären unter anderem das Vorliegen von Erkrankungen oder andere Dinge, wie sie Frau Nonnemacher erwähnte, zu über prüfen. Daher ist die unmittelbare Kenntnis des Falles uner lässlich.
Abschiebung bedeutet auch, in der Fläche tätig zu werden, um abzuschiebende Personen zu Hause oder anderswo abzuholen. In einem Flächenland wie Brandenburg bedeutet dies lange Wege. Sollte eine zentrale Landesbehörde diese Aufgabe über nehmen, benötigte sie auch hierfür einen deutlichen Zuwachs an Personal, denn einen großen Anteil der Arbeitszeit würde dieses Personal auf unseren Straßen verbringen. Zugleich ginge das in den Kommunen vorhandene spezielle Fachwissen im Rückführungsbereich dem Land verloren, denn das kom munale Personal würde ja nicht in jedem Fall mit der Aufgabe zum Land wechseln.
Deshalb, meine Damen und Herren, muss die Devise lauten: Alles, was möglich und zugleich auch sinnvoll ist, wird zentra lisiert. Hierfür haben wir in der ZABH ein neues eigenes Sach gebiet gebildet und die Stellenausstattung deutlich verbessert. So wird das Clearing-Verfahren - die Klärung der Identität und des Herkunftslandes, soweit diese Angaben nicht bekannt sind oder verschleiert werden - von dieser neuen Abteilung reali siert.
Die ZABH wird tätig, wenn eine kommunale Ausländerbehör de darum bittet, und in Fällen, in denen die Herkunftsstaaten eine zentralisierte Bearbeitung durch nur eine Behörde je Land wünschen. Das hat sich bewährt, und diese Hilfestellung für die Kommunen im Rückführungsprozess hat auch die Akzep tanz unserer Kommunen.
Zu den Aufgaben der ZABH gehört aber auch die Organisation von Sammelrückführungen. Eine erste solche Maßnahme im Dezember vergangenen Jahres, bei der rund 80 Personen in die Westbalkanstaaten zurückgeführt werden konnten - davon rund 30 Personen freiwillig -, war durchaus ein Erfolg. In diesem Jahr folgten Sammelrückführungen nach Serbien und Russ land.
Meine Damen und Herren, wer freiwillig ausreist, muss nicht abgeschoben werden. Deshalb fördert das Land Brandenburg nicht nur seit Jahren die freiwillige Ausreise, sondern hat seit 2015 ein eigenes Projekt für eine bereits in der Erstaufnahme einrichtung ansetzende Rückkehrberatung aufgelegt.