Sehr geehrter Herr Präsident! Vielen Dank für diese beeindru ckende Leistung, die zahlreichen Anträge und Drucksachen hier in beachtlich kurzer Zeit vorzutragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben eben schon zum Teil über das Thema diskutiert. Deshalb möchte ich darauf verzichten, jetzt noch einmal explizit all das aufzuführen, was wir eben schon besprochen haben: die Chancen, aber auch die Risiken der neuen Medien. Wir haben auch darüber gespro chen, dass Medienbildung und Medienkompetenzentwicklung natürlich im Elternhaus stattfinden muss, dass die Eltern dabei aber unsere Unterstützung brauchen. Wir müssen auch darüber reden, dass Medienkompetenzentwicklung und Medienbildung auch dort stattfinden muss, wo Schülerinnen und Schüler nun einmal einen Großteil ihrer Zeit zubringen: im System Schule. Das ist ein Teil ihrer Lebenswelt.
Wenn wir über Medienbildung in der Schule reden, liegt der Schlüssel dafür natürlich in erster Linie in der Medienbildung
der Lehrer. Nun wissen wir allerdings aus Befragungen, dass sich die Lehrer beim Einsatz neuer Medien unsicher fühlen. Das ist sicherlich nicht in allen Fällen so und zum Teil auch ei ne Generationenfrage. Es gibt bestimmt auch Ausnahmen, aber man kann im Großen und Ganzen schon festhalten: Je älter die Lehrer sind, desto unsicherer fühlen sie sich. Das Durch schnittsalter unserer Brandenburger Lehrer, das bei über 50 Jahren liegt, sollte uns aufhorchen lassen.
Deshalb haben mich auch die Ergebnisse der Studie „Schule digital“ unter Leitung der Bildungsforscherin Joost nicht über rascht. Brandenburg - und auch das hat mich nicht überrascht - kommt in dieser Studie wieder einmal nicht besonders gut weg. Aus der Studie geht hervor, dass in keinem anderen Bun desland digitale Medien so selten im Unterricht eingesetzt wer den wie bei uns.
Damit sind wir beim Antrag der CDU. Wir wollen den Um gang mit digitalen Medien in der Schule verankern und ihn vor allen Dingen zu einem festen Bestandteil der Lehrerausbildung an der Universität Potsdam machen. Das wünscht sich übri gens nicht nur die CDU. Das ist auch ein Wunsch, der von den Lehramtskandidaten und den Lehrern selbst geäußert wird. In der erwähnten Studie haben vier von fünf befragten Lehrern angegeben, dass sie erwarten und sich wünschen, dass sie von der Universität besser auf die Herausforderungen im Umgang mit digitalen Medien vorbereitet werden.
Gegenwärtig ist es allerdings so, dass die Medienbildung in der Lehramtsausbildung nur am Rande der allgemeinen Didaktik behandelt wird, und das noch nicht einmal für alle Lehrämter. In den allermeisten Fachdidaktiken spielt das Thema überhaupt keine Rolle.
Wir schlagen deshalb vor, die Medienbildung als Ziel der Leh rerausbildung in die entsprechende Landesverordnung aufzu nehmen. Das ist gar nicht so neu: Das macht zum Beispiel das schwarze Bayern, aber auch das grüne Baden-Württemberg und das rote Rheinland-Pfalz. Das heißt: Auch wir könnten das durchaus machen; da würde niemand Gefahr laufen, sein Ge sicht zu verlieren.
Wenn ich mir jedoch den Antrag der Koalition anschaue, lese ich zu diesem Thema vor allen Dingen eines heraus: betonte Zurückhaltung. Das ist mir an dieser Stelle unbegreiflich. Was in anderen Ländern möglich ist, sollte auch bei uns möglich sein.
Nun muss man allerdings dazu sagen: Wenn wir die Lehreraus bildung ändern, greift das erst in einigen Jahren. Das heißt, wir haben damit das akute Problem noch nicht gelöst, sondern müssen noch etwas anderes machen. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie können wir die Lehrer unterstützen, die jetzt schon an Brandenburgs Schulen arbeiten und mit chattenden und sur fenden Klassen klarkommen müssen? - Die Antwort ist: Wir müssen ihnen erfahrene Medienpädagogen zur Seite stellen. - Die gute Nachricht ist: Diese erfahrenen Medienpädagogen gibt es in Brandenburg. Wir haben mittlerweile fünfzehn Ju gendinformations- und Medienzentren, die sogenannten JIMs. Das fünfzehnte ist übrigens gerade erst vor wenigen Tagen ein geweiht worden. Bislang arbeiten die Medienpädagogen an diesen JIMs allerdings eher außerhalb des Systems Schule. Ich weiß aber aus Gesprächen, dass sie durchaus bereit wären, in Schulen zu gehen und mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Damit sind wir bei der zweiten Forderung unseres Antrags: So lange die Lehrer, die wir in Brandenburg haben, nicht genü gend für den Umgang mit neuen Medien ausgebildet und da rauf vorbereitet sind, sollte die Landesregierung Medienpäda gogen in die Schulen holen. Wie genau eine solche Zusammen arbeit aussehen könnte? Auch da müsste man nichts Neues er finden. Die Medienwerkstatt Potsdam hat es vorgemacht: Da gab es das sogenannte Leitteam, das an über 40 Schulen in Potsdam und Umgebung Workshops für die Klassen 6 bis 9 an geboten hat. In diesen Workshops haben die Schüler gelernt, sich mit Facebook und Co. auseinanderzusetzen, wie man auf Cybermobbing reagiert und wie man Daten schützt. Die Lehrer waren begeistert, die Schüler sowieso. Und das Schönste: Auch die Eltern waren begeistert; sie wurden zum Abschluss der Workshops eingeladen und konnten ebenfalls einiges dazuler nen.
Ich muss an dieser Stelle leider in der Vergangenheitsform sprechen, denn die Förderung des Projekts ist mittlerweile aus gelaufen. Die Lehre, die man daraus ziehen kann, ist: Wenn es uns mit der Medienkompetenz tatsächlich ernst ist, brauchen wir eine verlässliche Förderung für solche Formate und nicht nur punktuell Projekte, die mit Lottomitteln finanziert werden. Wir brauchen eine verlässliche Förderung, die auch in der Flä che des Landes ankommen muss und nicht nur an einzelnen Punkten in Potsdam, nur weil man da vielleicht am besten hin kommt.
- Danke schön. - Ich will damit sagen: Medienkompetenz ist ein weites Feld. Wir hatten mit unserem Antrag - auch das muss ich sagen - nicht den Anspruch, das weite Feld komplett und ganz allein zu beackern. Wir haben mittlerweile weitere Anträge dazu vorliegen: einen Antrag der Grünen, den ich sehr gut finde, und einen Antrag der Koalition, den ich nicht schlecht finde, der aber auch nicht sonderlich weit geht und eher im Ungefähren bleibt.
Es gibt noch viele andere Themen, die ich für wichtig halte, aber das Schönste ist, dass unsere Anträge einander im Wesent lichen nicht widersprechen, sondern ergänzen. Deshalb bin ich auch sehr froh, dass die Grünen die Überweisung dieser Anträ ge in den Ausschuss beantragt haben. Wir werden dem natür lich zustimmen. Das setzt bei Ihnen, liebe Kollegen von der Koalition, allerdings einen gewissen Willen zur politischen Zu sammenarbeit voraus; das setzt voraus, dass Sie in der Lage und willens sind, diese Diskussion mit uns führen.
Jetzt muss ich noch einmal auf Herrn Kalbitz zurückkommen - nun ist er gar nicht da, aber es wird ja aufgezeichnet, sodass er sich das im Internet anschauen kann. Herr Kalbitz hat sich eben beklagt, dass wir dem Thema Medienbildung zu viel Raum zugestehen. Er hat sich gewundert, dass da noch ein An trag hinzukommt. Mit Blick auf den aktuellen Tagesordnungs punkt wundere ich mich, dass man mit dieser Einstellung noch am Vormittag zu den drei vorliegenden Anträgen einen Ent schließungsantrag hinzupackt, der im Wesentlichen redundant ist und Punkte aufgreift, die in den anderen Anträgen enthalten sind, und der zum anderen wenig konkret und in anderen Punk ten relativ belanglos ist.
Lassen Sie mich auf ein paar Punkte aus Ihrem Entschließungs antrag eingehen. Sie sprechen dort von verschiedenen Formen der Demokratie und erwähnen immer wieder eine Weiterent wicklung der Demokratie. Sie sprechen von der Mediendemo kratie, von der Elitendemokratie, und in Punkt 5 fordern Sie, dass die Landesregierung ein Konzept erarbeiten soll, wie die Medienbildung an Schulen umgesetzt werden kann. Es müsse grundlegend sein, Lehrern und Schülern zu zeigen, welche Möglichkeiten die neuen Medien für die Weiterentwicklung der Demokratie haben. Die Weiterentwicklung der Demokratie durch neue Medien beeinflussen - da kamen mir zunächst ein mal Ihre neuen Medien in den Sinn: Ihre diversen AfD-Face book-Seiten, Twitter-Accounts und was es da so alles gibt.
Dass das Thema Medienbildung eine wichtige Sache ist, sieht man gerade bei Ihnen besonders gut, weil gerade Sie relativ oft dazu neigen, Inhalte ungeprüft zu verbreiten, seien es Fotos von Kindern auf Kinderschokoladenverpackungen, die Sie als nicht deutsch genug einschätzen,
oder sei das eine bekannte Politikerin von Ihnen, die ein Postil lon-Posting für bare Münze - wahrscheinlich für D-Mark und nicht für Euro - nimmt. Da haben Sie genug Nachholbedarf.
Wenn ich mir vorstelle, dass Sie mit diesen neuen Medien die Demokratie weiterentwickeln, dann wird mir angst und bange. Nicht umsonst gibt es den Begriff der Echokammer, an den die sozialen Netzwerke erinnern. Das funktioniert wie das Ama zon-Prinzip, das kennen Sie: Wenn Sie irgendetwas bestellen wollen - meinetwegen eine Deutschlandfahne -, dann steht un ten: Kunden, die das bestellt haben, gefiel auch - und dann tau chen andere Sachen auf. Ich weiß nicht, was bei Ihnen auf taucht, das ist ein Algorithmus.
Genauso ist es bei den sozialen Netzwerken: Was man hinein ruft, bekommt man wieder raus. Darin ist man manchmal ein bisschen gefangen, da kommt man auch schlecht wieder heraus. Das lässt sich bei Ihnen gut beobachten.
Dieser Antrag ist kein Beitrag zur Weiterentwicklung der Demokratie oder zumindest keiner, den wir brauchen.
Deshalb werden wir Ihrem Entschließungsantrag nicht zustim men, wir werden ihn ablehnen. Ich glaube, die anderen vorlie genden Anträge bieten genug Raum, sich darüber noch einmal vertieft auszutauschen, und freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr verehrte Gäste! „Ohne Handy existiere ich nicht“, sagt die eine; „Ohne Facebook bin ich tot“, sagt ein anderer - beide ohne den ge ringsten Anflug von Skepsis. Das ist unter anderem Alltag in unseren Klassenzimmern.
Digitale Medien, das Internet, soziale Netzwerke, Tablets, Smartphones usw. sind nicht mehr aus der Lebenswelt unserer Kinder und Jugendlichen wegzudenken. Ob in der Freizeit, in der Kita, in der Schule oder in der Ausbildung und im Studi um - digitale Medien sind immer präsent.
Sie bieten auf der einen Seite natürlich riesige Potenziale, einen Fundus an Wissen und Information, die Verbindung zur Welt. Digitale Arbeits- und Lernmaterialien motivieren, machen neu gierig, bieten die Möglichkeit der individuellen Förderung, sie regen die Kreativität der Kinder und Jugendlichen an. Sie eröff nen also vielfältige Entwicklungs- und Lernchancen. Kinder in formieren und vernetzen sich, spielen und kommunizieren.
Studien zeigen, dass unsere Kinder und Jugendlichen technisch geschickt mit den digitalen Medien umgehen können. Dies al lein garantiert jedoch keinen sicheren Umgang mit den Medi enformen, wenn es den überhaupt gibt. Denn der Umgang mit den Medien birgt auf der anderen Seite eine Menge Gefahren. Treffend hat das ein Lehrer - Ernst Ferstl - zusammengefasst: Die neuen Medien bringen viele Möglichkeiten, aber eben auch viele Dummheiten mit sich. - Internetsucht, Cybermob bing, Datenmissbrauch, sexuelle Übergriffe, Gesundheitsschä den - auch das ist Realität.
Mit Bestürzung musste ich als Lehrerin im Schulalltag zur Kenntnis nehmen, was die neuen Medien mit unseren Jugend lichen auch machen: Das Smartphone ist mittlerweile ein Sta tussymbol geworden - habe ich keins, bin ich draußen. Sie sind immer abrufbar, ständig dabei, sich irgendwie zu präsentieren, stehen oft unter Druck. Zerstreutheit, eingeschränkte Konzen trationsfähigkeit und Müdigkeit sind die Folgen - das wird auch im Unterricht deutlich, und damit müssen sich unsere Lehrkräf te auseinandersetzen. Es nagt auch am Selbstwert, wenn Kinder und Jugendliche sehen, was andere so vermeintlich Tolles ma chen. Fiese Kommentare über Facebook, verletzende Selfies über WhatsApp oder herablassende Posts auf Twitter - das ist für viele Jugendliche bitterer Alltag. Die Folgen sind Depressionen bis hin zu Suizidgedanken, Meiden sozialer Aktivitäten, Fernbleiben von der Schule oder Selbstverletzung.
Medienkompetenz, so heißt es, ist die Fähigkeit, mit Medien sachgerecht und verantwortungsvoll umzugehen, sie produktiv und kreativ für die eigenen Ziele und Bedürfnisse zu nutzen, die Inhalte kritisch zu bewerten, Gefahren zu erkennen und entsprechende Handlungsstrategien entwickeln zu können. - So steht es in unserem neuen Rahmenlehrplan für Berlin und Brandenburg für die Klassen 1 bis 10.
Medienbildung ist nunmehr ein Basiscurriculum, bei dem die fächerübergreifende Kompetenzentwicklung im Mittelpunkt
stehen soll - eine gute Grundlage, aber erst ein Anfang, ein sehr hoher Anspruch an unsere Kolleginnen und Kollegen an den Schulen und eine riesige Verantwortung. Es ist aber auch eine gemeinsame Verantwortung von Eltern, Lehrkräften, Sozialar beiterinnen und Sozialarbeitern, Erzieherinnen und Erziehern und außerschulischen Akteuren. Sie übernehmen hier eine wichtige Begleitfunktion, sind Experten, vertrauensvolle Zu hörer, hilfsbereite Gesprächspartner und vor allem interessierte Mitlernende. Sie brauchen auch Medienkompetenz.
Dass Brandenburg dabei nicht bei null anfängt, haben wir heu te mehrfach gehört. Wir haben das Konzept zur Stärkung der Medienkompetenz und die Rahmenvereinbarung zwischen dem Bildungsministerium und der Medienanstalt Berlin und Brandenburg. Das wird jedoch für die Zukunft nicht reichen.
Wir haben in Brandenburg auch Nachholbedarf. Laut einer bundesweiten Studie der Telekom-Stiftung von 2005 nutzen nur 22 % der Lehrkräfte in Brandenburg mindestens einmal pro Woche digitale Medien im Unterricht - Gordon Hoffmann ist darauf schon eingegangen, aber er hört mir heute nicht zu, das finde ich sehr traurig -,
obwohl dies nicht unbedingt etwas über die Qualität der Ver mittlung der Medienkompetenz aussagt, denn das ist viel mehr. Nach Aussagen der Studie verfügt nur die Hälfte unserer Schu len über ein eigenes Medienkonzept für den Einsatz von Com putern im Unterricht. Es besteht also die Notwendigkeit, dass das Land deutlich aktiver wird.
Worum muss es gehen? Die Koalition möchte mit diesem An trag die Medienbildung an unseren Schulen voranbringen. An gesichts des hohen Bedarfs und aufbauend auf dem Konzept „Stärkung der Medienkompetenz“ und dem Rahmenlehrplan fordern wir die Landesregierung auf, bis Mitte 2017 einen Be richt über die Umsetzung des Konzepts und die verschiedenen schon gelaufenen Förderprogramme vorzulegen und Schluss folgerungen für die zukünftige Stärkung der Medienkompetenz zu ziehen. Dabei ist es uns sehr wichtig, dass außerschulische Experten in die Weiterentwicklung einbezogen werden, zum Beispiel - wie heute mehrfach erwähnt - der Landesfachver band Medienbildung, der ein kompetenter Ansprechpartner hierbei sein kann.
Es existieren sehr viele regionale und landesweite Netzwerke, die sich mit diesem Thema beschäftigen, die stark angefragt sind und die Bedarfe lange nicht mehr decken können. Sie brauchen eine Koordinierung und auch finanzielle Unterstüt zung.
Hier kam der Hinweis, den Medienstaatsvertrag zu ändern und die 50-%-Finanzierung aufzuheben, wenn wir diesen Bereich fördern wollen. Auch damit sollten wir uns künftig beschäfti gen. Wir möchten, dass die Lehrkräfte Fortbildungen bekom men - die brauchen sie. Sie müssen im Umgang mit den neuen Medien professionalisiert werden, damit sie modern unterrich ten können. In der Lehrerausbildung muss das Thema verbind lich verankert werden. Es laufen hier schon einige Module, es ist nicht so, dass die Uni im Bereich Medienbildung nichts macht. Aber diese einzelnen Module müssten systematisiert
Als nächsten Punkt wollen wir einen Maßnahmenplan für Open Educational Resources, also frei zugängliche und frei ver wendbare Bildungsinhalte. Das sind vor allem digitale Lehr materialien, die nach den eigenen Bedürfnissen aus unter schiedlichsten Quellen genutzt, kombiniert und weiter verwer tet werden können - 2002 ist das von der UNESCO angeregt worden. Die Open Educational Resources finden aber immer noch wenig Verbreitung. Die KMK hat Anfang 2015 in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe hervorgehoben, dass dieses Pro gramm positive Effekte auf das Lernen und Lehren haben kann, und Empfehlungen verabschiedet. Das sollte in den Maßnahmenplan der Landesregierung einfließen.