Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist erstaunlich, dass sich die Altparteien den Brüsseler Bürokraten gegenüber auf einmal kritisch äußern. Sie sprechen sich in Ihrem Antrag nicht für die Ausweitung des Anwendungsbereichs des EUTransparenzregisters auf die Bundesländer, die Kommunen so wie ihre Vertretungen aus. Die Europäische Kommission plant derzeit die Überarbeitung des bisher nicht verpflichtenden EUTransparenzregisters. Ziel des Transparenzregisters ist die öf fentlich einsehbare Erfassung derjenigen Interessenvertreter, die Einfluss auf die EU-Gesetzgebung nehmen wollen, ohne Teil des Rechtsetzungsverfahrens zu sein.
Jetzt soll ein verbindliches EU-Transparenzregister kommen. Das ist prinzipiell nicht schlecht. Außerdem plant die Kommis sion die Ausweitung des EU-Transparenzregisters auf regio nale und lokale Behörden und ihre Vertretungen. Bundesländer und Gemeinden werden dann also genauso behandelt wie Mercedes oder Greenpeace. Das zeigt eindeutig, wie in Brüssel gedacht wird. Das ganze Problem hat man sich aber selbst ein gehandelt. Die Misere begann mit den Maastricht-Verträgen. Hierzu wurde der Artikel 23 des Grundgesetzes, der sogenann te Europaartikel, eingeführt. Darin heißt es: Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrats Hoheits rechte übertragen. - Diesem Ermächtigungsgesetz hat der Bun desrat damals zugestimmt. Hätten die Bundesländer sich da mals verweigert, müsste man sich heute keine Gedanken darü ber machen, dass man mit Mercedes und Greenpeace gleichge stellt werden soll.
Auch bei allen bisherigen Gaunereien auf EU-Ebene haben die Bundesländer, auch Brandenburg, nur zugesehen und brav mit gestimmt - sei es bei der EU-Einführung, der sogenannten EUVerfassung oder bei der Eurorettung. Die Länder haben immer brav genickt.
Als ich dann in Ihrem Antrag las: Mit Nachdruck verweist der Landtag auf die in Artikel 4 Abs. 2 EU-Vertrag verankerte Pflicht der Union, die nationale Identität der Mitgliedsstaaten zu achten - dazu gehören die grundlegenden politischen verfas sungsmäßigen Strukturen der Mitgliedsstaaten, einschließlich der für die Bundesrepublik Deutschland im Grundgesetz fest verankerten Strukturen der regionalen und lokalen Selbstver waltung -, kam mir fast das Lachen. Sie wollen, dass die EU die nationale Identität der Mitgliedsstaaten achtet, dabei tun Sie das doch selbst nicht. Vor allem achten Sie nicht die eigene. Es ist skurril, wenn sich SPD und die Linke gegenüber der EU als Verteidiger der regionalen und lokalen Selbstverwaltung aufspielen - zwei Parteien, die gerade eine Kreisgebietsreform durchdrücken, die den Geist des demokratischen Zentralismus atmet. Wenn Sie sich so verhalten, wundert es mich nicht, dass Sie dann wie Lobbyisten behandelt werden sollen. Wir werden dem Antrag trotzdem zustimmen, um ein Zeichen gegen die Brüsseler Bürokratie zu setzen.
Herr Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordne te! Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die EU schrumpft. Als leidenschaftliche Europäer haben wir natürlich ein großes Interesse, das Vertrauen in die EU-Institutionen zu
stärken. Das EU-Lobbyregister, das derzeit überarbeitet wird, dient diesem Zweck. Auf diesem öffentlichen Internetportal können sich Organisationen registrieren, die Einfluss auf euro päische Entscheidungen nehmen wollen. Sie müssen angeben, welche Interessen sie in wessen Namen vertreten und welche Finanzierung ihnen zur Verfügung steht.
Transparente Entscheidungsprozesse tragen zu einer ausgewo genen Interessenvertretung bei, die die Gleichheit der Bürge rinnen und Bürger achtet. Gleichzeitig führt mehr Transparenz dazu, Bürgerinnen und Bürger zu einer aktiven Teilnahme am demokratischen Leben anzuregen. Lobbyisten können sich auf die Meinungs- und die Vereinigungsfreiheit berufen; in einem demokratischen System ist ihre Arbeit unverzichtbar. Nichtsdestotrotz unterliegen sie besonderen Rechenschaftspflichten, insbesondere dann, wenn sie aufgrund ihrer Größe und finanziellen Mittel über besonderen Einfluss verfügen.
Bislang war das Transparenzregister nicht verpflichtend und be zog sich lediglich auf die Europäische Kommission und das Eu ropäische Parlament. Nun soll es nach dem Willen der Kommis sion für alle verbindlich werden und sich auch auf den Rat der EU erstrecken. Das EU-Parlament fordert dies bereits seit 2008.
Meine Fraktion unterstützt diese Forderungen ausdrücklich. Ich finde sogar, wir könnten uns im Landtag Brandenburg hier von eine Scheibe abschneiden. Als 2013 das Landtags-Lobby register eingeführt wurde, hätten wir Bündnisgrünen uns ein umfassendes Gesetz gewünscht, das zum Beispiel auch Sanktionen vorsieht. Schade, dass es bei einer bloßen Anlage zur Geschäftsordnung, in der sich Verbände auf Antrag eintragen dürfen, geblieben ist.
Zurück zum EU-Lobbyregister: Ich glaube, meine Vorredne rinnen und Vorredner haben schon hinreichend deutlich ge macht, dass es wenig Sinn macht, seinen Anwendungsbereich auch auf den Landtag und die Kommunen zu erstrecken. De mokratisch legitimierte Verfassungsorgane der Länder und Ge meinden sind integraler Bestandteil des EU-Rechtsetzungsver fahrens. Sie können mit Lobbygruppen aus Wirtschaft und Ge sellschaft, die von außen auf den Gesetzgebungsprozess ein wirken, nicht gleichgestellt werden - jedenfalls dann nicht, wenn sie lediglich öffentliche Interessen ohne Gewinnerzie lungsabsicht verfolgen.
Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, uns auf den vorlie genden Antrag zu einigen, und hoffe auf einstimmige Annah me. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Landes regierung begrüßt den fraktionsübergreifenden Antrag des
Landtags, in dem gefordert wird, bei der anstehenden Reform des EU-Transparenzregisters den Anwendungsbereich nicht auf die deutschen Länder, Kommunen sowie ihre jeweiligen Vertretungen in Brüssel auszuweiten.
Grundsätzlich schätzt die Landesregierung das gemeinsame Transparenzregister von Europäischem Parlament und EUKommission als geeignetes Instrument ein, um einen regulato rischen Rahmen für die Tätigkeit der verschiedenen Interessen vertreter aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft im Umgang mit den EU-Institutionen zu schaffen. Dennoch darf es zu keiner Gleichstellung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaf ten und ihrer Vertretungen in Brüssel mit Lobbyisten kommen, die bei den EU-Institutionen mit ihren Partikularinteressen von außen auf die europäischen Gesetzgebungsprozesse einwirken wollen. Der Grund dafür ist, dass die deutschen Länder zum einen über die Mitwirkungsrechte des Bundesrates und die Zu sammenarbeit von Bund und Ländern in EU-Angelegenheiten sowie über den EU-Ausschuss der Regionen direkte Beteiligte am EU-Gesetzgebungsverfahren sind. Zum anderen sind die Länder Träger hoheitlicher Aufgaben und jederzeit dem Allge meinwohl verpflichtet.
Die Landesregierungen werden bei der Ausübung ihrer verfas sungsrechtlich gebotenen Aufgaben von ihren jeweiligen Lan desparlamenten, aber auch durch Medien und Öffentlichkeit kontrolliert. Gleiches gilt selbstverständlich für unsere kom munale Ebene.
Dabei teilen wir die Sorge des Landtags, dass es auf EU-Ebene im Rahmen der Überarbeitung des europäischen Transparenz registers Bestrebungen gibt, den Anwendungsbereich des Re gisters auf regionale und lokale Gebietskörperschaften auszu weiten, wodurch die deutschen Länder und ihre Kommunen sowie ihre Vertretungen der Registrierungspflicht unterworfen würden.
Wir fordern, dass die Europäische Union, wie hier schon ange sprochen, entsprechend Artikel 4 Absatz 2 des EU-Vertrags die föderale Ordnung der Bundesrepublik Deutschland achtet, de ren grundlegender Bestandteil die Länder sind. Wir fordern weiterhin, dass die Landesvertretungen und das Büro der kom munalen Spitzenverbände keinem Nachteil beim Zugang zu EU-Institutionen und deren Beschäftigten unterworfen werden, wenn sie nicht registriert sind. Die brandenburgische Landesre gierung hat sich in voller Übereinstimmung mit den Landesre gierungen der anderen Länder sowohl im Bundesrat mit Be schlüssen vom November 2014 und Januar 2016 als auch mit einem Beschluss der Europaministerkonferenz vom April die ses Jahres für dieses wichtige Anliegen stark gemacht.
Die Landesregierung ist überzeugt, dass wie vorliegend ein fraktionsübergreifend getragener Beschluss des brandenbur gischen Landtages eine hervorragende Außenwirkung zum
EU-Transparenzregister entfalten wird, zumal sich auch andere Landtage mit Beschlüssen entsprechend verhalten haben bzw. dies alsbald tun werden, sofern sie es noch nicht getan haben. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Ich schließe die Aussprache und rufe den An trag der Fraktionen SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN „Keine Ausweitung des Anwendungsbereichs des EU-Transparenzregisters auf die Bundesländer, Kommu nen sowie ihre Vertretungen“, Drucksache 6/4287, zur Abstim mung auf. Ich darf Sie fragen: Wer möchte diesem Antrag zu stimmen?
Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. - Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.
Zustimmung zur Mitgliedschaft in dem Aufsichtsrat der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte GmbH (BKG)
Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Deshalb kom men wir direkt zur Abstimmung. Ich darf Sie fragen: Wer möchte dem Antrag der Landesregierung in Drucksache 6/4242 „Zustimmung zur Mitgliedschaft in dem Aufsichtsrat der Bran denburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte GmbH (BKG) “ zustimmen? - Gibt es Gegenstimmen? - Ja, es gibt Ge genstimmen. - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. - Bei einigen Gegenstimmen ist der Antrag mehrheitlich ange nommen und Frau Ministerin Dr. Münch in den Aufsichtsrat der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte GmbH (BKG) berufen.
Ich schließe Tagesordnungspunkt 16. Bevor ich die Sitzung schließe, möchte ich Sie noch auf den Parlamentarischen Abend der Johanniter-Unfall-Hilfe, der heute oben in der Kan tine stattfindet, aufmerksam machen.