Protokoll der Sitzung vom 08.06.2016

(Beifall DIE LINKE und der Abgeordneten Nonnema cher [B90/GRÜNE])

Dazu bedarf es einer großen Qualitätsoffensive und eines Investitionsprogramms in die Zukunft. Der andauernde Rückzug der DB AG aus der Fläche und auch der jetzige Entwurf des Bun desverkehrswegeplans sind da die falschen Antworten.

Viertens: Seit Jahren wird zwischen Bund und Ländern eine Auseinandersetzung um die Regionalisierungsmittel geführt. Es gibt bisher keine Bewegung beim Bund, schon gar nicht da hingehend, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Wir werden in Brandenburg hier mit finanziellen Einbußen zu rechnen haben. Das wird auch für den Landeshaushalt Konsequenzen haben. Deshalb muss dringend auch das Thema Trassen- und Stations preise als wichtige finanzielle Stellschraube aufgerufen wer den. Brandenburg zahlt hier Höchstpreise - unverständlich, wieso. Niemand kann uns diese Frage beantworten oder uns das rechnerisch erklären. Letztendlich fließt viel Geld aus Brandenburg an den Bund als Eigner der Deutschen Bahn AG zurück. Der Bundesverkehrsminister hat die Länder bei ihrer entsprechenden Initiative im Bundesrat leider abblitzen lassen.

Fazit: Die längst überfällige Weichenstellung für mehr Mobili tät auf der Schiene blieb bisher aus.

Wir wollen den Schienenverkehr in Brandenburg stärken. Das ist auch in der Koalitionsvereinbarung verabredet. Wir werden den Landesentwicklungsplan für die Region Berlin-Branden burg in der nächsten Zeit diskutieren. Wir werden die Mobili tätsstrategie erarbeiten. Wir werden den Landesnahverkehrs plan neu fassen und auf diesem Wege gemeinsam die Frage beantworten: Wie geht es mit dem Schienenverkehr auch in Brandenburg - auch in der Verantwortung für den Regionalver kehr - weiter?

Längst, meine Damen und Herren, ist uns klar, dass immer mehr Verkehr nicht gleichzeitig mehr Wohlstand bringt. Immer mehr Verkehr auf der Straße bringt gravierende Gesundheits-, Umwelt- und Klimaprobleme mit sich. Das zeigt sich auch im Land Brandenburg. Es gibt zahlreiche Bürgerinitiativen. Es gibt in den Kommunalvertretungen gefasste Beschlüsse, mit denen sie ihre Kritik und ihren Protest zum Verkehrslärm, zur Verkehrsführung, zu Staus auf den Straßen zum Ausdruck brin gen. Wir alle haben in den Wahlkreisen davon gehört und ha ben damit zu tun.

All dies führt uns letztendlich zu der Frage: Wie kann es besser gelingen, die wachsenden und auch veränderten Mobilitätsbe dürfnisse von Menschen zu befriedigen und den Güterverkehr dabei ökologisch und sozial zu gestalten? Ich sage: Mit mehr Mobilität auf der Schiene können wir das schaffen.

Meine Damen und Herren! Das Thema dieser Aktuellen Stun de haben wir gewählt, um der Positionierung der Landesregie

rung - und damit ganz besonders der Verkehrsministerin - zu besserem und mehr Schienenverkehr Rückendeckung für die Gespräche und Verhandlungen zu geben, die mit der Deutschen Bahn, aber auch mit der Bundesregierung für einen besseren Bundesverkehrswegeplan, für die Zukunft zu führen sind. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Tack. - Wir setzen die Aus sprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Genilke für die CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde hat DIE LINKE gewählt. Es wurde nur noch nicht richtig wiederholt, daher sage ich, was dort steht: „Mobilität auf der Schiene für Menschen und Güter auf dem Abstellgleis oder Mobilität auf der Schiene stärken?“ - Das ist der eigentliche Antragstext.

Nachdem ich Ihre Rede heute, Frau Tack, gehört habe, stelle ich fest, dass Sie die Begründung schuldig geblieben sind, wa rum Sie dieses Thema für so wichtig erachten, und dass Sie die Auskunft schuldig geblieben sind, wo Ihre eigene Verantwor tung in diesem Prozess, den Sie hier andeuten - mehr Mobilität auf die Schiene zu bringen -, eigentlich liegt. Sie stehen auf dem Abstellgleis, Frau Tack.

(Beifall CDU und AfD - Frau Tack [DIE LINKE]: Dann haben Sie nicht zugehört!)

Seit 2009 tragen Sie Verantwortung für dieses Land, auch für die Mobilität des Landes. Nun geben Sie in dieser Aktuellen Stunde nicht etwa die Antwort, wie die Mobilität funktioniert, sondern richten eine Frage an dieses Plenum. Wir sollen Ihre Aufgaben machen, und das wird so nicht funktionieren.

(Beifall CDU und AfD - Unmut bei der Fraktion DIE LINKE)

Frau Tack, Sie haben natürlich ein Problem - das wissen wir -: Die Umfragewerte sind schlecht. Das hat auch etwas damit zu tun, dass die Ansprüche, die Sie ständig an andere stellen - an Dritte, an den Bund, an wen auch immer -, nicht mit Ihrem Anspruch, eine vernünftige Verkehrs- und Infrastrukturpolitik in diesem Land zu betreiben, korrelieren.

(Beifall CDU)

Ich werde Ihnen auch sagen, warum das so ist: Sie haben in den letzten Monaten Ihre gesamte Kraft, all Ihre Anstren gungen, Ihr ganzes Augenmerk auf etwas gelegt, was dieses Land weder will noch braucht, nämlich die Kreisgebietsre form.

(Wichmann [CDU]: Genau! - Vereinzelt Beifall CDU)

Da hinein setzen Sie alles. Aber die Zukunftsthemen der Mobi lität und des wirtschaftlichen Aufschwungs …

(Unmut sowie Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

- Ja, ja.

… sowie die gesamte Infrastruktur vernachlässigen Sie. Darü ber haben wir im letzten Plenum schon gesprochen.

Sie gestalten diese Kreisgebietsreform nicht nur schlecht, Sie begründen sie auch nicht. Sie lässt Brandenburg keine Perspek tiven und erzeugt Reibung in den Kommunen und im Land.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Zum Thema!)

Damit übergehen Sie die wirklich wichtigen Zukunftsfragen die ses Landes. Deshalb ist diese Aktuelle Stunde völlig überflüssig.

(Beifall CDU)

Vor wenigen Wochen haben wir einen Antrag zur Stammbahn eingebracht. Da tragen wir regionale Verantwortung. Damals haben Sie das mit folgender Begründung abgelehnt: Darüber brauchen wir uns nicht zu unterhalten, das machen wir im Rah men der Mobilitätsstrategie 2030. - Jetzt, sechs Wochen spä ter - ich erinnere daran, dass Ende März dieses Jahres ein Ent wurf der Mobilitätsstrategie vorliegen sollte und wir ihn bis heute nicht haben - führen Sie mit Ihrem Antrag praktisch das ins Feld, was wir als Argumentation vorgebracht hatten,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

und diskutieren wieder über Dinge, bei denen Sie vor wenigen Wochen der Meinung waren: Darüber brauchen wir nicht zu reden, das ist alles irgendwie im Fluss. - Das verstehe ich nicht. Aber Sie können es uns nachher, wenn Sie noch Redezeit ha ben, noch einmal vorstellen.

Sie haben die Regionalisierungsmittel angesprochen. Weil nicht alle mit diesem Thema so vertraut sind, darf ich dazu sagen: Der Bund wird in den nächsten Jahren für die Infrastruktur die ses Landes 91 Milliarden Euro mehr ausgeben, davon ein Vier tel für Neubaumaßnahmen, den Rest für den Erhalt der beste henden Infrastrukturnetze. So viel Geld hat es hierfür in der Bundesrepublik Deutschland noch nie gegeben. Unser Problem ist ein Umsetzungs- und Planungsproblem: Wir haben nicht ge nügend Ressourcen, so viel zu planen, wie uns zur Verfügung stehen wird. Auch das haben wir hier schon deutlich angespro chen. Hier sollten Sie noch einmal an Ihre eigene Verantwor tung appellieren.

(Beifall CDU)

Frau Tack, Sie sind ja immer viel in Sachen Enkeltauglichkeit unterwegs, habe ich gelesen.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [DIE LINKE])

Frau Tack zieht durch die Gegend und erklärt uns, wie dieses Land funktioniert, damit es auch für nachfolgende Generationen gut erhalten bleibt.

(Frau Große [DIE LINKE]: Das macht sie gut!)

Ich bitte Sie, gerade im Verkehrs- und Infrastrukturbereich ein fach einmal anzufangen, statt immer nur mit einem Buch durch die Gegend zu ziehen. Das würde uns sehr helfen.

(Beifall CDU)

Sie sprechen in Ihrem Antrag davon - das haben Sie eben auch wiederholt -, dass Schließungen von Güterbahnhöfen bevor stünden. Ich habe die Pressemitteilung der DB Cargo aufmerk sam gelesen: Von Schließung war da nicht die Rede, sondern lediglich von der Bedienung der Güterbahnhöfe.

(Lachen sowie Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Dass der „rote Riese“ nicht in der Lage ist, diese Güterbahn höfe mit seiner Tochter DB Cargo zu wirtschaftlichen Bedin gungen zu bedienen, erstaunt und erschreckt mich. Aber einem Güterverkehrsunternehmen, nämlich der DB Cargo, nach dem Mund zu reden

(Zuruf des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

und nur einem Unternehmen diese Möglichkeit zu gewähren ist nicht der Anspruch von Politik. Ziel der Politik muss es sein, die Infrastruktur instand zu halten und sie auch anderen Anbietern zugänglich zu machen. Auf einer Liste des Landes amts für Bauen und Verkehr stehen 40 Verkehrsunternehmen für das Land Brandenburg; all diese Unternehmen können die Güterbahnhöfe selbstverständlich bedienen. Deshalb ergeben sich aus dem Rückzug eines Unternehmens auch Chancen: Es gibt noch 39 andere Unternehmen, die, sofern sie es wirtschaft lich bewerkstelligen können - offensichtlich anders als die DB Cargo -, diese Chance nutzen können. Ich bin sicher, dass die ser Wettbewerb von uns zu befördern ist und wir nicht nach einem Staatsunternehmen rufen sollten, dass das unbedingt machen muss. Deshalb stehe ich den Unternehmen, die hier zu künftig unterwegs sind, sehr offen gegenüber.

Frau Tack, aus Ihrer Fragestellung geht nicht ganz hervor, wo Sie hinwollen. Vielen Anfragen habe ich entnommen, dass Sie sich darauf eingeschossen haben, dass sämtlicher Güterver kehr - oder zumindest ein großer Teil - auf die Schiene soll. Das ist sehr lobenswert; aber das ist nicht die einzige Bewe gungsform für Güter in unserem Land. Da spielt auch die Stra ße eine ganz besondere Rolle, zumal wir das fünftgrößte Flä chenland und ein zentrales Land für die Verkehre zwischen Ost und West sind. Das können wir nicht wegdiskutieren. Das wird sich nicht ändern, da Logistikketten nicht so aufgestellt sind, wie wir uns das vielleicht wünschen. Sie haben sich an Reali täten zu messen; dazu gehört - das sage ich ganz deutlich, da danke ich auch der Ministerin - auch der Lang-Lkw.

Es gibt dazu einen Zwischenbericht der BASt. Wenn Sie diesen aufmerksam gelesen haben, wissen Sie, dass wir mit den LangLkws Kraftstoffersparnisse zwischen 15 und 25 % erzielen und dass die bisher im Durschnitt eingesetzten zwei Lang-Lkws et was mehr als drei Fahrten mit konventionellen Lkws ersetzen. Unter der Maßgabe, dass das Gewicht - das sich im Übrigen nicht ändert, zumindest nicht im Kombinierten Verkehr - bei 40 t bleibt, aber auf mehr Achsen verteilt wird, ist auch kein höherer Erhaltungsaufwand an Straßen und Brücken zu erwar ten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben dafür zu sorgen, dass Mobilität und Beförderung von Gütern im Land möglich sind - und das sehr breit gefächert und vor allen Din gen offen hinsichtlich der Technologie, da das am Ende ent scheidend für den erzielten Preis ist.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle schließt sich der Kreis bezüglich des Mobilitätskonzeptes. Wir müssen uns end

lich darüber klar werden, was wir mit diesem Land machen wollen. Die Stammbahn ist ein Thema. Ich dachte, Sie würden wenigstens einmal über die S-Bahn-Anschlüsse reden. Da be finden wir uns immer noch auf dem Level: Wir untersuchen mal Korridore. - Wir müssen uns über ein drittes Gleis in Fal kensee unterhalten und darüber, wie wir mit den Überkapazi täten oder - wenn Sie so wollen - Unterkapazitäten der beste henden Regionalexpressverbindungen umgehen. Es kann im Übrigen nicht sein, dass ein Zug schon im Frühjahr wegen Überhitzung immer wieder stehen bleiben muss, um die Tech nik wieder zu aktivieren.

Wir müssen uns auch um die PlusBus-Linien kümmern - das wird jetzt als Allheilmittel angesehen. Aber PlusBus bedeutet im Grunde, Verantwortung für Mobilität vom Land auf die Landkreise zu schieben; denn die haben den in Zukunft zu be zahlen. Dazu haben Sie heute nichts gesagt; Sie haben keine Ideen für die Mobilität im Land. Daher glaube ich, dass das hier nicht besonders ernst gemeint war. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe sowie vereinzelt B90/GRÜNE)