Protokoll der Sitzung vom 15.07.2016

Herr Bretz, Sie haben hier wieder einmal ein paar Luftblasen aufgepumpt. Da muss man nur ein bisschen reinpiksen, dann zerplatzen sie gleich. Mehr war das hier nicht.

Ich hoffe, dass wir heute hier den Weg freimachen für diese tatsächlich wichtige Maßnahme, für dieses wichtige Signal, um die Steuergerechtigkeit in diesem Land voranzutreiben. - Herz lichen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. Wir sind damit am Ende der Aussprache und kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen zunächst über den Antrag der CDU-Fraktion ab, den Antrag der Fraktionen von SPD und DIE LINKE auf Drucksache 6/4444 - Kapitalerträge durch Abschaffung der Abgeltungsteuer gerecht besteuern - an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Wer dem Überwei sungsantrag folgen möchte, den bitte ich um ein Handzei chen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dem Über weisungsantrag nicht gefolgt worden.

Wir kommen zur direkten Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von SPD und DIE LINKE auf Drucksache 6/4444. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dem mehrheitlich zugestimmt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 15 und rufe Tagesordnungs punkt 16 auf:

Zustimmung im Bundesrat - Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten erklären

Antrag

der Fraktion der CDU

Drucksache 6/4497

Wir beginnen mit der Aussprache. Zu uns spricht die Abgeord nete Richstein.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Flüchtling könnte ein jeder von uns sein - wenn wir nicht hier geboren wären und nicht hier wohnen würden. Herkunft ist kein Verdienst, sondern allenfalls Zufall. Wer seine Heimat verlassen muss, weil er verfolgt wird oder weil er seine Mei nung nicht sagen, seinen Glauben nicht leben darf, wer vor Krieg und Zerstörung flieht, braucht Schutz und Hilfe.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte in der Debatte zum Gesetzentwurf zur Einstufung der drei Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer im Mai dieses Jahres: „Zum Helfen können gehört auch, Nein sagen zu können.“ Das ist auch die Position der CDU-Landtagsfraktion. Die Bundesregierung und auch wir kennen natürlich die kritischen Fragen und Themen, die mit der Menschenrechtslage in Algerien, Marokko und Tu nesien verknüpft sind.

Darüber ist im Bundesrat debattiert worden, darüber ist in einer Anhörung im Bundestag gesprochen worden; aber Fakt ist am Ende, dass niemand in Deutschland Asyl bekommt, nur weil in seinem Heimatland eine kritikwürdige Rechtslage vorliegt. Es muss eine persönliche Verfolgung bestehen, und der persönli che Schutz wird nicht angetastet. Das heißt im Klartext: Deutschland wird jedem, der in den Maghreb-Staaten individu ell verfolgt wird, Schutz gewähren. Aber die Anerkennungs- und die Rückführungszahlen zeigen uns auf, dass bei vielen Antragstellern eben kein anerkannter Asylgrund vorliegt.

In der Zeit von Januar 2015 bis Mai 2016 haben 3 641 Algeri er, 2 963 Marokkaner und 1 246 Tunesier in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Im gleichen Zeitraum wurde über 4 328 Asylanträge von Algeriern, 3 393 Anträge von Marokka

nern und 1 511 Anträge von Tunesiern entschieden. Darunter waren 4 265 Ablehnungen oder sonstige Verfahrenserledigun gen bei den Algeriern, 3 303 bei den Marokkanern und 1 505 bei den Tunesiern. Das bedeutet, dass gerade einmal 63 Algeri er, 90 Marokkaner und sechs Tunesier als Asylberechtigte an erkannt wurden. Das sind Anerkennungsquoten zwischen 0,4 und 2,65 %. Darüber hinaus haben von Januar bis Mai 2016 139 angeordnete Abschiebungen bzw. Rückführungen nach Al gerien, 150 nach Marokko und 80 nach Tunesien stattgefun den. Dies zeigt auf, dass es die Sicherheitslage bereits heute ermöglicht, dass ausreisepflichtige Menschen in ihr Heimat land zurückgeführt werden.

(Beifall CDU)

Frau Abgeordnete, warten Sie bitte einen Moment. - Ich bitte, das Gemurmel rechts auf der Regierungsbank einzustellen. Es ist so laut, dass es die Rednerin, glaube ich, irritiert - mich je denfalls.

Vor allem gehe ich davon aus, dass der Herr Innenminister noch antworten möchte, und es wäre schön, wenn er zuhören und nicht murmeln würde.

(Minister Schröter: Dazu habe ich ja schon mal gespro chen!)

- Ja, aber das war vor drei Monaten.

(Heiterkeit CDU)

Seitdem hat sich ja einiges getan, Herr Minister - vielleicht nicht in Ihrem Hause.

(Dr. Redmann [CDU]: Vielleicht keine Meinung gehabt!)

Meine Damen und Herren! Durch diese zahlreichen, zumeist aus asylfremden Motiven gestellten Asylanträge werden Bund, Länder und Kommunen mit erheblichen Kosten für die Durch führung der Verfahren sowie für die Versorgung der in Deutsch land aufhältigen Asylsuchenden belastet. Dies geschieht unab hängig davon, ob Brandenburg für diese Staaten zuständig ist oder nicht. Das war ein Argument, das in der letzten Debatte schon einmal gegen eine Zustimmung angeführt wurde. Im Er gebnis geht das zulasten der tatsächlich schutzbedürftigen Asylsuchenden, für die wenige Kapazitäten zur Verfügung ste hen. Wir sind uns darin einig, dass wir uns jetzt bei der Integra tion auf jene konzentrieren müssen, die auch wirklich eine Bleibeperspektive hier in Deutschland haben.

(Beifall CDU)

Menschen ohne Bleibeperspektive, Menschen, deren Leben nicht bedroht ist und die keine Opfer von Krieg und Verfolgung sind, müssen in ihre Heimatländer zurückkehren. Bereits die Einstufung der Westbalkanstaaten als sichere Herkunftsstaaten hat gezeigt, dass die Einreise von Menschen ohne asylrelevante Motive durch die Einstufung erheblich gesenkt werden konnte. Dabei bleibt das individuelle Asylrecht absolut unangetastet.

Meine Damen und Herren! Nur gemeinsam mit den Partnern in der Europäischen Union und in enger Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern der Flüchtlingsbewegung kann die Flüchtlingssituation bewältigt und die Zahl der Flüchtlinge nachhaltig und dauerhaft reduziert werden. Das Verfahren setzt ein ganz klares Signal für bereits eingereiste und migrations willige Personen ohne Aussicht auf einen Schutzstatus. Ihre Asylverfahren werden schneller durchgeführt.

Wir fordern die Landesregierung auf, im Bundesrat zu verlan gen, dass der Tagesordnungspunkt „Gesetz zur Einstufung der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Ma rokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaa ten“ auf die Tagesordnung der nächsten Bundesratssitzung ge setzt wird, und hoffen, dass diesem Gesetzentwurf auch seitens der Landesregierungen zugestimmt wird.

Herr Minister, Sie sagten, Sie hätten vor drei Monaten schon einmal dazu gesprochen. Damals meinten Sie etwas flapsig, dass es doch nicht sein könne, dass der Landtag den Meinungs bildungsprozess der Landesregierung ersetze. Nein, das wollen wir nicht, und er scheint mittlerweile bereits abgeschlossen zu sein. Zumindest hieß es in der Presse, dass Sie sich enthalten wollen. Sie sagten, es könne nicht sein, dass wir Ihnen die Ent scheidung abnehmen - das wollen wir auch nicht -, und der Landtag solle nicht in die Entscheidung des Verfassungsorgans Landesregierung eingreifen.

All dies tun wir nicht, aber ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Sie nach Artikel 94 der Landesverfassung auch über Ihre Mitwirkung im Bundesrat eine Unterrichtungspflicht gegen über dem Landtag haben. Es gibt eine Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung, in deren Präambel festgehalten ist, dass wir in gegenseitigem Respekt zueinander stehen und eine frühe Information durch die Landesregierung die Voraus setzung für eine Positionierung der Abgeordneten sein soll. Das heißt ganz klar: Wir dürfen uns zu Fragen, die Sie im Bun desrat behandeln, positionieren,

(Beifall CDU)

und wir dürfen uns hier eine Meinung bilden. Das lassen wir uns von Ihnen auch nicht nehmen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht der Abgeordnete Kurth für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! In den vergangenen Monaten haben wir ertragen müssen, dass die AfD im Plenum Anträge, die keine Mehrheit bekommen, wieder und wieder einbringt - so etwa bei den „hochwertigen“ Anträgen zur gedruckten Frei heit. Heute erleben wir, dass auch die CDU einen Antrag, der hier im Plenum umfänglich diskutiert und anschließend mit großer Mehrheit abgelehnt worden ist, erneut einbringt. Bereits in der 24. Sitzung des Landtages am 9. März 2016 haben wir uns auf Antrag der CDU …

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ich beantworte sie gern zum Schluss.

Wir haben uns unter dem Tagesordnungspunkt „Sichere Her kunftsstaaten Marokko, Algerien und Tunesien - Brandenburg muss im Bundesrat zustimmen“ mit diesem Thema befasst. Der Antrag ist seinerzeit in namentlicher Abstimmung abge lehnt worden, und in der Sache hat sich zwischenzeitlich kein neuer Stand ergeben.

(Frau Richstein [CDU]: Doch, natürlich!)

Auch weiterhin gibt es Streit, ob es wirklich richtig wäre, Alge rien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. Heftige Kritik kommt weiterhin von Amnesty Inter national und anderen Menschenrechtsorganisationen. Die Op position im Bund, insbesondere die Linke, lehnt das Vorhaben ab. Demgegenüber verteidigt der Bundesminister des Innern die geplante Einstufung. Er geht davon aus, dass die Menschen aus den Maghreb-Staaten zum überwiegenden Teil aus asyl fremden Gründen nach Deutschland kommen; Kollegin Rich stein hat es ausgeführt. Als Beleg verweist der Minister auf die geringe Anerkennungsquote - davon haben wir ebenfalls be reits gehört -, die im ersten Quartal des Jahres im Schnitt bei nur 0,7 % lag. Der Bundestag ist dieser Einschätzung mehr heitlich gefolgt - das ist tatsächlich eine Neuigkeit gegenüber dem Stand von vor drei Monaten -

(Frau Richstein [CDU]: Ach!)

und hat im März 2016 der Einstufung von Tunesien, Algerien und Marokko als sogenannte sichere Herkunftsländer zuge stimmt.

(Frau Richstein [CDU]: Mit den Stimmen der SPD!)

- Jawohl, auch mit den Stimmen der SPD, und daraus machen wir auch keinen Hehl.

(Beifall AfD)

Damit dieses Gesetz allerdings wirksam wird - das wissen Sie von der CDU;

(Zuruf von der SPD: Und der SPD!)

zumindest unterstelle ich das -, bedarf es der Zustimmung im Bundesrat. Bei den dortigen Vertretern gab es Zweifel, ob die Einstufung als sicheres Herkunftsland wirklich richtig ist. Auch diese Zweifel sind nicht neu. Der Bundesrat hat sich be reits in seiner Sitzung am 18. März mit dem Gesetzentwurf be fasst und die Bundesregierung gebeten, offene Fragen zur Be wertung der Sicherheitslage in den drei betroffenen Ländern zu beantworten.

Hierbei geht es unter anderem um die Lage von Minderhei ten, auch von einzelnen Völkergruppen, von Homo-, Trans- und Intersexuellen, um das Handeln einzelner staatlicher