Protokoll der Sitzung vom 28.09.2016

Denn die Alternative - das sage ich ganz klar und bewusst bleibt eine hochverschuldete Stadt, die sich nicht mehr vor wärts- oder rückwärtsbewegen kann. Das weiß Frau Tiemann. Sie als CDU-Fraktion halten ihr mit dieser Kampagne auch noch das Stöckchen hin. Da fehlen mir, ehrlich gesagt, ein we nig die Worte!

(Beifall SPD)

Wir haben gerade über Zukunftsfähigkeit gesprochen. Das ge hört nicht dazu!

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht Herr Abgeord neter Gauland für die AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Lie ber Herr Bischoff, ich dachte, ich sei hier in der Beratung des Haushalts. Bei Ihrer Rede kam ich mir plötzlich vor wie bei einer Vorlesung zu Platons idealem Staat, den Sie dann noch

ins Paradies umwandeln wollen - Sie wollen diesen Haushalt sozusagen zur Grundlage von beidem machen. Ich glaube, ich habe selten eine Rede gehört, die so an der Wirklichkeit in die sem Lande vorbeigeht wie Ihre heutige.

(Beifall AfD)

Ich habe den Haushaltsplan gelesen. Nehmen Sie es mir nicht übel, Herr Bischoff; das richte ich aber auch an Herrn Görke und Herrn Ministerpräsidenten: Sie können froh sein, dass der kleine Mann ihn nicht gelesen hat. Im Grunde genommen kön nen Sie auch froh sein, dass das Internet bei uns auf dem Land nicht so gut ausgebaut ist, um sich den Haushaltsentwurf online ansehen zu können. Ich fürchte, anderenfalls würden die Menschen sofort zu den Ministerien kommen und Dienstwa gen, Dienstausweis sowie die politische Verantwortung für die ses Land zurückfordern.

(Beifall AfD - Zuruf der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

Mit Geld spielt man nicht, meine Damen und Herren - so lautet ein schöner Spruch aus der Werbung. Ich möchte hinzufügen: Auch mit der Sicherheit spielt man nicht!

(Minister Schröter: Man spielt auch nicht mit den Ängs ten der Bevölkerung, Herr Gauland!)

Die Sicherheit in diesem Lande ist nur ein Beispiel dafür, war um dieser Haushalt so gar nicht geht. In Zeiten größter Verun sicherung plant die Landesregierung, die Stellen bei der Polizei von derzeit 8 114 auf 8 200 Stellen anzuheben.

Meine Damen und Herren, 86 Stellen mehr und doch weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn auch 8 200 Polizis ten werden nicht ausreichen, um den Menschen das Gefühl von Sicherheit zurückzugeben. Der Innenminister weiß das, und jeder sagt das. Die Gewerkschaft der Polizei, auf die Sie ja gern hören, sagt das ebenfalls. Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter sagt das. Die Evaluation zur Polizeireform besagt das. Das Polizeipräsidium sagt das. Jeder vom Fach sagt, dass 8 200 Mann bei der Polizei nicht ausreichen werden,

(Domres [DIE LINKE]: Es sind inzwischen auch Frauen dabei! - Frau Bessin [AfD]: Wir können ja mal wieder gendern!)

um die auf uns zukommenden Gefahren abzuwenden.

Schauen wir einmal sechs Jahre zurück, in das Jahr 2010: Da mals hatte die Polizei - ich habe es noch einmal nachgelesen - fast 800 Beamte mehr als heute. 800 Beamte mehr, und sie waren damals schon am Rande der Belastungsgrenze, ganz oh ne Völkerwanderung und ganz ohne das naive „Wir schaffen das“. Damals gab es keine Gewalt in engen Flüchtlingsbara cken, damals brannten keine Asylunterkünfte, damals lieferte sich die Polizei keine Straßenschlachten mit Links- und Rechtsextremisten. Damals hat die Landesregierung die Ge fahr islamistischer Terroristen noch müde belächelt und konnte dies bis zu einem gewissen Grade auch. Denn damals gab es noch kein München, kein Würzburg und kein Ansbach.

(Domres [DIE LINKE]: Aber auch kein Bremen und kein Bautzen!)

Es gab keine minderjährigen Syrer, Afghanen oder Deutsche mit tödlichen Terrorplänen, die den „Islamischen Staat“ und seine Ideologie vergöttern wie einen Popstar. Heute stehen wir vor all diesen Gefahren. Heute wissen wir, dass mehr als 70 islamistische Gefährder bei uns sind. Das sind 70 Personen, bei denen die Polizeibehörden davon ausgehen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden. 70 Personen in Brandenburg, hier unter uns!

Wir wissen, dass Anschläge wie in Paris und Nizza heute oder morgen auch in Brandenburg passieren können. Wir wissen das, weil die Landesregierung die Sicherheitsbehörden - Ent schuldigung, man muss es so deutlich sagen - krankgespart und kaputtgekürzt hat. Jeder Polizist ist im Durchschnitt 38 Tage im Jahr krank. Rechnet man diese Krankheitszeiten zusammen, fehlen jeden Tag mehr als 800 Polizisten. 800 Polizisten außer Gefecht jeden Tag, erschöpft aufgrund jahrelangen Personal mangels - fragen Sie die Gewerkschaft der Polizei -, ausge brannt durch unzählige Überstunden und desillusioniert durch gestiegene Kriminalität in nahezu allen Bereichen.

Die Menschen in diesem Lande spüren das. Sie spüren das, weil es inzwischen fast eine halbe Stunde dauert, bis die Poli zei am Einsatzort ist. Mit Ihrer Planung wird das noch schlim mer werden.

(Minister Schröter: Wie kommen Sie nur auf diese Zah len, Herr Gauland?)

Viele Verbrechen werden nicht mehr aufgeklärt. All das verun sichert die Menschen; das macht ihnen Angst. Ich habe es vor hin schon wieder gehört: Es klingt so, als ob wir diejenigen seien, die den Menschen Angst machen. Nein, die Menschen haben Angst vor einer solchen Sparpolitik zulasten der Sicher heit.

Nehmen wir nun den Verfassungsschutz: Im Haushaltsentwurf gibt es keine Stellenanpassung; angeblich bestünden keine Erfordernisse dafür. Es gibt nicht einmal eine einzige symboli sche Stelle, aus der man ableiten könnte, dass die Landesregie rung die Ängste der Menschen verstanden hätte. Nun lese ich aber, der Innenminister wollte gern mehr Stellen bei den Schüt zern unserer staatlichen Ordnung. Aber ein Stück tiefer in der selben Zeitung kann man lesen, dass sich DIE LINKE dagegen gesperrt hat. Da fragt man sich natürlich: Woher kommt diese falsche Einstellung von Ihnen? Woher dieses selbstzerstöreri sche Interesse am staatlichen Kontrollverlust?

(Domres [DIE LINKE]: Ich würde sagen, zerstören tun Sie! - Weitere Zurufe von der Fraktion DIE LINKE - Ko sanke [SPD]: So ein Quatsch schon wieder!)

Ich würde sagen, das Gewaltmonopol des Staates bröckelt; das ist völlig klar. Wenn der Innenminister Forderungen stellt, die Sie nicht erfüllen wollen, so muss ich sagen, dass ich dem Ur teil des Innenministers über die öffentliche Sicherheit jeden falls nicht mehr traue als Ihrem.

(Beifall AfD)

Nie zuvor hat es hierzulande mehr gewaltbereite Rechtsextre misten gegeben als heute. Nie in der Geschichte Brandenburgs hat es mehr Straftaten von Linksextremisten gegeben, und nie war die Gefahr durch Islamisten größer als jetzt. Allein in den

letzten drei Jahren hat sich diese Zahl hierzulande mehr als verdoppelt.

Vermutlich ist alles noch viel schlimmer, denn niemand in der Landesregierung kann uns sagen, wie viele Islamisten, Fanati ker und IS-Kämpfer insgesamt in den Wirren der Asylkrise un erkannt zu uns gekommen sind. Ich will das der Landesregie rung gar nicht vorwerfen; auch der Bundesinnenminister kann uns das ja nicht sagen.

Eine solche Innenpolitik, meine Damen und Herren, die nicht auf diese Sicherheit setzt, schafft Ängste. Und sie schafft noch etwas: Sie macht Extremisten und Kriminelle zu Gewinnern.

(Domres [DIE LINKE]: Ja, sieht man!)

Wir kennen das doch seit Jahren aus Ländern, in denen das staatliche Gewaltmonopol bröckelt.

Nun will ich Brandenburg nicht mit Afghanistan, Syrien oder Libyen vergleichen. Aber schauen Sie nach Marseille und in die Vororte von Paris und London, googeln Sie nach den Nogo-Areas in Deutschland,

(Zurufe von SPD und DIE LINKE)

und Sie werden sehen, wo auch hierzulande Clans, Diebe, Dro gendealer und Salafisten durch laxe Regierungen in diesem Moment zu Gewinnern gemacht werden.

(Beifall AfD)

Auch in Brandenburg werden sie zu Gewinnern gemacht. Viel leicht auch jetzt, in dem Moment, in dem wir hier debattieren. Denn dank historisch niedriger Stellenanzahl bei Polizei und Verfassungsschutz, dank Krankheit und kaputter Dienstwagen merkt gerade niemand, wie professionelle Diebe in Guben, Schöneiche oder Seelow einen Traktor stehlen und über die Oder verschwinden. Niemand sieht, wie an irgendeinem Bahn hof Drogen an Minderjährige verkauft werden. Und niemand ahnt, dass in einer Flüchtlingsunterkunft mit dem Koran in der Hand heimlich um Unterstützung für ein Kalifat geworben wird.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Was Sie wollen, ist ein Po lizeistaat!)

All das, meine Damen und Herren, erzeugt Zorn: Zorn darüber, dass man auf der Verliererseite steht - Sie haben nur die Ge winnerseite dargestellt, Herr Bischoff - und andere vielleicht zu den Gewinnern gehören, Zorn über Politiker, Parteien und Regierungen, die mit fantasievollen Worthülsen auch die man gelhafteste Politik und die miserabelsten Wahlergebnisse schönreden wollen, und Zorn darüber, dass man an einem ver regneten Sonntag gewählt hat, Steuern gezahlt hat, sich an Recht und Gesetz gehalten hat und die Regierung trotzdem kei ne Sicherheit, keine Lösungen und keine Zuversicht bieten kann.

Die zornigen Menschen sind die, die heute still protestieren oder laut auf ihre Stimme verzichten. Das sind die Männer und Frauen, Jungen und Alten, Arbeiter und Selbstständigen, die

sich von den etablierten Parteien - von Ihnen, meine Damen und Herren hier im Hause - abwenden. Ich muss auf die letzten Wahlergebnisse nicht verweisen.

Dabei haben Sie es in der Hand, das zu ändern. Sie, Herr Woid ke und Herr Görke, und die Fraktionen, die diese Regierung bilden, haben es in der Hand. Sie müssten mit einer anderen Politik verhindern, dass immer mehr Menschen Ihnen den Rü cken kehren - und es ist schon erstaunlich, dass ich mich hier hinstelle und frage, warum Ihnen die Wähler davonlaufen. Das fängt mit teuren Maßnahmen an, wie deutlich mehr Stellen bei Polizei und Verfassungsschutz, und hört bei Gesten auf, die nichts kosten: Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit.

(Oh! bei der Fraktion DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Ich erinnere mich noch gut an die Pressemitteilung des Minis terpräsidenten zum vorliegenden Doppelhaushalt. Von Stolz und Vollendung war dort die Rede, von erfolgreicher Landes geschichte und Zukunftsgestaltung. Alles wohlklingende Begriffe und Wendungen, die über eines hinwegtäuschen sol len - dass die Lage eine völlig andere ist: Aufgrund der hohen Verschuldung von mehr als 18 Milliarden Euro muss das Land jedes Jahr mehr als 330 Millionen Euro an Zinsen zahlen - je des Jahr mehr als 330 Millionen Euro.

Ich erspare Ihnen auszurechnen, wie viele Polizisten das wären, wie viele Verfassungsschützer, Lehrer, Erzieher und Professo ren. Das Land ist trotz sprudelnder Steuereinnahmen so knapp bei Kasse, dass der Finanzminister nun auch noch den Spar strumpf plündern muss. Aus den Rücklagen der Sparbüchse, die eigentlich für die schlechten Zeiten gedacht waren, nimmt Herr Görke mal eben 160 Millionen Euro. Solide Haushalts politik, meine Damen und Herren, sieht anders aus.

Selbst vor den Beamtenpensionen macht er nicht halt. Seit 2009 zahlt das Land Jahr für Jahr in einen Versorgungsfonds für Beamte ein. Damit sollten einmal die Pensionen der Lan desbeamten bezahlt werden. Damit sollten künftige Generatio nen entlastet werden - in Sonntagsreden reden wir ja gern davon, dass wir an die künftigen Generationen denken müssen. 129 Millionen Euro hätte der Finanzminister in den kommen den zwei Jahren für diesen Zweck in den Versorgungsfonds einzahlen müssen. Nun werden die Millionen anderweitig ver wendet.

(Domres [DIE LINKE]: Er hat es doch erklärt!)

Nein, nicht für die Polizei, nicht für den Verfassungsschutz. Nein, das Geld wird gebraucht für die fatalen Folgen eines ein zigen Satzes: „Wir schaffen das!“

(Zuruf von der SPD - Beifall AfD)

Und für die Zehntausende, die dann kamen und noch immer kommen, stehen im Haushalt nun sage und schreibe 700 Milli onen Euro. 700 Millionen Euro für gesinnungsethischen deut schen Größenwahn. Kann man darauf wirklich stolz sein, Herr Bischoff?