Protokoll der Sitzung vom 28.09.2016

Und für die Zehntausende, die dann kamen und noch immer kommen, stehen im Haushalt nun sage und schreibe 700 Milli onen Euro. 700 Millionen Euro für gesinnungsethischen deut schen Größenwahn. Kann man darauf wirklich stolz sein, Herr Bischoff?

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Pfui! - Zurufe von SPD und DIE LINKE)

Wird so Zukunft gestaltet? Kann man so erfolgreich Landesge schichte schreiben?

(Frau Lieske [SPD]: So auch nicht! So schon gar nicht!)

Das glaubt keiner, auch Sie selbst glauben das nicht. Und ich glaube, auch der Herr Ministerpräsident glaubt das nicht wirk lich.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, wenn Sie die Kluft zwischen den Regierenden und den Regierten, zwischen Staat und Volk wie der verringern wollen, dann wären Aufrichtigkeit und Ehrlich keit ein erster Schritt.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Von Ihnen!)

Aber dazu fehlt Ihnen leider der Mut.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Und Sie können es nicht!)

Und so verschweigen Sie zum Beispiel weiterhin, dass Sie 80 Millionen Euro sofort einsparen könnten. So viel zahlt dieses Land nämlich in diesem Jahr für abgelehnte Asylbewerber - ja, Sie hören richtig. Denn laut Ausländerzentralregister sind in Brandenburg 5 500 Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig. Und jeder dieser 5 500 Ausländer kostet den Staat Monat für Monat 1 200 Euro. Zusammen sind das 80 Millionen Euro allein in diesem Jahr, die wir sofort, wenn wir handeln würden, wenn die Regierung handeln würde, einsparen könnten.

(Beifall AfD)

Das zu verschweigen, lieber Herr Bischoff und Herr Minister, ist nicht ehrlich und aufrichtig. Das zu verschweigen vergrö ßert die Kluft zwischen Ihnen da oben und den vielen namenlo sen Wählern.

(Zuruf der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE] - Frau Lieske [SPD]: Sie müssen schon aufmerksam sein!)

Im Grunde genommen sind wir auf der Einnahmeseite - das ist heute schon mehrmals, auch von den Kollegen der CDU, ge sagt worden - in einer sehr komfortablen Situation. Denn seit sieben Jahren kann unser Land eine sehr positive Entwicklung bei den Steuereinahmen verzeichnen. Da haben viele mitge wirkt, das will ich gern zugeben. 2009 waren es noch 5 Milliar den Euro im Jahr, im kommenden Jahr sind es fast 2,5 Milliar den Euro mehr. Volkswirte sagen in solchen Boomphasen, man solle in Infrastruktur investieren, in marode Straßen, alte Kran kenhäuser, Breitbandausbau, heruntergekommene Schulen und Kitas - das ist heute alles schon angesprochen worden. All das sind auch wichtige Standortfaktoren, die die Ansiedlung von qualifizierten Fachkräften und Unternehmen begünstigen, die Arbeitsplätze schaffen und die Lebensqualität steigern.

Investitionen sind also zentral im Wettbewerb um Köpfe, Inno vationen und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Wer aber glaubt, in Brandenburg würden mehr Steuern zu mehr Investi tionen führen, glaubt auch, eine rot-rote Landesregierung mache eine soziale Politik. Schaut man in den Haushalt, sieht man, dass die Investitionen in den kommenden zwei Jahren schrumpfen, obwohl mehr Geld da ist. Während in diesem Jahr

noch 12,3 % dafür aufgewendet werden, sind es im kommen den Jahr nur 12,1 % und im Jahr darauf nur noch 11,6 %. Herr Görke nennt das Investitionsoffensive für Kommunen. Ich nen ne das Sterbehilfe.

(Heiterkeit und Beifall AfD)

Denn der allergrößte Teil geht nicht dahin, wo er wirklich ge braucht wird. Nein, das Geld wird in den Speckgürtel, in Regi onale Wachstumskerne und in ein paar Mittelzentren gepumpt, während der stille Schrei der unzähligen sterbenden Dörfer in diesem Land ungehört in den Ministerialstuben dieser Landes regierung verstummt.

(Domres [DIE LINKE]: Oh, Mann! - Beifall AfD)

- Man kann auch einmal literarisch werden, wenn es ernst wird. - Ich will ja gar nicht bestreiten, dass der Speckgürtel ein wichtiger Entwicklungsmotor für unser Land ist. Aber da drau ßen in den Dörfern - fernab von den Autobahnen, fernab von Theaterhäusern, belebten Cafés und schicken Einkaufsmeilen - leben auch Menschen.

(Zuruf von der AfD: Genauso ist es! sowie Beifall)

Man sagt, rund 68 % der Brandenburger leben heute in den Dörfern im sogenannten peripheren Raum. Aber diese Dörfer sind aus den teuren Konzepten der Landesregierung völlig ver schwunden.

(Beifall AfD)

Sie finden sie nicht mehr im Haushalt.

(Frau Lieske [SPD]: So ein Schwachsinn! - Domres [DIE LINKE]: Blödsinn!)

Sie finden sie nicht mehr in der Mobilitätsstrategie 2030. Sie finden sie nicht im Entwurf des Landesentwicklungsplans. Und Sie finden sie vor allem nicht in dem unsäglichen Leitbild für die Verwaltungsstrukturreform,

(Beifall AfD)

die sozusagen allem die Krone aufsetzt.

Die Dörfer als Heimat der Menschen sind für die Landesregie rung nicht mehr von großer Bedeutung. Nach der Sicherheit und dem staatlichen Gewaltmonopol sind die Dörfer

(Zuruf von der SPD)

die weiteren Opfer dieser rot-roten Landesregierung - und da mit, Herr Bischoff, wird Ihre Schilderung paradiesischer Zu stände noch unwahrer.

(Beifall AfD)

Diese Politik, meine Damen und Herren, macht die Menschen fernab der Wachstumskerne und Mittelzentren zu Verlierern. Sie macht sie zu Abgehängten und Außenseitern. Unternehmen und Arbeitsplätze verschwinden, und ohne Perspektive fehlt die Motivation. Das ist nicht etwa eine Behauptung: In TeltowFläming, im Oberspreewald-Lausitz-Kreis und im Landkreis

Spree-Neiße liegt die Schulabbrecherquote schon bei 10 % oder sogar darüber.

(Zuruf der Abgeordneten Gossmann-Reetz [SPD])

In der Uckermark verlassen knapp 13 % der Schüler die Schule ohne irgendeinen Abschluss. 13 %, meine Damen und Herren - das ist fast jeder Siebte! Das ist der zweithöchste Wert im ge samten Bundesgebiet. Auf diese Menschen wartet kein Unter nehmen, sondern der erniedrigende Gang zum Amt.

(Zuruf: Falsch! - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Was ist Ihre Quelle? - Zuruf von der SPD)

Was diesen Menschen bleibt, sind oft nur Armut, Abstieg und Alkohol.

(Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

Vielleicht hat Brandenburg deshalb - auch eine Zahl, über die wir alle nachdenken sollten - 50 % mehr Alkoholtote als Ber lin. Vielleicht belegt Brandenburg deshalb bundesweit den traurigen fünften Platz im Ranking der Alkoholtoten.

(Zuruf von der CDU)

Eine solche Politik hinterlässt natürlich Spuren:

(Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD] - Gegenruf des Abgeordneten Schröder [AfD])

Landstriche entleeren sich, die jungen Menschen ziehen fort, sie gehen dorthin, wo der Bus noch fährt, wo der Supermarkt noch verkauft und das Theater noch spielt, dorthin, wo es Jobs in Zukunftsindustrien, Ärzte und Apotheken sowie Internetge schwindigkeiten von 100 Mbit/s gibt.

Wer nicht verschwinden kann, weil er alt, chancenlos oder ein fach nur emotional tief verwurzelt ist, geht auf eine andere Weise fort: Der kehrt denen den Rücken, die alle vier oder fünf Jahre mit leeren Versprechen locken, die sagen: „Geh wählen! Das ist deine demokratische Pflicht“, die sagen: „Geh wählen! Sonst gewinnen die Rechten!“, die sagen: „Geh wählen - und es wird sich etwas verändern!“ Aber von Wahl zu Wahl ist das Dorf ärmer, leerer und hässlicher geworden.

(Anhaltender Beifall AfD - Zuruf der Abgeordneten Dan nenberg [DIE LINKE] - Zuruf von der SPD)

Die letzte Reparatur am Dach der Kindertagesstätte hatte den Gemeindeetat für ein ganzes Jahr aufgefressen, inzwischen ist auch die Kindertagesstätte leer.

Und die Menschen erkennen, meine Damen und Herren,

(Zuruf von der SPD)

dass inzwischen eine Politik zur Staatsräson geworden ist - ei ne Staatsräson, die darin besteht, ganze Landstriche aufzuge ben. Und das machen Sie mit der Kreisgebietsreform erneut.