Protokoll der Sitzung vom 28.09.2016

dass inzwischen eine Politik zur Staatsräson geworden ist - ei ne Staatsräson, die darin besteht, ganze Landstriche aufzuge ben. Und das machen Sie mit der Kreisgebietsreform erneut.

(Domres [DIE LINKE]: So ein Unsinn! - Frau Mächtig [DIE LINKE]: Sie wissen nicht, wovon Sie reden! - Ga lau [AfD]: Getroffene Hunde bellen!)

Aber wo sich Menschen nicht mehr repräsentiert fühlen, da brütet der Frust. - Sie können gern antworten. - Da gärt der Widerstand gegen die Globalisierung, gegen Europa und gegen die Eliten. Schauen Sie sich in England an, wer gegen die Eu ropäische Union gestimmt hat. Schauen Sie sich diese Land striche an; daran sehen Sie, was passieren kann, wenn man Menschen abhängt

(Bischoff [SPD]: Wenn man populistisch ist!)

und nur in bestimmte Wachstumskerne investiert.

(Beifall AfD - Zuruf von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident Woidke, nehmen Sie es mir nicht übel,

(Frau Gossmann-Reetz [SPD]: Doch! - Frau Lieske [SPD]: Man kann Sie nicht ernst nehmen! - Schröder [AfD]: Das zeigen die Wahlen ja immer wieder!)

aber dieser Haushalt ist weit davon entfernt, der große Wurf zu sein, er ist nicht enkelgerecht, nicht zukunftsorientiert und nichts, worauf man stolz sein könnte.

Im Gegenteil: Er liest sich wie ein Fünf-Punkte-Plan eines po litischen Abwahlprogramms. Und, lieber Herr Bischoff, das haben Sie mit Ihrer Rede auch nicht verändern können.

(Bischoff [SPD]: Sie waren doch im Urlaub, hören Sie doch auf! - Gegenruf und Heiterkeit AfD)

- Ich habe Ihrer Rede eben zugehört, ich war in dem Moment nicht im Urlaub.

Ich hoffe, dass diese Fragen bei der weiteren Haushaltsdebatte auch wirklich ehrlich angesprochen werden

(Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

und nicht, wie es der Kollege Bischoff getan hat, etwas schön geredet und schöngeschrieben wird, was so schön nicht ist - was Sie auch wissen. - Danke schön.

(Beifall AfD - Frau Mächtig [DIE LINKE]: Sie versagen völlig als Politiker! - Zuruf des Ministerpräsidenten Dr. Woidke - Zwiegespräch des Abgeordneten Dr. Gau land und des Ministerpräsidenten an der Regierungsbank)

Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht nun der Abge ordnete Christoffers für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von John Stuart Mill stammt folgender Ausspruch: Niemand ist im Besitz der Wahrheit. Deswegen lohnt es sich, über die Wahrheit zu strei ten. - Über die Wahrheit zu streiten lohnt sich aber nur, wenn man ehrlich und offen ist. Sie, Herr Gauland, waren nicht ehr lich und offen.

(Beifall DIE LINKE und SPD sowie vereinzelt B90/ GRÜNE)

Sie waren nicht ehrlich und offen,

(Dr. van Raemdonck [AfD]: Aber Sie sind es?!)

sondern zeichnen ein Bild, das nicht stimmt.

(Beifall DIE LINKE)

Gestatten Sie mir, da wir in der Haushaltsberatung 25 Minuten Zeit haben, auf ein paar grundlegende Veränderungen in dieser Legislaturperiode hinzuweisen: Herr Gauland, mit Beginn die ser Legislaturperiode gab es gravierende Veränderungen im Sys tem der europäischen Strukturfonds. Nicht mehr EFRE und ESF sind die entscheidenden Fonds für die ländliche Entwicklung, sondern ELER - der größte Fonds, den wir haben. Mithilfe des ELER-Programms wird im ländlichen Raum sehr viel geleistet.

(Zuruf: Genau! - Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Ich bin gerne bereit, darüber zu streiten, ob es immer dem ent spricht, was man machen kann, ob wir inhaltliche Veränderun gen vornehmen. Aber hier einfach zu sagen, es liege Politikver sagen vor und Regionen dieses Landes würden bewusst und vorsätzlich abgehängt, ist falsch.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Frau Lieske [SPD] in Richtung der AfD: Sie stellen die Leistung der ländlichen Räume vollkommen infrage!)

Das hat mit Offenheit und Ehrlichkeit nichts zu tun und, meine Damen und Herren, es übertüncht auch das, was eigentlich un sere gemeinsame Aufgabe als demokratische Parteien ist: poli tisch über die Wege zu streiten,

(Dr. van Raemdonck [AfD]: Sie grenzen aus! Sie sind Ausgrenzer!)

auf denen das Land wirtschaftlich und sozial stabil weiterent wickelt werden kann. Angesichts dieser Aufgabe ist es richtig und normal, dass wir uns mit einem Haushaltsentwurf ausein andersetzen - aber bitte nicht, indem man Regionen gegenein ander ausspielt, und vor allem nicht, Herr Gauland, indem man Menschen gegeneinander ausspielt.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Zuruf von der SPD: Ge nau! - Zuruf von der AfD: Wo hat er das denn getan?)

Sie haben lange gebraucht, bis Sie auf die Flüchtlingsfrage ka men.

(Zuruf des Abgeordneten Schröder [AfD])

Und ich sage Ihnen noch einmal, dass die rot-rote Landesregie rung dazu steht, ein Brandenburg für alle zu entwickeln,

(Beifall DIE LINKE und SPD)

und dazu gehört auch die Integration von Menschen - nicht ei ner Völkerwanderung -, die vor Krieg und Hunger zu uns flüch ten. Das ist eine zutiefst humane Aufgabe, der wir uns stellen.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Wir tun dies in dem Wissen, dass es uns die Situation nicht er leichtert, dass es Schwierigkeiten gibt, dass Integration ein lan ger Weg ist und dass auch die Gesellschaft sich verändert - selbstverständlich. Aber was wäre die Konsequenz, wenn wir uns dieser Aufgabe nicht stellen? Eine Rückkehr zum alleini gen Nationalstaat?

(Frau Lieske [SPD]: Niemals! - Zuruf von der AfD)

Eine Abkehr von Europa und der Globalisierung?

(Zuruf der Abgeordneten Schade [AfD])

Das wäre schlicht und ergreifend falsch.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Insofern werden wir darüber mit Sicherheit oft politische Aus einandersetzungen führen, aber eins kann ich Ihnen garantie ren: Wir werden politisch alles dafür tun, dass hier nicht Men schen oder Regionen gegeneinander ausgespielt werden.

(Zuruf: Genau! - Beifall DIE LINKE und SPD - Zuruf von der AfD)

Das ist nicht die Politik von Rot-Rot, das ist nicht unser An spruch. Und wir werden unseren Anspruch hoffentlich gemein sam mit vielen umsetzen können.

(Ja! von der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auf einen zweiten Punkt zu sprechen kommen. Wir reden heute über den Entwurf des Haushalts. Herr Gauland, Sie haben den Landesentwick lungsplan angesprochen. Ich bitte Sie, ihn vielleicht erneut be werten zu lassen oder richtig zu lesen.

(Bischoff [SPD]: Ja!)

Im vorliegenden Entwurf des Landesentwicklungsplans spielt der ländliche Raum eine andere Rolle als im gegenwärtig gel tenden Landesentwicklungsplan. Es ist die Rede von grund funktionalen Zentren, davon, Wertschöpfung über Landwirt schaft zu sichern, usw. Wir werden hier im Parlament und si cherlich unter Beteiligung der Öffentlichkeit genügend darüber diskutieren, auf welchen Wegen wir dies ausformen können - selbstverständlich. Aber der Anspruch steht - und nicht nur der Anspruch, sondern auch der Wille, es umzusetzen. Darüber zu reden, wie man etwas umsetzt, ist normal.

Und bitte: Wir alle wissen - das haben die Wahlen in Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern gezeigt -, dass es in dieser Gesellschaft auch Verlierer gibt und wir alles dafür tun müssen - und zwar aus einem sozialen und politischen An spruch -, Menschen und Regionen zu Gewinnern zu machen, ihnen Perspektiven zu bieten. Das wissen wir und versuchen wir umzusetzen. Aber wir versuchen es nicht, indem wir sie demotivieren und sagen: Ihr habt keine Chance! - Nein, das stimmt nicht.