Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den Städten geht die Post ab, und bei uns bleibt sie liegen. - So hat ein Bürgermeister aus dem ländlichen Raum die Situation seiner Gemeinde - so meine ich - auf den Punkt gebracht.
Die Herausforderungen für die ländlichen Räume sind groß, und uns allen ist das auch bekannt: demografischer Wandel, Abwanderung, Rückgang von Dienstleistungen in erreichbarer Nähe. Immer wieder stellen sich die Brandenburgerinnen und Brandenburger deshalb die Frage: Haben unsere ländlichen Regionen eine Zukunft? - Meine Antwort, ganz klar: Ja. Denn ihre Zukunft beruht auf dem Engagement und den Leistungen der vielen Menschen, die auf dem Land leben und dort ihre Heimat haben. Deshalb sehe ich die ländlichen Räume nicht als Notstandsgebiete oder als Objekte staatlicher Fürsorge, wie der eine oder andere aus der Landesregierung das vielleicht meint.
Nein. Es sind unsere Zukunftsregionen, die wir als CDU-Fraktion auf ihrem Weg dahin auch unterstützen werden.
Nicht umsonst haben wir im letzten Jahr im Landtag Brandenburg eine Enquetekommission zur Zukunft der ländlichen Räume eingesetzt.
Junge und alte Menschen leben nicht auf dem Land, weil wir Politiker das so wollen, meine Damen und Herren. Nein, sie wollen die schöne Landschaft genießen, sie leben dort als Teil einer Gemeinschaft. Schlicht: Sie wollen in ihrer Heimat leben. Das ist echtes Lebensgefühl.
Lebensqualität bedeutet aber auch, dass Schulen, Ausbildung, Arbeitsmöglichkeiten, berufliche Perspektiven, gute Verkehrsanbindungen, bedarfsgerechte Kinderbetreuung und moderne medizinische Versorgung vorhanden sind. Hier gerät die öffentliche Daseinsvorsorge auch durch Untätigkeit der Landesregierung immer mehr unter Druck.
In allen diesen Bereichen bietet übrigens die Digitalisierung bereits heute Lösungen, mit denen wir gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land schaffen könnten. Nur ein Beispiel, meine Damen und Herren: In der Prignitz ist das Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben, erheblich höher als in Berlin. Die Telemedizin-Firma GETEMED aus Teltow macht es aber möglich, Herzinfarktrisikopatienten zu Hause über das Internet permanent zu überwachen. Die Daten werden an der Charité analysiert und den Ärzten vor Ort zur Verfügung gestellt. Dann wird entschieden, ob medizinisch eingegriffen wird.
Die Voraussetzungen für die Umsetzung dieser Technik sind allerdings flächendeckende, leistungsfähige Breitbandnetze. Das heißt, Internet gehört nach meiner Auffassung heute genauso zur Daseinsvorsorge wie Wasser, Gas oder Strom. Das sollte in diesem Hause eigentlich zum Common Sense gehören.
Die flächendeckende Versorgung mit Breitbandanschlüssen ist mittlerweile - so meine ich - zentral für die Zukunftsfähigkeit des Landes geworden. Das gilt nicht nur für die Industrie oder für Firmen aus der IT-Branche. Auch touristische Betriebe, das Handwerk - alle brauchen schnelles Internet, und zwar nicht nur für Wettbewerb und neue Kunden, sondern auch, um den Fachkräften von morgen einen modernen Arbeitsplatz zu bieten.
Aktuell haben rund 57 % der Brandenburger Haushalte einen Internetanschluss mit 50 Mbit/s, im ländlichen Raum gerade einmal ein Drittel der Haushalte. Die digitale Spaltung verläuft damit in Deutschland nicht nur zwischen Ost und West, nein, sie verläuft auch zwischen Stadt und Land.
Der Grund dafür liegt auf der Hand: Da, wo der Markt schwach ist, wird von den Telekommunikationsunternehmen eben nicht investiert. - Um diese Wirtschaftlichkeitslücken zu schließen, hat die Bundesregierung im Herbst 2015 das milliardenschwere Förderprogramm aufgelegt. Während sich die Landesregierung hier immer wieder auf die Schulter klopft, weil Brandenburg derzeit besser dasteht als die meisten anderen Ostländer, sind nach Mecklenburg-Vorpommern in den ersten zwei Calls schon 709 Millionen Euro geflossen. Meine Damen und Her
ren, das ist über die Hälfte der gesamten Bundesmittel. Im gleichen Zeitraum gingen nach Brandenburg 11 Millionen Euro für den Landkreis Dahme-Spreewald.
Ich muss Ihnen sagen: Als Wirtschaftspolitiker tut es mir im Herzen weh, zu sehen, wie der Kuchen immer kleiner wird und die Nachbarländer immer größere Stücke davon bekommen, während für märkische Landkreise gerade einmal ein paar Krümel übrig bleiben.
Ich möchte Ihnen das auf einer Grafik zeigen, weil Bilder ja manchmal mehr aussagen als tausend Worte.
Ich habe hier ein Tortendiagramm. Was Sie hier in Rot sehen, meine Damen und Herren, ist Mecklenburg-Vorpommern: 77 Projekte, 709 Millionen Euro aus dem Programm. Das hier sind andere Bundesländer, der Westen, unter anderem ist auch Bayern dabei. Hier haben wir Sachsen mit 19 Projekten und 211 Millionen Euro, dann kommt Sachsen-Anhalt mit 14 Projekten und 48 Millionen Euro. Und, meine Damen und Herren, dieses schmale Stückchen hier,
Herr Ministerpräsident, Sie waren beim ersten Ostdeutschen Wirtschaftsforum in der Diskussionsrunde, an der der Infrastrukturminister Mecklenburg-Vorpommerns, Christian Pegel, teilgenommen hat und in der die Digitalisierung ein Thema gewesen ist. Sie werden mir sicherlich beipflichten - ich habe Sie dabei beobachtet; Sie haben es ja auch so wahrgenommen -, dass der SPD-Minister dort mit Leidenschaft vorgetragen hat, gemeinsam mit Harry Glawe, unserem CDU-Wirtschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern, warum Mecklenburg-Vorpommern sich hier so engagiert hat: weil sie es als Zukunftschance begreifen, weil es das Land wirklich nach vorn bringt. Und mitnichten ist der Grund Angela Merkel, weil sie dort ihren Wahlkreis hat. Das betrifft ganz Mecklenburg-Vorpommern.
Und jeder - auch Brandenburg - hatte die Chance, sich entsprechend aufzustellen, Herr Minister Gerber. Wir haben schon Anfang des Jahres die Breitbandbeauftragten des Landes bei uns in der CDU-Fraktion gehabt. Dabei ist mir sehr schnell klargeworden, wie groß die Unterschiede im Engagement der einzelnen Landkreise sind. Wir haben danach im Wirtschaftsausschuss klargemacht: Herr Minister, Sie brauchen dringend ein Kompetenz-Center. Die Landkreise müssen dabei unterstützt werden, das Bundesprogramm umzusetzen.
Dann sind bei der Ausschreibung Monate ins Land gegangen. Nun endlich ist es wohl auch über die Bühne gegangen. Aber wir sind mittlerweile am Ende des dritten Calls, und der Kuchen ist - wie gesagt - kleiner geworden.
Herr Minister Gerber, es macht auch gar keinen Sinn, sich immer auf den alten Lorbeeren des Programms 2020 auszuruhen. Das war sicherlich ein Erfolg. Ich sage Ihnen das einmal in Zahlen - neuester Stand -: Brandenburg 57 %. Aber Mecklenburg-Vorpommern hat auch schon 52 %. Ich behaupte, wenn Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen dieses Programm umgesetzt haben, haben die uns alle überholt. Und das kann meiner Ansicht nach nicht sein.
- Das kann nicht sein. Denn wir haben doch einen entsprechenden Vorsprung gehabt, und den geben wir jetzt leichtsinnig auf.
Ich bin der Meinung, hier muss mehr getan werden, und hier brauchen wir mehr Anstrengungen und auch mehr Leidenschaft.
Meine Damen und Herren, sehr verehrter Herr Minister, auch im Mobilfunk hinkt Brandenburg dem Stand der Technik hinterher. Bis Ende 2020 soll nach den Plänen der Bundesregierung flächendeckend das neue Netz 5G eingeführt werden. In Brandenburg - das wissen wir alle - haben wir noch nicht einmal flächendeckend den 3G-Standard. Überall Funklöcher, wohin man guckt.
Auch hier haben wir es mit Wirtschaftlichkeitslücken zu tun. Mir sind keine Förderprogramme bekannt, um sie zu schließen - weder auf Bundesebene noch auf Landesebene. Das heißt, der Staat fördert eben nicht. Die Unternehmen bauen keine Netze. Leittragende sind die Bürger, und moderne Technik und Anwendung von Digitalisierung können sich nicht durchsetzen. Das können wir nicht wollen. Wir müssen uns auch als Land überlegen, hier mit einem entsprechenden Programm voranzuschreiten und dafür Sorge zu tragen, dass unsere ländlichen Räume auch beim Mobilfunk nicht abgekoppelt werden.
Meine Damen und Herren, starke ländliche Regionen können wir nicht per Gesetz verordnen, gar keine Frage. Aber starke ländliche Regionen können wir als Politik erreichen, indem wir die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen und den Regionen bei ihrer Entwicklung helfen. Wir, die CDU-Fraktion, haben uns immer für den ländlichen Raum eingesetzt und ihn auch als Halt für die Menschen verstanden, als Halt, den die Menschen gerade jetzt in Zeiten der Globalisierung und anderer Herausforderungen ganz dringend brauchen.
Durch die Digitalisierung haben wir eine riesige Chance, den Brandenburgern diesen Halt zu geben und ihnen ihre ländliche Heimat als liebenswert zu erhalten. Ich rufe Sie daher auf, liebe Mitglieder der Landesregierung Brandenburgs: Nutzen Sie diese einmalige Chance, verpassen Sie die Zukunft nicht, setzen Sie sich leidenschaftlich für Brandenburg ein, damit mit der Digitalisierung der Wandel in Brandenburg voranschreiten kann!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Für uns Linke gibt es keinen Zweifel daran, dass der schnelle Zugang zum Internet und die Mobilfunkversorgung zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehören. Ich bin froh, dass meine Vorredner das auch deutlich gesagt haben.
Die Daseinsvorsorge soll für Stadt und Land gelten. Deshalb ist dieses Thema Teil des Einsetzungsbeschlusses der Enquetekommission 6/1. Ihr Auftrag ist es, Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, die die Daseinsvorsorge im ländlichen Raum sichern. Dabei eröffnet uns die Digitalisierung ein weites Feld und eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Wir wissen aber: Ohne Breitbandausbau bzw. den Ausbau der digitalen Infrastruktur in Summe können wir in unseren Dörfern und Siedlungen keine moderne, innovative Kommunikation ermöglichen.
Auch Chancen für mehr Wertschöpfung und Lebensqualität in ländlichen Regionen werden nicht möglich sein, wenn uns das nicht gelingt. Handwerk, genossenschaftliche und landwirtschaftliche Betriebe, kleine und mittelständische Industrie brauchen unsere besondere Unterstützung.
Wir arbeiten in Brandenburg weiter am Netzausbau, um unser Ziel einer flächendeckenden Versorgung zu erreichen. Das Glasfaserprogramm wurde aus genau diesem Grund aufgelegt. Die zukünftige Entwicklung in den ländlichen Regionen hängt davon ab. Eine digitale Spaltung des Landes werden wir - da sind wir uns, glaube ich, in diesem Haus einig - nicht zulassen.
Deshalb ist es wichtig, die Digitalisierung als Chance gerade für den ländlichen Raum zu begreifen und sie zur Lösung von Problemen der Daseinsvorsorge zu nutzen. Es geht nicht darum, den Arztbesuch zu ersetzen oder eine Schule ohne Lehrer zu entwickeln, sondern darum, modern miteinander zu kommunizieren. Die digitale Mobilität eröffnet uns Möglichkeiten in allen Lebensbereichen, bis hinein in den persönlichen Alltag.