Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

- Das ist nicht der Fall. Dann spricht die Abgeordnete Große. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abge ordnete! Verehrte zwei Gäste!

Peinlich, Herr Kalbitz, peinlich.

(Einzelbeifall bei der Fraktion DIE LINKE - Kalbitz [AfD]: Peinlich ist Ihre Politik! - Domres [DIE LINKE]: Sie sind peinlich!)

Wir hören hier in diesem Haus auch im Zusammenhang mit dem Haushalt häufig den Begriff der Nachhaltigkeit, der nach haltigen Entwicklung. Unter Frau Ministerin Tack in der letzten Legislaturperiode haben wir, weil er so spröde ist, daraus ganz oft die „Enkeltauglichkeit“ gemacht. Wenn etwas enkeltauglich ist, dann ist es die Bildungspolitik dieser Landesregierung!

(Beifall DIE LINKE und SPD - Gelächter bei der AfD)

Das will ich hier schon im Vorfeld deutlich feststellen. Wir ha ben wieder bewiesen, dass wir den Fokus deutlich darauf le gen. Ich werde jetzt nicht auf VERA 8 und PISA eingehen, Herr Kalbitz, darauf sind wir im Ausschuss eingegangen.

(Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Das hat er gar nicht verstanden!)

Sie haben es einfach nicht begriffen.

Ich möchte, auch wenn es auf der rechten Seite des Parlaments wehtut, davon sprechen, wovon wir ausgegangen sind. Als ich hier meine politische Arbeit begonnen habe - das war zu Be ginn des Jahres 2001 -, sah ich mich von einer Volksinitiative getragen, die damals mit 150 000 Beteiligten auf der Straße war und vor dem Verfassungsgericht gegen das, was im Be reich Kitafinanzierung passiert ist, geklagt hatte. Es gab näm lich Kürzungen in diesem Bereich, es gab die Einschränkung des Rechtsanspruchs, der Personalschlüssel wurde verändert. Wir haben damals vor dem Verfassungsgericht verloren, ob wohl uns Gregor Gysi vertreten hat.

(Frau Richstein [CDU]: Deswegen! - Weitere Zurufe)

Wir haben verloren, weil es eine hohe Haushaltsrelevanz hatte. Man hat uns damals ins Stammbuch geschrieben, dass haus haltsrelevante Dinge vor einem Verfassungsgericht so nicht po sitiv beurteilt werden können. Ich möchte mir gern vorstellen, wie weit wir im Kitabereich heute schon wären, wenn wir die se Zeit nicht gehabt hätten, wenn dieses Urteil anders ausgefal len wäre, wenn wir damals schon den Schlüssel verbessert hät ten. Aber das ist kalter Kaffee, und Gordon Hoffman wird mir gleich wieder erzählen, dass er damals noch nicht da war und andere mitregiert haben. Aber jetzt regiert die Linke mit und ich sage: Seit wir mitregieren, sind wir bei den Null- bis Drei jährigen im Betreuungsverhältnis von 1:7 auf 1:5 gekommen

(Zuruf der Abgeordneten Richstein [CDU])

und werden mit diesem Haushalt bei den Drei- bis Sechsjähri gen von 1:13 auf 1:11 kommen.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Das lässt sich das Land mit dem Haushalt 2017/2018, über den wir jetzt reden, 147 Millionen Euro kosten. Wir werden den Betreuungsschlüssel auf dieses Verhältnis verbessern und auch für die Sprachförderung kontinuierlich zusätzliches Personal einstellen, wie wir es uns vorgenommen haben. Da sind wir locker bei 75 Millionen Euro zusätzlich.

Nun kann Herr Gordon Hoffmann wieder sagen, dass es ja auch mehr Kinder sind - richtig - und es Kommunen gibt, die vor dem Verfassungsgericht geklagt haben, weil sie sich finan ziell nicht ausreichend ausgestattet sahen. Das haben wir natür lich auch korrigiert. Insofern ist diese rot-rote Koalition lernfä hig. Wir haben genau das getan, was der Rechtslage entspricht.

Es ist noch nie so viel Geld in die Kindertagesbetreuung ge flossen wie mit diesem Doppelhaushalt. Noch nie!

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Diese 78 Millionen Euro werden dazu führen, dass wir im Jahr 2019 bei 480 Millionen Euro - 480 Millionen Euro! - einlau fen. Das sind Landesgelder, die wir dann in die Kindertagesbe treuung stecken. Die Kommunen geben natürlich auch noch ihren Anteil dazu; das will ich hier wertschätzend erwähnen. Dieser enorme Aufwuchs ist auch in dem enthalten, was wir als Koalitionsfraktionen nachgebessert haben. Darüber haben wir hier schon debattiert, das will ich nur noch einmal stich punktartig anreißen: Wir wollen durch eine höhere Leitungs freistellung die Qualität verbessern, wir wollen die Kinderta gesstätten mit einer gehäuften Anzahl von Kindern mit beson deren Förderbedarfen, die wir jetzt erst einmal Kiez-Kitas nen nen, besser fördern, wir werden in diesem Haushaltsbereich ein Investitionsprogramm für Kindertagesstätten zum Abschluss bringen, und wir wollen - Sie wissen, dass das der Linken be sonders am Herzen lag - den Einstieg in die Elternbeitragsfrei heit wagen. Wir sind noch nicht entschlossen, uns festzulegen, wie er aussehen wird, das werden wir breit diskutieren und dann vorschlagen, wie das in den Jahren 2018 und 2019 stattfinden wird.

Dass wir damit den richtigen Weg eingeschlagen haben, zeigt uns übrigens auch die letzte Bertelsmann-Umfrage. Man kann von Bertelsmann halten, was man will, ich habe da durchaus auch meine kritischen Anmerkungen, aber dort ist festgestellt worden, dass 62 % der brandenburgischen Eltern die Beiträge für nicht angemessen, für zu hoch halten. Darüber, wie wir die ser deutlichen Mehrheit entgegenkommen, müssen wir ge meinsam nachdenken. Sie wissen, das betrifft vor allem Leute mit kleinen und mittleren Einkommen.

Eine weitere Studie, die in dieser Woche erschienen ist, hat aber auf etwas hingewiesen, was wirklich eine Erfolgsgeschichte brandenburgischer Kitapolitik ist, seit die SPD hier Regie rungsverantwortung trägt, nämlich auf den Versorgungsgrad. Wir haben Kreise, vor allem im Süden des Landes, die schon fast 100 % aller Kinder von drei bis sechs Jahren und zum Teil

70 % der Kinder von null bis drei Jahren versorgen. Das ist ein bundesweiter Spitzenwert.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Auf den darf man auch einmal ein bisschen stolz sein, denn wir finanzieren ihn ja mit.

Zu dem Antrag der Grünen, der mir natürlich sympathisch ist: Logischerweise wissen wir seit KiTa ZOOM, dass wir diese dritte Betreuungsstufe brauchen und der längeren Verweildauer von Kindern in Kindertagesstätten, wo sie hoffentlich gebildet, betreut und gefördert werden, entsprechen müssen. Ja, wir müssen schauen, wie wir in den nächsten Jahren dorthin kom men, dass wir eine solche Betreuungsstufe einziehen, damit die Kindertagesstätten, insbesondere in den Randzeiten, nicht un ter dieser massiven Personalflaute leiden.

Das wollen wir auch. Aber wir haben die Priorität nun erst ein mal so gesetzt. Der Bundestag hat ja ein Kitagesetz „in der Röhre“. Außerdem ist verabschiedet worden: Noch einmal 1,1 Milliarden Euro wird es vom Bund geben - das haben wir noch nicht schriftlich, aber wenn wir es haben, werden wir die Ersten sein, die sagen: Es muss noch einmal in Qualität - in dem Fall gleich Quantität -, nämlich in eine bessere Ausstat tung von Kindertagesstätten investiert werden. Noch ist es ein bisschen früh für Ihren Antrag.

Ohne Frage: Es gäbe gute Gründe, auch noch mehr auf den Be reich der Jugendbildung draufzulegen. Wir haben uns diesmal auf Folgendes fokussiert - dafür waren uns alle Akteure sehr dankbar: Wir alle wollen, dass sich junge Menschen an dieser Gesellschaft gut beteiligen, dass sie lernen, wie man sich de mokratisch einbringt, das kann nur in unser aller Interesse sein. Deswegen erhält die Fachstelle Jugendbeteiligung mehr Geld und erhalten die Jugendbildungsstätten mehr Geld. Mehr Geld gibt es auch für die unermüdliche Arbeit der Jugendbildungsre ferenten. Das ist eine Million, die wir hier zusätzlich eingestellt haben, das sind keine Peanuts. Auch darüber freue ich mich. Darüber freuen sich auch all diejenigen, die in diesem Land Jugendarbeit betreiben.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Ich bin jetzt wirklich gespannt, meine Damen und Herren Abge ordnete insbesondere der Oppositionsfraktionen, wie Sie abstim men. Wir hatten ja im Bildungsausschuss die schöne Situation, dass wir über viele Anträge zur Kita einstimmig abgestimmt ha ben. Machen Sie das jetzt einfach weiter so. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion spricht nun der Abgeord nete Königer.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen! Sehr geehrter Herr Bildungsminister Baaske! Wie auch in der letzten Debatte zum Haushalt sind alle Einzelpläne auf ganz normalem Wege in die Fraktionen und in die Ausschüsse gegangen. Wie auch beim letzten Mal konnte die Opposition dann auf Trüffelsuche gehen und Änderungsbe

darfe feststellen und gegebenenfalls Änderungen beantragen. Doch im Unterschied zum letzten Haushalt überrascht uns die Regierung hier - Herr Kollege Senftleben hat das schon ange sprochen - mit einer Reihe von Änderungsanträgen zum eige nen Haushalt. Mit 24 Änderungsanträgen war das auch in un serem Ausschuss der Fall.

(Frau Große [DIE LINKE]: Wir sind der Gesetzgeber!)

Die Koalitionsfraktionen haben also 24 Änderungsanträge zu ihrem eigenen Haushalt gestellt, der nach meinem Dafürhalten im ersten Entwurf sehr solide aufgestellt war. Diese Anzahl von Änderungsanträgen ist schon verwunderlich, zumal Sie, liebe Koalitionsfraktionen, die Landesregierung stellen. Also: Was ist bei Ihnen passiert?

Sehr geehrter Herr Baaske, es ist doch eine ganz selbstver ständliche Aufgabe der Landesregierung, für die Menschen in Brandenburg zu sorgen - gerade wenn es um das Thema Bil dung geht, wofür wir im Land Brandenburg ja die meiste Staatsknete zur Verfügung stellen. Die Bedürfnisse der Bran denburger sollten sich natürlich von vornherein im Haushalt widerspiegeln. Viele Jahre haben Sie in diesem Haushalt ge spart, nun tun Sie gönnerhaft - und hinken doch der Zeit hinter her. Das letzte Kitajahr beitragsfrei: erst im Jahr 2018. Das gibt es in vielen anderen Bundesländern schon lange.

(Zuruf der Abgeordneten Große [DIE LINKE])

Das sollte auch in Brandenburg eher gelten.

Sie präsentieren erst ein Hochglanzpapier „Kita-Betreuung in Brandenburg - Unser 4-Punkte-Plan für Kinder und Eltern“, und schieben dann 24 Änderungsanträge hinterher.

Schauen wir uns einmal Ihre vier Kernforderungen an. Als Ers tes wollen Sie Kiez-Kitas einführen. 100 Einrichtungen haben Sie ausgewählt, die Sie personell besserstellen wollen. Was aber eine Kita zu einer Kiez-Kita macht, haben Sie ausgelassen uns zu erklären - und zwar in jeder Sitzung des Bildungsaus schusses.

(Zuruf der Abgeordneten Große [DIE LINKE])

Der Kollege Holzschuher hat es im Finanzausschuss wohl so dargelegt, dass „Brennpunkt-Kitas“ zu negativ klingen würde, darum habe man sich zu „Kiez-Kitas“ hinreißen lassen.

(Lachen des Abgeordneten Dr. Gauland [AfD])

Der Begriff „Kiez-Kita“ hat innerhalb der Elternschaft Bran denburgs trotzdem ein sehr negatives Image. Für mich klingt Kiez-Kita eher etwas nach „Rütli-Schule“.

(Domres [DIE LINKE]: Oder St. Pauli!)

Dabei ist ein Kiez eigentlich ein Teil einer Stadt und muss nicht zwangsläufig problembehaftet sein - zumindest, wenn er sich außerhalb der rot-roten Bildungspolitik befindet.

(Beifall AfD)

Ein bisschen haben Sie das in der Begründung selbst angedeu tet: Wies der Änderungsantrag am Anfang als Deckung noch

die Rücklage aus, zog man im letzten Augenblick per Tisch vorlage Mittel aus der Betreuung für Flüchtlinge ab. Die Sum me von 5 Millionen Euro ist für uns ein Ausdruck dessen, was Sie tatsächlich unter Kiez-Kitas verstehen wollen: eine getarn te Methode für die Integration minderjähriger Flüchtlinge.

(Günther [SPD]: Ah! - Dr. Redmann [CDU]: Was?)