Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich zur heuti gen Sitzung, mit der wir die 37. Sitzung des Landtages Bran denburg fortsetzen. Wir sind noch immer bei Tagesordnungs punkt 3, aber nun beim Einzelplan 07, womit ich die Sitzung eröffne.
Zudem liegt Ihnen ein Änderungsantrag der CDU-Fraktion vor, der 13 Änderungsanträge enthält. Außerdem liegen Ihnen ein Änderungsantrag der AfD-Fraktion und zwei Änderungs anträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr ver ehrte Gäste! „Christ ist erschienen, uns zu versühnen.“ - Schau en wir einmal, wie die heutige Debatte läuft.
(Heiterkeit der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜ NE] - Wichmann [CDU]: Der ist ja noch nicht erschie nen!)
Der uns vorliegende Entwurf zum Einzelplan 07 für die Berei che Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat ein Ausgabevolumen von 907 Millionen Euro im Jahr 2017 und rund 912 Millionen Euro im Jahr 2018. Im Vergleich zum Jahr 2016 entspricht das einer Erhöhung der Ausgaben um etwa 42 Millionen Euro im Jahr 2017 und rund 5 Millionen Euro im Jahr 2018.
Der Hauptgrund dieses Aufwuchses liegt in der Erhöhung der Sozialhilfeausgaben. Das betrifft insbesondere die Eingliede rungshilfe für behinderte Menschen und die Hilfe zur Pflege. Gründe sind steigende Fallzahlen, aber auch höhere Personal- und Sachkosten. Für 2017 umfasst das 14 Millionen Euro Auf wuchs und für 2018 22 Millionen Euro.
Dass die Arbeitsförderung von der LASA an die ILB überge ben worden ist, insbesondere das ESF-Fördermittelmanage ment, war sicher die richtige Entscheidung, hat aber seinen Preis. Die Kostensteigerung beim Dienstleister ILB beläuft sich auf etwa 4 Millionen Euro im Jahr 2017 und 750 000 Euro im Jahr 2018.
Aber auch für bestimmte bundesgesetzliche Leistungen muss ten im Haushalt Vorkehrungen getroffen werden. So ergeben sich Mehrausgaben zum Beispiel aus dem Pflegeberufegesetz und dem Prostituiertenschutzgesetz.
Auch die Unterzeichnung der Verwaltungsvereinbarung An fang Dezember dieses Jahres zur Errichtung eines Hilfefonds oder Hilfesystems für Menschen, die als Kinder oder Jugendli che in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe oder in psychiatrischen Einrichtungen Leid und Unrecht erfahren ha ben, hat finanzielle Auswirkungen in Höhe von knapp 8 Millionen Euro und soll in fünf Jahresraten - beginnend im Jahr 2017 - gezahlt werden.
Die Schaffung dieses Hilfefonds bzw. der Stiftung „Anerken nung und Hilfe“ ist lange überfällig und wird seit Langem von Betroffenen, Angehörigen und Trägern eingefordert. Das Land Brandenburg kommt seiner Verantwortung hier sehr gern nach.
In der Pflege steht die Politik vor einer großen Herausforde rung. Bis 2030 wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen um nahezu 70 % erhöhen. Gleichzeitig geht der Anteil der er werbsfähigen Personen um ca. 30 % zurück. Das heißt, ein zu nehmender Pflegebedarf ist künftig mit weniger Arbeitskräfte potenzial zu decken. Viele Maßnahmen werden erforderlich sein, um diese schwierige Aufgabe zu bewältigen. Der Doppel haushalt tut das Seinige. Die Erhöhung der Zahl der Ausbil dungsplätze in der Altenpflege um 100 auf 400 Plätze ist folge richtig und macht das besondere Interesse des Landes an der Altenpflegeausbildung deutlich.
Das Land stellt sich der Herausforderung, allen Ausbildungs willigen einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen.
Mit einem Änderungsantrag der Koalition haben wir zudem die Ausbildung nach dem Altenpflegehilfegesetz auf breitere Füße gestellt. Zusätzlich werden 2017 und 2018 jeweils etwa 500 000 Euro eingestellt und wird damit ermöglicht, dass nun mehr auch Schulabgänger vom Altenpflegehilfegesetz profitie ren. Bislang war die einjährige Ausbildung nur für sogenannte Quereinsteiger über die Bundesagentur möglich.
Die Krankenhäuser sind eine tragende Säule der Gesundheits versorgung. Sie stehen vor notwendigen Umstrukturierungen, zum Beispiel bei der Umwandlung ungenutzter Kapazitäten in
Gesundheits- und Pflegezentren oder Hospize. Das Krankenh ausstrukturgesetz hat zu diesem Zweck einen Strukturfonds mit insgesamt 500 Millionen Euro aus Mitteln der Liquiditäts reserve des Gesundheitsfonds vorgesehen. Jedem Land stehen Mittel aus dem Strukturfonds nach dem Königsteiner Schlüssel zu, die Länder müssen sich jedoch hälftig an der Finanzierung beteiligen.
15 Millionen Euro aus dem Strukturfonds werden mit dem vor liegenden Haushalt in gleicher Höhe gegenfinanziert. Für not wendige Umstrukturierungen der Krankenhäuser stehen in Brandenburg somit 30 Millionen Euro zur Verfügung.
Insgesamt haben sich fünf Krankenhäuser beworben. Im Ein vernehmen mit den brandenburgischen Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen unter Einbeziehung der Lan deskrankenhausgesellschaft sind davon mittlerweile drei An träge an das Bundesversicherungsamt zur endgültigen Beschei dung weitergeleitet worden.
Die Kliniken in Templin, Prenzlau und Strausberg - allesamt Häuser der Grundversorgung - stellen sich mit ihren Anträgen dem schwierigen Prozess des Strukturwandels in der Kranken hauslandschaft. Neben Standortsicherung geht es um eine en gere Verzahnung der stationären und ambulanten medizini schen Versorgung. Es entspricht unserem politischen Ansatz, Krankenhäuser zu Ankern der gesundheitlichen Versorgung gerade in ländlichen Regionen zu entwickeln.
Bis Mitte nächsten Jahres können finanzielle Mittel aus dem Strukturfonds beantragt werden. Wir hoffen, dass bis dahin noch viele Häuser diese Chance nutzen. Die finanziellen Rah menbedingungen dafür haben wir mit dem Doppelhaushalt 2017/2018 geschaffen.
Eine Anhörung im Fachausschuss und der Bericht der Landes regierung zum Öffentlichen Gesundheitsdienst machten uns deutlich, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst als dritte Säu le der Gesundheitsversorgung weiter gestärkt werden muss. Mit dem Beitritt des Landes zur Akademie für öffentliches Ge sundheitswesen wollen wir insbesondere die Aus-, Fort- und Weiterbildung des Personals vor Ort unterstützen. Die finanzi ellen Rahmenbedingungen dafür haben wir jetzt geschaffen.
Zur Unterstützung von Ehepaaren und nichtehelichen Lebens gemeinschaften mit unerfülltem Kinderwunsch möchten wir in enger Kombination mit dem Bundesprogramm ein Landesför derprogramm auflegen. Unser Landesprogramm soll aber auch eine Förderung gleichgeschlechtlicher Paare vorsehen - ja wohl, liebe Kolleginnen und Kollegen -, soweit das möglich ist.
Erfreulich ist auch, dass der Frauenpolitische Rat, der Senio renrat des Landes und die Dolmetscherzentrale des Gehörlo senverbandes - um nur einige Beispiele zu nennen - künftig nicht mehr jährlich auf Lottomittel hoffen bzw. um Lottomittel bangen müssen, sondern mit diesem Haushalt und dem Ände rungsantrag der Koalition in die Regelfinanzierung des Lan deshaushaltes übernommen werden.
Die Diskussion um Crystal Meth - besonders im Süden des Landes Brandenburg - haben wir in der Koalition aufgegriffen. Befristet auf zwei Jahre vorerst - ich betone: vorerst - sollen zwei Personalstellen in den Landkreisen Elbe-Elster und Ober spreewald-Lausitz, angedockt an die dortigen Sucht- und Bera tungsstellen, gefördert werden. Gleichzeitig wird die Einrich tung einer offenen Sprechstunde getestet - ein interessantes Modell, wie wir meinen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Einzelplan 07 ist solide und gut aufgestellt. Wir bitten deshalb um Ihre Zustimmung.
Perspektivisch müssen wir die investive Förderung der Kran kenhäuser gemäß dem Krankenhausentwicklungsgesetz im Blick behalten. 80 Millionen Euro jährlich hört sich auf den ersten Blick viel an. Ob es ausreichend ist, sollten wir noch einmal genau betrachten.
Ja. - Die Frage der Finanzierung der Mehrgenerationenhäuser wird sich mit dem nächsten Haushalt mit Sicherheit stellen. Bis dahin müssen wir uns politisch positionieren.
Die steigende Entwicklung der Sozialhilfe, hier der Eingliede rungshilfe, muss tiefgründiger untersucht werden. Deshalb un terstützen wir das mit wissenschaftlicher Evaluierung einher gehende externe Gutachten. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht die Abgeordnete Schier für die CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte bei diesem Haushalt ganz kurz auf drei Aspekte eingehen. Das Erste ist - Kollegin Lehmann hat es gerade angesprochen -: Ich freue mich, dass es den Koalitionsfraktionen und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gelungen ist, einen gemeinsa men Antrag über die Errichtung eines Hilfesystems für Men schen, die als Kinder und Jugendliche in stationären Einrich tungen der Behindertenhilfe oder in stationären psychiatrischen Einrichtungen Leid und Unrecht erfahren haben, zu erarbeiten. Brandenburgs Anteil in Höhe von knapp 8 Millionen Euro ist ein notwendiger Beitrag, der Geschehenes nicht aufheben, aber vielleicht ein wenig dazu beitragen kann, das Geschehene er träglicher zu machen oder zu mildern. Dafür ein herzliches Dankeschön.
Der zweite Aspekt betrifft das arbeitsmarktpolitische Programm und in dem Zusammenhang die LASA. Die Kolleginnen und Kollegen, die schon länger hier im Landtag sind, wissen, dass die LASA die ESF-Mittel verwaltet und abgerechnet sowie die jenigen, die solche beantragt und in Anspruch genommen haben,
beraten hat. Wir empfanden dabei als Manko, dass 4,9 Millionen Euro jährlich für die LASA aufgewendet wurden, was zu viel war, wie wir auch gesagt haben. Insofern haben wir uns darauf verständigt, die LASA peu à peu aufzulösen; wir sind noch da bei. Künftig wird die ILB die Aufgaben übernehmen, was 11,5 Millionen Euro kosten wird. 4,9 Millionen Euro zu 11,5 Millio nen Euro - ich denke, das sollten wir noch einmal ganz genau betrachten. Schließlich kann nicht Sinn der Übung gewesen sein, ein Landesamt aufzulösen und dann mehr als das Doppelte für die Aufgabenerledigung zu bezahlen. Darauf sollten wir auch im Ausschuss noch einmal ein Augenmerk legen und uns erklären lassen, wie es zu dieser Kostensteigerung kommen konnte.
Der dritte Aspekt, den ich erwähnen möchte - Sie werden es mir nachsehen -, ist mein Hauptaugenmerk: Es geht um die Pflege. Die „Märkische Allgemeine Zeitung“ titelte am Mon tag dieser Woche: „Schon in 15 Jahren droht massiver Pflege notstand.“ In der Enquetekommission sind Worte gefallen wie: Es macht Sorge, wie im Jahr 2030 die Pflege im ländlichen Raum abgesichert werden kann. - Dazu muss ich Ihnen sagen: Da brauchen wir gar nicht über 2030 zu sprechen. Der größte Pflegedienst unseres Landes, aber auch in der gesamten Repu blik sind die Familien. 70 % der Pflegebedürftigen werden der zeit von den Familien gepflegt, was sich, denke ich, ändern wird. Der Landesregierung sind diese Zahlen bekannt. Meines Erachtens tun wir einfach zu wenig dafür.
Ich nenne einmal einige Forderungen, zunächst die Forderung nach der Einführung einer Pflegekammer, wenigstens die Prü fung der Einführung einer Pflegekammer.
Des Weiteren sollte das Land unbedingt darüber nachdenken, ein neues Investitionsprogramm für Alten- und Pflegeheime aufzulegen. Damit könnte man erstens Wartelisten abschaffen, und zweitens hilft es den Einrichtungen, die ausbilden und die damit einen Wettbewerbsnachteil haben. Das ist eine weitere unserer Forderungen.