Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Mit diesen Worten möchte ich für heute schließen. Ich freue mich auf die Generaldebatte morgen und habe durchaus die Hoffnung, dass Sie über das eine oder andere nachdenken und wir morgen bei der Abschlussdiskussion in anderer Ernsthaf tigkeit,

(Zuruf des Abgeordneten Genilke [CDU])

in anderer Atmosphäre unserer Verantwortung als Abgeordnete für dieses Land gerecht werden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE, SPD sowie vereinzelt B90/GRÜ NE)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Vogel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN fort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an Herrn Wilkes Kritik am Debattenverlauf und der zerfledder ten Diskussion zu den letzten beiden Einzelplänen anknüpfen.

Ich denke, es ist ein Problem der Dramaturgie der Haushalts beratungen in diesem Jahr. Die Haushaltsberatung - der Minis terpräsident hat es gestern zu Beginn ausgeführt - ist die Kö nigsdisziplin des Parlaments. Sie erhält besondere Aufmerk samkeit, und die Medien sollten eigentlich gespannt darauf sein, was hier fachlich zu den Einzelplänen diskutiert wird. Wir hatten allerdings eine Sondersituation, die es früher nicht gab. Früher haben die Haushälter begonnen, dann kamen die Einzelpläne, dann die Abschlussrunde der Haushälter zum Einzelplan 20 und am Freitag in der 3. Lesung die Fraktions vorsitzenden und der Minister bzw. der Ministerpräsident - das war jedenfalls immer unsere Hoffnung, üblicherweise kam er nicht.

Ich schicke voraus, dass Ministerpräsident Woidke sich hier wohltuend von seinem Vorgänger unterscheidet. Der Minister präsident ist tatsächlich angemeldet hier aufgetreten und hat sich nicht plötzlich wie Zieten aus dem Busch ans Rednerpult geschwungen und zur allgemeinen Überraschung der Oppositi on dann auch noch einen Redebeitrag gehalten. Herr Woidke hatte das in der Tat ordentlich vorbereitet. Und er hat es dazu genutzt, pointiert zu einzelnen Punkten der Gesamtpolitik Stellung zu nehmen, auch zu Punkten, bei denen wir darauf gewar

tet haben, dass er dazu einmal Stellung bezieht - insbesondere zur Kreisgebietsreform.

Das Problem war, dass dadurch, dass diesmal zu Beginn der Ministerpräsident und die Fraktionsvorsitzenden gesprochen haben, die allgemeine politische Debatte an den Anfang ge stellt wurde und damit die Luft eigentlich raus war.

Wenn wir uns jetzt einmal umsehen - wir tagen praktisch unter Ausschluss der Medien. Das war nie die Intension. Morgen, am Freitag, werden die Haushaltspolitiker die Debatte führen, die üblicherweise zu Beginn der 2. Lesung am Mittwochmorgen stattgefunden hat. Ich denke, wir sollten darüber nachdenken, ob das eine kluge Dramaturgie für Haushaltsberatungen ist oder ob wir beim nächsten Mal - ich hoffe, wir werden noch ein paar Doppelhaushalte gemeinsam hier verabschieden - die se Dramaturgie nicht umstellen wollen im Interesse der Fach politikerinnen und -politiker und der fachpolitischen Diskussi on, die wir nicht nur intern führen, sondern bei der wir auch Medienaufmerksamkeit haben wollen. Ich denke, der Haushalt hat es verdient, diese mediale Aufmerksamkeit zu erhalten.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD, CDU und DIE LINKE)

Zu dem Themenkreis „postfaktisch“: Ich habe neulich einen klugen Satz gelesen, der lautete: Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, niemand hat das Recht auf eigene Fakten. - Ich glaube, genau darum geht es. Es geht nicht darum, dass Entscheidungen mitunter auf Basis von Emotionen getroffen werden, auch nicht darum, dass Politikerinnen und Politiker auch Emotionen ansprechen, sondern es geht um die Grundla gen, auf denen die Debatte geführt wird. Wenn ich anfange, die Fakten zu korrigieren, die Wahrheit ein bisschen in eine be stimmte Richtung zu schieben, dann gerate ich schon ins Dem agogische und möglicherweise ins Polemische, und irgend wann bin ich im Populistischen. Das sollten wir alle gemein sam verhindern.

Wir hatten heute einige Beispiele dafür. Ich greife einmal den Beitrag von Herrn Galau heraus, der seine Rede zum Versor gungsfondsgesetz recycelt, ein bisschen umgestellt und wieder auf Basis seiner Fakten die Position vertreten hat, dass die Be amtenpensionen nicht sicher seien. Wir hatten oft genug ausge führt, dass das nicht zutreffend ist. Er hat den Pensionsfonds der Abgeordneten angeführt, 3,25 % ist die Rendite. Ich bin im Verwaltungsgremium dieses Fonds, ich hoffe, ich verrate jetzt kein Geheimnis: Die Rendite ist seit einiger Zeit am Sinken. 3,25 % konnten jetzt noch einmal erreicht werden vor dem Hintergrund, dass man langfristige Anlagen hat und momentan kurzfristig relativ wenig angelegt werden muss. Aber dem Pro blem der kurzfristigen Anlagen entkommt auch dieser Pensi onsfonds nicht. Und ob wir in zwei, drei, vier oder fünf Jahren, wenn die Zinsentwicklung so weitergeht, tatsächlich diese 3,25 %, die wir als Minimum benötigen, halten können, steht in den Sternen oder ist zumindest zweifelhaft.

Betrachten wir zum Beispiel den norwegischen Staatsfonds: Seit seiner Gründung ungefähr im Jahr 1970 hat er eine Durch schnittsrendite von 6 % erzielt. Angelegt ist das Geld zu 61 % in Aktien, zu 37,7 % in Anleihen. In Aktien investieren bedeu tet hohe Risikobereitschaft; die Dividende und die Zinsen ste hen in einem gewissen Verhältnis zu dieser Risikobereitschaft. 2009 hat der norwegische Staatsfonds 23,3 % seines Werts ein gebüßt. 2011 hat er Verluste von ungefähr 3 bis 4 % verzeich

net. Das mag wenig klingen, aber bei einem Fonds, der 650 Milliarden Euro auf der hohen Kante hat, sind das echte Beträge. Er hat es danach wieder ausgleichen können, auch das sei gerechtigkeitshalber gesagt. Aber kapitalbasierte Altersvor sorgesysteme oder Staatsvorsorgesysteme laufen immer Ge fahr, dass sie in wirtschaftlich schwachen Phasen ins Minus abgleiten, und auf einmal sind die als sicher gespart geglaubten Gelder weg.

Vielleicht kennen Sie, Herr Galau, den Begriff „mündelsicher“. Früher gab es Werbung dafür: Pfandbriefe sind mündelsicher! - Diesen Begriff gibt es noch heute. Wenn Sie Vormund wären - ich glaube, das heißt heute nicht mehr so -, wenn Sie jemanden betreuen, haben Sie die Aufgabe, dessen Geld mündelsicher anzulegen. Aktien gehören zum Beispiel nicht zu diesen Anla gen, die sind ausdrücklich verboten. Bei mündelsicheren Anla gen können Sie gegenwärtig aber nur Zinsen im Bereich von 0 bis 0,7 % erzielen. Von daher ist die Behauptung, dass man, wenn man jetzt Geld zurücklegen würde, durch Zinseinnah men irgendetwas erreichen würde, absolut zurückzuweisen. Man tut es nicht, sondern läuft in Unsicherheiten hinein. Von daher ist die Entscheidung, in den nächsten zwei Jahren kein Geld mehr für den Pensionsfonds zurückzulegen, absolut rich tig.

Wenn Sie sich den Antrag der CDU ansehen, in dem gefordert wird, 120 Millionen Euro in die Schuldentilgung zu stecken - das ist ja das Ergebnis der Aussagen des Präsidenten des Rech nungshofs, der dazu geraten hat, zu tilgen, statt im Pensions fonds anzulegen -, merken Sie, dass sich auch die CDU von dem Vorhaben, Geld in den Pensionsfonds zu stecken, verab schiedet hat, mit der Begründung, dass momentan keine Rendi te zu erzielen ist. Von daher, denke ich, hat sich dieses Thema zumindest für die nächsten zwei Jahre erledigt oder sollte sich zumindest erledigt haben. Behauptete Fakten sollte man auch prüfen.

Jetzt komme ich zu dir, Christoph Schulze, und dem ifo Insti tut. Du hast gefragt: Herr Holzschuher, haben Sie diese Studie gelesen? Herr Holzschuher hat gesagt: Schau einmal ins Ge setz, darin steht schon etwas. - Ich habe mir die ifo-Veröffentli chung und Hintergrundinformationen besorgt: „Sparen Ge bietsreformen Geld? - Ein Überblick über aktuelle Studien“ von Felix Rösel. - Das ist eine selbstreferenzielle Studie, er zi tiert sich selbst und verweist auf eine eigene Studie, die es nur in Englisch gibt, aber das sei einmal dahingestellt. Neben die ser eigenen Studie werden neun weitere Studien zitiert. Das Interessante ist: Die einzige, die sich auf die Untersuchung von finanziellen Auswirkungen von Kreisgebietsreformen be zieht, ist seine Studie. Alle anderen acht beziehen sich auf Aus wirkungen von Gemeindegebietsreformen in der Schweiz, in Israel, in Finnland, in Dänemark und in den Niederlanden.

(Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Baden-Würt temberg, Meck-Pomm!)

- Es gibt auch zwei, die sich auf Deutschland beziehen, das ist richtig. Eine auf Baden-Württemberg und eine auf …

(Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Mecklen burg-Vorpommern!)

Aber das Interessante ist das beigefügte Diagramm, aus dem sich Folgendes ergibt: Er hat einen Vergleich angestellt zwi schen der Entwicklung der bereinigten Ausgaben je Einwohner

der sächsischen Landkreise zwischen 1998 und 2013 und einer sogenannten synthetischen Kontrolleinheit, bestehend aus: 62 % Thüringen, 26 % Brandenburg, 11 % Bayern und 1 % Saarland. Die Kreisgebietsreform in Sachsen war im Jahr 2008. Dort, wo es interessant wird, wo sich die Linien kreuzen und die Linie, die die Durchschnittsausgaben in Sachsen an zeigt, nach unten geht, bricht die Untersuchung ab - im Jahr 2013.

Von daher kann er nur Aussagen zu den Auswirkungen treffen, die sich auf die ersten fünf bis sechs Jahre nach der Kreisge bietsreform beziehen, aber nicht darüber hinaus. Das behauptet er übrigens auch nicht, er untersucht ja nicht längerfristig. Aber es ist doch jedem von uns hier klar, dass die finanziellen Aus wirkungen einer Kreisgebietsreform erst dann zum Tragen kommen, wenn es tatsächlich zu einem Personalabbau durch Rationalisierung gekommen ist. Und dass das nicht innerhalb von einem, zwei, drei oder vier Jahren der Fall ist, ist doch of fenkundig. Natürlich ist das ein längeres Vorhaben, und von daher wird es selbstverständlich zu Rationalisierungseffekten und Einsparungen kommen, und das deutet sich in dieser Stu die auch an. Aber alle behaupten immer nur: Es gibt Studien und eine eindeutige ifo-Studie, die aussagt, dass Kreisgebiets reformen kein Geld einsparen, und damit ist der Fall erledigt. Aber das ist eben nicht durch die Fakten gedeckt.

(Beifall B90/GRÜNE und SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Ich will noch kurz auf die Situation der kreisfreien Städte ein gehen, weil Herr Holzschuher es angesprochen hat und mich das auch beschäftigt; dazu hatte ich in der gestrigen Beratung auch schon etwas gesagt. Herr Holzschuher hat ausgeführt - und das bestreitet hier im Haus niemand -, die meisten kreisan gehörigen Gemeinden hätten eine solide Ausgangslage.

Wenn man sich den Gesetzentwurf, bezogen auf die kreisfreien Städte, anschaut, dann muss man sagen: Es gibt ein verheeren des Bild der kreisfreien Städte - mit Ausnahme von Potsdam, wohlgemerkt. Wenn ich das lese, gruselt es mich wirklich. Die se drei Städte - Brandenburg an der Havel, Cottbus und Frank furt (Oder) - verzeichnen seit mindestens 10 bis 15 Jahren eine dauerdefizitäre Haushaltssituation. Diese hat im Ergebnis dazu geführt, dass die Städte keine finanzielle Leistungsfähigkeit mehr vorweisen können und ihre Aufgabenerledigung perma nent durch Kassenkreditaufnahmen finanziert werden müssen. Allein Cottbus hat demnach per 31.12.2015 Kassenkredite in Höhe von 223 Millionen Euro gehabt. Insgesamt haben diese drei kreisfreien Städte zwei Drittel der gesamten Kassenkredite des Landes Brandenburg aufgenommen.

Man fragt sich natürlich: Wie konnte es dazu überhaupt kom men? Vergleichen wir die Kassenkreditbestände und die aufge laufenen Defizite aus Vorjahren miteinander, dann wird deutlich, dass die Kassenkredite nicht nur dazu dienen, vorübergehende Liquiditätsengpässe auszugleichen, sondern eine wichtige struk turelle Finanzierungssäule der drei kreisfreien Städte bilden, weil sie ansonsten für die aufgelaufenen Fehlbeträge aus Vorjah ren keine alternative Finanzierungsmöglichkeit hätten.

Infolge der dauerdefizitären Haushaltswirtschaft und der über Jahre eingeschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit war die Kreditwürdigkeit dieser Städte so weit eingeschränkt, dass sie zum Stichtag 31.12.2015 über einen relativ geringen Schulden stand verfügten. Anders ausgedrückt: Sie bekommen nirgend

wo mehr Geld. Das ist eine Katastrophe! Aber das Schlimme ist: Wie ist es in diesem Zusammenhang überhaupt möglich, dass diese Städte bisher kein Haushaltssicherungskonzept vor legen konnten, das das Wiedererreichen des gesetzlichen Haus haltsausgleichs aus eigener Kraft belegt? Wie konnte das über haupt passieren? Wie ist es möglich, dass unter der Kommu nalaufsicht eines Innenministeriums drei Städte über Jahre hinweg in ein solches Unglück hineinlaufen und am Ende fest gestellt wird: „Da ist eigentlich nichts mehr zu machen.“

Ich hatte gestern die Frage aufgeworfen, wie es vor diesem Hintergrund - der Innenminister ist gerade nicht anwesend - möglich war, dass die Stadt Cottbus gleichzeitig Rücklagen in ihren städtischen Unternehmen aufbauen konnte, die offenkun dig niemandem aufgefallen sind und jetzt plötzlich zur Ablö sung oder Zahlung freiwilliger Leistungen herangezogen wer den, Stichwort Altanschließerproblematik. Wie konnte das pas sieren? Hier muss ich sagen: Ich bin sehr unzufrieden damit, wie das Innenministerium über mindestens 10 bis 15 Jahre sei ne Kommunalaufsicht ausgeübt hat.

(Beifall B90/GRÜNE)

Kommen wir nun zum letzten Punkt, den ich sehr spannend finde: Der Antrag der CDU zielt darauf ab, 120 Millionen Euro im Jahr 2017 und 140 Millionen Euro im Jahr 2018 zu tilgen. Das treibt mich auch um. Der Landesrechnungshofpräsident hat völlig zu Recht darauf hingewiesen: Wenn wir nicht in den Pensionsfonds einzahlen, sollten wir wenigstens versuchen zu tilgen. Ich habe immer die Position vertreten, dass uns das Geld fehlt. Ich habe auch keinen konkreten Vorschlag, wie es eingespart werden könnte.

Wenn wir einmal auf den Verlauf der letzten Jahre und auch ein wenig in die Zukunft schauen, dann stellen wir fest: Es war seit 2014 in den Haushalten immer vorgesehen, Rücklagen in drei stelliger Millionenhöhe zu entnehmen. Am Ende haben wir nie Rücklagen entnommen, sondern sie sind sogar noch ange wachsen. Wir hatten seit 2011 im Haushalt keine Nettokredit aufnahme mehr veranschlagt. Es gab keinen Fehlbetrag mehr. Wir haben seitdem regelmäßig Überschüsse in dreistelliger Millionenhöhe erzielt. Ich denke, wir werden auch im Haus haltsvollzug 2017/2018 wieder Überschüsse erzielen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Der einfachste Grund ist, dass im Re gelfall 10 % der bewilligten Investitionen nicht abfließen.

Zum Thema Personalausgaben: Neueinstellungen schlagen nicht unmittelbar zu Buche, insbesondere bei jüngeren Leuten; aber in der Planung wird mit dem Durchschnittsalter kalkuliert.

Herr Baaske sagte, er habe jedes Jahr 20 Millionen Euro weni ger Personalausgaben als veranschlagt. Die Begründung dafür ist, dass er seine Lehrer üblicherweise niedriger eingruppiert als im Stellenplan vorgesehen. Ausstehende Beförderungen sind ein weiterer Grund, und es gibt viele weitere Gründe, war um die Personalausgaben immer hinter dem Soll zurückblei ben. Es gibt außerdem unvermutete Mehreinnahmen, beispiels weise bei der Flüchtlingsunterbringung durch den Bund oder aus dem Länderfinanzausgleich. Es gibt auch regelmäßig Steu ermehreinnahmen, weil der Finanzminister ganz knapp kalku liert. Ich wage einmal die Prognose: Auch 2017/2018 wird es massive Minderausgaben geben, weil man beispielsweise die Mittel für die Altanschließer nicht „loswird“, weil die Bedin gungen so geknüpft sind, dass in den Kommunen kaum jemand Interesse daran hat, diese Mittel für sich zu beanspruchen. Von

daher werden wir - das wage ich zu prognostizieren - auch die Jahre 2017 und 2018 mit einer Schuldentilgung abschließen.

Der Vorschlag der CDU war, eine globale Minderausgabe ein zuführen. Ich habe lange darüber nachgedacht, aber ich denke, das ist nicht der richtige Weg, weil eine globale Minderausgabe dazu führen würde, dass am Beginn des Jahres bereits die Titel festgelegt werden müssten, bei denen Geld eingespart wird. Damit ist niemandem geholfen. Ich muss ehrlich sagen, ich verstehe das Ansinnen. Ich bin auch der Überzeugung, wir brauchen Schuldentilgung, und ich bin der Überzeugung, es wird auch dazu kommen. Ich glaube aber, dass die globale Minderausgabe nicht das richtige Instrument dafür ist.

An dieser Stelle ende ich; morgen diskutieren wir weiter. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD und DIE LINKE)

Bevor wir zum Beitrag der Landesregierung kommen, gibt es noch eine Kurzintervention von Herrn Galau.

Frau Präsidentin! Herr Vogel, ich möchte ganz kurz darauf ein gehen, was Sie über die hohen Anlagerisiken bei Aktien gesagt haben. Ich denke, es gehört zum kleinen Einmaleins, dass sich Aktienanleihen in solche mit hohem, mittlerem und niedrigem Risiko aufteilen. Es gibt verschiedene Anlageformen. Wir hat ten das Beispiel unseres eigenen Versorgungswerks genannt. Von uns Abgeordneten beschwert sich dabei auch niemand über unsere Anlageformen. Trotzdem schafft man es damit im merhin noch, eine Rendite - wenn auch auf niedrigem Niveau - zu erzielen. Das halte ich immer noch für besser, als diesen Fonds gar kein Geld mehr zuzuführen, denn diese werden letz ten Endes auch von der Inflation aufgefressen. Zahlen wir nichts mehr ein, wird es trotzdem immer weniger. Vor diesem Hintergrund ist das auch keine Lösung. Noch schlimmer wäre es, Geld vorzeitig zu entnehmen.

Im Übrigen haben wir vorhin gehört, dass es erste Signale ei ner Zinswende gibt. Nicht, dass die Fed die Zinsen erhöht hat, aber das zeigt, dass diese Überlegungen heute schon wieder überholt sind. Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen, Herr Vogel: Die Möglichkeiten einer vernünftigen Anlage re den Sie klein; das hat mit Fakten auch nicht allzu viel zu tun.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Vogel, möchten Sie darauf reagieren?

Ja, Herr Galau, darauf möchte ich gern reagieren. Was sind si chere Aktien? Vor ein oder zwei Jahren hätte vermutlich jeder gesagt: VW-Aktien sind bombensicher. Sie alle wissen aber auch, dass infolge des Dieselskandals in den USA mit Auswir kungen bis nach Europa der Aktienkurs massiv gesunken ist

und das Land Hessen Klage gegen VW eingereicht hat, weil sein Pensionsfonds - Ausrufezeichen! - durch die Herabstufung der VW-Aktien an Wert verloren hat. Das zeigt sehr deutlich, dass Aktien eben hoch risikobehaftet sind, auch wenn man mit unter denkt, das sei alles überhaupt kein Problem. Es ist eben riskant. Deswegen gibt es bei uns auch Anlagerichtlinien, die nur sehr begrenzt zulassen, in solche Anlagen zu investieren.

Was die Zinsen betrifft: Jegliche getilgten Schulden werden uns keine Zinsen mehr bringen. Steigen die Zinsen aber plötz lich, haben wir das Problem, dass wir jedes Jahr, in dem wir wieder drei Milliarden Euro auf dem Kreditmarkt aufnehmen müssen, mit entsprechenden Zinssteigerungen und damit ge steigerten Zinszahlungen zu rechnen haben. Das wird unseren Haushalt und übrigens auch den Haushalt der drei kreisfreien Städte massiv belasten. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt DIE LINKE)