Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Darüber hinaus hat die Landesregierung mit Beginn der Legis laturperiode die Stellung der drei Landesbeauftragten gestärkt, die mit einer Stabsstelle in meinem Ministerium angesiedelt sind: Die Beauftragte für die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Integrationsbeauftragte und der Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung - sie alle kümmern sich sehr konkret um die Durchsetzung der Chancengleichheit für alle Menschen. Darüber hinaus wurden in diesem Jahr Per sonalmittel für eine Landesstelle für Chancengleichheit zur Verfügung gestellt. Diese Aufgabe kann nun durch eine volle Personalstelle wahrgenommen werden.

In dem vorliegenden Entschließungsantrag fordern Sie, sehr geehrte Abgeordnete der Koalitionsfraktionen, dass die Lan desstelle weiter entwickelt und öffentlich bekannt gemacht wird. Überlegungen dazu haben in meinem Haus bereits begon nen. Anfang nächsten Jahres soll die Landesstelle für Chancen gleichheit beispielsweise im Internet präsent sein, um den Bür gerinnen und Bürgern die Kontaktaufnahme zu erleichtern. Ich begrüße, dass die Landesstelle als Institution gestärkt und mit einer klar formulierten Legitimation ausgestattet wird. Wichtig ist besonders die Funktion einer Beschwerde- und Vermitt lungsstelle, also die Ombudsfunktion, und zwar sowohl inner halb der Landesregierung als auch im Verhältnis zu Bürgerin nen und Bürgern. Dies ermöglicht eine niedrigschwellige Beratung und gegebenenfalls auch die Intervention.

Den Betroffenen geht es nämlich häufig nicht darum, ein for melles Verfahren nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungs gesetz anzustrengen. Wichtiger ist ihnen vielmehr, dass das diskriminierende Verhalten abgestellt wird. Allerdings muss ich Ihnen sagen, dass die Aufgaben, die Sie in Ihrem Entschlie ßungsantrag aufführen, mit einer Personalstelle dann doch sehr schwierig zu erfüllen sind und eine Aufstockung natürlich unter dem Vorbehalt der Bewilligung von Haushaltsmitteln steht.

Die Landesstelle für Chancengleichheit wird selbstverständlich Kontakt zu den Kommunen suchen, beispielsweise auch zu den dortigen Beauftragten. Sie wird in ihrer Ombudsfunktion auch Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen, deren Anlie gen aus dem kommunalen Kontext stammen. Die verbindliche Einbeziehung der Kommunen, wie es der Gesetzentwurf der Grünen formuliert, geht indessen zu weit. Die Hürden hierfür sind aufgrund der verfassungsrechtlichen Garantie der kommu nalen Selbstverwaltung hoch.

Noch ein Wort zu dem im Entschließungsantrag geforderten Bericht an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, der bis zum vierten Quartal 2018 vorliegen soll. Unterm Strich kommt für diesen Bericht nur etwa ein knappes Jahr an Berichtszeitraum in Betracht. Ich bitte, das dann auch bei der Bewertung dieses Berichts einzubeziehen.

Sehr geehrte Abgeordnete, im Kampf gegen Diskriminierung sind wir sehr aktiv, und ich denke, dass wir alle gemeinsam an verschiedener Stelle weiter daran arbeiten werden, dass Bran

denburg ein tolerantes und weltoffenes Land bleibt. - Herzli chen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Wir sind am Ende der Aussprache und schreiten zur Abstimmung.

Wir stimmen zunächst über die Beschlussempfehlung und den Bericht auf Drucksache 6/7750 zum Entwurf eines Gesetzes zur Antidiskriminierung im Land Brandenburg ab. Wer dieser Beschlussempfehlung und dem Bericht seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthal tungen? - Bei wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen ist diese Beschlussempfehlung angenommen und der Gesetzent wurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Wir kommen zur nächsten Abstimmung, und zwar über den Ent schließungsantrag auf Drucksache 6/7700, ein Antrag der Frak tionen von SPD und DIE LINKE mit dem Titel „Diskriminie rung verhindern und eine Kultur der Wertschätzung und Vielfalt fördern!“. Wer diesem Entschließungsantrag der Fraktionen SPD und DIE LINKE folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist der Entschließungsantrag mehrheitlich angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungs punkt 6 auf:

Fünftes Gesetz zur Änderung des ÖPNV-Gesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 6/6777

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Infrastruktur und Landesplanung

Drucksache 6/7774 (2. Neudruck)

Dazu liegen Ihnen ein Änderungsantrag der CDU-Fraktion auf Drucksache 6/7782, Neudruck, und ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/7791 vor.

Ich eröffne die Aussprache. Zu uns spricht zunächst Frau Abge ordnete Kircheis für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Das uns vorliegende Fünfte Änderungsgesetz zum ÖPNV-Gesetz - Sie wissen es alle - geht auf den Beschluss des Landtages zum Doppelhaushalt 2017/2018 zurück. Es setzt die Schwerpunkte vor allem bei Investitionen im öffentlichen Per sonennahverkehr, aber auch bei der inneren Sicherheit und in sozialen Bereichen.

Es ist gut, dass wir mit den Änderungsanträgen zum Fünften Änderungsgesetz des ÖPNV-Gesetzes auch den Begriff „übri ger ÖPNV“ - also der Verkehr mit Straßenbahnen, O-Bussen oder Bussen - klargestellt haben, indem wir ihn durch den Begriff „kommunaler ÖPNV“ ersetzt haben. Grund ist vor al lem, dass die Formulierung „übriger ÖPNV“ nicht den tatsäch lichen Verkehrsanteilen von regionaler Bedeutung und damit der Wertschätzung dieser kommunalen Aufgaben entspricht oder diese widerspiegelt. Immerhin beträgt die Verkehrsleistung mit Straßenbahnen, O-Bussen und Bussen im Linien verkehr landesweit etwa 145 Millionen Nutzwagenkilometer pro Jahr. Zum Vergleich sei hier nur kurz der SPNV erwähnt, bei dem derzeit etwa 35 Millionen Zugkilometer bestellt werden.

Der vorgeschlagene Begriff „kommunaler ÖPNV“ enthält schon im Namen die Träger dieser Aufgabe. Die Landkreise und kreisfreien Städte engagieren sich im Rahmen ihrer be grenzten finanziellen Möglichkeiten und in den Strukturen des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, VBB, damit es einen guten, einen angemessenen ÖPNV in den Städten und ländli chen Regionen Brandenburgs gibt. Für die Landkreise und Städte ist diese große Aufgabe dabei keineswegs nur eine übri ge Aufgabe.

Das Land Brandenburg stellt für die Jahre 2017 bis 2022 insge samt 48 Millionen Euro für Straßenbahnen und O-Busse sowie für ein Investitionsprogramm zur Herstellung der Barrierefrei heit zusätzlich zur Verfügung. Davon werden die pauschalier ten Zuweisungen in Höhe von 85 Millionen Euro für alle kom munalen Aufgabenträger im Jahr 2017 um 1 Million Euro und ab 2018 um jährlich 2 Millionen Euro erhöht. Darüber hinaus erhöhen die verbleibenden Beträge in Höhe von 2 Millionen Euro für 2017, von 8 Millionen Euro für 2018, von 9 Millionen Euro für 2019 und von jeweils 26 Millionen Euro für die Jahre 2020 bis 2022 die bereits erwähnte pauschalierte Zuweisung in Höhe von 5 Millionen Euro der kommunalen Aufgabenträger von Verkehren.

Mit diesen finanziellen Mitteln wollen wir auch das PlusBusSystem stärken, denn im ÖPNV-Gesetz stehen dazu bisher noch keine finanziellen Mittel zur Verfügung. Es gibt lediglich einen Verweis auf verkehrspolitisch bedeutende Verkehrsangebote nach Maßgabe des Haushalts, die in einem Nachtragshaushalt bereitgestellt werden.

Das Fünfte Änderungsgesetz zum brandenburgischen ÖPNVGesetz ist ein Anfang und ein Einstieg in ein langfristiges ÖPNV-Investitionsprogramm. Angesichts des erfreulich größe ren finanziellen Volumens des Brandenburger Landeshaushalts, aber auch angesichts der enormen finanziellen und strukturellen Herausforderungen unseres Flächenlandes für die Zukunft wie die, den ÖPNV in den ländlichen Regionen weiter und nachhal tig zu gewährleisten, ist das ein erster Schritt, über den ich mich freue. Gleichwohl wissen wir alle: Es ist eben zunächst der be wusste erste Schritt.

(Beifall SPD)

Die Änderungsanträge der Fraktionen CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN werden wir ablehnen. Natürlich ist es schön, wenn wir lesen, aus 85 Millionen Euro sollen 95 Millionen Euro werden und aus 5 Millionen Euro 15 Millionen Euro. Las sen Sie uns gemeinsam an der Aufstockung arbeiten, aber der

zeit stehen diese Mittel nicht zur Verfügung, weshalb wir Ihre Anträge leider ablehnen müssen. - Danke schön.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht nun der Abgeordnete Genilke für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 21.09. fand eine Anhörung im AIL über genau diese Ände rung des ÖPNV-Gesetzes statt. So umständlich, wie Frau Kircheis eben erklärt hat, wann es 2, 6, 8 oder 11 Millionen Euro pro Jahr sind, so kompliziert liest sich auch das Gesetz, und zwar nicht nur für uns. Genauso hat sich auch die Stellung nahme zum ÖPNV-Gesetz gelesen. Ich habe noch nie erlebt, dass am Ende die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU den Koalitionsfraktionen deren eigenen Antrag erklä ren mussten.

(Beifall CDU, AfD und B90/GRÜNE)

Das ist schon einzigartig.

Im Übrigen hat dieses Auf und Ab von irgendwelchen Zahlen, die jederzeit beliebig geändert werden können, auch nichts mit verlässlicher Finanzierung zu tun. Deshalb haben wir bei den 85 Millionen Euro, die schon seit Jahren so in dem Gesetz ste hen, eine Aufstockung auf 95 Millionen Euro vorgenommen, weil nur das eine verlässliche Finanzierung bedeutet. Schließ lich haben wir all das, was wir eben gehört haben - wir machen das einmal, aber das ist nur ein Anfang -, schon vor zehn Jahren gesagt.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [DIE LINKE])

Aus dem sogenannten Anfang wurde eine Verstetigung der Mit tel. Ich sage Ihnen ganz deutlich, was in der Anhörung tatsäch lich gefordert worden ist; denn dies ging aus der Rede gar nicht so hervor. Die Mittelanpassung an den tatsächlichen Bedarf der Träger des öffentlichen Personennahverkehrs gibt es nicht - un ter anderem eine Busförderung -, weshalb wir sie mit 10 Milli onen Euro aufgenommen haben. Warum haben wir nur Mittel für die Barrierefreiheit in Straßenbahnen vorgesehen? Warum sehen wir für all die Städte und Landkreise, in denen es keine Straßenbahnen gibt, in Sachen Barrierefreiheit nichts vor? - Das ist überhaupt nicht zu rechtfertigen.

(Beifall CDU sowie der Abgeordneten Nonnemacher [B90/GRÜNE])

Ein immer wiederkehrendes Thema ist auch, dass wir eine Dy namisierung von 1,5 % einrichten müssen. Das halte ich auch für angemessen. Warum? - Im Kreistag hatten wir unseren Nah verkehrsgeschäftsführer als Gast, der davon berichtete, dass die Übernahme des Flächentarifvertrages jährlich - das möge er auch gern tun - 383 000 Euro mehr ausmacht. Das Geld muss aber irgendwoher kommen.

Ein Beispiel ist auch die Einführung der E-Card des VBB: mit der Plastikkarte vorher 79 Cent, mit dem neuen E-Ticket jetzt

1,49 Euro pro Kunden. Das alles sind Anpassungsmaßnahmen, die wir nicht berücksichtigen, sondern einfach von oben nach unten auferlegen. Es fragt aber niemand danach, wie die Land kreise am Ende mit der Situation zurechtkommen. Daher plä dieren wir für eine jährlich 1,5%ige Anhebung und Dynamisie rung dieser Mittel.

Des Weiteren stellte der Städte- und Gemeindebund fest: 50 000 Euro pro Haltestelle sind für Investitionen bezüglich der Barrierefreiheit nötig. Das sind über das ganze Land verteilt 40 bis 60 Millionen Euro. Dafür vorgesehen? - Nix! Das Land hält sich hier schön zurück. Dabei sind im Übrigen die behinderten Menschen hinsichtlich der Barrierefreiheit nicht Bittsteller, sondern haben Anspruch auf Barrierefreiheit, und zwar ab 01.01.2022.

(Beifall CDU)

Zudem stellten wir fest - ich habe mir auch die Protokolle des VDV noch einmal angeschaut -, dass die Mittel auch für die Städte mit Straßenbahnen bei Weitem nicht ausreichen, denn sie benötigen 9 Millionen Euro pro Jahr. 48 Millionen Euro wurden insgesamt zur Verfügung gestellt, aber nicht allein von der Landesregierung, sondern die Hälfte davon kam in Form von Regionalisierungsmitteln von der Bundesregierung.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [DIE LINKE])

Herrn Christoffers konnten wir an dieser Stelle glücklicherwei se dahin gehend aufklären, dass das natürlich keine Landesmit tel sind. Er war fest der Überzeugung, das sei so. Ich hätte ihm gern geglaubt und ihm auch gern dazu gratuliert,

(Zuruf der Abgeordneten Lieske [SPD])

aber das war eine glatte Fehlinterpretation der eigenen Geset zeslage.

Manchmal lohnt es sich - um abschließend kurz darauf zu spre chen zu kommen -, ein bisschen Feindbeobachtung zum Thema zu machen. Das mache ich hin und wieder. Die Kollegen von der rot-roten Koalition machen das vielleicht auch.

(Frau Geywitz [SPD]: Sind wir Ihr Feind?)

- Na ja. - Dazu, dass wir 24 Millionen Euro aus den Regionali sierungsmitteln und nicht aus den Landesmitteln nehmen, sage ich Ihnen, was davon unter Umständen, wenn Rot-Rot dem Än derungsantrag zustimmt, vor Ort bei Ihnen an Verkehr nicht bestellt werden kann. Hört man jetzt Frau Gossmann-Reetz ganz vorsichtig zu, so sind es fünf Dinge, die man abschreiben kann: den zweigleisigen Ausbau der S 1 zwischen Frohnau und Hohen Neuendorf sowie den 10-Minuten-Takt der S 1 zwischen Oranienburg und Frohnau. Die S 8 muss ohnehin dauerhaft nach Birkenwerder fahren. Außerdem soll da noch ein Regio nalbahnhalt eingerichtet werden. Die Heidekrautbahn soll akti viert werden.