Technische Störung am Zug, Zugausfall, Polizeieinsatz, techni sche Störung an der Strecke, Notarzteinsatz, Signalstörung, Wei chenstörung, Schrankenstörung, Baustellen, Kabelbrand, Stö rung im Betriebsablauf, Verspätung wegen eines vorausfahrenden Zuges, feuchte Blätter auf den Schienen, Kühe im Gleis usw.
(Heiterkeit des Abgeordneten Senftleben [CDU] - Galau [AfD]: Die haben noch die Sommerreifen drauf!)
Ich habe laut aufgelacht. Die Reisenden müssen mittlerweile davor gewarnt werden, wenn überhaupt noch Züge fahren.
Den Pendlerinnen und Pendlern ist das Lachen mittlerweile gründlich vergangen. Auch wenn in der Antwort auf unsere Große Anfrage die unterschiedlichsten Aspekte wie Güterver kehr, Lärmschutz, Barrierefreiheit usw. behandelt werden: We gen der Aktualität möchte ich heute hauptsächlich zum Landes nahverkehrsplan reden. Danach sollen weitgehende
Verbesserungen erst ab Dezember 2022 erfolgen. Bis dahin werden wir aber einen weiteren drastischen Anstieg bei den Fahrgastzahlen erlebt haben, sodass die in homöopathischen Dosen geplanten Verbesserungen vermutlich gar nicht zu spü ren sein werden. Ich jedenfalls kann die Wut, die einem mittler weile aus den persönlichen Berichten und Bürgerbriefen entge genschlägt, gut nachvollziehen.
Da muss man nicht mehr nur zwischen den Zeilen lesen, wenn da steht: „Es reicht. Das Fass ist bereits übergelaufen.“
Die Pendlerinnen und Pendler fühlen sich wie Bittsteller. Dabei sind sie der Wirtschaftsfaktor Brandenburgs. Das haben auch
die Ausführungen von Herrn Leister in der Anhörung zum Lan desnahverkehrsplan sehr eindrücklich gezeigt. Wie er ganz richtig bemerkte: Pendeln ist kein soziales Randphänomen, sondern die Existenzgrundlage des Landes. Doch dieser Tatsa che wird im Landesnahverkehrsplan völlig unzureichend Rech nung getragen.
Genau genommen leisten uns die Menschen, die mit dem ÖPNV pendeln, einen enormen Dienst. Gestern, auf der Rück fahrt vom Landtag, habe ich mir - wieder einmal völlig einge zwängt in der S 5 - ausgemalt, wie das Verkehrschaos aussehen würde, wenn all die Entnervten neben mir ab morgen das Auto nehmen würden. Unvorstellbar! Die Verkehrsministerin müsste eigentlich Mitarbeiter abordnen, die in die überfüllten S-Bah nen und Regionalzüge gehen, um sich bei jeder Einzelnen und jedem Einzelnen dafür zu bedanken, dass sie oder er noch den ÖPNV nutzt und nicht den Straßenverkehr ins Chaos stürzt. Das wird sie schwerlich tun. Einen ordentlichen Landesnahver kehrsplan hat sie allerdings auch nicht hinbekommen.
Die Landesregierung war noch nicht einmal auf die zahlreichen Eingaben im Rahmen der öffentlichen Beteiligung zum Lan desnahverkehrsplan vorbereitet. Der Server des Ministeriums verweigerte die Annahme weiterer E-Mails mit der Fehlermel dung, das Postfach sei überfüllt.
Darauf ließe sich jetzt natürlich vortrefflich herumhacken. Wenngleich dieser Vorfall wirklich sinnbildlich für den öffent lichen Personennahverkehr in Brandenburg ist, würde uns das ja auch nicht weiterbringen. Vielmehr müssen wir uns auf den Inhalt der Stellungnahmen, von denen uns auch zahlreiche er reicht haben, konzentrieren. Die Aussage allenthalben: Wir brauchen Verbesserungen, und zwar nicht in weiter Ferne, son dern jetzt.
Die konkreten Zahlen hat die Antwort auf unsere Große Anfra ge sehr schön dokumentiert. Danach sank allein zwischen 2006 und 2016, also in zehn Jahren, die bestellte Leistung in Zugki lometern im Regionalverkehr um 674 000 km pro Jahr. Zwi schen 2006 und 2016 wurden 15 Streckenabschnitte im Um fang von 249 km stillgelegt und dadurch 60 Haltepunkte geschlossen, und es wurden an 16 Haltepunkten - nebenbei be merkt, alle im ländlichen Raum - die Takte weiter ausgedünnt. Gleichzeitig nahm die Zahl der Fahrgäste allein im Regional verkehr um fast 60 % zu. Zigtausende Fahrgäste, die sich tag täglich in überfüllte Regionalzüge zwängen, sind die Visuali sierung dieser tristen Zahlen.
Das Ministerium, die Ministerin, ja, die ganze Landesregierung müssen die Köpfe schon sehr tief in den Sand stecken, um die Forderungen, die dazu aus allen Landesteilen kommen, weiter zu ignorieren.
Selbst aus den Reihen der SPD werden die Stimmen lauter. In einem Artikel aus der „Märkischen Oderzeitung“ vom 28. No vember 2017 heißt es: Barnimer SPD fordert dringend Nach besserungen am Landesnahverkehrsplan. Der jetzige Entwurf werde den Bedürfnissen der Pendler nicht ausreichend gerecht.
Auch wir fordern in unserem Antrag dazu auf, den Landesnah verkehrsplan deutlich zu überarbeiten - vor allem mit Blick auf kurzfristige Verbesserungen. Unsere wichtigsten Forderungen:
Erstens. Die Regionalisierungsmittel müssen mittelfristig aus schließlich für den SPNV verwendet werden. Die Politik, dem SPNV Jahr für Jahr Gelder zu entziehen, muss endlich beendet werden.
Es geht auch nicht an, dass Sie jahrelang zweistellige Millio nenbeträge aus den Regionalisierungsmitteln mit Verweis auf schlechte Zeiten in vier oder auch fünf Jahren ansparen. Viel leicht haben wir ja bis dahin gar keine schlechten Zeiten mehr, sondern stattdessen eine bessere Landesregierung.
Zweiter Kritikpunkt: Die im Landesnahverkehrsplan angekün digten Mehrbestellungen werden größtenteils erst ab Dezember 2022 greifen. Mögliche Verbesserungen für den Zeitraum 2018 bis 2022 werden auf gerade einmal fünf Zeilen abgehandelt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Die Landesregierung schreibt in diesen fünf Zeilen, sie führe zu dieser Frage mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen Gesprä che.
Wieso beginnen Sie mit diesen Gesprächen erst jetzt? - Im Lan desnahverkehrsplan müsste doch idealerweise schon das Er gebnis dieser Verhandlungen stehen. Wir wollen Verbesserun gen bereits zum Fahrplanwechsel 2018/2019.
Drittens. Verkehrsverträge brauchen Nachsteuerungsoptionen. Die Verkehrsverträge sind oftmals auf Knirsch kalkuliert. Auch wenn es nicht wirtschaftlich zu sein scheint, Züge in Reserve zu haben, müssen hier Lösungen gefunden werden. Ohne Reser ven, was Fahrzeuge, aber auch das Personal angeht, kommt es bei jedem auftauchenden Problem zum Stillstand - mit Ansage. Dem müssen wir vorbeugen.
Viertens. Dem Ausbau der Schieneninfrastruktur muss eine langfristige strategische Perspektive zugrunde liegen, sozusa gen der ganz große Wurf, was das Zielnetz oder - sagen wir einmal - ein Bestellkonzept für 2025, 2030 usw. angeht.
Das von der CDU-Fraktion in Auftrag gegebene Gutachten hat hier bereits eine gute Vorarbeit geleistet, und angesichts von Planungsvorläufen von zehn bis 15 Jahren brauchen wir hier unbedingt einen gut getakteten Zeitplan.
Fünftens. Angesichts des rasanten Anstiegs der Fahrgastzahlen müssen wir auch endlich darüber sprechen, inwieweit es mög lich ist, stillgelegte Trassen zu reaktivieren - vor allen Dingen in den Regionen der sogenannten zweiten Reihe, wo Ihre Bevöl kerungsprognosen eben nicht mehr so sind wie vor zehn Jahren. Sonst heißt es in zehn Jahren wieder: Hätten wir doch damals bloß schon daran gedacht!
Sechstens. Bei der Vorstellung des Landesnahverkehrsplans hieß es, Verknüpfungen mit den anderen Verkehrsträgern seien von besonderer Bedeutung. Dafür muss es aber erst einmal an dere funktionierende Verkehrsträger geben. Landesbedeutsame Buslinien, die auf den Bahnverkehr abgestimmt sind, würden einen Quantensprung bedeuten - gerade was die Querverbin dungen im Land betrifft.
Last, but not least: Was den SPNV-Verkehr angeht, können Ber lin und Brandenburg nicht als zwei getrennte Einheiten betrach tet werden. Nach wie vor haben beide Länder einen eigenen Nahverkehrsplan mit unterschiedlichen Laufzeiten. Wenn es schon keinen gemeinsamen Landesnahverkehrsplan mit Berlin gibt, so fordern wir zumindest ein gemeinsames Konzept für den Umlandverkehr.
Ich muss noch einmal ganz deutlich sagen: Wir begrüßen es sehr, dass die Politik der Streckenstilllegungen endlich vorbei ist. Aber das allein wird nicht reichen, um eine Trendwende ein zuleiten. Neben den berechtigten Ansprüchen der Pendlerinnen und Pendler kommt noch ein weiterer Aspekt zum Tragen: Zur Erreichung der deutschen Klimaziele wird eine Wende im Ver kehrssektor auch in Brandenburg unverzichtbar sein. Essentiel ler Bestandteil ist dabei der Ausbau des Schienenverkehrs zu einer echten Alternative zum motorisierten Individualverkehr. Ziel muss es sein, diejenigen in die Züge zu bekommen, die zwischen Schiene und Straße wählen können, und gleichzeitig diejenigen nicht völlig zu frustrieren, die ohnehin auf die Bahn angewiesen sind.
Deshalb möchte ich daran erinnern: Wie der Regionalverkehr funktioniert, ist eine Folge politischer Entscheidungen und kein Wunder. Seien Sie mutig, wagen Sie den großen Wurf! Die Pendlerinnen und Pendler sowie das Klima werden es Ihnen danken. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Entschließungs antrag. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich möchte den Grünen für diese Große Anfrage danken. Ich denke, dass die Antwort uns allen wichtige Erkenntnisse ge bracht hat.
Erste Erkenntnis: Besonders positiv hat sich in den vergange nen Jahren der Regionalverkehr entwickelt. Anders als manch anderes Infrastrukturprojekt in diesem Land ist die Baustelle Gemeinsamer Regionalverkehr Berlin-Brandenburg ein Er folgsmodell.
Ja, es ist richtig, in Brandenburg wurden in den vergangenen Jahren Strecken abbestellt und stillgelegt. Ein Dieseltriebwa gen, der mit ein oder zwei Fahrgästen durch die Landschaft rollt, ist weder umweltfreundlich noch wirtschaftlich. Insofern waren die Abbestellungen zwar schmerzlich, aber ökologisch notwendig. Ich bin jedoch der Meinung, dass es der Stilllegun
Unsere Regionalexpresszüge binden fast jeden Winkel des Lan des mit Tempo 160 an Berlin an. Flächendeckend sind derartige Geschwindigkeiten im Regionalverkehr in Deutschland nur hier in Brandenburg üblich.
Die zweite Erkenntnis lautet: Der Wiederaufbau der Dresdner Bahn ist absehbar. Zwischen Strausberg und Strausberg-Nord wurde das S-Bahnangebot optimiert, und auch die Landes hauptstadt profitiert von einer verbesserten Anbindung nach Golm und zum BER.
Viele Bahnstationen wurden modernisiert und barrierefrei um gebaut. Es geht nun weiter mit den Investitionen in die Barrie refreiheit.
Die Entscheidung, die Hauptachsen zu stärken und dafür darauf zu verzichten, die abseits der Verkehrsströme liegenden Stre cken zu bedienen, war grundsätzlich richtig. Bei einer in etwa gleichbleibenden Zahl an Zügen im Gesamtnetz hat es binnen zehn Jahren einen Verkehrszuwachs von 60 % gegeben. Die Kundenzufriedenheit hat sich nach schmerzlichen Erfahrungen wie dem S-Bahn-Chaos und Lokführerstreiks ebenfalls positiv entwickelt.