Die Evaluation, die Sie angesprochen haben, Frau Koß, sollten Sie vielleicht noch einmal lesen. Diese Evaluation hatte gravie rende methodische Mängel. Zu dem Zeitpunkt nämlich, als man die Schüler befragt hat, ob sie sich wegen des Schüler-BAföGs für das Gymnasium entschieden haben, waren sie schon am Gymna sium, und zwar noch bevor das Schüler-BAföG eingeführt wurde. So entstand diese Evaluation! Das können Sie nachlesen.
Hinzu kommt noch Folgendes: Der Evaluation lag ein Fragebo gen zugrunde, der voll war von Suggestivfragen. Sie haben selbst gesagt, man hätte eigentlich Interviews durchführen müssen, um das Ganze qualitativ zu untersetzen. Allerdings hat sich kein einziger Schüler für ein solches Interview bereitge funden. Die Studie kommt trotzdem auf Seite 51 zu dem Schluss - das findet sich übrigens mehrfach -:
„Auch wenn sich objektiv kein direkter Zusammenhang zwischen Förderung und Veränderung der Bildungsbio graphie herstellen lässt, wird aufgrund der Umfrageer gebnisse eine subjektiv-positive Wirkung bei den Geför derten erzeugt.“
Jetzt will ich Ihnen das mal übersetzen, Frau Koß: „Subjektivpositive Wirkung“ - wissen Sie, was das heißt? Das heißt: Das Geld habe ich gerne mitgenommen. - Wir reden hier also von einem Mitnahmeeffekt. Das steht in Ihrer Evaluation: Wir re den von Mitnahmeeffekten.
Da muss ich mich schon wundern. Vor zwei Jahren haben wir ein Landlehrer-Stipendium beantragt. Das prüfen Sie immer noch, weil Sie Angst vor Mitnahmeeffekten haben. Die Leute im MBJS sitzen da drüben und prüfen sich einen Wolf aus Angst vor Mitnahmeeffekten, und beim Schüler-BAföG ist die Prüfung gleich null!
Wir können ja gerne darüber reden, aber wissen Sie, was mich am meisten stört? Das ist Ihr laxer Umgang mit diesem Thema. Das Thema „Erhöhung des Schüler-BAföG“ steht seit Beginn der Le gislaturperiode im Koalitionsvertrag. Da haben Sie noch geschrie ben, Sie wollten eine Leistungskomponente daran knüpfen. Das sehe ich aber nicht. In der Regierungserklärung von Dietmar Wo idke wurde es angekündigt; Sie haben es auch im letzten Dezem ber angekündigt - und jetzt legen Sie hier einen Gesetzentwurf vor, der an mangelnder Sorgfalt nicht zu überbieten ist.
Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: In diesem Plenarsaal sind oft genug Schülergruppen zu Gast, die ein Planspiel machen. Sie alle würden einen qualifizierteren Entwurf vorlegen als Sie. Sie alle geben sich mehr Mühe. Ihr Gesetzentwurf enthält keine Rechtsfolgenabschätzung und keine Kostenabschätzung. Sie sagen nicht mal, was das Ganze kosten würde. Sie sagen auch nicht, wie Sie das decken wollen - brauchen Sie ja auch nicht. Wenn Sie nicht wissen, wie viel es kostet, dann müssen Sie auch nicht wissen, wie Sie es decken wollen!
Sie haben keine saubere Begründung. Stellen Sie sich doch ein fach mal vor, wir hätten heute einen Änderungsantrag einge bracht und gesagt: Eine Erhöhung um 25 Euro reicht nicht. Um 30 Euro müssen wir erhöhen. - Was hätten Sie da gesagt? - Hät ten Sie gesagt: Ja, wie kommen Sie auf die 30 Euro? - Da frage ich: Wie kommen Sie auf die 25 Euro? - Hätten Sie gefragt: „Woher nehmen Sie das Geld?“, hätte ich gefragt: Woher neh men Sie das Geld?
Sie haben so viel Zeit. Herr Bischoff, im Dezember letzten Jah ren haben Sie das Ganze schon angekündigt. Seitdem hatten wir Plenarsitzungen im Januar, im März, im April und im Mai dieses Jahres. Und jetzt wachen Sie kurz vor der Sommerpause auf,
verfallen in hektisches Schlagen und nehmen uns hier quasi alle in Geiselhaft für Ihre Unfähigkeit. Jetzt soll das Gesetz hier hol terdiepolter beschlossen werden.
Daher bin ich den Kollegen von der Linken sehr dankbar, dass sie endlich wieder den Weg ebnen zu einem geordneten Verfah ren. Das wäre sonst nämlich nicht das Dritte Änderungsgesetz, sondern das erste Hauruck-Gesetz geworden!
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Überdies finde ich, dass wir eine Anhörung zu diesem Thema durchführen sollten. Chancengerechtigkeit ist nämlich ein sehr wichtiges Thema. Ich sage Ihnen außerdem, Herr Bischoff: Chancengerechtigkeit gibt es nicht für 25 Euro. - Danke schön.
Lieber Kollege Gordon Hoffmann, im Grunde war der Subtext Ihres Beitrags der, den Sie schon früher hier benutzt haben, nämlich dass Sie als CDU grundsätzlich gegen ein SchülerBAföG eingetreten sind. Das aber lassen wir Ihnen nicht durch gehen.
Ich will Ihnen mal Folgendes sagen: Beim Schüler-BAföG han delt es sich natürlich um eine pauschale Summe. Die CDU auf Bundesebene sagt übrigens immer: Wir müssen das Kindergeld erhöhen. - Wir als SPD haben seit Jahren gesagt: Lasst uns lie ber das Schulessen kostenfrei stellen und in direkte Angebote für Kinder investieren. - Sie aber machen es so, wie Sie es brau chen.
Wenn wir nach fast zehn Jahren das Schüler-BAföG von 100 Euro pauschal - wir reden übrigens über Kinder, deren El tern entweder Wohngeld oder Hartz IV beziehen oder für Min destlohn ackern - auf 125 Euro anheben, dann machen Sie sich bitte nicht darüber lustig und behaupten, dass dies nicht bere chenbar oder nicht im Haushalt gegenfinanziert wäre; denn - das wissen Sie besser als ich; das wissen Sie besser als alle an deren - wenn wir dieses Gesetz ändern, ist damit die Haushaltsermächtigung vom Gesetzgeber erteilt.
Wir reden hier über einen überschaubaren Betrag. Vor allem aber reden wir über Kinder, die dieses Geld auf dem Weg zum Abitur dringend nötig haben. Das kostet nun einmal deutlich mehr; die Alternative wäre die Ausbildung, bei der man schon Geld verdient. Wir wollen, dass die Kinder aus einkommens schwachen Verhältnissen auch die Chance haben, das Abitur zu machen und später zu studieren; dann mit BAföG-Unterstüt zung vom Bund.
Herr Bischoff, wenn Sie nicht in der Lage sind, den Subtext zu dechiffrieren, dann sollten Sie sich an den Text halten, der ge sprochen wird. Da ging es um etwas ganz anderes. Es ging nämlich nicht um unsere Ablehnung des Schüler-BAföGs, son dern da ging es um Ihr handwerkliches Versagen.
Herr Bischoff, wir würden gerne über das Schüler-BAföG re den, und wir freuen uns auch darauf, dass dies jetzt dank der Linken möglich ist. Nur war eines schon immer klar: Sie wollten das Ganze im Hauruck-Verfahren durchziehen. Sie wollten heu te die 1. Lesung, eventuell irgendwann dann eine Sondersitzung, wo kein Mensch wusste, wie das funktionieren soll, wobei der Referent seinen Urlaub hätte verschieben müssen, und am Frei tag hätte das Ding dann beschlossen werden sollen. Dass wir uns jetzt in der nächsten Ausschusssitzung inhaltlich damit ausein andersetzen können, haben wir nicht Ihnen zu verdanken, son dern den Kollegen von der Linken. Herzlichen Dank dafür!
Herr Bischoff, ich möchte Ihnen noch etwas sagen. - Es wäre schön, wenn Sie mir zuhören würden. Das ist jetzt eine Erwide rung, Herr Bischoff! - Es geht nicht um die Frage, ob wir das Schüler-BAföG ablehnen; es geht vielmehr darum, wie wir die Chancengerechtigkeit verbessern können. Es geht auch nicht um die Frage, ob die Erhöhung um 25 Euro korrekt ist oder nicht, sondern darum, dass Sie einen handwerklich miserablen Gesetzentwurf vorgelegt haben, der einfach peinlich ist.
Vor zwei Monaten haben Sie einen Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht, für diese Erhöhung jedoch kein Geld eingestellt. Neulich haben wir im Bildungsausschuss gesessen und über das Konzept für Seiteneinsteiger diskutiert; da musste der Staatssekretär sagen: Das können wir nicht machen; dafür ha ben wir kein Geld.
Da frage ich: Wie kommt denn das? Der letzte Bildungsminis ter hat mir doch noch erzählt, dass am Ende des Jahres im Bil
dungsministerium normalerweise immer 20 Millionen Euro übrig sind. Der Staatssekretär sagt: Nein, in diesem Jahr wird es ganz eng. Wir haben am Ende des Jahres nur 500 Euro übrig. - Und jetzt kommen Sie und sagen: „Wir wissen nicht, wie viel es kostet, aber das Geld ist auf jeden Fall verfügbar“ oder was?
Das ist wirklich armselig für eine Regierungspartei. Sie sollten sich schämen! Sie sollten sich wirklich schämen! Wir wollen Chancengerechtigkeit!
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ver ehrte Gäste! In Bezug auf das Ausbildungsförderungsgesetz hat der Fraktionsvorsitzende der SPD kürzlich gegenüber der Pres se gesagt, Chancengleichheit dürfe nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.
Herr Bischoff, ich kann das sofort unterschreiben, weil das eine linke Forderung ist und schon immer war.
Wir schlagen Ihnen heute die Erhöhung des Brandenburger Schüler-BAföGs von 100 Euro auf 125 Euro vor. Damit setzen wir ein weiteres bildungs- und vor allem sozialpolitisches Vor haben des Koalitionsvertrages um.
Gleichzeitig lösen wir das Versprechen ein, mehr Jugendlichen Zugang zu höherer Bildung zu ermöglichen. Es kommt den Fa milien zugute, die bestimmte Sozialleistungen erhalten und de ren Familieneinkommen gering ist. Brandenburg ist das einzige Land, dass das Geld in dieser Weise für die Ausbildung und zur Vorbereitung aufs Abitur zur Verfügung stellt. Das Gesetz ist so gestrickt, dass die Förderung nicht auf andere Sozialleistungen angerechnet wird, und das ist gut so.
Nach Aussagen des Wissenschaftsministeriums standen im Jahr 2017 rund 2,6 Millionen Euro dafür zur Verfügung. Ausgezahlt wurden rund 2,5 Millionen Euro Fördermittel. Die Zahl der be schiedenen Anträge lag bei 2 156.
Ja, es muss optimiert werden. Die Informationen für die Schü ler und die Eltern sind nicht zufriedenstellend. Wir brauchen mehr Werbung, mehr Informationsmaterial. Die kommunalen Ämter, die Schulämter, die Schulen müssen hier besser zusam menarbeiten. Auch die Antragsstellung stellt eine ziemliche Herausforderung dar: 14 Seiten, Meldebescheinigungen, Schul
bescheinigungen, umständliche und aufwändige Folgeanträge - hier ist wirklich Änderung notwendig, damit den Menschen keine Ansprüche verloren gehen. Darauf hat der Landesrech nungshof bereits hingewiesen.