Protokoll der Sitzung vom 14.06.2019

der SPD, dass Sie nervös sind. Wir und andere sind es auch. Wir alle stehen in diesen Tagen unter Stress, nicht weil es so schön warm ist, sondern aufgrund bevorstehender politischer Ereignisse. Aber das darf uns doch nicht zur Unsachlichkeit verleiten.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Bitte bedenken Sie: Ihre Aufgabe als Ministerpräsident wäre es eher, eine Landesvaterrolle einzunehmen und bei einem solch kontrovers zu betrachtenden Thema zusammenzuführen anstatt eine bisher gut verlaufene Debatte noch zu pushen.

(Ministerpräsident Dr. Woidke: Sie haben nicht zuge hört!)

- Ich habe zugehört, Herr Ministerpräsident. Wenn Sie zu dem Kollegen Vogel sagen: „Setzen Sie sich mal wieder hin, es dau ert noch eine Weile“, ist das ein Bekenntnis dazu, wie Sie of fenbar ihr Amt verstehen. Bitte ändern Sie das!

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Ich frage weiter: Herr Preuß, möchten Sie? - Herr Wiese?

(Wiese [AfD]: Nein!)

Die Landesregierung? - Doch.

Zu meiner Äußerung gegenüber Herrn Vogel: Er ist aufgestan den und hat sein Jackett angezogen, und ich dachte, er rechnet damit, dass er eine halbe Minute später ans Pult treten darf. Ich wollte ihn in netter, sympathischer und freundlicher Art darauf hinweisen, dass ich vorhabe, noch einige Minuten länger zu re den. Wenn das falsch angekommen sein sollte, dann bitte ich vielmals um Entschuldigung. Aber ich glaube, es ist nur bei ei nem Herrn hier im Saal falsch angekommen.

(Beifall SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Raschke, ich muss, wenn Sie das Bild des CO2-Rucksacks, dass jeder Bran denburger - ganz schrecklich ist das - diesen riesengroßen CO2Rucksack zu tragen hat, bemühen, etwas zu Ihren Zahlen sa gen: Ist Ihnen bewusst, dass der Strom, der in Brandenburg er zeugt wird, 10 % Deutschlands versorgt, rund um die Uhr, zu verlässig und mit relativ günstigen Preisen? Das heißt, anstatt den CO2-Rucksack dem Kraftwerk, der Region oder dem Bun desland umzuhängen, in dem der Strom erzeugt wird, müsste gefragt werden - das sollte sich als Erstes in der Diskussion ändern -: Wo wird der Strom verbraucht? Wo wird er ge braucht? Wie effektiv wird er verwandt usw.? Wir sind hier in einer Energieerzeugersituation, unter anderem für Berlin.

(Jungclaus [B90/GRÜNE]: Hier ist der Export gestie gen!)

Das sollte hier schon eine Rolle spielen. Natürlich geht es dar um - das habe ich, glaube ich, vorhin auch so gesagt; das ist nicht bei allen angekommen, das bedaure ich sehr -, dass wir

genau diesen gesellschaftlichen Konsens brauchen, der in der Kohlekommission, der Kommission „Wachstum, Strukturwan del und Beschäftigung“ am Ende erzielt werden konnte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe einige Tage und Nächte mit Diskussionen mit den Kommissionsmitglie dern verbracht. Es war nicht einfach. Aber wenn man am Ende rausgeht und sagt: Das ist ein Beispiel für den Umgang, den wir gerade bei diesen schwierigen Fragen in Deutschland mit einander pflegen sollten, bin ich auch ein bisschen stolz, dass ich dabei sein konnte.

Ich bin auch stolz darauf, dass wir genau das geschafft haben, nämlich mit den ca. 17 Milliarden Euro für die Lausitz Sicher heit für die Region, die Beschäftigten und auch den Klima schutz zu schaffen, und dass wir, zumindest was den Kohle bereich betrifft, das 2030er-Klimaziel einhalten werden. Insge samt ist das ein guter Weg, den wir in anderen Bereichen, gera de auch im Klimaschutz, in den kommenden Jahren und Jahr zehnten in Deutschland dringend brauchen. - Danke schön.

(Beifall SPD)

Meine erneute Frage an die Fraktionen: Möchte jemand von den Fraktionen von der aus dieser zweiten Zeitüberschreitung resultierenden Redezeit Gebrauch machen und das Wort ergrei fen? - Herr Vogel? - Dann haben Sie jetzt die Gelegenheit. Dann sind Sie als Antragsteller auch der letzte Redner.

Danke, Herr Ministerpräsident, dass Sie mir damit die Gele genheit geben, ein paar Dinge herauszuarbeiten. - Das eine ist das Thema erneuerbare Energien. Wir haben tatsächlich das Problem, dass der Zuwachs an erneuerbaren Energien nicht den erwarteten Einspareffekt auf den CO2-Ausstoß hatte, weil - das haben Sie jetzt leider nicht erwähnt - der Exportanteil an Strom enorm angestiegen ist.

All das, was wir hier an Zubau an erneuerbaren Energien ha ben, wird zu einem großen Teil dadurch kompensiert, dass wir im Gegenzug Braunkohlestrom in andere Länder exportieren, etwa nach Frankreich, Tschechien, in die Slowakei oder nach Österreich. Das muss man der Ehrlichkeit halber auch sagen. Da sollte man nicht so tun, als ob die Stromerzeugung in Deutschland zusammenbricht, nur weil wir hier aussteigen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Zum Zweiten möchte ich noch Zahlen richtigstellen, weil Sie vorhin gesagt haben, Baden-Württemberg verzeichne eine Sen kung um 3,4 % - wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Ba den-Württemberg hat seinen CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um 13,9 % - das sind die Zahlen von 2015 - und Brandenburg um 29,6 % verringert. Zielsetzung ist, dass wir alle zusammen in ganz Deutschland gegenüber 1990 um 40 % reduzieren. Das heißt, davon sind wir alle noch ein großes Stück entfernt.

Es hilft uns in der Tat auch nicht, immer nur auf andere Länder zu verweisen. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass allein das Kohlekraftwerk Jänschwalde so viel CO2 im Jahr produziert wie alle emissionshandelspflichtigen Unternehmen des Landes

Bayern. Es ist völlig klar, dass es fast unmöglich erscheint, in Bayern beispielsweise bei Audi oder BMW den CO2-Ausstoß so massiv zu reduzieren,

(Frau Lehmann [SPD]: Warum nicht?)

dass wir auch nur ansatzweise das kompensieren könnten, was hier in Brandenburg bei der Kohlestromproduktion entsteht.

(Zurufe von der SPD)

Es ist viel einfacher - das sehen wir doch alle -, dort anzuset zen, wo die großen Emittenten sind. Das sind nun einmal die Kohlekraftwerke. Von daher kommen wir um den Kohleaus stieg nicht herum.

(Weitere Zurufe von der SPD)

Wir müssen sehr schnell aussteigen. Ich hatte gehofft, dass Sie verstanden haben, dass wir aus der Kohle aussteigen müssen, und zwar so schnell wie möglich, und dafür auch ein Konzept brauchen.

(Unruhe - Zurufe von der SPD)

Das ist das, was mehrfach angesprochen wurde.

In Nordrhein-Westfalen hat man sich langsam darauf verstän digt, wie und in welcher Geschwindigkeit die einzelnen Kohle kraftwerke abgeschaltet werden sollen. In Brandenburg fehlt das bisher. Sie haben - ich habe vorhin versucht, das deutlich zu machen, Benjamin Raschke hat es auch noch einmal ange sprochen - bisher immer noch offengelassen, ob es zur Er schließung des Teilfelds II von Welzow-Süd kommt. Damit haben Sie auch offengelassen, ob Proschim abgebaggert wird. Wir gehen davon aus und hoffen inständig, dass an dieser Stel le noch einmal deutlich Bewegung in die Landesregierung kommt, dass das endgültig ausgeschlossen wird. Meine Hoff nung gründet sich auch darauf, dass die CDU in Gestalt ihres Landesvorsitzenden, Fraktionsvorsitzenden und Spitzenkandi daten Herrn Senftleben ebenfalls deutlich gesagt hat, dass Pro schim nicht abgebaggert wird.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU)

Es ist wichtig, dass wir das nicht nur erklären, sondern es auch in der praktischen Politik Konsequenzen hat. Ich hoffe, dass diese Geschichte am 1. September abends um 18.01 Uhr ge klärt ist und sich dann anschließend in der Koalitionsvereinba rung niederschlägt.

Wir müssen bundesweit 40 % einsparen. Es ist völlig klar, dass die Kohleländer hier eine stärkere Last tragen als die Länder, die 1990 fast keine Kohleproduktion, fast keine Kohleverstro mung hatten. Das ist in Baden-Württemberg der Fall, das ist ein Stück weit in Bayern der Fall, weil dort die CO2-Emittenten nicht in der Zahl vorhanden waren. Nehmen wir eine gesamt deutsche Sichtweise ein! Lassen Sie uns unseren Beitrag dazu leisten. Dann, so denke ich, können wir auch darauf hoffen, dass wir den Klimawandel wenigstens noch begrenzen können. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Wir sind am Ende der Aussprache und kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen zuerst über den Antrag „Klimanotstand anerken nen - Klimakrise bekämpfen“ der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/11494 ab. Wer dem Antrag folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimm enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit großer Mehrheit ab gelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag „Klima- und Nachhaltigkeitscheck für jedes Gesetz“ der CDUFraktion auf Drucksache 6/11546. Wer dem Antrag folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimment haltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag „Klimaschutz geht alle an“ der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/11576. Wer dem Antrag folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimm enthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 22 und rufe Tagesordnungs punkt 23 auf:

Gesetz zum Sechsten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich der Medien

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 6/10966 (2. Neudruck)

3. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses Drucksache 6/11588

Hierzu wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Damit kom men wir direkt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht des Hauptausschusses zur 3. Lesung auf Drucksache 6/11588, Gesetz zum Sechsten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwi schen Berlin und Brandenburg im Bereich der Medien. Wer dem folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen ist diese Vorlage mehrheitlich angenommen und das Gesetz damit verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 23 und rufe Tagesordnungs punkt 24 auf:

„Bericht zur Umsetzung des Aktionsplans für Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, für Selbstbe stimmung und gegen Homo- und Transphobie in Bran denburg“ zum Beschluss des Landtages Brandenburg vom 09. Juni 2016 (Drucksache 6/4295 [ND]-B)