Protokoll der Sitzung vom 20.03.2024

Sie reden hier immer nur von den Hochschulangehörigen: von den Mitarbeitern, von der GEW, von den Protestgruppen. Das ist ja alles gut und schön; das hatten wir ja im Dialogprozess. Aber wo sind Ihre Antworten auf die Fragen der Flexibilisierung der Hochschulen, die Verbesserung der Wissenschaft, die Exzellenz, darauf, wie wir mehr Output an den Hochschulen bekommen? Diese Fragen haben Sie heute nicht beantwortet, sondern Sie haben immer nur aus der Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesprochen. Wo ist der Durchlauf für die wissenschaftliche Exzellenz in den Hochschulen? Das hätte ich heute gern von Ihnen erfahren.

Sie reden immer vom Gutdünken der Präsidentinnen und Präsidenten. Ich sage Ihnen: Sie zeichnen hier ein falsches Bild von den Hochschulen. Es gibt ein gutes, demokratisches und vernünftiges Miteinander zwischen den Vertretungen des Senates

und dem Präsidenten. Also ziehen Sie nicht so einen Vergleich! Dem verwehre ich mich einfach.

Daher: Ich hätte von Ihnen gern eine Antwort erhalten, in der Sie das große Ganze im Blick haben und nicht nur eine bestimmte Gruppe von Mitarbeitern in den Hochschulen. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Frau Abgeordnete Vandre möchte augenscheinlich erwidern. Bitte sehr.

Herr Schierack, den Widerspruch zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Profs in Bezug auf die Exzellenz haben Sie gerade aufgemacht. Deswegen will ich ihn auch klar zurückweisen. Ohne die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten wir überhaupt nicht die Exzellenz und die Forschungsstärke an den brandenburgischen Hochschulen.

(Beifall Die Linke)

Es ist eine Krux, davon auszugehen, dass eine Stärkung der Interessen und der Arbeitnehmerrechte der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zulasten der Professorinnen und Professoren ginge. Diese haben durchaus ein Interesse daran.

Ein Hochschulpräsident, der das verstanden hat, ist zum Beispiel der Präsident der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde. Er geht voran und sagt: Wir schaffen jetzt hier Departmentstrukturen, weil wir wollen, dass sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unsere Professorinnen und Professoren auf Augenhöhe begegnen und gut miteinander arbeiten können. - Das, finde ich, ist ein wegweisendes Beispiel dafür, wie man es in den bestehenden Strukturen umsetzen kann. Wir hätten uns gewünscht, dass das nach unserem Änderungsantrag auch durch das Hochschulgesetz verstärkt wird und überall die Departmentstrukturen ausgebaut werden.

Deswegen kann ich diese Entgegnung Ihrerseits, dass es sich um einen Widerspruch in meinen Ausführungen handele, nur zurückweisen.

(Beifall Die Linke)

Wir kommen jetzt zum Redebeitrag der Landesregierung. Für sie spricht Frau Ministerin Dr. Schüle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der SPD-Abgeordnete Erik Stohn hat auf das Struck’sche Gesetz hingewiesen: Kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es eingebracht wird. - So auch bei diesem Gesetz.

Bevor ich auf die einzelnen Regelungen und die Änderungsanträge eingehe, möchte ich mich bedanken, und zwar bei den Koalitionsfraktionen. Ich beziehe in den Dank aber auch ausdrücklich Isabelle Vandre und Herrn Stefke von den Freien Wählern ein, und zwar nicht, weil es ein gutes politisches Miteinander voraussetzt bzw. bedingt, sondern weil wir es uns drei Jahre lang zusammen nicht einfach gemacht haben. Wir haben drei Jahre lang über die Zukunft des brandenburgischen Wissenschaftssystems verhandelt, und zwar unter Einbeziehung der Studierenden- und Personalvertretungen, der Gewerkschaften, der Hochschulleitungen, der Hochschulverwaltungen sowie auch der Mitarbeiter meines Hauses und der Behindertenvertretungen. Wir haben es uns in diesen drei Jahren nicht einfach gemacht, aber wir haben immer in dem Bewusstsein gehandelt, dass wir Verantwortung tragen, und in Demut vor der Aufgabe, die vor uns stand, gehandelt. Das ist, glaube ich, das Besondere an diesem Gesetz: Dies ist die ganze Zeit auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt geschehen. Deshalb, liebe Frau Vandre, lassen Sie uns den gemeinschaftlich errungenen Kompromiss nicht verächtlich machen! Lassen Sie uns nicht von „faulen Kompromissen“ reden, sondern lassen Sie uns den Kompromiss als das Wesensmerkmal der Demokratie - nämlich unterschiedliche Positionen zu einem Thema aufeinander abzustimmen - anerkennen.

(Beifall SPD)

Ich habe bei der 1. Lesung des Gesetzes von Hanna und Reyhan gesprochen. Ich könnte auch von Ludwig oder Zoey sprechen, aber Hanna und Reyhan stehen für die bundesweite Bewegung vor allem der befristet Beschäftigten, die wir nach wie vor Nachwuchs nennen. Sie sind meistens aber älter als 45, und ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich von Nachwuchs spreche, meine ich meistens den, der bei uns im Land in die Kita geht, aber sicherlich nicht gestandene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Ich glaube auch nicht, dass Reyhan und Hanna unsere Hochschulen verstopfen. Ganz im Gegenteil: Ich bin davon überzeugt, dass Daueraufgaben Dauerstellen voraussetzen, damit Menschen auch in der Wissenschaft ihre persönliche Zukunft besser planen können und sie bei der Beantwortung der großen Fragen bzw. Erforschung von Themen wie künstlicher Intelligenz, Klimawandel, Energiewende oder aber auch Gesundheit und Bioökonomie die Verlässlichkeit haben, die sie brauchen, wenn wir die globalen Probleme miteinander lösen wollen.

Wir sind auch überzeugt, dass gerechte und gute Arbeitsbedingungen im Übrigen kein Widerspruch zur Exzellenz bzw. Autonomie unserer Hochschulen sind. Unseren Gesetzentwurf haben wir Ihnen im Dezember im Detail vorgestellt. Zur Erinnerung: Nicht jeder Mensch in unseren Hochschulen strebt eine Professur an. Deswegen haben wir die Juniordozentur, die Dozenturen und den Wissenschaftsmanager als attraktive Karrierewege jenseits der Professur eingerichtet.

(Beifall SPD)

Wir bieten studentischen Beschäftigten künftig eine Mindestvertragslaufzeit von zwölf Monaten an. Wir stärken die Gleichstellung. Wir stärken die Inklusion und die hochschulinterne Mitbestimmung - unter anderem durch Mitgliederinitiativen, Promovierendenvertretungen und, ja, auch durch die studentische Vizepräsidentschaft. Zugleich sind die Hochschulen jetzt in der Tat angehalten, in einem transparenten Prozess Konzepte für Dauerstellen und unbefristete Arbeitsverhältnisse zu erarbeiten.

All das hat sich die Landesregierung nicht in einem stillen Kämmerlein ausgedacht. Nein, wir haben das miteinander verhandelt, und darauf bin ich, ehrlich gesagt, wahnsinnig stolz.

(Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE)

In der 1. Lesung habe ich Ihnen versprochen, dass wir die Empfehlung des Wissenschaftsrates im Rahmen der Novelle unseres Hochschulgesetzes ernst nehmen werden. Dazu eine kurze Erklärung: Nicht der Wissenschaftsrat hat gesagt, er wolle gerne das brandenburgische Wissenschaftssystem begutachten, sondern wir haben ihn gebeten: Lieber Wissenschaftsrat, begutachte du - als das höchste Beratungsgremium in der Wissenschaftspolitik Deutschlands - bitte unsere Hochschulen. - Das war für die Hochschulen mitnichten ein einfacher Prozess, denn sie mussten sich wie ein offenes Buch darlegen, mit all ihren Vorteilen, aber auch ihren vielleicht vorhandenen Nachteilen, mit den strukturellen Fehlern, die sie vielleicht begangen haben, aber auch mit der Exzellenz, die sie erreicht haben. Der Wissenschaftsrat hat sie begutachtet, und er hat uns Empfehlungen gegeben.

Ich möchte hier nicht eine Empfehlung, sondern ein Narrativ vorstellen, dass der Wissenschaftsrat erfasst und uns ins Stammbuch geschrieben hat: Liebes Land Brandenburg, du und deine Hochschulen, ihr seid eine Verantwortungsgemeinschaft. Es geht nicht um ein Gegeneinander, es geht nur um ein Miteinander zum Wohle dieses Landes und zum Wohle unseres Wissenschaftssystems. - Deshalb sieht das Gesetz nun ausdrücklich vor, dass neben dem Landeshochschulrat weitere Beratungsgremien an den Hochschulen installiert werden können. Die Hochschulen können selbst entscheiden, ob sie das wollen und mit welchen Vertretern aus der Wirtschaft oder der Zivilgesellschaft sie sie besetzen. Und wir haben die Aufgaben des Landeshochschulrates genauso wie die Zusammensetzung der Findungskommission zur Neubesetzung des Präsidentenamtes neu justiert.

Die zweite große Änderung betrifft das Profil der BTU CottbusSenftenberg, denn der Wissenschaftsrat empfiehlt, die Hochschule - ja, es ist in allen Redebeiträgen schon angesprochen worden - zu einer reinen Universität weiterzuentwickeln. Dieses klare Profil wird zu besseren Forschungsleistungen führen, und damit wird die Chance dieser Hochschule verbessert, Mitglied in der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu werden. Und: So können wir auch die ungleichen Rahmenbedingungen für die ehemaligen FH- und Universitätsmitglieder einander angleichen. Wir stärken mit diesen Änderungen also die Wettbewerbs-, aber auch die Kooperationsfähigkeit der BTU, wir fördern Forschung und Entwicklung, und wir sichern Karrierewege der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Präsidentin der BTU Cottbus-Senftenberg hat diese Pläne ausdrücklich begrüßt und auch gelobt.

Darüber hinaus haben wir aus aktuellem Anlass das Recht der Hochschulen auf Exmatrikulation erweitert; Frau Damus hat dazu ausgeführt. Anlass war der Vergewaltigungsvorwurf einer Studentin gegenüber einem Kommilitonen, der im Falle eines Schuldspruches - das gehört dazu: eine Hochschule ist keine Strafverfolgungsbehörde - nach bisherigem Recht nicht exmatrikuliert werden kann, weil dies bislang nur bei schweren Ordnungsverstößen auf dem Campus geht. Wir halten es aber für nicht zumutbar, dass ein Opfer seinem Peiniger weiter auf dem Campus begegnet. Deshalb haben wir diese Regelung in das Gesetz aufgenommen.

Im Februar kam ein zweiter Vorfall hinzu - Sie alle wissen davon, wenn Sie aufmerksame Zeitungsleser sind -: In Berlin wurde ein

Student der Freien Universität von einem Kommilitonen vermutlich aus antisemitischen Gründen verprügelt - außerhalb des Campus. Unsere Novelle erlaubt daher, nun auch bei entsprechenden Taten außerhalb der Hochschule die Exmatrikulation vorzunehmen - natürlich nur dann, wenn eine rechtskräftige Verurteilung vorliegt. Selbstverständlich spielt es dann keine Rolle, ob dieser Vorfall aus rassistischen, sexualisierten, homophoben oder antisemitischen Gründen erfolgt ist, sondern es ist zu exmatrikulieren - oder: es kann exmatrikuliert werden -, wenn eine Verurteilung vorliegt. Ich finde, das ist ein richtiges und wichtiges Signal zur jetzigen Zeit.

(Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE sowie vereinzelt BVB/FW Gruppe)

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist ein Erfolg für die Beschäftigten der Brandenburger Hochschulen, für die Hochschulen in Brandenburg selbst und für Brandenburg als Wissenschafts-, Wirtschafts- und Forschungsstandort.

Was den Antrag der Opposition zur Abschaffung der Rückmeldegebühren angeht: Ohne diese Gebühren müssten die Hochschulen die Verwaltungsleistungen in Höhe von 5,2 Millionen Euro jährlich selbst tragen. Dieses Geld würde an anderer Stelle fehlen. Und ja, lieber Abgeordneter Stefke, es ist eine Abwägungsfrage: 5,2 Millionen für die Finanzierung der Hochschulen oder aber 8,50 Euro pro Monat - oder 2,13 Euro pro Woche -, die man den Studierenden auferlegt? Ich halte 2,13 Euro pro Woche - oder 8,50 Euro pro Monat oder 51 Euro pro Semester - für machbar.

Was den Änderungsantrag der AfD-Fraktion zur BTU betrifft, so ist, glaube ich, alles gesagt.

Was den Antrag auf Studiengebühren für Studierende aus Drittstaaten betrifft: Es gibt einen einzigen Grund, warum die Bevölkerung Deutschlands nicht schrumpft: Zuwanderung.

(Zuruf des Abgeordneten Münschke [AfD])

Angesichts von demografischem Wandel und Fachkräftemangel brauchen wir zwingend die internationalen Studierenden.

Lieber Michael Schierack, wir haben es uns in den vergangenen drei Jahren in der Debatte um die Hochschulgesetznovelle mitnichten einfach gemacht. Mitnichten! Aber vielen Dank für Ihre wirklich eindrucksvollen Beispiele aus der internationalen Community der Wissenschaft und Forschung, von Menschen, die bei uns studiert haben, die in der Welt Botschafter für Deutschland sind oder in Deutschland der Wirtschaft und damit dem Wohlstand unseres Landes helfen. Herzlichen Dank für diese Beispiele.

(Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE)

Frau Ministerin, Sie müssten bitte zum Schluss kommen.

Wenn wir künftig noch mehr solcher Beispiele, wie sie von Michael Schierack vorgetragen wurden, haben wollen, dann dürfen

wir nicht über Studiengebühren diskutieren, sondern dann müssen wir über eine Willkommenskultur in unserem Land diskutieren. Die Menschen müssen sich hier aufgenommen und wertgeschätzt fühlen. Ich glaube, in diesem Zusammenhang hat vor allem eine Fraktion - die hier rechts sitzt - noch ihre Hausaufgaben zu machen; denn an der Willkommenskultur wird es am Ende des Tages liegen.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Mit unserem Gesetz senden wir eine klare Botschaft an Hanna und Reyhan: Nein, ihr seid mit 45 kein Nachwuchs mehr. Ihr seid Teil der Hochschule, und zwar ein sehr wichtiger. Wir in Brandenburg warten nicht darauf, dass der Bund über das Wissenschaftszeitvertragsgesetz die Probleme löst, sondern wir regeln das, was wir regeln können. Denn wir in Brandenburg meckern nicht, sondern wir machen.

Herzlichen Dank für die letzten drei Jahre! Ich hoffe, Sie stimmen diesem Gesetz zu.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE sowie vereinzelt CDU)

Frau Abgeordnete Dr. Oeynhausen hat eine Kurzintervention angezeigt.

(Beifall AfD)

Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Brandenburger! Frau Ministerin Schüle streut - wieder einmal - den Brandenburgern Sand in die Augen und erzählt das Märchen vom Fachkräftemangel und der Zuwanderung, die angeblich die Lösung sei.

(Vereinzelt Beifall AfD)

Frau Ministerin, dann frage ich Sie: Warum wollen Sie keine Studie darüber,

(Oh! bei der SPD)