„Der Antrag unterliegt aber insoweit durchgreifenden Bedenken, als die Heranziehung zu den durch die Gemeinde ermittelten Erschließungsbeiträgen mittels des pflichtigen Beteiligungsverfahrens letztlich davon abhängig gemacht werden soll, dass die Beitragspflichtigen der Beitragserhebung zustimmen.“
Ich verweise hier auf das Gutachten „Möglichkeiten zur Entlastung der Anlieger im Recht der Straßenbau- und Erschließungsbeiträge“ des Parlamentarischen Beratungsdienstes vom Dezember 2018. Dies blendet BVB / FREIE WÄHLER gern absichtlich aus. Führt man den Gedanken fort, kommt man zu der Frage: Wer übernimmt in einer Gemeinde künftig die politische Verantwortung für eine gleichwertige Ausstattung mit Infrastruktur - die Betroffenen oder die Gemeindevertretung?
Ihr Antrag sollte, wie der Landkreistag nahelegt, abgelehnt werden. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Wir fahren in der Aussprache mit dem Redebeitrag des Abgeordneten Freiherr von Lützow fort. Er spricht für die AfD-Fraktion. Bitte schön.
Verehrter Präsident! Werte Kollegen Abgeordnete! Liebe Brandenburger! Ich komme kurz zu Herrn Noack. Genau das, was ich Ihnen gestern gesagt habe, haben Sie gerade wieder gemacht: Gestern, als es um das Kommunalabgabengesetz und die Kommunalfinanzen ging, haben Sie die kommunale Familie zum größten Teil außen vor gelassen; heute benutzten Sie sie wieder. - Aber es ist schön zu sehen: Das, was Sie Herrn Vida gerade vorgeworfen haben - ohne dass ich ihn verteidigen möchte -, tun Sie hier, praktizieren Sie hier ständig. Aber sei’s drum!
Ich fange einmal an: Nachdem der vorliegende Antrag zum Thema der Straßenbau- und Erschließungsmaßnahmen im November 2023 nach der 1. Lesung an den Innenausschuss überwiesen wurde, hätte man eine ernsthafte Herangehensweise der noch die Mehrheit hier im Hause innehabenden Regierungskoalitionsfraktionen vermuten können. Zwar wurde pro forma der Überweisung an den Innenausschuss durch die Mehrheit der Koalition zugestimmt, aber schon durch die Durchsetzung einer schriftlichen Anhörung wurde eine substanzielle Erörterung und Befragung der Beteiligten von der Koalitionsmehrheit verhindert. Demokratieverständnis, Herr Noack? Allein die Durchführung einer Anhörung im schriftlichen Verfahren widerspricht dem Sinn und Zweck einer Anhörung oder auch eines Fachgesprächs; diese setzen eine mündliche Erörterung voraus.
Wie immer wurde hier das - ich betone - Nichtinteresse von Grün-Rot, der CDU und der Linken klar sichtbar, Politik für den Bürger, für den Bürger vor Ort zu betreiben. Ihnen von den Altparteien oder besser gesagt dem Altparteienkartell ist an einer tatsächlich demokratischen Umgangsweise überhaupt nicht gelegen. Sie wollen eine Pseudodemokratie. Mitbestimmung und damit direkte Demokratie sind Ihnen ein Dorn im Auge; das haben wir in den letzten Jahren oft genug erlebt. Sie verstecken Ihre politische Unfähigkeit unter dem Deckmantel der parlamentarischen Demokratie. Versuchen Sie es doch einmal mit echter Demokratie und echter Politik! Herr Noack, ich kann Ihnen versprechen, das macht sogar Spaß und tut nicht weh.
Sie schieben, wie gesagt, immer wenn es eng wird, die kommunale Selbstverwaltung vor, aber wenn es darauf ankommt, boykottieren Sie sie regelrecht; das haben wir gestern bei den Kommunalfinanzen gesehen. Das gilt für die ganze Koalition, nicht bloß für Herrn Noack allein, muss ich dazusagen. In Fällen, in denen es der Landesregierung passt, wird die kommunale Selbstverwaltung stets hervorgehoben; ansonsten wird sie regelmäßig ausgehebelt - denken wir nur an die Verpflichtung zur Aufnahme von Ausländern in den Kommunen gegen deren erklärten Willen. Wenn die Kommunalvertretungen gegen die Errichtung von Unterkünften für Ausländer stimmen oder das Volk sich, wie in der Prignitz geschehen, dagegen ausspricht, wird dies nach Gutsherrenart vom Innenminister vom Tisch gewischt.
Das gilt auch für das sogenannte kommunale Notlagengesetz, das auf unsere Initiative hin vom Landesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden ist.
Aber zurück zum Antrag: Die Problematik der Straßenerschließungsbeiträge haben wir von der Alternative für Deutschland bekanntlich schon ein paarmal hier behandelt und Initiativen dazu beleuchtet. Wir sind nicht nur für eine Mitbestimmung, sondern in Bezug auf die sogenannten Sandpisten und bereits teilerschlossene Straßen sogar für eine Abschaffung dieser Kosten. Eine Mitbestimmung kann nur der erste Schritt in Richtung einer Abschaffung sein. Wenn es nach uns ginge, wäre das Straßenerschließungsrecht insgesamt landesrechtlich zu regeln und die Kostenbelastung der Bürger in Bezug auf teilerschlossene Straßen sowie Sandpisten vollständig abzuschaffen. Dazu haben wir auch schon einen Antrag eingereicht; man kann es landesrechtlich regeln, wenn man sich rantraute. Seit 1994 wäre die Chance dazu, Herr Noack, einfach einmal den Rücken gerade zu machen und Flagge zu zeigen, aber das bekommt Ihre Koalitionsfraktion ja nicht hin.
Zudem haben wir uns schon mehrfach für einen Runderlass zur klarstellenden Abgrenzung zwischen Straßenerschließung und Straßenausbau eingesetzt. Leider sind das Innenministerium und auch die Landesregierung im Bereich der Altanschließer immer sehr kreativ - im negativen Sinne. Da wurde das entsprechende legislative Unrecht sogar höchstgerichtlich festgestellt, und trotzdem hält die Koalition daran fest.
Wir, die Alternative für Deutschland, sind für Mitbestimmung und stimmen dem vorliegenden Antrag daher zu. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Herr von Lützow, seit ich vor viereinhalb Jahren diesem Hohen Haus beigetreten bin - so will ich es einmal sagen -, also gewählt wurde, habe ich sehr viel gelernt. Bei Ihnen stelle ich fest: Sie haben gar nichts dazugelernt, wirklich nichts.
Fangen wir mit dem letzten Punkt an: Wie oft haben wir uns hier über Erschließungs- und Straßenausbaubeiträge unterhalten! Das eine ist Landes- und das andere ist Bundesrecht. Und selbstverständlich haben das zwei Bundesländer umgesetzt, und zwar haben sie Bundesrecht eins zu eins ins Landesrecht umgesetzt. Darüber haben wir uns schon ausgetauscht.
Lassen Sie mich zwei Grundsätze nennen: Dass Sie auf die Schleimspur von BVB aufspringen, kann ich nicht verhindern,
Es gibt zwei Grundsätze, an die ich mich halte, Herr Vida - Sie nicht! Erstens: Sie wollen Kosten verallgemeinern, wobei Einzelne den wirtschaftlichen Vorteil haben - nichts weiter ist es.
Die kommunale Vertretung ist mein zweiter Grundsatz: Wenn die kommunale Vertretung - das ist mein zweiter Grundsatz - für sich die Entscheidung trifft, Straßenerschließungsbeiträge zu senken, Lösungen zu finden wie in Oranienburg - Frau Walter-Mundt ist jetzt nicht hier - oder in anderen Orten, ist das die demokratische Entscheidung der dafür zuständigen Gemeindevertretung, Stadtverordnetenversammlung oder der kreisfreien Stadt. Aber: Wenn sie das Bundesrecht mit 90 % umsetzt und BVB / FREIE WÄHLER ständig versucht, diese Kosten der Allgemeinheit aufzubürden, dann werde ich das nicht mittragen.
Ich respektiere die Entscheidung einer Gemeindevertretung, aber ich setze mich dafür ein, dass wir davon Abstand nehmen,
… der Gesellschaft - dem Steuerzahler - aufzuerlegen. Das hat Herr von Lützow bis heute nicht begriffen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Noack, ich habe von Ihnen eigentlich ein bisschen mehr erwartet, aber gut. Das zeigen Sie mit Ihrer Rede genau auf - zuhören können Sie auch nicht. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich eine ganze Menge gelernt, und zwar habe ich gelernt, dass gerade Sie als der Verfechter der kommunalen Familie, der schon so lange in irgendwelchen Ämtern ist, sich genau dann abducken, wenn es für die kommunale Familie wirklich brenzlig wird, und keine Flagge zeigen. Und dass von Ihnen immer alles schöngeredet wird, ist wahrscheinlich das Credo Ihrer Partei:
Ich hatte gehofft, dass wir die echten Probleme einmal wirklich angehen, dass wir das, wenn wir es in den Ausschuss bekommen, wirklich einmal diskutieren. Aber es ist nichts passiert. Warum nicht? Weil Sie federführend mit dafür gesorgt haben, dass wir keine mündliche Anhörung hatten - eine Anhörung, um einmal die wirklichen Fachleute ranzuholen und nicht bloß einen Herrn Noack oder irgendeinen Minister oder einen Staatssekretär hören zu müssen. Holen Sie doch einmal die Fachleute ran, um mit ihnen zu diskutieren!
Und wer war’s? Ich war’s nicht. Ich habe in den letzten viereinhalb Jahren gelernt - sehr viel, und zwar darüber, wie Sie sich hier drin verhalten und sich da draußen geben. - Danke schön.
Vielen Dank. - Wir fahren mit dem Redebeitrag des Abgeordneten Schaller fort. Er spricht für die CDU-Fraktion. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man könnte fast sagen: Teil zwei der großen Oberfrage: Wer ist hier der größere Kämpfer, die größere Kämpferin für die kommunale Familie? - Gestern ging es um die Frage, ob diejenigen die Jahresabschlüsse eher früher oder später haben wollen. Heute geht es um die Frage, wer mehr für Mitbestimmung ist. Ich glaube, niemand hier im Saal - wenn wir über die kommunale Familie sprechen, Herr von Lützow - ist gegen Mitbestimmung. Hier geht es um die Frage nach der verbindlichen Mitbestimmung. Ich will auch nur dazu sprechen und mich hinsichtlich des Sachverhalts, hinsichtlich der Darstellung gern dem Kollegen Noack anschließen.
Ich glaube, es geht hier nicht mehr so sehr um die Allgemeinheit, um Partikularinteressen oder Ähnliches, sondern vor allem um die Frage: Wollen wir die Bürger, die an der Straße wohnen, verbindlich mitentscheiden lassen, ob die Maßnahme am Ende durchgeführt wird oder nicht? So einfach ist die Frage auf den Punkt zu bringen.
Und genauso einfach ist die Antwort auf den Punkt zu bringen, lieber Kollege Vida. Ihr Bernauer Modell - ich sage das ganz bewusst und respektvoll - hat sich doch bewährt. Dann frage ich Sie: Warum vertrauen Sie dem Bernauer Modell denn nicht? Wir haben das hier doch oft genug besprochen, wir haben es auch oft genug gelobt. Das Besondere am Bernauer Modell ist schlicht und einfach, dass man vor Ort entschieden hat: Wir werden unsere Bürgerinnen und Bürger verbindlich mitbestimmen lassen. - Genau so könnte man das durchs ganze Land tragen. Wenn Sie das Selbstvertrauen haben, das Sie aus meiner Sicht auch besitzen, dann werben Sie für das Bernauer Modell landauf, landab, und dann werden Sie, denke ich, sehr viele Gemeindevertretungen oder Stadtverordnetenversammlungen finden, die freiwillig und im Sinne der Subsidiarität vor Ort sagen: Das ist in Ordnung, wir wollen das genauso machen. - Eine verbindliche gesetzliche Regelung widerspricht eigentlich allem, was wir - ich sage jetzt einmal bewusst: lieber Kollege Herr von Lützow - als Vertreter kommunaler Interessen doch wollen, nämlich dass die Menschen darüber vor Ort entscheiden dürfen; wir wollen ihnen gerade nichts überstülpen. Warum verhalten wir uns hier immer so widersprüchlich? Ich verstehe das, ehrlich gesagt, gar nicht.
Mein Fazit, damit ich Ihnen die Hälfte meiner Redezeit auch schenken darf: Wir sind für Mitbestimmung, aber für freiwillige Mitbestimmung. Damit stärken wir das Ehrenamt, denn damit werden die Menschen vor Ort, die gerade erst gewählt wurden, in die Lage versetzt, selbstständig zu entscheiden. Die ehrenamtlichen Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter sind diejenigen, die vor Ort entscheiden sollen, wie sie das handhaben. Es ist eben nicht die Hauptverwaltung, die das tut, sondern das Ehrenamt. Damit stärken wir zugleich das Demokratieprinzip. - Vielen Dank und Glück auf!
Vielen Dank. - Wir fahren mit dem Redebeitrag der Abgeordneten Johlige fort. Sie spricht für die Linksfraktion. Bitte schön.