Auch die Kommunen sehen sich erheblichen Belastungen gegenüber. Mit Blick auf die unerlässlichen Aufgaben der Gemeinden für das öffentliche Leben und die Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sind pandemiebedingte finanzielle Notlagen der Kommunen unbedingt zu verhindern. Die Aufrechterhaltung der kommunalen Handlungsfähigkeit und Investitionstätigkeit ist sicherzustellen - das jedenfalls ist das klare Ziel dieser Landesregierung. Daraus erwächst auch Regelungsbedarf für den kommunalen Finanzausgleich. Der aufgespannte Rettungsschirm sieht drei Komponenten vor:
Erstens wurden den Landkreisen, kreisfreien Städten und Gemeinden im Land pandemiebedingte Mehrausgaben in einem Umfang von rund 70 Millionen Euro bis Ende Juli 2020 pauschal erstattet.
Zweitens werden die Mindereinnahmen aus dem kommunalen Finanzausgleich im laufenden Jahr zu 50 % und für das Jahr 2021 zu 75 % ausgeglichen.
Drittens hat das Land bereits begonnen, die Rückgänge der eigenen Steuereinnahmen der Kommunen im Jahr 2020 zur Hälfte auszugleichen. In diesem September wurde ein Gesamtbetrag von knapp 99 Millionen Euro ausgekehrt, die zweite Tranche wird im Dezember 2020 ausgezahlt. Insgesamt umfassen die Maßnahmen des Kommunalen Rettungsschirms ein Volumen von 581 Millionen Euro.
Wir haben immer gesagt, dass diese Beträge nach der Steuerschätzung im November 2020 aktualisiert werden. Nicht zuletzt die jüngsten Ergebnisse der Sondersteuerschätzung vom September verdeutlichen: Das Volumen des Kommunalen Rettungsschirms Brandenburg wird insgesamt wahrscheinlich noch vergrößert werden müssen.
Die nun vorgeschlagenen Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes dienen der rechtlichen Umsetzung der Maßnahmen des Kommunalen Rettungsschirms. Diese Änderungen sind also sowohl sinnvoll als auch erforderlich. Die Umsetzung des Kommunalen Rettungsschirms Brandenburg beabsichtigt indes keine strukturellen Veränderungen der Ausgleichs- und Verteilungsmechanismen des Finanzausgleichsgesetzes. Grundsätzliche Anpassungsbedarfe sind Gegenstand der regelmäßigen Überprüfung des kommunalen Finanzausgleichs. Diese Begutachtung wird aktuell zum Ausgleichsjahr 2022 durchgeführt.
Meine Damen und Herren, es besteht kein Zweifel: Wir werden die Städte, Gemeinden und Landkreise mit den finanziellen Folgen der Pandemie nicht alleinlassen, auch wenn das eine erhebliche Belastung für den Landeshaushalt bedeutet. Das Land steht in diesen Zeiten fest an der Seite seiner Kommunen - und das soll und wird auch in Zukunft so bleiben!
Meine Damen und Herren, um den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie auch in den kommenden Jahren wirksam entgegenzutreten, beabsichtigen wir, ein Sondervermögen zu gründen. Das Sondervermögen „Brandenburgs Stärken für die Zukunft sichern“ sichert in den Jahren 2021 bis 2023 zahlreiche notwendige Maßnahmen ab. Es ermöglicht vor allem die Kofinanzierung der Konjunkturpakete des Bundes und des Kommunalen Rettungsschirms und gleicht coronabedingte Steuermindereinnahmen aus. Bewusst wird hier beim Haushaltsgesetz, welches ein Jahresgesetz für das Haushaltsjahr 2021 ist, hinsichtlich der Ermittlung des Kreditbedarfs auf einen Dreijahreszeitraum abgestellt. Das ist in der Tat etwas ungewöhnlich, aber wir befinden uns auch nicht in gewöhnlichen Zeiten. Dadurch wird eine gewisse Planungssicherheit für alle von der Pandemie betroffenen Bereiche unserer Gesellschaft geschaffen und mithilfe der Gewährung zusätzlicher Unterstützung für die Kommunen auch die kommunale Ebene vor Ort abgesichert. Ich halte das für sinnvoll und daher auch für finanzpolitisch vertretbar.
Wir bündeln die coronabedingten Lasten in einem Fonds und sorgen damit bereits im Jahr 2021 für die kommenden Jahre vor. Dass wir mit einer solchen Strategie keineswegs allein stehen, zeigt sich auch daran, dass unter anderem die Länder Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Thüringen und das Saarland Sondervermögen gegründet haben oder daran arbeiten. Sofern der Landtag und Haushaltsgesetzgeber in dieser Lage das fortdauernde Bestehen einer außergewöhnlichen Notlage wegen der Corona-Pandemie feststellt, ist das aus meiner Sicht rechtlich zulässig. In der Sache sinnvoll und geboten ist das zur Krisenbekämpfung ohnehin, denn dass die Folgen von Corona weit über das nächste Jahr hinaus andauern werden, erscheint jedenfalls weit eher plausibel als das Gegenteil. Daher gehen auch andere Bundesländer wie Brandenburg vor.
Der Landesrechnungshof stellt nun in den Raum, dass in den nächsten Jahren auch eine normale Haushaltslage denkbar wäre. Das mag so sein oder auch nicht, jedenfalls ist das Gegenteil ebenso denkbar, was auch der Hof nicht bestreiten wird. Und dieser Fall erscheint mir - wie vielen Experten - derzeit leider weitaus wahrscheinlicher.
Der Umgang mit der Anwendung der Schuldenbremse in finanzpolitischen Notlagen ist für uns alle Neuland. Die Anregung des Rechnungshofes, die damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen im parlamentarischen Verfahren sehr gründlich zu prüfen, kann ich daher nur unterstützen.
Meine Damen und Herren, auch das Notwendige und Sinnvolle hat seinen Preis. Dieser Preis ist hoch, in der derzeitigen Lage ganz besonders: Bereits die mittelfristige Finanzplanung 2018 bis 2022, also weit vor der Corona-Krise, wies in den Jahren 2021 und 2022 strukturelle Deckungslücken auf. Dass diese mit den zusätzlichen ausgabewirksamen Beschlüssen und den sinkenden Einnahmen nicht kleiner geworden sind, versteht sich von selbst. Schon die Mai-Steuerschätzung 2020, die Basis des vorliegenden Haushaltsentwurfs ist, prognostizierte drastisch sinkende Steuereinnahmen. Nach den nun vorliegenden Ergebnissen der Sondersteuerschätzung vom September werden uns im Jahr 2021 gegenüber dem Entwurf zusätzlich Einnahmen in Höhe von rund 490 Millionen Euro fehlen; in den Folgejahren handelt es sich jeweils um mittlere dreistellige Millionenbeträge. Das schafft eine neue Lage, sodass sich schon die Frage erhebt, ob man diesen Haushaltsentwurf nicht zurückziehen sollte. Nein, das sollte man nicht! Denn keine Überarbeitung und kein Verfahren können das derzeitige extrem hohe Maß an Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Perspektive beheben - nicht beim Bund, nicht in Brandenburg und auch in keinem anderen Land. Alles andere wäre Irrglaube. Es ist einfach eine besondere Lage, mit der Regierung und Haushaltsgesetzgeber umgehen müssen.
Schon im November steht die nächste Steuerschätzung an, und sie wird auch die Grundlage für den endgültigen Haushalt 2021 sein. Im Zuge dessen werden auch die Werte für Notlagen, Kreditermächtigungen und die Zuführung an das Sondervermögen angepasst werden. Für den Haushaltsentwurf 2021 ist eine Nettokreditaufnahme in Höhe von rund 1,9 Milliarden Euro geplant; davon sind allerdings rund 900 Millionen Euro für Corona-Maßnahmen in den Jahren 2022 und 2023 als Zuführung zum genannten Sondervermögen vorgesehen. Zusätzlich ist eine Entnahme aus der allgemeinen Rücklage in Höhe von 662 Millionen Euro vorgesehen. Damit ist die allgemeine Rücklage zum allergrößten Teil bedauerlicherweise verbraucht - auch das gehört zur Wahrheit.
Darüber hinaus gelingt der Haushaltsausgleich nur durch die Ausbringung einer allgemeinen globalen Minderausgabe in Höhe von 150 Millionen Euro. Sofern die Kreditaufnahmen 2020 und 2021 wie geplant erfolgen - was derzeit niemand weiß -, steigt die Gesamtverschuldung des Landes in drei Jahren um knapp 5 Milliarden Euro bzw. fast 28 %. Bei einer verbesserten konjunkturellen Lage ist das Land selbstverständlich verpflichtet, die konjunkturell bedingt aufgenommenen Kredite zu tilgen, genauso wie wir jetzt ermächtigt sind, Kredite aufzunehmen.
Meine Damen und Herren, es ist richtig, jetzt nicht gegen die Krise anzusparen. Das ist nun oft genug und zu Recht betont worden. Gleichwohl müssen wir es schaffen, finanzpolitisch in den nächsten Jahren möglichst schnell die Kurve zu kriegen. Wenn die Krise überwunden ist, muss das klare Ziel lauten, wieder einen strukturell ausgeglichenen Haushalt auf die Beine zu stellen. Vor allem neuen, zusätzlichen Ausgabewünschen sind dadurch enge Grenzen gesetzt. Das ist Fakt, und alles andere
sind Fake News. - Besten Dank also für Ihre Aufmerksamkeit und uns allen konstruktive und gute Beratungen in den kommenden Wochen! - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste und Zuschauer! Gerade hat uns die Landesregierung den Entwurf des Landeshaushalts für das Jahr 2021 vorgestellt und aus ihrer Sicht erläutert. Kaum ein Thema im politischen Alltag ist so trocken, ein so schwerer Stoff wie der Haushalt. Das ist mir sehr wohl klar. Sich dennoch konzentriert damit zu befassen ist in zweierlei Hinsicht enorm wichtig.
Erstens: Die Beratung des Landeshaushalts und die Abstimmung darüber ist die Königsdisziplin des Souveräns in der Demokratie, des Parlaments. Seien wir uns dessen bitte nicht nur in der heutigen 1. Lesung des Gesetzentwurfs, sondern auch in den kommenden Beratungen des Haushalts in seinen Einzelplänen sowie in der 2. und 3. Lesung sehr bewusst!
Zweitens: Lassen Sie mich einmal mehr das bekannte, aber so schön passende Sinnbild verwenden: Der Haushalt eines Landes ist die in Zahlen gegossene Politik seiner Regierung. - Und damit geht es uns alle, auch Sie, meine Damen und Herren Zuhörer und Zuschauer draußen an den Bildschirmen, als Individuen an. Wir alle sind davon in unserem täglichen Leben unmittelbar betroffen. Halten wir uns hier in diesem Plenum, aber auch in den Fachausschussberatungen bitte immer ganz deutlich vor Augen, dass wir durch unsere Entscheidungen über jeden einzelnen Titel im ganzen Haushaltsplan direkt in das tägliche Leben jeder Bürgerin und jedes Bürgers unseres Landes eingreifen. Die Zufriedenheit jedes einzelnen Menschen, in unserem Land zu leben und zu arbeiten, hängt davon ab, wie weise wir mit dem uns anvertrauten Geld umgehen. Das ist eine sehr große Verantwortung. Wir sollten uns in jeder Phase der kommenden Haushaltsberatungen dem Anspruch stellen, dieser Verantwortung im Interesse des Wohlergehens unseres Landes gerecht zu werden.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, was werde ich hier und heute nicht tun? Bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs durch den Ministerpräsidenten und unsere Finanzministerin schrieb die Presse, die Opposition werde in den kommenden Beratungsmonaten diesen Entwurf der Landesregierung zerpflücken. Nein, das werde ich nicht tun; das käme mir unredlich vor.
Ich habe Respekt davor, unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen einen neuen Landeshaushalt aufzustellen. Niemand, meine Damen und Herren, hat das alleinige Rezept in der Tasche, wie man das richtig macht, auch wir von der AfD nicht. Und so habe ich mir - so haben wir uns - vorgenommen, dass wir uns sehr sachlich und konzentriert mit allen Einzelplanentwürfen auseinandersetzen werden. Wir wollen verstehen, was die Regierung mit den einzelnen Budgetansätzen erreichen will, und wir werden unsere Auffassung davon, wie das gemacht werden sollte, dagegenstellen. Stellen wir Übereinstimmung fest - gut. Sind wir anderer Meinung, setzen wir das parlamentarische Werkzeug Änderungsantrag ein und versuchen, auf demokratischem Wege eine Änderung der Zahlen und des Haushaltvollzugs zum Wohle unseres Landes zu erreichen.
Ich darf Ihnen schon jetzt ankündigen: Einige Änderungsanträge werden es schon sein. - Aber noch einmal: Wir befinden uns in einer Situation, in der niemand allein den Sieg erringt. Nur gemeinsam, indem wir unser Wissen, unsere Erfahrung und Kompetenz zusammentun, werden wir die beste Lösung für Brandenburg erreichen. Das muss doch alle Anstrengung wert sein!
Was uns die Landesregierung vorgelegt hat, meine Damen und Herren, ist der Entwurf des Haushalts für ein Jahr, das Jahr 2021. Das sagt sich so selbstverständlich dahin und lässt leicht vergessen, dass wir in allen zurückliegenden Jahren immer Doppelhaushalte - also für zwei Jahre - beraten und verabschiedet haben.
Es lohnt, einen Moment darüber nachzudenken. Das Argument pro Doppelhaushalt war doch immer die Berechenbarkeit, die Sicherheit, die Vorhersehbarkeit, die verlässliche Planungsgrundlage für zwei Jahre. Aber war das wirklich so? Nein, denn regelmäßig haben wir uns in den Jahren dazwischen zusammensetzen müssen und haben einen Nachtragshaushalt diskutiert und abgestimmt, weil das Leben eben nicht so vorhersehbar ist, dass ein Rahmenwerk in Zahlen zwei Jahre unverändert für das tägliche politische Handeln taugen würde. Und heute? Weniger denn je kann auch nur irgendjemand absehen, wie die Lage in einem Jahr sein wird; niemand hat die Kristallkugel auf dem Tisch. Also ist es nur richtig, dass wir im Dezember den Finanzkurs nur für das Jahr 2021 abstecken.
Ja, es ist ein Fahren auf Sicht. Das ist aber stets das Vernünftigste, was man bei unsicherer Lage tun kann und sollte. Nächstes Jahr im Herbst sind wir zwölf Monate schlauer und können die Erfahrungen, die wir bis dahin gemacht haben, in einen dann umso besser passenden Haushalt für 2022 einfließen lassen. Ich halte dieses der Lage angepasste Vorgehen für richtig.
Routinierte Beobachter und Begleiter unserer Plenarsitzungen haben es sofort festgestellt: ein solch großes Paket von sieben Gesetzen und Unterrichtungen umfasst selten nur einen Tagesordnungspunkt - ein Beweis dafür, wie komplex die Situation ist. Was muss alles berücksichtigt und gesetzesmäßig angepasst werden, damit das Haushaltsgeld dann auch ein Jahr lang dorthin fließen kann, wo es gebraucht wird?
Ich will nun in unterschiedlicher Tiefe auf die einzelnen Module des Haushalts eingehen. Vorweg sei bemerkt, dass wir allen Überweisungen an den Haushaltsausschuss heute zustimmen werden; den Abstimmungen in der Sache können wir aber nicht überall folgen.
Das Haushaltsgesetz 2021 selbst wurde schon, kaum dass es veröffentlicht war, als mut- und perspektivlos bezeichnet. Ich finde es schon mutig, in der heutigen Zeit einen Haushalt zu entwerfen, der fast 2 Milliarden Euro an neuen Krediten bedingt. Das sage ich gar nicht ironisch, sondern aufrichtig. Ob wir der Meinung sind, dass das Geld an allen Stellen so richtig investiert wird, werden wir in den Fachberatungen diskutieren.
Die Koalition erfüllt sich hiermit die Umsetzung der meisten ihrer Wünsche aus der Koalitionsvereinbarung. Das mag zwar aus ihrer Sicht berechtigt sein, doch frage ich mich, ob hier nicht ein bisschen mehr Demut vor dem Steuerzahler gutgetan hätte. Der Preis dafür ist schon hoch. Damit meine ich weniger die Neuverschuldung in Höhe von 1,9 Milliarden Euro. Die werden nämlich ganz überwiegend - direkt oder über das Sondervermögen - in die Abwehr der Lockdown-bedingten Folgen für die Wirtschaft unseres Landes fließen. Ein Geschmäckle hat es aber schon, dass auch die Rücklagen bis auf einen mickrigen Rest von
190 Millionen Euro aufgezehrt werden sollen. Ein großer Teil soll in die Verkehrsinfrastruktur, in Wissenschaft und Forschung und Bildung investiert werden. Das sind Felder, mit denen Brandenburg für die Zukunft gestärkt wird - und das unterstützen wir.
In der Liste der berücksichtigten Koalitionsvorhaben finden sich aber auch noch Themen, die so in der heutigen Zeit vielleicht nicht nottäten. Verglichen mit den Ergebnissen aus der September-Sondersteuerschätzung von Dienstag letzter Woche sind das aber nur die berühmten Peanuts. Die Pressemitteilung dazu vom 15. September wurde von der Staatskanzlei herausgegeben und nicht vom Finanzministerium. Das wie auch die Wortwahl der Finanzministerin in ihren Statements lassen klar erkennen, wie ernst die Lage wirklich ist.
Dass sich für das laufende Jahr keine Änderungen mehr im geplanten Haushaltsvollzug ergeben müssen, tröstet da nur recht wenig. Für 2021 hatte man mit 510 Millionen Euro Steuermindereinnahmen gerechnet. Jetzt kommen nochmals 490 Millionen Euro obendrauf. Das ist schon - Entschuldigung - ein verdammt großes Loch, das ganz schnell gestopft werden muss, damit sich die Kutsche Brandenburg darin nicht alle Achsen bricht.
Diese Entwicklung, meine Damen und Herren, zeigt einmal mehr, in welch stürmischen Gewässern wir momentan segeln; ich hatte das bereits angesprochen. Ich gehe davon aus, dass wir in den jetzt beginnenden Beratungen des Haushaltsentwurfs noch vor der 2. Lesung mit erheblichen Änderungen - oder sollte man sagen: Nachbesserungen? - seitens der Regierungsbank werden rechnen müssen. Insofern bezieht sich alles, was ich heute sagen kann, nur auf den vorliegenden Versionsstand des Haushaltsentwurfs.
Die Struktur des Gesamthaushaltes - also die Größenverhältnisse der 14 Einzelpläne zueinander - bleibt unverändert. Das überrascht nicht, ist doch der frei verfügbare Gestaltungsspielraum mit weniger als 10 % des Gesamtvolumens ohnehin immer sehr gering. Ob es bei einer Neukreditaufnahme von 1,9 Milliarden Euro bleibt, werden wir noch sehen. Auch die Steuerdeckungsquote von immer noch ganz positiven 63,4 % wird vermutlich nicht zu halten sein. In die richtige Richtung aber geht das Signal, welches die Investitionsquote auf 13,3 % - und damit so hoch wie schon lange nicht mehr - setzt. Gerade hier sollte es natürlich immer mehr sein, doch das wäre momentan ein reines Wunschkonzert.
Sehr wichtig ist mir die Übersicht, welche Mittelbindung und Mittelverteilung für den ZifoG vereinbart wurde. Das Sondervermögen „Zukunftsinvestitionsfonds“ soll ja der Finanzierung landespolitisch strategisch bedeutender investiver Projekte in den Bereichen Regionalentwicklung, Klimaschutz, moderne Infrastruktur, Digitalisierung und Innovationen dienen. Für 2021 ist vorgesehen, von dieser 1 Milliarde Euro rund 155 Millionen Euro zu verwenden. Infrastruktur und Landesplanung, Wissenschaft und Forschung sowie Bildung sollen - auch in dieser Reihenfolge - die größten Einzelbeträge davon erhalten. Das spricht für einen satzungsgemäßen Mitteleinsatz. In den jetzt folgenden Anhörungen in den Fachausschüssen wollen wir von den Chefs der Häuser aber noch hören, wofür diese Gelder im Einzelnen investiert werden sollen.
Wo wir gerade bei den Sondervermögen sind: Es soll noch ein weiteres Sondervermögen mit dem verheißungsvollen Titel „Brandenburgs Stärken für die Zukunft sichern“ etabliert werden. Mit 1,6 Milliarden Euro soll es aus der geplanten Nettokreditaufnahme von 1,9 Milliarden Euro ausgestattet werden.
Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man meinen, unsere Regierung hätte Freude daran gefunden, Sondervermögen zu begründen. Aber Spaß beiseite: Dieses soll die Mittel für die Bekämpfung der Pandemiefolgen in den Jahren 2021 bis 2023 reservieren. Das sind die nicht konjunkturbedingten Steuerausfälle, der Kommunale Rettungsschirm, die Kofinanzierung des Konjunkturpakets des Bundes und die Vorsorge für die Bekämpfung weiterer Pandemiefolgen. Das ist gut so und entspricht dem Bild der sparsamen schwäbischen Hausfrau, die sich den Notgroschen in die „Sondervermögen“ genannte Kaffeedose steckt. Das hätte man auch im laufenden Haushalt machen können, aber so wird die Verwendung über die jeweilige Jahresendabrechnung noch etwas transparenter.
Was ich nicht verstehe, ist, wofür über die drei Jahre hinweg 140 Millionen Euro für die finanziellen Transaktionen sein sollen. Vielleicht kann das unsere Finanzministerin ja noch erklären. Und womit ich wirklich ein Problem habe, ist, dass aus diesem Sondervermögen auch die coronabedingten Verluste der FBB GmbH - der Flughafengesellschaft - in unspezifischer Höhe ausgeglichen werden sollen. Der Anteil des Gesellschafters Brandenburg an diesem Milliardengrab wird allein 2021 voraussichtlich gut 200 Millionen Euro betragen - mindestens. Für 2022 und 2023 ist das noch völlig offen. Wenn ich mal abschätze, dass etwa ein Drittel dieses Sondervermögens allein für die FBB GmbH notwendig sein wird, dann frage ich mich wirklich, welche Stärken Brandenburgs denn da für welche Zukunft gesichert werden sollen.
Auch dafür habe ich hier und heute noch keine Antwort, aber das erscheint mir einfach unverhältnismäßig. Wahrscheinlich müssten die drei Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg dann doch über ihren Schatten springen und einen kapitalstarken vierten Partner mit an Bord nehmen. Die französische Gruppe der Flughäfen von Paris soll ja immer noch interessiert sein. Geld und Erfahrung würde sie jedenfalls mitbringen.
Hierbei will ich es mit meiner Kommentierung des Haushaltsentwurfs für heute bewenden lassen. Zu unklar ist derzeit, was uns nach der Haushaltsklausur der Landesregierung im Oktober letztlich wirklich zur Diskussion vorgelegt werden wird. Es muss ja nicht nur die neue Lücke der Steuermindereinnahmen für 2021 irgendwie gefüllt werden. Die mittelfristige Finanzplanung weist erschreckenderweise für 2022 bis 2024 weitere Deckungslücken im Landeshaushalt von insgesamt 1,9 Milliarden Euro aus. Da wünsche ich dem Kabinett für seine Oktober-Haushaltsklausur dann mal gute Ideen, konstruktive Diskussionen und zielführende Lösungen.
Die Unterrichtung der Landesregierung über den Finanzplan des Landes 2020 bis 2024 - auch Gegenstand dieses TOPs 1 - wird danach, vermutlich ebenfalls überarbeitet, neu vorgelegt werden müssen. In der weiteren Unterrichtung zur Personalbedarfsplanung 2024 lese ich erfreut, dass auch unsere ständigen Forderungen nach mehr Polizisten, mehr Lehrern, mehr Richtern und Staatsanwälten, mehr Justizvollzugsbeamten und vielen mehr hier ihren Niederschlag gefunden haben. Auch die Lücken, die die zukünftigen Pensionäre in den - wenigen - nächsten Jahren in die Reihen der Staatsdiener reißen werden, wurden berücksichtigt.
Natürlich kann es immer noch mehr sein und besser gehen, aber heute stehen wir doch vor dem ganz großen Problem: Woher sollen denn all diese Kandidaten kommen, um die geschaffenen bzw. die frei werdenden Stellen zu besetzen? Viele gibt es doch gar nicht auf dem Personalmarkt, und leider haben die vergangenen Regierungen es ja ignorant versäumt, die Ausbildung frühzeitig wieder hochzufahren. Bevor nun also jemand nach immer
mehr Stellen verlangt, müssen wir erst einmal sehen, dass wir die vorhandenen vernünftig und fachlich kompetent besetzt bekommen. Das Gesetz zur Umsetzung des Kommunalen Rettungsschirms ist im kommunalen Finanzausgleich unabwendbar, wollen wir wie geplant den Kommunen in unserem Land durch die schwere Zeit helfen. Mehr ist dazu hier und heute nicht zu sagen.
Zum Gesetz zur Errichtung des neuen Sondervermögens „Brandenburgs-Stärken-Sicherungsgesetz“ - wer hat sich eigentlich dieses Wortungetüm ausgedacht? - habe ich mich schon geäußert. Dieser Weg, die für den Pandemiekampf nötigen Mittel zu reservieren, scheint mir sinnvoll. Ob die Gelder für die FBB GmbH hier hineingehören und in welcher Höhe, müssen wir aber noch sehr genau diskutieren.
Zum Schluss steht noch ein Beschluss zur Abstimmung, der eigentlich an den Anfang gehören würde: Ohne dass wir hier heute im Plenum das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation nach Artikel 103 Abs. 2 Satz 2 der Landesverfassung in Verbindung mit § 18b der Landeshaushaltsordnung beschließen, geht - salopp gesagt - gar nichts - zumindest nicht, wie es der Haushaltsentwurf vorsieht. In dieser herausfordernden Zeit mit immer neuen und immer größeren Neukrediten mag manch einer schon wieder vergessen haben: Seit dem 1. Januar dieses Jahres gilt in Brandenburg die Schuldenbremse. - Dass wir dennoch quasi am laufenden Band neue Kredite aufnehmen und aufnehmen müssen, ist dem Corona-Lockdown geschuldet, von dem Gesundheitsminister Spahn schon sagte, dass dieser nach heutigem Wissen unnötig war.
Deshalb sind wir in diese Notsituation geraten und sind neue Schulden dann doch wieder erlaubt, und sie werden auch mit einem konkreten Tilgungsplan unterlegt. Die Feststellung dieser Notsituation ist aber keine Ermessensfrage. Dafür gibt es klare Definitionen. Doch bleibt es letztlich reines Regierungshandeln, das Vorliegen der Kriterien zu konstatieren und diese Feststellung zu treffen. Auch wir sind absolut der Meinung, dass heute diese Notsituation vorliegt - um das unmissverständlich festzuhalten. Aber wie unser Landesrechnungshof bereits am Montag ausgeführt hat, sollten, ja müssen wir für die Haushaltsaufstellung bei dem Grundsatz der Jährlichkeit und Fälligkeit bleiben. Wir als Landtag dürfen mit dem Fassen dieses Beschlusses aus der Drucksache 7/1947 das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation zunächst also nur für das Jahr 2021 feststellen. Insofern fordere ich die Landesregierung auf, bis zur 2. Lesung einen angepassten Beschlusstext vorzulegen. Das ist dann auch das vernünftige Fahren auf Sicht, worüber ich vorhin schon gesprochen habe.
Im Herbst nächsten Jahres, wenn wir uns hier zur Beratung über die Aufstellung des Landeshaushaltes für 2022 zusammenfinden, werden wir dann auch darüber nachdenken müssen, was wir unter einer außergewöhnlichen Notsituation verstehen und verstehen müssen. Es kann ja durchaus sein, dass die Folgelage der Pandemie dann zur neuen Normalität geworden ist und wir dann gar keine außergewöhnliche Notsituation mehr feststellen können. Aber für heute, meine Damen und Herren, ist das noch ein Blick in die Kristallkugel, und ich will hier auch nicht schwarzmalen.
Dem hier vorgelegten Beschluss können wir nicht zustimmen. Er sollte an den Fachausschuss überwiesen werden. Dem würden wir zustimmen. Zur 2. Lesung erwarten wir dann einen Beschlusstext, der die kritischen Hinweise des Landesrechnungshofs berücksichtigt. Damit können wir dann hoffentlich einen verfassungsgemäß einwandfreien Haushalt für 2021 beschließen.
In seinem weisen Ratschluss hat das Präsidium dieses Hohen Hauses hier unter TOP 1 nun zum Abschluss noch einen Gesetzentwurf mit dem hölzernen Titel „Gesetz zur Änderung parlamentsrechtlicher Vorschriften“ eingeführt. Dahinter verbirgt sich die quasi automatisierte jährliche Erhöhung der Abgeordnetendiäten. Hintergrund ist, dass sich die Diäten der Abgeordneten im brandenburgischen Landtag mit den allgemeinen Lebenshaltungskosten entwickeln sollen. Steigt deren Index, steigen die Diäten.
Dieser Index bildet aber den coronabedingten Einbruch seit dem Frühjahr dieses Jahres nicht ab. Somit würden ab 1. Januar 2021 die Diäten automatisch steigen, während zu viele Menschen in unserem Land erhebliche Einkommenseinbußen - teilweise bis auf null - erleiden. Drei Vertreter der Regierungskoalition haben deshalb diesen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem die automatische Anhebung der Diäten für ein Jahr ausgesetzt wird. Damit soll die Solidarität mit den Menschen im Land Brandenburg bewiesen werden.