Nächster Punkt. Es geht hier gar nicht um die Leugnung von irgendeinem Virus, und es geht auch nicht um die Leugnung von irgendeiner Krankheit. Da sind wir uns doch, glaube ich, komplett einig. Es geht darum, ob die Maßnahmen zu dieser Pandemie,
die seitens der Regierung getroffen wurden, richtig waren, ob sie verfassungskonform sind, ob sie rechtlich in Ordnung sind. Es geht auch um die Frage, ob sie die Gesellschaft beschädigt haben. Darum geht es!
In welcher Art und Weise das passiert ist und ob wir unter Umständen einer Meinung sind - das glaube ich nicht; da habe ich keine Sorgen -, das ist doch die Frage. Dass Sie von der Regierung oder von der Regierungspartei - ehe Sie wieder sagen, ich hätte keine Ahnung - so denken müssen, ist mir auch klar. Das Problem entsteht doch an dem Punkt, an dem wir etwas hinterfragen.
Selbst Ihre eigenen Wähler beschimpfen Sie als Verschwörungstheoretiker usw. Ich war auf solchen Demos, und ich mache mich nicht mit allen Leuten gemein, die vor Ort dabei sind. Dort trifft man aber sehr wohl auch Wähler von Ihnen, von den LINKEN, auch von der CDU. Jeder von ihnen hat das Recht, auch wenn es manchmal krude Ansichten sind, die Frage zu stellen, ob die Maßnahmen, die hier getroffen wurden, der richtige Weg sind. Genau das tun auch wir.
Ja, natürlich kostet dieser Untersuchungsausschuss Geld. Sie haben 2 Milliarden Euro für Soforthilfen ausgegeben. Wenn Sie das jetzt mal runterrechnen, ergibt das für den Untersuchungsausschuss Kosten in Höhe von 0,5 % dieses Betrags. Jeder Kontrollausschuss, jedes Controlling in irgendeiner Firma kostet mehr! Natürlich kostet der Untersuchungsausschuss Geld, und natürlich sind das Steuergelder, das ist leider Gottes so. Aber wir brauchen diese Aufklärung.
Uns ist sehr wohl bewusst, dass bei dieser Aufklärung - eventuell - herauskommen kann, dass Sie alles richtig gemacht haben. Das mache ich bei Weitem nicht wegen so einer verschissenen - ich bitte um Entschuldigung, Frau Präsidentin -, wegen so einer blöden Facebook-Kachel. Bei aller Liebe - mir reicht es jetzt!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter, auch dafür, dass Sie sich für Ihre Ausdrucksweise entschuldigt haben.
Ich möchte noch einmal zur Kurzintervention des Abgeordneten Kalbitz kommen und anmerken, dass ich es zumindest für unparlamentarisch halte, von einer Arbeiterverräter-Gruppe zu sprechen. Ob ich Ihnen einen Ordnungsruf erteile, behalte ich mir noch vor, bis ich das Protokoll gelesen habe.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Verlauf der jetzigen Debatte können wir, so glaube ich, mit Fug und Recht als Landtag Dankbarkeit dafür äußern, dass wir in der Bundesrepublik das große Glück haben, dass im Laufe der Geschichte Persön
lichkeiten an der Spitze unseres Landes und auch der Bundesländer das Heft des Handelns in der Hand halten, die besonnen agieren, besonnen reagieren und in der Lage sind, dieses Land gut durch solche Krisen zu steuern. Das ist eine gute Nachricht und zeigt, dass die Bundesrepublik Deutschland in guten Händen ist, ebenso wie unser Bundesland Brandenburg.
Ich möchte auch der Landesregierung und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern namens der Koalition unseren Dank dafür aussprechen, dass in den Verwaltungen alles dafür getan wurde, zu ermöglichen, dass wir diese Krise so gut durchleben und in den Griff bekommen. Wir als Landtag haben als Verfassungsorgan auch unseren Beitrag dazu geleistet. Das war sicherlich gut und richtig.
In besonderer Weise gilt unser Dank den Menschen, die daran mitgewirkt haben und die das getragen haben, was die Politik empfohlen und beschlossen hat. Die allermeisten Menschen im Lande - sie sind dabei leise - tragen diese Maßnahmen mit. Sie tun das, weil sie wissen, dass es gut und vernünftig ist.
Selbstverständlich ist es Ihr gutes Recht als Fraktion, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Dazu möchte ich Folgendes sagen: Niemand in diesem Raum stellt in Abrede, dass Sie dieses Recht haben. Ich möchte nur an ein paar Dinge erinnern.
Es war hier im Landtag immer die unausgesprochene Verabredung, dass wir nach der Pandemie gemeinsam die Erfahrungen daraus auswerten und einen Vorschlag dafür erarbeiten wollten, wie wir das Ganze aufarbeiten. Daran haben wir alle ein ganz eigenes Interesse; denn wir wollen aus den Entwicklungen gemeinsam lernen. Dieses Angebot haben wir immer unterbreitet.
Weil es Ihr Recht ist, einen solchen Untersuchungsausschuss zu beantragen, haben wir natürlich auch die Pflicht, Sie daran zu messen, welche Verantwortung Sie mit diesem Signal übernehmen. Ich muss da fragen: Ist es zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt verantwortbar, einen solchen Ausschuss zu installieren? Wir meinen: Man kann gerne darüber nachdenken, ob wir nach dem Ende der Pandemie gemeinsam ergründen, mit welchen parlamentarischen Instrumenten man die Erfahrungen aufarbeiten, zusammenfassen und Empfehlungen dazu geben kann. Das ist gar keine Frage; da rennen Sie bei uns offene Türen ein. Dies schon zum jetzigen Zeitpunkt zu tun ist aber bereits deshalb unglücklich, weil wir damit viele Ressourcen binden, die wir bräuchten, um die weitere Ausbreitung dieser Krise in den Griff zu bekommen. Es geht darum, ob es klug und richtig ist, jetzt einen solchen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt hervorheben. Sie haben diesen Antrag - da bin ich etwas deutlicher als mein Kollege Keller - einfach so hingeschludert. Es gab eine schriftliche Stellungnahme des Parlamentarischen Beratungsdienstes - das können Sie nachlesen -, der festgestellt hat, dass über die Hälfte der von Ihnen aufgeworfenen Problemstellungen gar nicht rechtskonform war und nicht auf dem Boden der Verfassung stand. Sie waren deshalb gar nicht zulässig für einen solchen Untersuchungsausschuss. Deshalb haben Sie diesen Antrag in einer Nacht-und-Nebel-Aktion kurz vor Schluss noch einmal überarbeiten müssen.
Wissen Sie, worin die Bigotterie Ihres Vorgehens liegt? Die Bigotterie liegt darin, dass Sie andere an den höchsten Maßstäben messen, aber selbst nicht imstande sind, bei der Aufstellung eines solchen Beschlusses die Maßstäbe, die Sie so gerne an andere anlegen, auch an sich selbst anzulegen. Das zeigt deutlich,
Ich sage Ihnen noch etwas: Ich glaube nicht, dass es Ihnen bei diesem Ausschuss tatsächlich darum geht, die Pandemie in ihren Wirkungen aufzuklären und einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Gesellschaft daraus lernen kann. Darum geht es Ihnen nicht!
Anhand der Entwicklung in Ihrer Fraktion hier in Brandenburg, anhand der Bemerkungen Ihres Mitarbeiters L., die wir alle nachlesen können, anhand der Erfahrungen der niedersächsischen Landtagsfraktion, die gerade auseinanderfliegt, merken Sie, dass Ihnen der Boden unter den Füßen erodiert. Sie merken, dass die Gewalt und der Hass, die Sie predigen, sich nunmehr gegen Sie selbst richten. Deshalb greifen Sie nach jedem Strohhalm, um davon abzulenken. Darum geht es Ihnen nämlich: Sie wollen nicht den politischen Anschluss an diejenigen verlieren, bei denen Sie meinen, dass Sie mit Ihren kruden Ideen noch Punkte sammeln können. Das ist das politische Kalkül, um das es Ihnen geht. Ihnen geht es nicht darum, in dieser Sache aufzuklären.
Wenn es Ihnen um Aufklärung geht, warum haben Sie dann nicht mal mit den anderen Oppositionsfraktionen Kontakt aufgenommen? Wissen Sie eigentlich, dass Sie die Kapazitäten der Kolleginnen und Kollegen binden, die wir jetzt dringend bräuchten, wo wir den Haushalt beraten? Wir hatten das heute schon sehr ausdrücklich besprochen. Darum geht es Ihnen aber nicht.
Zum Schluss habe ich noch eine Bemerkung. Wir werden diesen Ausschuss einrichten, und wir werden auch alle Ihre Fragen beantworten. Wir werden alles das, was Sie dort aufgeworfen haben, akribisch betrachten und entsprechend beantworten. Wir werden das nachweisen. Sie können dann zu Ihren Schlussfolgerungen kommen. Wir nehmen diese Herausforderung an, meinen aber, dass man das zu einem späteren Zeitpunkt viel besser hätte vertreten können. Nach Abschluss der Pandemie hätte man viel bessere Ergebnisse erzielen können in dem Bemühen, die Wirkung der Maßnahmen zu betrachten.
Ich möchte Ihnen Ihre Semantik noch einmal vor Augen führen. In dem AfD-Antrag heißt es: Sie wollen „getätigte Unterlassungen“ der Landesregierung überprüfen. Was getätigte Unterlassungen sind, das verstehen wahrscheinlich nur Sie. Weil dem so ist, haben Sie auch einen solchen Antrag geschrieben. Diese getätigten Unterlassungen zeigen, was Sie wollen. Ich vermute, Sie meinen mit dem Untersuchungsausschuss selbst eine getätigte Unterlassung. - In diesem Sinne herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, mir wurden jetzt zwei Kurzinterventionen der AfD-Fraktion angezeigt. - Sie ziehen zurück? - Dann darf ich Herrn Dr. Berndt ans Mikrofon bitten.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Bretz, Sie sind ja ordentlich getroffen. Zunächst zum Punkt „Bigotterie“. Bigott ist es, wenn Sie sich hier vor der Regierung im Staube wälzen, was eines Parlamentariers unwürdig ist, und dann auf eine Oppositionsfraktion eindreschen, weil Sie den Pulk aller anderen Fraktionen hinter sich haben.
Sie haben gesagt, dass wir über die Pandemie reden müssten, wenn sie vorbei ist. Herr Bretz, schauen Sie doch nur einmal in die Zahlen des RKI oder in die Ihres eigenen interministeriellen Koordinierungsstabs: Wir haben Infizierte, PCR-Positive oder Kranke, was in Brandenburg immer schön durcheinandergemischt wird: nach RKI 151 Personen und nach Ihrem Koordinierungsstab 184. Das sind 0,06 % der Bevölkerung.
Seit Monaten bewegt sich der Anteil positiver Tests unter 1 %. Die Pandemie ist vorbei! Die zweite Welle, von der die Rede ist, resultiert lediglich aus der exorbitanten Ausweitung von Tests, die medizinisch völlig unbegründet ist. Wann, wenn nicht jetzt, sollen wir über diese Dinge reden?
Sie haben heute gesagt, Frau Budke, Sie hätten die Zahlen aus dem Haushaltsplan nochmals nach oben korrigiert: Mehr als 1 Milliarde Euro Steuerausfälle durch Ihre Regierungsmaßnahmen bei einer Erkrankung, die allenfalls 0,06 % der Bevölkerung im Lande betrifft. Die Zahl der stationär behandelten Covid-Patienten bewegt sich im einstelligen Bereich, und das seit Wochen. Und dafür nehmen Sie die Spaltung der Gesellschaft und Steuerausfälle in Höhe von Hunderten von Milliarden Euro in Kauf! Wenn wir nicht jetzt darüber reden, wann denn dann?
Und dann noch ein Wort zur Bigotterie, Herr Bretz: Es geht gar nicht bigotter als so, wie Sie hier aufgetreten sind. Zum Schluss haben Sie noch gefragt: Warum habt ihr von der AfD nicht mit den anderen Fraktionen gesprochen? - Wir reden seit Anfang April darüber. Wir haben Anfang April den Sonderausschuss beantragt. Wir haben repräsentative Studien beantragt. Wir haben Woche für Woche die Zahlen dargelegt. Aber alles, was Sie zu bieten hatten, waren „Aluhüte“ und „krude Verschwörungstheorien“ und so bigotte Stellungnahmen wie die Ihre. Gott sei Dank haben wir jetzt den Untersuchungsausschuss, und Gott sei Dank waren Ihre Vorgänger bessere Demokraten als Sie!
Frau Präsidentin, vielen herzlichen Dank. - Ich lese Ihnen mal ein Zitat vor: Wir werden parteipolitische Ziele hintanstellen und bei allen Maßnahmen konstruktiv mitarbeiten, die dazu dienen, Leben zu retten. Wir stehen an der Seite der Landesregierung. - Das sagte kein Geringerer als Ihr - wo ist er? - Solo-Selbstständiger Kalbitz. Das hat er am 1. April dieses Jahres gesagt.
Wenn Sie mir also vorwerfen, ich verteidige diese Landesregierung - was haben Sie denn dann gemacht, mein lieber Herr Dr. Berndt? Insofern müssen Sie sich mal entscheiden, was Sie meinen. Das waren Ihre Aussagen, und auch diese werden wir natürlich im Untersuchungsausschuss miteinander besprechen.
Sie haben Unterstützung signalisiert; Sie haben aber gemerkt, dass Sie mit dieser Unterstützung innerparteilich keinen Zusammenhalt generieren können. Deshalb haben Sie nach einem Ausweg gesucht, weil Sie es brauchen, gegen etwas zu sein. Sie leben vom Gegen-etwas-Sein, weil Sie das Für-etwas-Sein als Politik gar nicht beherrschen. Das drückt es ganz gut aus.
Im Übrigen möchte ich Ihnen sagen, dass das Infektionsgeschehen in den letzten Tagen besorgniserregend stark angestiegen
ist. Deshalb begrüßen wir es, dass die Präsidentin dieses Landtags die Maskenpflicht verhängt hat. Es wäre schön, wenn sich auch die Kollegen Ihrer Fraktion aus Respekt vor den anderen daran halten würden. Damit würden Sie zeigen, dass Sie kein Zyniker sind. Wir müssen nämlich annehmen, dass Sie zynisch sind, weil Ihr Kollege gerade gesagt hat - ich zitiere wörtlich -, dass es nicht soundso viele Tote gegeben habe. Wie viele Tote brauchen Sie denn, um von einer Krise zu sprechen? Das ist Zynismus pur!
Wir setzen unsere Aussprache mit dem Redebeitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Für sie spricht der Abgeordnete Kretschmer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der AfD zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Krisenpolitik der Landesregierung im Zuge der Corona-Pandemie überrascht nicht.
Es ist wenig überraschend, dass nach all den erfolglosen Versuchen der AfD, die Gefahr durch dieses Virus kleinzureden und die Pandemie mit dem Grippevirus zu vergleichen, nun ein letzter verzweifelter Versuch unternommen wird, um den Beweis anzutreten, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie der Logik einer großen und dubiosen Weltverschwörung gefolgt sind.
Es ist wenig überraschend, dass sich gerade die AfD, nachdem sie zu Beginn der Krise noch schärfere und konsequentere Maßnahmen von der Landesregierung forderte, nun offen auf die Seite der Corona-Leugner, der Reichsbürger und der Verschwörungstheoretiker stellt und versucht, wenigstens diese Wählerinnen und Wähler an sich zu binden.
Es ist wenig überraschend, dass die AfD Brandenburg nach all den Skandalen in der Landtagsfraktion und den Auflösungserscheinungen in ihren kommunalen Fraktionen nun krampfhaft versucht, mit einem politischen Thema inhaltlich in Erscheinung zu treten.
Das einzig Überraschende ist, dass Sie in der Überschrift nicht „sogenannte Corona-Pandemie“ schreiben.
Die AfD-Landtagsfraktion zeichnet sich aber auch bei diesem Antrag wieder durch stümperhafte Arbeit aus. Es ist bezeichnend, dass erst der Parlamentarische Beratungsdienst diese Fraktion darauf hinweisen musste, dass ihr ursprünglicher Antrag zu einem Untersuchungsausschuss offensichtlich in großen Teilen verfassungswidrig war. Wenigstens haben Sie die deutlichen Hinweise des Beratungsdienstes gelesen und anscheinend auch verstanden. Immerhin haben Sie Ihren Einsetzungsantrag per Neudruck verändert.
Ehrlich gesagt, hatte ich Zweifel, dass die AfD so viel Lesekompetenz und Leseverständnis an den Tag legen würde. Sieht man sich nämlich einen Großteil der 81 aufgerufenen Fragen im Antrag an, wird man feststellen, dass die AfD die täglichen Lageberichte oder die Beantwortung der vielen Kleinen Anfragen zum Thema - die sie im Übrigen meist selbst stellte - entweder intellektuell nicht erfasst oder schlicht und einfach nicht gelesen hat.