Protokoll der Sitzung vom 22.06.2023

(Beifall CDU und SPD)

Jetzt zu Ihrem Gesetzentwurf. Ich habe ihn mir genau durchgelesen. In der Tat ist es so - Kollege Adler hat das schon im Detail differenziert -: Einen Gesetzentwurf sollte man schon anständig schreiben; man sollte nicht aus verschiedenen Versatzstücken aus anderen Bundesländern irgendetwas zusammenschreiben, was dann überhaupt nicht funktioniert.

Schon allein der Begriff dafür, was Sie eigentlich wollen, ist in Ihrem Gesetzentwurf völlig unklar. Einmal sprechen Sie von der Stadtpolizei, ein anderes Mal sprechen Sie von der Ortspolizei, und dann sprechen Sie wieder von Ordnungspolizeibeamten. Das bedeutet jeweils etwas anderes, aber bei Ihnen wird das alles irgendwie gleichgeschaltet. Ich will daran erinnern: Ein Gesetz muss präzise und rechtsklar sein und darf nicht aus verschiedenen gesetzlichen Regelungen zusammengeschrieben werden, die überhaupt nicht zusammenpassen.

Tatsache ist - darauf will ich noch einmal hinweisen; das habe ich im Oktober letzten Jahres auch getan -: Die in Ihrem Antrag bzw. der Gesetzesinitiative geforderte Stadtpolizei ist letztlich nichts anderes als das bereits bestehende Ordnungsamt. Diese Struktur der Aufgabenteilung hat sich in Brandenburg über Jahrzehnte bewährt. Anders aber als von Ihnen dargestellt und ohne die verwirrende Umbenennung haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ordnungsamtes heute schon alle wesentlichen Legitimationen, die sie für ihre Arbeit benötigen.

Sie können, wie ich Ihnen bereits erläutert habe, Standardmaßnahmen der Polizei wie Identitätsfeststellung, Platzverweis oder Erteilung von Aufenthaltsverboten schon heute ergreifen. Wenn sie es brauchen, und das wird in Cottbus wie in allen anderen Städten und Gemeinden auch gemacht, bitten sie die Polizei um Amtshilfe, und die Polizei leistet diese Amtshilfe auch in der Art und Weise, dass sie, da bewaffnet, in wirklich harten Auseinandersetzungen etwas machen kann, was Ordnungsbeamte in der Frage nicht tun können. Nach unserer Erfahrung funktioniert das in Brandenburg gut.

Die Auffassung meines Ministeriums und auch meine eigene ist: Wir brauchen dieses neue Institut nicht. Vorgestern haben wir hier über einen Antrag zu den mobilen Polizeien diskutiert. Auch da habe ich gesagt, so etwas einzurichten bedeutet zusätzliches Personal, zusätzliche Kräfte, zusätzliche Finanzen, ohne dass sich wirklich etwas verändert. Deshalb empfehle ich die Ablehnung dieser Gesetzesinitiative. - Danke schön.

(Beifall CDU und SPD)

Vielen Dank. - Für die einbringende Fraktion spricht jetzt noch einmal der Abgeordnete Möller zu uns. Bitte schön.

(Beifall AfD)

Es reicht doch, mein Gott.

(Zurufe von der AfD)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die Sache ein bisschen versachlichen.

(Gelächter bei der Fraktion DIE LINKE)

- Unglaublich, was man sich hier bieten lassen muss.

(Beifall AfD - Gelächter bei der Fraktion DIE LINKE)

- Seid doch mal ruhig. Sie hätten gestern nicht so viel Alkohol trinken sollen, dann wären Sie heute ein bisschen ruhiger. - Mein Kollege Lars Schieske hat heute einen Gesetzentwurf zur Einrichtung von Stadtpolizeien eingebracht. Ich werde ihn kurz aus polizeilicher Sicht erläutern.

(Walter [DIE LINKE]: Hervorragend!)

Wir kommen auf die Freien Wähler zurück. Diese haben am Anfang dieser Woche einen Antrag zur Einrichtung mobiler Wachen in Brandenburg vorgestellt. Als Begründung gaben sie die anwachsende Kriminalität an. Das Hauptproblem des Antrags war aber, dass sie das Problem des fehlenden Personals bei der Polizei nicht lösen können; denn das Land Brandenburg mit dieser Regierung bekommt es noch nicht einmal hin, die im Koalitionsvertrag festgelegten 8 500 Polizisten vorzuhalten.

Wir bieten Ihnen eine Lösungsmöglichkeit an, indem wir die Ordnungsämter aufwerten, und zwar die Außendienstmitarbeiter. Wir fordern - und das ist anders, Herr Innenminister -, dass die Außendienstmitarbeiter in den Ordnungsämtern angemessen ausgebildet werden. Die Ausbildung muss zu einem anerkannten Berufsabschluss im öffentlichen Dienst führen. Beim Besuch des Ordnungsamts in Frankfurt (Oder) musste ich feststellen, dass es für diesen Bereich keine Ausbildung gibt. Das sagte mir sogar der dortige Amtsleiter. Unsere Idee, die Mitarbeiter im Ordnungsamt, die den Außendienst abdecken, zu Stadtpolizisten oder Kreispolizisten fortzuentwickeln, würde einen Mehrwert im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bringen.

Derzeit sind die rund 18 Kräfte in Frankfurt (Oder) gar nicht für ihre Aufgaben im Außendienst des Ordnungsamtes ausgebildet. Das müssen Sie zugestehen. Das Ordnungsamt hat viel mehr Aufgaben als die Knöllchenverteilung im ruhenden und fließenden Verkehr. Für weitere Aufgaben sind die Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes aber nur unzureichend geschult und nicht ausgerüstet. Sie haben außer einem Hundeabwehrspray keinerlei Mittel zur Selbstverteidigung. Sie tragen zwar Schutzwesten gegen Messerangriffe, haben aber keinerlei Mittel, um Maßnahmen mit Zwang durchzusetzen. Sie haben ja selbst gesagt, Identitätsfeststellungen usw. könnten auch einmal erforderlich sein.

Wir werden im Wahlprogramm für die Landtagswahl 2024 das Problem angehen und einen Ausbildungsberuf für den Außendienst der Ordnungsämter in den 14 Kreise und vier kreisfreien Städte fordern. Das derzeitige Personal im Außendienst des Ordnungsamtes umfasst im Land mehrere Hundert Mitarbeiter. Somit ist das Potenzial für einen anerkannten Ausbildungsberuf da.

Genau das will auch der Gemeinde- und Städtebund. Die Vertreter der kreisfreien Städte planen nämlich in der nächsten Zeit ein Treffen, um das Thema Ordnungsämter und Ausbildungsberuf für den Außendienst zu erörtern. Vor dem Hintergrund, dass das Land Brandenburg in den 90er-Jahren des letzten Jahrtausends einmal 11 000 Polizisten vorhielt, kann man sagen, dass die derzeitige Situation mit rund 8 500 Beamten, die noch nicht einmal vorgehalten werden, nicht hinnehmbar ist. Stattdessen belasten Sie die Polizei mit einem Polizeibeauftragten, dessen Mehrwert ich fragwürdig finde.

(Beifall AfD)

Die Diskussionen hier im Plenum zum Thema Polizei zeigen auch, dass gerade die Regierungsparteien wenig Lösungsansätze bieten, um die Sicherheitslage zu verbessern. Wie bereits festgestellt: Es fehlen mehrere Hundert Beamte, Besserung ist nicht in Sicht. Das Land Brandenburg wächst bevölkerungsmäßig weiter. Die Infrastruktur hält nicht Schritt, was wir gerade heute beim Thema Wasser festgestellt haben. Auch die Polizei kann nicht lagebedingt aufwachsen. Die Polizei ist einfach nicht da.

Deshalb sollten wir uns den Ordnungsämtern zuwenden, die Mitarbeiter gut ausbilden, die Ausrüstung und die Befugnisse anpassen, um das Personalfehl bei der Polizei zu verkleinern. Polizeiähnliche Uniformen, polizeiähnliche Fahrzeuge, Erweiterung der Ausrüstung, Bewaffnung und die Anpassung der Befugnisse sollten kein Problem darstellen, wenn die Politik es wirklich will. Die bessere Ausrüstung umfasst keine Schusswaffen - keine Angst -, aber Funkgeräte, Körperkameras, Handfesseln, Pfefferspray, Schlagstock, und als Notwehrwaffe - als absolute Notwehrwaffe - schlagen wir vor, das Distanzimpulsgerät einzuführen, auch Taser genannt.

(Vereinzelt Beifall AfD)

Das Führen und der Einsatz von Schusswaffen sollten weiter den voll ausgebildeten Landespolizisten vorbehalten bleiben.

Die Ausbildung muss auch angepasst werden. Wir schlagen vor, ein bis zwei Jahre, um sich möglichst an den Lehrplan des mittleren Dienstes der Polizei anzulehnen und mit einem anerkannten Abschluss im Rahmen einer mündlichen, schriftlichen und praktischen Prüfung abzuschließen - wie bei der Polizei auch.

Das Problem ist: Im Grunde wollen auch Sie die Befugnisse der Ordnungsämter erweitern. Sie schreiben in Ihrem Entwurf eines Gesetzes zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Drucksache 7/7349, auf Seite 3, dass Sie Anpassungen in einigen Rechtsbereichen vornehmen wollen. Unter Punkt elf erwähnen Sie, dass Sie die Befugnisse der Ordnungsbehörden durch Verweis auf § 16a ff. in Verbindung mit § 23 Ordnungsbehördengesetz bündeln wollen.

(Zuruf: Nein?!)

Abgesehen davon, dass es die §§ 16b und 16d noch nicht gibt, dass sie noch nicht ausformuliert vorliegen, wollen Sie tatsächlich die kommunalen Ordnungsbehörden bei der Verhinderung von Gewalt gegen Frauen und von häuslicher Gewalt einbeziehen. Das können die Außendienstmitarbeiter der Ordnungsämter derzeit gar nicht leisten. Dafür sind sie weder ausgebildet noch ausgerüstet.

(Schieske [AfD]: Genau!)

Sie vergessen, dass die Stellungnahmen aus den Ordnungsämtern an den Städte- und Gemeindebund Ihrem Ansinnen mittlerweile klare Absagen erteilt haben. Billige Lösungen gibt es in diesem Bereich nicht.

Wir als AfD schlagen vor, sich die notwendigen Maßnahmen in unserem Gesetzentwurf einmal anzusehen - das haben Sie getan. Außerdem beantragen wir die Überweisung an den Innenausschuss, um das Thema Ausbildung und Aufwertung der Ordnungsämter im Bereich Außendienst einmal zu erörtern. Deshalb schlagen wir vor, Experten einzuladen, sie anzuhören und sich einmal offen mit unserem Antrag auseinanderzusetzen. Die Sicherheit wird nicht besser. Ich schlage vor, dass wir dort ergebnisoffen diskutieren. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Wir sind am Ende der Aussprache und kommen zu den Abstimmungen.

Die AfD-Fraktion beantragt die Überweisung ihres Gesetzentwurfs „Gesetz zur Ermöglichung von Stadtpolizeien im Land Brandenburg (Stadtpolizeiermöglichungsgesetz - StadtPo

lErmG)“, Drucksache 7/7841, an den Ausschuss für Inneres und Kommunales. Ich darf Sie fragen, wer der Überweisung zustimmt. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist das mehrheitlich abgelehnt; es gab keine Enthaltungen.

Wir kommen damit zu dem Antrag in der Hauptsache, Gesetzentwurf der AfD-Fraktion, Drucksache 7/7841, „Gesetz zur Ermöglichung von Stadtpolizeien im Land Brandenburg (Stadtpoli- zeiermöglichungsgesetz - StadtPolErmG)“. Ich darf Sie fragen, wer dem Gesetzentwurf zustimmt. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich abgelehnt; es gab keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf hat sich damit erledigt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf.

TOP 8: Gesetz über die Beauftragte oder den Beauftragten zur Bekämpfung des Antisemitismus im Land Brandenburg (Brandenburgisches Antisemitismusbeauftragtengesetz - BbgABG)

Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktion DIE LINKE und der BVB / FREIE WÄHLER Fraktion

Drucksache 7/7846

1. Lesung

Auf Drucksache 7/7953, Neudruck, liegt ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor.

Ich eröffne die Aussprache; sie beginnt mit dem Beitrag des Abgeordneten Scheetz für die SPD-Fraktion. Bitte schön.

(Zuruf von der AfD: Jetzt wird es spannend!)

Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße zu Beginn der Debatte auf der Besuchertribüne ganz herzlich Vertreterinnen und Vertreter des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden Land Brandenburg, der Jüdischen Gemeinden der Stadt Potsdam und des Landkreises Barnim sowie des Zentrums gegen Antisemitismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Ich freue mich, dass Sie der Debatte beiwohnen!

(Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE und DIE LINKE sowie des Abgeordneten Vida [BVB/FW])

Am letzten Sonntag titelte „Spiegel Online“:

„Antisemitismusbeauftragter stellte Rammstein-Konzerte in Berlin infrage“