Protokoll der Sitzung vom 22.06.2023

(Beifall AfD)

Wenn Sie aufgepasst hätten, wüssten Sie, dass im Bundestag in einer Ausschusssitzung nachgefragt wurde, ob denn durch diese geplante EU-Reparaturrichtlinie der deutsche Verbraucherschutz nach dem BGB geschwächt würde. Die Antwort der Regierung war: ja.

(Dr. Berndt [AfD]: Ach nee!)

Die Bundesregierung hat selbst zugegeben, dass der Verbraucherschutz durch die EU-Bürokraten eingeschränkt würde. Deswegen bitte ich Sie, hier keine Fake News zu verbreiten und sich noch einmal kundig zu machen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter von Gizycki, möchten Sie darauf reagieren? - Das ist nicht der Fall. Dann hat Herr Abgeordneter Büttner das Wort für die Fraktion DIE LINKE. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir reden hier nun über die EU-Reparaturrichtlinie. Kollege von Gizycki, ich weiß gar nicht, was ich zu dem, was Sie gesagt haben, noch anfügen soll. Aber mir fällt schon noch was ein.

Vielleicht muss man sich die aktuelle rechtliche Regelung, Frau Dr. Oeynhausen, einmal anschauen. Ich weiß nicht, ob Sie das getan haben. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält ja die aktuelle Regelung. Es gibt das Gewährleistungsrecht, nicht zu verwechseln mit der Garantie. Die Garantie kommt vom Hersteller. - Ich glaube, dass Sie das verstehen; ich versuche nur zu erklären. - Garantie ist das, was vom Hersteller kommt, und gesetzlich geregelt ist die Gewährleistungspflicht. Bereits heute gibt es nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zunächst nur einen Anspruch auf Nacherfüllung, bevor der Käufer auf andere Rechte wie Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz zurückgreifen kann. Diese Gewährleistung dauert zwei Jahre. So ist es gesetzlich geregelt.

Was passiert jetzt aber im Rahmen dieser EU-Reparaturrichtlinie, die - darunter geht es ja nicht - angeblich eine Einschränkung der Freiheitsrechte aller europäischen Bürgerinnen und Bürger mit sich bringt? - Das ist an Absurdität nicht zu überbieten, Frau Dr. Oeynhausen; dazu fällt einem kaum noch etwas ein. - Mit der Reparaturrichtlinie wird für Verbraucher für einen deutlich längeren Zeitraum ein Recht auf Reparatur eingeführt. Das heißt in der Tat, Verbraucherschutzrechte werden ausgeweitet. Kollege von Gizycki hat vollkommen recht.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Reparaturunternehmen - es geht um die Inpflichtnahme von Unternehmen - werden verpflichtet, standardisierte zentrale Infor

mationen über die Reparaturbedingung und den Preis der Reparatur mittels eines europäischen Reparaturinformationsformulars bereitzustellen, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher Reparaturleistungen bewerten und leichter vergleichen können - also eine Verbesserung des Verbraucherschutzes.

Die Hersteller werden verpflichtet, Mängel an bestimmten Produkten zu beheben. Sind die Hersteller zur Reparatur von Waren verpflichtet, müssen sie die Verbraucherinnen und Verbraucher darüber informieren.

Zusammenfassend kann man nur feststellen: Erstens. Die EUReparaturrichtlinie ist im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Europäischen Union richtig und wichtig, auch in Erweiterung der Ökodesign-Richtlinie, die von der Bundesregierung schon umgesetzt wurde.

Zweitens. Durch die Reparaturrichtlinie werden Verbraucherrechte innerhalb der Europäischen Union gestärkt und in Deutschland deutlich erweitert. Ihr Antrag ist aus allen erkennbaren Gründen abzulehnen. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Das Wort geht an Herrn Abgeordneten Vida, BVB /FREIE WÄHLER. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Oeynhausen, Sie haben gesagt, dass Sie beim EUParlament explizit nachgefragt haben, wie der Stand der Dinge ist. Ich bedauere, dass Ihre Recherche offensichtlich nicht erschöpfend gewesen ist. Sonst hätten Sie erfahren, dass das deutsche Recht bis zur großen Schuldrechtsreform im Jahr 2001 keine vergleichbare Regelung für Wahlrechte für Nachbesserungen bei Schlechtleistungen vorgesehen hat. Es war erst die Europäische Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG, die diese Rechte, die Sie derzeit verteidigen wollen, eingeführt hat.

Eine EU-Richtlinie, die die bestehenden Rechte eingeführt hat, jetzt gegen eine neue EU-Richtlinie verteidigen zu wollen und das mit der angeblichen Übergriffigkeit der EU zu begründen, ist ein bemerkenswerter Vorgang und, denke ich, auch für die Antragsqualität sehr aussagekräftig.

(Beifall BVB/FW, CDU und DIE LINKE)

Wir haben es also mit Regelungen im Bereich der Nacherfüllung zu tun, die aufgrund einer Verbrauchsgüterkaufrichtlinie der EU eingeführt worden ist, und jetzt soll es Änderungen geben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?

Ja, bitte schön.

Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Berndt.

Besten Dank, Herr Kollege Vida, dass ich die Zwischenfrage stellen darf. Halten Sie es denn für ausgeschlossen, dass sich eine Einrichtung wie die EU oder auch ein Staat oder eine andere Körperschaft im Laufe von 25 Jahren ändert, dass sie ihren Charakter ändert, ihre Richtung ändert, ihre Ziele ändert, und dass das, was vor 25 Jahren gut war, nach 25 Jahren schlecht sein kann, auch wenn das gleiche Etikett oder das gleiche Namensschild noch an der Tür steht?

Das ist natürlich absolut der Fall. Nur, aktuell ist es so, dass Sie die Falschheit dieses Eingriffs damit begründen, dass er von der EU kommt, während das, was Sie verteidigen wollen, aufgrund von EU-Recht in das Bürgerliche Gesetzbuch überführt worden ist. Offenbar reichte die Recherche in der Genese des Antrags nicht mindestens 25 Jahre zurück. Und das ist natürlich ein Mangel, und der fällt auf. Und das ist ein Stück weit ein Spiegel, den ich hier vorhalten muss.

(Beifall BVB/FW, SPD, CDU und DIE LINKE)

Natürlich hat sich etwas in 25 Jahren geändert. Ich kann sagen, was sich geändert hat: Diese neue Regelung, 2001 überführt ins deutsche Recht, ab 2002 geltend, hat dazu geführt, dass sich die heimische Wirtschaft massiv umgestellt hat. Wenig überraschend haben die meisten Bürger, Verbraucher natürlich die Nachlieferung statt der klassischen Nacherfüllung gefordert. Und die Industrie hat darauf reagiert, denn sie ist quasi kaum noch Gefahr gelaufen, reparieren zu müssen. Auf die Reparaturfreundlichkeit wurde kein Wert mehr gelegt. Dementsprechend war dieser Aspekt nicht mehr preisbestimmend und wurden dafür auch keine Kapazitäten vorgehalten, sondern eher Produktions- und Transportkosten vorgesehen. Kosten für Service, After-Sales-Service wurden überhaupt nicht mehr eingepreist. Nur noch bei qualitativ hochwertigen Gütern hat man das sozusagen in dieser Form gehabt, nur da war nachgelagerte Kundenbetreuung von Relevanz.

In der Folge wurden günstige Produkte ins billigere Ausland verlegt. Höherer Ausschuss wurde bei entsprechend verschwenderischem Gebaren einkalkuliert - mit der Folge, dass im Ergebnis anderswo günstiger produziert wurde und die Wegwerfmentalität noch einmal deutlich zugenommen hat, völlig klar.

Und dieser Entwicklung der letzten 25 Jahre soll diese Richtlinie Einhalt gebieten. Ich möchte deutlich machen: Schon nach jetzigem Recht gilt - § 439 Abs. 4 BGB regelt das -, dass der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern kann, wenn sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist, und zwar schon vor dem Zustand der Unmöglichkeit. Insofern wird hier im Endeffekt ein Primat für die Reparatur definiert.

Das Ziel, weniger wegzuwerfen, Ressourcen zu schonen, wird nur dann erreicht, wenn der Hersteller auch verpflichtet ist, qualitativ hochwertiger zu produzieren, Reparaturfreundlichkeit aufzubauen und wieder Nachverkauf-Services einzurichten. Ich

kann mir durchaus vorstellen, dass mit dieser Richtlinie auch dieser Webfehler wieder korrigiert wird, Produktionslinien im Bereich der Reparatur nach Europa zurückkehren und der Reparatursektor die Renaissance erlebt, die er benötigt.

(Beifall BVB/FW)

Deswegen verstehe ich nicht, warum dieser Antrag aus Ihrer Sicht überhaupt einen Mehrwert generieren soll. Ich glaube, dass es durchaus sinnvoll ist, den Dienstleistungssektor zu stärken und Produktionslinien nach Europa zurückzuholen, und dass damit auch ein Stück weit Verluste der Industrie kompensiert werden können. Wir lehnen den Antrag deshalb aus fachlichen Gründen ab.

(Beifall BVB/FW, SPD, CDU und DIE LINKE)

Danke schön. - Nun hat Frau Ministerin Nonnemacher für die Landesregierung das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Primäres Anliegen des Vorschlags einer Reparaturrichtlinie der EU ist die Schaffung eines Rechts der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Reparatur von Waren. Die Europäische Kommission und die Europäischen Staaten möchten europaweit ein einheitlich hohes Verbraucher- und Umweltschutzniveau erreichen.

Die Reparatur von Waren vermeidet unnötige Ressourcenverschwendung. Insbesondere zielt die Richtlinie darauf ab, Hersteller von Waren zur Reparatur außerhalb der Sach-Mangel-Gewährleistung zu verpflichten. Die Möglichkeiten von Verbraucherinnen und Verbrauchern werden hier also erweitert. Wir hatten diesen Sachverhalt im letzten ASGIV bereits auf der Tagesordnung. Wir haben dazu diskutiert. Im Übrigen verweise ich auf meine Vorredner, die den Sachverhalt sehr gut dargestellt haben.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und CDU)

Ich möchte noch kurz erwähnen: Wie ich schon im ASGIV erwähnt habe, hat sich der Bundesrat mit den Stimmen von Brandenburg im Rahmen seiner Stellungnahme zu der Richtlinie dafür eingesetzt, dass die Fristen für die Geltendmachung des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechtes sowie die Verjährungsfristen verlängert werden.

Dies würde das bestehende Gewährleistungsrecht zugunsten von Verbraucherinnen und Verbrauchern stärken. Gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ausreichend Zeit haben, zu testen, ob die Reparatur erfolgreich war. Ich kann hier also keine Gefährdung des Verbraucherinnen- und Verbraucherschutzes erkennen und denke, dieser Antrag ist abzulehnen. - Danke schön.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und CDU sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank. - Frau Dr. Oeynhausen hat noch einmal die Möglichkeit, zu sprechen. Bitte sehr.

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Verbraucherschutz in Deutschland ist aktuell gut geregelt: Zeigt sich bei Waren innerhalb von zwei Jahren nach dem Kauf ein Mangel, können die Verbraucher zwischen Reparatur und Austausch entscheiden.

(Vida [BVB/FW]: Das ist eine EU-Richtlinie!)

Wenn beides nicht möglich ist, dann gibt es eine Erstattung oder eine Minderung des Kaufpreises.

Dem will Brüssel jetzt einen Riegel vorschieben, und warum?

(Bretz [CDU]: Nein!)

Um die Ziele des European Green Deal zu erreichen, also die angebliche Klimaneutralität der EU bis 2050.